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Rubrik Kultur: Zur politischen Kultur des Feudalkapitalismus (II): Demos gratias! - "Demokratie" in einer unerreichbaren Gesellschaft

von W. Pfreundschuh

Erschienen: 9.5.2014
Treffender hätte der Kulturwandel, den die Globalisierung des Kapitals mit sich gebracht hatte, nicht beschrieben werden können, als mit dem Werbespot von Microsoft: "Work Easy - Play Hard!". Arbeit ist eben "easy" geworden, wenn man einen Job hat und kein "Looser" ist. Man kann ihn immer öfter mit einer Technologie bedienen, die auch in den eigenen vier Wänden funktioniert. Wer einen solchen Job hat, kann auch zu Hause bleiben, Familie und Freizeit und Arbeit miteinander verbinden. It's easy. Aber es ist ein Glücksspiel, diesen Job zu bekommen.
Das Klassenverhältnis der bürgerlichen Gesellschaft bestimmt sich aus der Stellung der Menschen zur Kapitalerzeugung, also daraus, ob sie durch ihre Arbeit Geld erzeugen um existieren zu können oder erzeugtes Geld für ihre Existenz verwerten, also von der Investition in eine Mehrwertproduktion leben. Die Feudalisierung des Kapitals, also die Verbürgung der Menschen an die Schuldentilgung der dem Kapital unterworfenen Staaten, hat das Klassenverhältnis auf nationale Ebenen gehoben und die Staaten im Verhältnis ihrer Handelsbilanzen gegeneinander gestellt. Die Mehrwertabschöpfung über aktive Bilanzen gegen die passiven beruht zwar nach wie vor auf der Ausbeutung der in den Staaten jeweils arbeitenden Menschen. Doch diese Ausbeutung hat ihre Persönlichkeitsform verloren, ist völlig unpersönlich geworden. Die Tätigkeit der Menschen ist hierfür gleichgültig, ist die gleich geltende Grundbedingung dafür, dass auf den Börsen Mehrwert abgegriffen werden kann. Die Inverstitionen in die Produktion erbringen den zunehmend geringeren Teil der Wertabschöpfung im Verhältnis zum Geldumlauf, der von den Banken betrieben und auf den Börsen gehandelt wird. Es ist hinreichend, wenn Länder und Menschen arm genug sind, um jede Arbeit anzunehmen, um die zu bereichern, die aus ihren Wetten auf die Zukunft und die hierdurch bedingten Wertsteigerungen ihrer Eigentumstitel aktuelle Gewinne ziehen. Der Wert selbst resultiert aus dem Druck, durch den Menschen zu einer Arbeit gezwungen werden, die nicht mal mehr ihre Arbeitsstelle, also das konstante Kapital ihrer Lebensbedingungen sichert, also im Grund aus Angst um sie geleistet wird. Insgesamt hat das ihre Lebensarbeitszeit enorm verlängert und die Mehrwertrate aus der materiellen Lebenswirklichkeit zunehmend in eine kulturelle verlagert, sich kulturalisiert und psychologisiert. Lebensangst ist zu einem grundlegenden Faktor der Mehrwertproduktion geworden und wird von den verschuldeten Staaten auch ungebrochen an die Menschen wie das objektive Sollen einer Bürgerspflicht weiter vermittelt. Sie ist zu einer neuen Grundlage zur Geldausgabe der Nationalbanken geworden und hat sie aus den Notwendigkeiten der nationalen Geldwertdeckung befreit. Die Rettungsschirmen und der ESM sind die Blendgranaten einer Versicherung, die auf nichts anderem gründet, als auf einer Arbeit aus Angst von dem persönlichen und kulturellen und politischen Untergang. Reale Gründe sind zunehmend in den Hintergrund getreten. Mehr oder weniger direkt stellt Geld zu einem immer größeren Anteil eine internationalisierte Existenzangst der Menschen auf diesem Planeten dar. Das kann man als das eigentliche Resutat der Globalisierung ansehen.
Darum geht es in dieser Artikelserie.

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