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Rubrik Philosophie: Hundert Jahre Wiesengrund - zum 100. Geburtstag Adornos

von W. Pfreundschuh

Erschienen: 11.9.2003
Adorno war ein herausragender Kulturkritiker des 20. Jahrhunderts, Mitgründer der Kritischen Theorie, Soziologe, Kunsttheoretiker und Philosoph. Sein Gesamtwerk war vor allem der Versuch, das Unheil der Moderne begrifflich darzustellen und die Möglichkeiten menschlicher Emanzipation gegen die Übermacht bürgerlicher Kultur und Ökonomie herauszuarbeiten.
Durch seine Beschäftigung mit Kunst war es ihm möglich, Kultur nicht nur als 'Überbau' der ökonomischen Verhältnisse anzusehen, sondern auch als einen Lebensbereich, worin diese nicht vollständig aufgehen. Er verstand den 'asozialen' Rest der Kultur als Potential des subversiven Geistes gegen die Verdinglichung, die Fetischisierung des Lebensalltags. In diesem Sinne formulierte er Ansätze zu einer Dialektik der Neuzeit, die am Standort einer unverzerrten Gesellschaftlichkeit der Empfindung ansetzen wollte. 'Das Asoziale der Kunst ist bestimmte Negation der bestimmten Gesellschaft' (Adorno, 'Ästhetische Theorie', Suhrkamp, S. 335), der die 'Emanzipation des Subjekts' ihren Ursprung verdanke, um sich in anderer Gesellschaft mit ihr zu versöhnen. Diese Dialektik wich von aller bisherigen Dialektik vor allem darin ab, dass sie den Begriff der bürgerlichen Gesellschaft als Negation des Subjekts, also als das Begriffene einer falschen Objektivität (Welt) auffasste, der die Menschen aus ihrer Verblendung durch die Reize des Konsums und dem Sonntagsfrieden ihrer Wohngemächer folgen, ihre Empfindungen und Bedürfnisse verfälschen, um mit der Falschheit ihrer Existenz auszukommen.
Diese Auffassung hatte weitreichende Folgen für das Verständnis der Postmodernen. In seinem ganzen Werk war diese 'Negative Dialektik' für den Fortgang der Erkenntnis wesentlich.
Wolfram Pfreundschuh geht seinem Werk nach und macht hieran eine umfängliche Kritik, die vor allem Adorno als einen Theologen der Postmodernen herausstellt, der einen sublimen Erlösungsglauben aus seinem ästhetischen Kulturverständnis ableitet. Negative Dialektik kann so leicht zum Selbstgenuss des abgehobenen Intellekts werden, der um sein Sein trauert. Doch es lebt sich auch gut im Wiesengrund.

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