ZURÜCK >>
HOME >

Themenabend der Kulturkritik München:
_ Die Krise des Wertwachstums (Mehrprodukt, Mehrwert, Kapital,_
_
Profitrate, Grundrente, Wertschwund)
_ audioup1a2e1a1a2a1

Kurzfassung:

Von Krise ist meist nur die Rede, wenn die bestehenden Wirtschaftsprobleme mit einem Appell an die Bevölkerung weitergegeben werden. Die Krise soll nun ihr Thema werden, weil sie es auszubaden hat, was sich das Kapital eingebro(c)kt hat. Da laufen dann Großmutters Rezepte wieder: "Gürtel enger zu schnallen", mehr und billiger zu arbeiten - und auch an die Armen wird gedacht, dass sie auf einem Billigstmarkt für 1 Euro auch "arbeitslos" am "Wirtschaftsleben teil haben" und Marktanteile der "Beschäftigten" übernehmen dürfen. Dann nämlich können ruhig auch diese arbeitslos werden und dürfen doch arbeiten, weil sie ja dann auch arm sind. Mit solcher Propaganda und Staatspädagogik wird die Bevölkerung als Faustpfand zur Krisenbewältigigung genommen. Doch auch sie wird nichts "bewältigen" können, weil keine Mehrarbeit der Welt dem galloppierende Wertschwund auf Dauer nachkommen kann.

Kapitalismus funktioniert inzwischen nur noch als Durchlauferhitzer des Kapitals und hat für die Menschen längst keinen Sinn mehr. Um dies genauer zu verstehen können an diesem Themenabend die Grundlagen der ökonomischen Krise (Mehrproduktion, Mehrwert, Kapital, Profitrate, Grundrente, fiktives Kapital, Wertschwund) zumindest in sinnvoller Weise zusammengestellt werden.

Begründung:

Das Paradox der kapitalistischen Krise ist, dass sie im Verlauf einer Wohlstandsphase des Kapitals auftritt, wenn die Gewinne nach einer Marktsättigung schlagartig einbrechen. Erst scheint es, als ob einfach nur zu viel da ist und es sich um eine Absatzkrise handelt, und man weicht aus auf neue Produkte, auf andere oder größere Märkte, bis man festellen muss, dass das nur kurzeitige Besserung bringt. Die Leute geben immer weniger Geld aus und sie bekommen auch immer weniger in Relation zur allgemeinen Wertlage. Die Infrastruktur des Kapitals strotzt vor Equipment, doch die Produktion muss immer mehr gedrosselt werden, um einen größeren Schaden zu vermeiden. Arbeitsplätze werden gekündigt, Filialen abgestoßen, Fussionen aufgelöst - alles im Gegensatz zu dem, was sonst zum Erfolg geführt hatte. Das Wirtschaftswachstum stagniert oder wird sogar negativ. Die Stagnation ist oft gepaart mit Geldentwertung (Stagflation), weil die Waren nicht abgesetzt werden können, die das Geld repräsentieren soll. Der Binnenmarkt geht in die Knie. Aber die Industrie der "gehobenen" Produkte boomt weiter, und die Exportwirtschaft auch.

Allgemein wird behauptet, das ganze Problem läge daran, dass zuwenig konsumiert wird, dass die Marksättigung erreicht sei oder dass es nicht genug Einfälle für neue Produkte gebe und deshalb Menschen gekündigt werden und damit weitere Käuferschichten wegfielen und das Ganze eben ein Teufelskreis des Marktgeschehens sei. Aber es ist umgekehrt: Es ist ein Problem des Kapitals selbst, das sich nicht mehr verwerten kann, weil seine Technologie so hoch entwickelt ist, dass menschliche Arbeit immer weniger und kürzer nötig ist und seine Verwertungszwänge sich weit vom Leben der Menschen entfernt haben und es sich selbst zu verzehren beginnt. Man könnte fast froh darüber sein, würde es nicht letztlich die Menschen trefffen, und vor allem die, die sowieso schon am schlechtesten dran waren.

Der Staat ist immer noch der größte Auftraggeber und der größte Schuldner des Kapitals. Geht es dem schlecht, dann auch ihm. Seine Einnahmen (Steuer und Sozialabgaben) werden weniger, seine Ausgaben mehr (Arbeitslosigkeit, Gesundheit). Deshalb versucht er vor allem das Kapital zu erleichtern, muss aber folgerichtig die Bevölkerung um so mehr belasten und ihre Versorgung (Sozialstaat) verbilligen, möglichst ohne ihre Kaufkraft zu schmälern, um nicht den Absatz weiter zu drosseln. Das geht vor allem gegen die schlechter Verdienenden und Arbeitslosen. Hartz IV war ein deutliches Beispiel, worauf es dann ankommt: Auf Lohndumping der Geringverdiener bis auf das unterste Existenzniveau zur Steigerung des Bedrohungspotenzials für die Besserverdiener, Vereinnahmung ganzer Lebensersprarnisse zur Finanzierung der Sozialhilfe und Zwangsarbeit. Resuktat ist also die Aussortierung der "Schlechten" und Elitenbildung für die "Guten".

Die kapitalistische Krise ist eine logische Krise des Kapitalismus, die aufzeigt, dass er sich immer mehr überlebt hat, dass es seine Zuckungen in der Suche nach Verwertungsmöglichkeiten sind, die immer weniger erfolgreich sind. Er wird in seinen Bewegungsmöglichkeiten immer enger und im Zusammenhang mit dem bürgerlichen Staat immer härter werden, die Kluft zwischen Arm und Reich verschärfen und die Reichen fördern und gegen die Armen immer schärfer vorgehen. Im Prinzip befördert dies die Totalisierung des Kampfs um die Zukunft, welches Carl Amery die "Hitler-Formel" genannt hat (in "Hitler als Vorläufer", Luchterhand 1998). Um diese Entwicklung genauer zu verstehen und auch Wege hiergegen zu finden, muss das Prinzip der Reichtumsbildung im Kapitalismus genauer nachvollzogen werden.

 

Der Reichtum der Warengesellschaft

In jeder Gesellschaft entsteht Reichtum dadurch, dass die Menschen darin mehr produzieren, als sie zu ihrem unmittelbaren Leben brauchen, worin sie sich bilden und ausbilden in den Fähigkeiten ihrer Sinne, ihres Vermögens und ihrer sinnlichen, geistigen und produktiven Kraft. Dieser Reichtum vermittelte sich in den verschiedenenen Gesellschaften und ihren Geschichtsepochen auf verschiedene Art und Weise und bisher immer als Machtverhältnis der Träger dieses Reichtums zu denen, die von ihm ausgeschlossen waren, indem sie von denen beherrscht wurden, die ihn zu Händen hatten.

In der bürgerlichen Gesellschaft ist diese Vermittlung erstmals in einer widersprüchlichen Form, weil der Reichtum dieser Gesellschaft als Ware existiert und von daher potenziell jedem zugänglich ist, einmal als Produkt des Produktionsprozesses, zum anderen als Gegenstand menschlicher Bedürfnisse. Doch als dies beides ist er nicht gesellschaftlich verwirklicht, nicht in einer wirklichen gesellschaftlichen Beziehung zwischen Arbeit und Bedarf. Die Waren befriedigen zwar einerseits menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art und müssen andererseits auch erarbeitet, also hergestelllt werden, aber auf dem Markt, wo sie ihren einzigen gesellschaftlich wirklichen Ort haben, existieren sie nur als Dinge, die getauscht werden, austauschbar sind, und im Tauschverhältnis nur als Wertdinge in Beziehung treten, die gleichgültig gegen ihre konkrete Herkunft und gegen bestimmte Bedürfnisse existieren. Sie haben dies zwar an sich, sind aber füreinander hierzu gleichgültige Dinge und gelten sich in ihrem Wert darin gleich, dass sie Arbeitsprodukte sind und ein abstraktes Quantum von Arbeit verkörpern. Da Arbeit als abstraktes Quantum in der Zeit existiert, ist die Arbeitszeit, die in einer Gesellschaft durchschnittlich zur Herstellung einer bestimmten Ware benötigt wird, das Wertquantum oder die Wertgröße.

Dass der Reichtum der bürgerlichen Gesellschaft alleine als durchschnittliches Zeitquantum seiner Herstellung bemessen ist, hat weitreichende Folgen: In jedem Tauschakt drückt sich die gesellschaftliche Wirklichkeit der Waren nur durch Geld aus, worin die Zeit als Wertmaß besteht. Daher erscheint den Menschen ihre Gesellschaftlichkeit selbst nur als Geldwert, als Wert des Geldes, worin sie das gesellschaftliche Faustpfand ihrer Existenz haben. Wenn sie Geld besitzen, können sie alles besitzen, was auf dem Markt ist - soweit ihr Geld reicht, soweit eben ihre Lebenszeit durch Arbeit geldwert geworden ist. Der Reichtum der bürgerlichen Gesellschaft besteht als Form einer durch Arbeit verbrauchten Lebenszeit, die durch das gefüllt wird, was an gesellschaftlich durchschnittlicher Arbeitszeit in die Herstellung konkreter Waren für den Markt eingebracht worden war. In der Hand des Konsumenten ist die Ware zwar zum freien Gebrauch da, als gesellschaftliches Produkt stellt es lediglich eine gesellschaftlich bestimmte Durchschnittsarbeitszeit dar.

Da nur Geldbesitz die Menschen in solcher Gesellschaft in wirkliche Beziehung zu den gesellschaftlich existenten Produkten bringt, arbeiten sie auch nur, um Geld zu erwerben. Hierdurch wird ihre Arbeitskraft selbst zu einer Ware, die sie dem übereignen, der sie zu nutzen versteht. Das Kapital nutzt Arbeitskraft zusammen mit seiner ganzen Technologie, um Waren herzustellen. Da alles in diesem Prozess soviel Wert ist, was seine Herstellung an durchschnittlicher Arbeitszeit verbraucht, erwirbt die Arbeitskraft bei ihrem Verkauf die Mittel ihrer Reproduktion, die in der Zeit hergestellt werden, welche einen Teil des Arbeitstags ausmachen. Sie arbeitet aber um einen bestimmten Zeitbetrag länger, in welchem das gesellschaftliche Mehrprodukt hergestellt wird, sich die ganze Technologie, Verkehrswege usw. erneuern und erweitern. Die Arbeitskraft erwirbt also nicht nur ihre eigene Reproduktion, sondern produziert auch für die Selbsterneuerung und Erweiterung der gesellschaftlichen Potenzen der Produktion, die sie verdingen. Hierdurch produziert sie ihre eigene Verdinglichung.

So gesellschaftlich der ganze Arbeitsprozess verläuft, so privat wird über das gesellschaftliche Mehrprodukt verfügt. In der Hand des Kapitals ist es bloßer Mehrwert. Darin geht alles, was an Arbeit, Wissen, Bedürfnis, Erfindungsgeist, Material, Bodenschatz usw. gesellschaftlich zusammengetragen ist, in private Hand über. Was der arbeitende Mensch zu einem bestimmten Teil seiner Arbeit für seine Reproduktion getan hat, das bekommt er zu privaten Händen als Arbeitslohn. Der gesellschaftliche Prozess ist darin für ihn ebenso aufgehoben, wie er andererseits auch für das Kapital im Mehrwert aufgehoben ist.

Zunächst oder auf niedriger Stufe der Kapitalakkumulation ist es das Mehrprodukt, was den Mehrwert ausmacht und in Geldform wieder durch Investitionen zur Erhaltung und Erweiterung der Produktionsanlagen in den Arbeitsprozess zurückfließt - wenn auch ausschließlich in der Verfügungsgewalt des Kapitals. Aber wer über andere verfügen kann, kann auch über sich selbst verfügen. Wer die Voraussetzungen der Produktion aus privater Hand in Geldform vorstrecken kann, der kann mit jedem Produktionsumschlag mehr Geld machen, also mit dem Mehrwert in Geldform die Entwicklung seines Geldvermögens voranbringen, weil hieraus Geld entsteht, welches mehr ist, als das, was zur Produktion und zur Erweiterung der Produktion vorgestreckt wurde, - eben weil es Mehrwert darstellt. Er kann dies sehen am Zins und am Unternehmensgewinn, aber auch an den Aktienwerten, einer besonderen Form des Kreditwesens mit fiktivem Kapital.

Der Mehrwert entsteht nicht durch Anwendung von Technik und Produktionsmaterial, denn in die Produkte geht ihr Wert nur in der Größe der aufgewendeten menschlichen Arbeitszeit ein, wie er darin auch fortbesteht und worauf sich alle Preisschwankungen durch die Konkurrenz der Märkte herunterrechnen: auf den gesellschaftlichen Durchschnitt des Werts von Technologie und ihrer Verfallzeit und dem Reproduktionswert der Arbeitskraft pro Lebenszeit. Er realisiert sich im Wachstum der Produktivität und im Verkauf der Produkte, und beides ist Realisierung von Arbeit, zum Teil von Arbeit, die nicht bezahlt wurde, aber etwas geschaffen hat, was mehr Produkt und damit auch Mehrwert ist.

Aber womit wird Mehrwert bezahlt, wenn er aus unbezahlter Arbeit entspringt? Er wird garnicht bezahlt, sondern nimmt Formen an, welche Wert darstellen, und die bezahlt werden müssen, damit Produktion selbst möglich ist: Mieten, Pacht, Maschinen, Lizenzen usw.. Produkte, welche den Lebensstandard erhöhen und also den Menschen zugute kommen, tragen zwar Mehrwert insofern sie alle Potenzen des Produktion und Produktivität, also auch Überzeiten der Arbeit in sich tragen, sie selbst aber haben keinen bezahlten Wert, der über Geld in die Gesellschaft zurückvermittelt würde, sondern stellen einen Wert da, der alleine in privater Hand und jenseits der allgemeinen Zirkulation verbleibt. Diesen Mehrwert gibt es zwar in der einfachen Kapitalakkumulation noch als reales Mehrprodukt in der Form von produktiver Technologie, die sich aber selbst zunehmend in der Produktion von reiner Verfügungsmacht über die Momente der Produktion selbst verliert.

Die Mehrwertproduktion kann nur im Wirtschaftswachstum als Wachstum von Wert, als Wertwachstum der Produktionsverhältnisse selbst, der erneuerter Wert und Mehrwert der Produktionsbedingungen realiert werden. Bei der Erzeugung von Mehrprodukten durch die Anwendung von Technologie und Arbeitskraft entsteht der Mehrwert des Mehrprodukts alleine aus der Anwendung von Arbeitskraft - und zwar des Teils ihrer Anwendungszeit, der nicht ihre Reproduktion ernährt und nicht durch den Arbeitslohn finanziert wird. Maschinen, die sich selbst reproduzieren und vervielfältigen, können keinen Mehrwert erzeugen, weil sie keine Gesellschaft kennen und also auch keine gesellschaftliche Macht verspüren. Erst dadurch, dass das Kapital als Verfügung und Bestimmung der Arbeit als Lebensbedingung der Menschen auftritt, als Lebensmacht, welche die darin verschwundene Arbeit, die untergegangene tote Arbeit geschaffen hatte, kann es über sie mächtig werden und Mehrwert entwickeln, der ihrer Ohnmacht geschuldet ist. In diesem Prinzup stehen alle Prozesse im Kapitalismus, auch wenn in den reicheren Ländern - zumindest in Prosperitätsphasen - dies nicht immer zu spüren ist.

Aber auch dort macht die Mehrwertproduktion Probleme, - besonders im Verhältnis von Technologie und Arbeitskraft und Wert: Je mehr Technologie zur Mehrwertproduktion angewandt wird, desto weniger relativ zum Gesamtwert lässt sich von ihrem Mehrwert realisieren, desto geringer also ist ihr Machtzuwachs. Die Mehrwertrate fällt ebenso wie die Profitrate - Krisen entstehen, weil Kapital nicht angemessen realisiert werden kann, wenn es keine Grundlagen für eine gesteigerte Produktion findet. Nichts anderes ist Wertwachstum. Aber die Mehrwertproduktion ist ihr wesentlicher Antrieb, auch wenn sie immer wieder und immer heftigere Krisen für die Menschen und ihre Gesellschaft hervorrufen, vor allem wenn sie genug haben und gar nicht soviel brauchen können, was die Verwertungsbedingungen steigern könnte. Und dann kehrt das Wertpendel um. Das Kapital, das sich nicht realisieren lässt, vernichtet sich, den Menschen wird entzogen, was ihnen bislang gewöhnlicher Brauch und Gebrauch der Dinge, Lebensstandard war. Der unbezahlte Teil der Arbeit wird dadurch vergrößert, dass der bezahlte Teil wieder verringert wird, Arbeitszeit und Lebensarbeitszeit wird verlängert und Arbeitslosigkeit vermehrt, um dies wieder auszugleichen, da ja auch die anfallende Arbeit nicht unbedingt wächst, sondern eher auch geringer wird. Es wundert die, welche mit dem Wertwachstum die Bereicherung der Menschen mit Gütern des Lebens verwechselt haben, wie es ja schon mal den Reichen hie und da erscheinen kann.

Aber das Problem - für sich formuliert - ist das Problem einer angewandeten Masse von Wert im Verhältnis zu ihrer Realisierung als Mehrwert: Die Kapitalmasse, die in der Produktion angewandt wird (konstantes Kapital), nimmt mit wachsender Produktivität zu. Aber in dem Maß, wie sich die Arbeitszeit der Güterproduktion bei ihrer vollständigen Anwendung pro Mensch bei gegebenem Lebensstandard verringern müsste, kann sie sich nicht im Mehrprodukt realisieren. Je besser und effektiver (kostenneutraler) die Technologie wird und die Menschen von Arbeit befreien könnte, desto weniger Geld dürften die Produkte kosten und desto weniger Geld müsste zu ihrem Einkauf bereitstehen. Solange sich aber das Kapital als Kapital erhalten will, muss es Arbeitszeit für sich gewinnen, einen Teil des Arbeitstags für sein Wachstum als Mehrwert, für seine Rendite und Aktien, für die gesellschaftliche Macht seiner Spekulation kassieren und zugleich seine Produkte in diesem Wertverhältnis absetzen. Es muss also, um diesen Anteil bei gleichzeitigem Arbeitsschwund zu sichern, immer mehr Technologie einsetzen und die Produktionskosten (im Wesentlichen also Arbeitslöhne, variables Kapital) immer weiter senken, um sein Wachstum stetig zu halten - und nur hierdurch existiert es fort. Dabei macht das Verhältnis der Löhne zum Absatz der Güter den wichtigsten Anteil aus, denn nur gezahlte Löhne können die Produkte kaufen. Bei gegensinniger Entwicklung von Lohn und Massenproduktion bedroht dies die Realisierbarkeit, also Verwertbarkeit von Kapital. Es steigert seine Produktivität, bis es nicht mehr geht, bis sich die angewandte Kapitalmasse nicht mehr rentiert, weil bei gegebener Länge des Arbeitstags die Güterproduktion keinen Absatzmarkt findet, weil also zuviele Produkte auf dem Markt sind, für die kein Geld in den Lohntüten der Bevölkerung ist. Weil also das Kapital immer mehr Masse annehmen muss, will es bei gleichen Arbeitsverhältnissen an Wert wachsen, so kann es sich immer schlechter realisieren und muss jene Anteile vom Mehrwert der Produkte abziehen, die sich durch die Rendite der Kapitalbedingungen selbst bestimmen: Die Grundrente (Immobilien, Pacht, Energiequellen und Lizenzgebühren). Die höchste Kapitalform erwächst daher aus der Verwertung der Produktionsbedingungen selbst, welche die Grundrente als kapitalisiertes Recht auf die Anwendung aller Produktionsgrundlagen darstellt, durch welches Mehrwert zum absoluten Kommando des Werts, zur Diktatur des Kapitals wird.

Obwohl die Entwicklung der Produktivkräfte längst eine weitgehende Reduktion des Arbeitstags möglich machen, ja eigentlich nötig haben, um eine vernünftige gesellschaftliche Verteilung der Arbeit zu bewirken, lässt genau dies das Kapital nicht zu, weil es sich als Kapital selbst aufheben müsste. Es hat sich in Wirlichkeit überflüssig gemacht und ist anachronistisch. Aber so lange es fortbesteht presst es aus der arbeitenden Bevölkerung immer wieder mehr Arbeitszeit heraus, indem es immer größere Massen (auch aus dem Ausland) anzieht und zugleich seine Reproduktionskosten per Miete, Lizenzen, Gebühren usw. bestimmt. So kann sich sein Wertwachstum durch Wertaufhäufung unendlich forttreiben, solange es Arbeit gibt, deren Zeit sich erpressen lässt: Arbeit schafft Mehrwert und Mehrwert bestimmt Miete und Pacht und die vergrößert die Macht des Kapitals in seinem Gesamtwert. In der Grundrente regelt sich letztlich die Ausbeutungsrate des Kapitals, denn der Druck, den sie auf die Existenz der arbeitenden Menschen und der Maschinenanwender ausüben kann ist durch den Bedarf bestimmt, durch den sie die Menschen in die Ballungsräume zwingt. Es ist eine absurde Spirale, die insgesamt dem vernichtenden Prinzip des unendlichen Wertwachstums folgt, es ist die Spirale in die Barbarei, in der wir uns längst befinden.

 

Die nachstehend anempfohlenen Texte des Kulturkritischen Lexikons werden spätestens 2 Wochen vor Termin so überarbeitet sein, dass sie als Unterlagen einer Diskussion tauglich sein können.

Quellen:

zu Arbeit:
Kulturkritisches Lexikon (
http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=arbeit)

zu Arbeitszeit:
Kulturkritisches Lexikon (
http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=arbeitszeit)

zu Wertwachstum:
Kulturkritisches Lexikon (http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=wertwachstum)

zu Mehrprodukt:
Kulturkritisches Lexikon (
http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=mehrprodukt)

zu Mehrwert:
Kulturkritisches Lexikon (
http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=mehrwert)

zu Kapital:
Kulturkritisches Lexikon (
http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=kapital)

zu Profitrate:
Kulturkritisches Lexikon (http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=profitrate)

zu Grundrente:
Kulturkritisches Lexikon (
http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=grundrente)

zu Krise:
Kulturkritisches Lexikon (
http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=krise)

zu Negativverwertung:
Kulturkritisches Lexikon (
http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=negativverwertung)