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133. Charaktere der narzisstischen Selbstwahrnehmung

Mit der Verwirklichung der allgemeinen Selbstbehauptung der verlustig gegangenen Selbstbezogenheiten gräbt sich die persönliche Isolation in das Selbstgefühl der Narzissten ein und systematisiert sich jeweils in einem Charakter, der sich über die Verhältnisse der Selbstbehauptungen ihrer Selbstveredelung zu ihrer Vervolllkommnung strukturiert. Die Selbstverwirklichung der Selbstbehauptung verwirklicht daher aus dem verallgemeinerten Sinn der zwischenmenschlichen Verhältnisse eine Lebensstruktur für einen allgemeinen Selbstverlust, der narzisstisch überwunden sein sollte, dem Einzelnen aber einen Wert verleihen muss, der überhaupt nur noch in den Verhältnissen ihrer Selbstdarstellung sich außer ihnen veräußern kann. Die wird zu einer strukturellen Notwendigkeit, um die Verhältnisse der narzisstischen Persönlichkeiten in ihrer Selbstverwertung zu erhalten. Dieser geht vor allem dem Bedürfnis nach einer übersinnlichen Gemeinschaft nach, die sich durch den Gemeinsinn ihres Edelmuts zu ermächtigen sucht. Doch dieser Sinn gründet auf dem gemein gewordenen Selbstverlust ihrer Lebensangst der den durch sich selbst nur behaupteten Beziehungen der Zwischenmenschen neue Inhalte aus dem Jenseits ihrer Verhältnisse verspricht.

In ihrem Narzissmus verlieren die Menschen durch die Abtraktionskraft ihrer edelmütigen Verhältnisse die wirkliche Selbstwahrnehmung, die sie für sich akkumulieren müssen, um Gewissheit für sich über eine Selbstgewissheit durch andere zu finden. Durch die unentwegte Selbstdarstellung in ungewissen Verhältnissen entleert sch aber gerade diese und macht das Selbstgefühl wirkungslos, zum bloßen Konsumenten von Verhältnissen, die es nicht gestalten kann. Es ist in narzisstischen Beziehungen daher der erste Selbstverlust, der aus dieser Konkurrenz hervorgeht und der ein Vakuum an überflüssigen Selbstwahrnehmungen hinterlässt. Sie haben es für sich nötig durch eine Ästhetik ihrer Selbstbeziehung sich zu festigen (siehe ästhetischer Wille) und sich durch den Eindruck zu versichern, für den ihre Eigenschaften, Fähigkeiten und persönliche Lebensweise als Maskerade ihrer Persönlichkeit herhalten müssen, durch die sie ihren Selbstwert sowohl erzeugen als auch konsumieren. Ihr Narzissmus ist eine doppelte Selbstaufgabe im wahrsteh Sinne der Wortbedeutung: Die absolut isolierte Form ihrer Selbstwahrnehmung und der Ursprung aller psychischen Krisen in zwischenmenschlichen Verhältnissen.

Daher vereinen sich die narzisstischen Charaktere im Verhältnis ihrer Selbstveredelung, indem sie die Erfordernisse narzisstischer Beziehungen in zwischenmenschlichen Verhältnissen verwirklichen, soweit sie ihren Edelmut bedienen können, um sich deren Anwesenheit und Zuwendung einverleiben zu können. Diese betreiben sie vor allem zum Zweck der Akkumulation ihrer Selbstveredeung, in der sich narzisstisch bestimmte Persönlichkeien entwickeln (siehe hierzu autoritärer Charakter, esoterischer Charakter und flexible Persönlichkeit).. Sie muss die Eigenschaften dieser Charaktere als Persönlichkeit durchsetzen und behaupten, um überhaupt in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen sich halten zu können. Es ist allerdings ihr "Schicksal" als Konsequenz, dass sie in solchen Erfordernissen selbst untergeht, weil sie ihren Sinn unentwegt darin aufheben muss, sich durch sich als Maßstab duchzusetzen. Diese Form der Selbstbehauptung macht eben keinen Sinn, findet keinen Sinn und scheitert immer wieder an der Tatsache, dass ihre überhobenen Selbstisolation in ihrer Unsinnigkeit eine unendliche Sysiphosarbeit zum Erhalt einer persönlichen Macht in ihren Beziehungen und Verhältnissen abverlangt.

Die mehr oder weniger systematische Ausprägung der Beziehungen von zwischenmenschlichen Eigenschaften, werden durch die Art ihrer zwischenmenschlichen Verhältnismäßigkeiten zu Eigenarten einer Persönlichkeit. Persönlichkeitsstrukturen sind die Personfikationen ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen, die ganz allgemein auf der Verfestigung ihrer Selbstveredelung beruhen. Sie sind die praktische Umkehrung der darin entstandenen Lebensangst, die hiergegen gebildete Lebensstruktur eines Charakters.

Charaktere sind strukturelle Einprägungen bestimmter Beziehungen von Empfindungen und Gefühlen in den Erinnerungen der Selbstbehauptung, in der Ausgestaltung der Selbstwertigkeiten, der Selbstverwirklichung ihres ästhetischen Willens., also danach, was die Selbsterhaltung und Bedürftigkeit ihrer Selbstgefühle nötig hat. Sie bilden sich aus den Gewohnheiten in stetigen Gemeinschaften, die in zwischenmenschlichen Verhältnissen eine Logik der Gewohnheit in ihrer Selbstbeziehung so einrichtet, wie sich die Empfindungen in Selbstgefühlen der gewöhnlichen Wahrnehmungen darin aufheben lassen und die Art und Weise ihres Verhaltens in einem dem entsprechenden Charakter reproduzieren. Dabei entscheidet das räumliche Verhältnis dieser Gemeinschaften (z.B. Familie, Verein, Schule, Arbeitsplatz) und die Menschen, die darin aufeinander bezogen sind, welche Chraktere sich hierbei wie ausprägen, welche also den darin möglichen Selbstwert sich mit Erfolg in den entsprechenden zwischenmenschlichen Beziehungen als einen durch Lebenswerte bestimmten Edelmut einverleiben können (siehe Selbstveredelung). Von da her sind schon sehr frühe Beziehungen (z.B. Familie, Schulfreunde) hierbei intensiv beteiligt, da sie die ersten strukturellen Bedingungen der Charakterbildung sind.

Was die Menschen in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen zur Gesellschaft mit anderen Menschen einbrachten an Wahrnehmung, Erleben, Kraft und Erkenntnis, nahmen sie jeweils zu ihrer Selbstbildung und haben damit die Fähigkeiten entwickelt, den Umgang mit zwischenmenschlichen Beziehungen so zu pflegen, dass sie sich darin in ihrer Selbstbezogenheit veredelt und in ihrer Selbstveredelung abgeschlossen haben. Hierdurch erst waren sie für sich selbst herausgesetzte Persönlichkeiten geworden, die sich in der bloßen Abgrenzung bestimmen und durch andere bestärken und füllen. Allerdings bezeugen sie von daher nurmehr eine Beziehung, welche andere Menschen als bloße Objekte eigener Notwendigkeiten, Bedürfnisse und Interessen kennt, sie als bloße Form einer Objektbeziehung wahrhaben, was eine Beziehung der bloßen Nützlichkeit zwischenmenschlicher Verhältnisse ist.

Weil sie darin nichts wirklich Eigenes finden können, bilden sie sich in solchen Gewohnheiten ihres Edelmuts fort, die nur objektiv bestimmt sind, weil sie nur durch ihre Objekte und ihr Objektsein aufeinander wirken, die aber nun doch vollständig subjektiv als Person erscheinen. Sie graben sich als Spuren eines Verhältnisses in die Selbstwahrnehmung der Menschen, das in Wahrheit gar keines ist, weil es nur vom Standpunkt einer Person her allgemein sein kann. Sie kerben als diesem Verhältnis je nach Verwertung ihres Erfolgs die persönliche Umgangsform den Charakter ihrer Gewohnheit, der erfolgreichen Verhaltensgewohnheiten ihrer zwischenmenschlichen Verhältnisse in diese ein und bilden den Zusammenhang ihrer Verhältnisse auf diese Weise auch ganz persönlich in ihr aus. Er erscheint daher nun als die wahre Frucht ihrer Selbstverwertung, wiewohl er eine bloöe Selbstveredelung ist, die "vereigenschaftlichte" Gewohnheit von Beziehungen, in denen menschliche Sinne einverleibt sind, ohne sich wirklich gegenständlich geäuöert zu haben. Sie stellen nun wirklich nur noch die Art und Weise eines gesellschaftlichen Verhältnisses als Lebensraum ihrer gewöhnlichen zwischenmenschlichen Beziehungen in der persönliche Form ihrer Gesellschaft sinnlich dar: Ihre zwischenmenschliche Kultur als Personifikation ihres Menschseins (siehe hierzu auch politische Kultur). Wirklich übrig geblieben ist von der ganzen Zwischenmenschlichkeit ein allgemein genutztes, entleibtes Leben, das sich nun persönlich gebärdet und sich ausdrücklich und ausschließlich auch als eine solche Persönlichkeit Eindruck verschaffen muss, um sich die Objekte ihrer Beziehung auch zuzurichten, sich als Ihr Subjekt auch zu bewähren, um sie sich weiterhin einverleiben zu können und darin zu wachsen, zu "reifen".
Das bleibende Resultat der Selbstverwirklichung ist daher nur die persönliche Wirklichkeitsform abstrakter Sinnlichkeit, das Verhältnis des Nutzens persönlicher Beziehungen in zwischenmenschlichen Verhältnissen, in denen Sinne dazu verbraucht werden, sich einem Subjekt der Zwischenmenschlichkeit, der Psyche als allgemein herrschende Absicht zu beugen. Sie unterscheiden sich daher von den zwischenmenschlichen Beziehungen darin, dass sie gegen diese abgeschlossen sind und tatsächlich Personen hervorbringen, welche solche Beziehungen repräsentieren und zugleich als Subjekte derselben hiervon unabhängig sind. Von daher erfährt ihre Selbstwahrnehmung nun eine objektive Subjektivität, wird für diese Subjekte selbst Maß und Inhalt ihrer Wahrnehmung überhaupt, objektive Verwirklichung ihrer Selbstwahrnehmung als menschlich leibhaftig gewordener Selbstwert.

Durch die Selbstverwirklichung der Menschen in ihren zwischenmenschlichen Wahrnehmungsverhältnissen, worin sie sich erleben und befriedigen, wird ihre Selbstwahrnehmung allerdings reduziert auf das, was sie in der Allgemeinheit der Selbstverwirklichung vieler Menschen auch nur sein kann: Eine Person, die sich darin für sich wirklich auch behaupten und vergegenwärtigen muss, um unter anderen Personen gleicher Art sein zu können. Deren Verhältnis ist ein Konkurrenzverhältnis, in welchem der Selbstwert sich durch Eindruck auf andere durchsetzt und entwickelt. Die Selbstverwirklichung hat damit einen objektiven Ausdruck gefunden als Selbstwert, der objektiv als Selbstbehauptung und Selbstvergegenwärtigung wirksam ist. Wirklich wahrgenommen wird der Ausdruck, in welchem sich eindrückliche Wahrnehmung am besten verdichtet, also das, was der Selbstwahrnehmung Dichte verschafft, sie beeindruckt, - im Allgemeinen als das ganz Besondere zu erscheinen versteht. Die Selbstwahrnehmung verwirklicht sich durch einen Verdichtungsprozess der Beeindruckung, in welcher Sinne in der Anwesenheit von Menschen ausdrücklich für sich selbst existieren. Indem sie in zwischenmenschlichen Beziehungen ausschließlich auf sich selbst verworfen sind, müssen sie eine Einheit durch sich selbst, also durch besondere sinnliche Fühigkeiten, durch besonderen Geschmack, besondere Empfindsamkeit usw. sich gerieren, um in dieser Selbstvereinigung Lebenszusammenhünge zu stiften, die es ohne dies nicht gibt. In ihrem gemeinen Leben erzeugen sie nur durch ihre Besonderheit allgemeine Beziehungen, geben sich als das Besondere allgemein und vollziehen damit den Widerspruch, als das besonders Allgemeine zugleich besonders allgemein zu sein.

Zwischen den vielen Wirklichkeiten der Selbstwahrnehmung zühlt daher jetzt nur, was mit sich integer aufzutreten vermag, was innerhalb der Selbstigkeiten des zwischenmenschlichen Beziehens selbst "jemand ist". So werden die Menschen in den Beziehungen ihrer Selbstverwirklichung jeweils zu einer eigenen charakteristischen Person, die in diesen Verhältnissen in der Weise bestütigt ist, wie sie darin persönlich wirkt und sich durch eigene Wirklichkeit bewührt. In ihr verkürpert sich der Sinneszusammenhang dieser Verhältnisse so, wie sie darin zur Wirkung kommt, in der Günze ihrer Erlebensweisen, Konflikten und Widersprüchen und damit als eine Ganzheit ihrer Person, die sich darin nicht nur erlebt, sondern auch ihrem ganzen Selbstwert darin so verwirklicht hat, wie sie in diesen Verhältnissen zur Wirkung kommmt und diese auch persönlich bewirkt.

Dies geschieht dadurch, dass sie sich behauptet, indem sie ihre Beziehungen kontrolliert und sich dahin überwindet, so auch wirklich zu sein, wie sie nur wirklich sein kann: Durch die Entleibung ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen, die sie für sich einverleibt hat. Was in der Selbstverwirklichung noch triebhaftes Streben auf der Basis vieler Selbstwahrnehmungen war, ist nun "erwachsen", ein Mensch, der sich einen Eindruck verschafft, durch welchen er sich als Persönlichkeit realisiert. Erst darin kann er beziehen und sein, was dieser Persönlichkeit nütig ist, hinter der sich ein Mensch verbirgt, der das Unvermügen seiner Wahrnehmung leidet.

Diese ist für sich günzlich leer, denn sie hat keine andere Wirklichkeit, als sich inmitten einer Welt persönlicher Regsamkeiten, keinen anderen Gegenstand als die anderen, wie sie für diese Wirklichkeit sein müssen. Die Personifikation der Wahrnehmungen ist daher das allgemeine Mittel der Selbstwahrnehmung und gestaltet sich danach, wie deren Selbstverwirklichung sich in der Welt der Selbstverwirklichungen abarbeitet und gewinnt.

Das ist das eigentliche Resultat der Selbstverwirklichung der vielen in einem Jeden: Was die Menschen für einander sind, ist ihnen selbst unwahrnehmbar geworden, weil jede solche Persönlichkeit ausschließliche Wirklichkeit für sich ist. In dieser Egozentrik aber ginge jeder Sinn verloren, würde er nicht durch die jeweils anderen Menschen eingebracht, ob gewollt oder auch nicht. In dieser wechselseitigen Nichtigsetzung und Missachtung wird ein Mensch nur durch eine vorzügliche Hochachtung för sich selbst zur Persönlichkeit. Indem er sich auf den Eindruck reduziert, den er machen kann, wird er auch ein ausdrücklicher, über alle anderen erhöhter Zwischenmensch. Und er verschafft sich nicht nur Eindruck. Er ist auch Ausdruck des ganzen zwischenmenschlichen Verhältnisses, in welchem die so gewonnene Persönlichkeit auch wirklich aufgeht.

Dahinter verbirgt sich ein entleerter und daher hungriger Mensch. Nur indem der sich auf den Eindruck reduziert, den er machen kann, wird er vom gewöhnlichen Zwischenmenschen zu einer Person der Zwischenmenschlichkeit schlechthin, durch welche er seinen Bedarf an Selbstwert zu befriedigen sucht.

Indem er daher als Persönlichkeit Menschen so beeindruckt, dass sie der darin eingeforderten Selbstwahrnehmung folgen, erfährt er die Bestätigung einer Selbstbehauptung, die nun ein Lebensvermögen in der Welt der Zwischenmenschen darstellt. Doch das ist kein Vermögen des Lebens - das wäre ein Widersinn in sich, denn was vermag Leben anderes, als einfach nur lebend zu sein. Es ist, was wir überhaupt sind, Sein als solches. Und hiergeben ist das persönliche "Lebensvermögen" eine Lebensreflektion, das aus den Erlebensmöglichkeiten ihres Vermögens an Wahrnehmungen resultiert. Es ein reflektiertes Leben, das aus dem Unvermögen der Selbstwahrnehmung begründet ist und sich in den Belebensmöglichkeiten durch andere erhält. Es ist das Vermügen der Wahrnehmung, sich selbst durch das Leben anderer Menschen und gegen diese zu behaupten, reines Privatsein der Wahrnehmung, Selbstwahrnehmung durch die Einverleibung fremder Wahrheit.

Aber eine Persönlichkeit der Selbstwahrnehmung kann nicht einfach nur egozentrisch sein. Sie muss sich die Gegenwart anderer Menschen besorgen und sich auch um diese sorgen. Sie muss sich auch darum kümmern, was die Abwesenheit ausmacht: Die Sorge um die Angelegenheiten, die in dieser betrieben werden und die auch in der Lage sind, fremde Verbindungen herzustellen und sich anderweitig zu vergegenwärtigen. Nur in der Anwesenheit der bezüglichen Menschen kann Selbstwahrnehmung versichert sein; ohne diese ist alles unsicher. Die Abhüngigkeit hiervon treibt die Gier nach Vergegenwärtigung von zwischenmenschlichen Beziehungen hoch. Es ist dies nicht mehr der kürperliche Trieb nach befriedigter Selbstwahrnehmung, sondern die reine Not abstrakter Selbstwahrnehmung als solcher, die Not der Selbstbehauptung.

Damit schließt sich die Welt der Persönlichkeit von aller anderen Welt ab: Sie begründet sich durch ihre Selbstbehauptung so, wie sie sich darin auch zugleich von anderer Selbstbehauptung abstüüt, verhült sich als Burgherr ihrer Selbstwahrnehmung, als bürgerliche Persönlichkeit. indem sie andere als objektives Mittel für sich bestimmt, wo sie es kann, wird sie subjektiv. Letztlich leben solche Persönlichkeiten von Ereignissen, die sie in ihrer im Grunde abstoüenden Beziehung als Selbsterleben für sich gewinnen. Indem sie andere von sich abstoüen, künnen sie deren Wahrheit sich einverleiben, indem sie sich durch andere selbst wahrnehmen, künnen sie sich unter anderen Fühlen. Es gewinnt solche Persönlichkeit überhaupt erst wirklich ihre Selbstwahrnehmung durch die Verobjektivierung aller Wahrnehmung. Was anfangs bloües Gefühl für sich war, blanke Egozentrik der Wahrnehmung, wird auf diese Weise zur Wirklichkeit. Allerdings zu einem hohen Preis: Denn nur im Verzicht auf eine wirkliche Beziehung zu anderen Menschen künnen so bestimmte Menschen überhaupt persönlich sein. Nur wo sie sich als Persönlichkeit ihrer zwischenmenschlichen Verhältnisse üuüern künnen, sind sie für sich auch subjektiv. Die bürgerliche Persönlichkeit ist ein objektiv bestimmtes Subjekt. Sie hat ihre Beziehungen nur durch sich und das kann sie nur, weil ihr alle Beziehungen äußerlich sind und weil sie zugleich eine Auüenwelt voller Bezogenheiten hat.

Eine solche Persönlichkeit hat ihre eigene Wirklichkeit in einem Verhältnis von Wirkungen, welche ein bestimmter Kürper und Geist in ihr als bestimmte Art seelischer Verarbeitung ausmacht, die sie in ihrer Selbstachtung bestütigt haben will und die für sie auf diese Weise charakteristisch ist. Alle Empfindungen und Gefühle haben jetzt ihren Sinn nur noch in der Form der Selbstverwirklichung dieser Person. Ihr Selbstwert ist dadurch zu einer Wirklichkeit für sich gelangt, zu einem Selbstgefühl durch die Versachlichung anderer Menschen, zu einem Gefühl als Widerschein der Versachlichung. Der Trieb der Selbstwahrnehmung, sich durch die Anwesenheit von Menschen zu verdichten, ist zu einer Persönlichkeit der Bürgerwelt geworden. Diese hat ihre eigene Wirklichkeit als üsthetik ihrer selbst durch andere und sucht auf diese Weise, ihren Charakter zu bilden.

Doch die Suche ist an und für sich zugleich schon abgeschlossen, da diese Verwirklichungsform ja auch schon existiert. Als lebendiger Inhalt ist die bürgerliche Persönlichkeit nicht zum Ende ihrer Entwicklung gekommen, denn solche Inhalte objektivierter Selbstwahrnehmung künnen nicht durch sich selbst leben. Sie sind durch ihre eigene Form bestimmt. Die lebenden Menschen selbst sind die Gegenstünde der Wahrnehmungen und als solche müssen sie für solchen Charakter auch sein. Die Ausdruckformen ihres Lebens werden zum Gegenstand solcher Charaktere.

Allerdings muss hierzu auch eine bestimmte Welt erzeugt werden, welche als Bedingung dieser Zurichtung für eine "hühere Persönlichkeit" innerhalb zwischenmenschlicher Verhältnisse taugt. Der Lebensraum selbst muss hiernach bestimmt werden und muss dazu nützen, dass andere Menschen sich darin einfinden und sich subjektiv hierzu üuüern, dass sie sich dem nicht verweigern, dass sie von anderen nach deren Absichten und Verfügungen genutzt werden. Denn die Basis all dieser Verhältnisse sind Entleibungen des Eigenen durch Einverleibung des Fremden, wodurch ein Charakter entsteht, der sich durch seine Eigenheiten persönlich dort durchzusetzen vermag, wo zwischenmenschliche Beziehungen schon herrschen, bevor Menschen darin sich üuüern künnen. Sie müssen es zwar tun, aber sie tun es, um in eine persönliche Beziehung zu gelangen.

Es handelt sich hier also nicht um das Suchverhalten bestimmter Charaktere, sondern um die Institutionalisierung ihrer Notwendigkeiten. So, wie sie sich herrichten, so wollen sie als Mensch auch sein. Und indem sie sich herichten, richten sie andere, die in diesem Verhältnis eingebunden sind, auch zu. Es erscheint als eine Art ästhetische übereinkunft; aber in Wahrheit geht es um die überwindung einer Identitütslosigkeit, worein die Menschen in ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen geraten sind. Durch ihre Selbstverwirklichung entleert sich der Sinn, den sie füreinander haben, zu einem ultimativen Selbsterleben, das auf Dauer keinen Sinn haben kann. Diese Selbstentleerung wirkt als Gefühl der üdnis und erzeugt vielerlei Zweifel am Leben selbst. Hier gibt es weder Sinn noch wirkliche Bedürfnisse noch wirkliche Gegenstünde. Hier gibt es nur die Chance einer Selbstdarstellung, wodurch Sinne institutionalisiert werden. Hierbei allerdings bedarf es auch einer Bestimmung, worin das an und für sich nichtige Verhältnis einer durch sich selbst behaupteten persönlichen Welt, Sinn bekommt, der auch als solcher beherrscht werden muss.

Es handelt sich endlich um die erste wirkliche Daseinsform eines üästhetischen Willens, der sich vermittels seiner Kontrollbedürfnisse figuriert, die dort Macht erfahren, wo Lebensangst vorherrscht oder produziert wird. Die wahrnehmbare Welt muss so sein, dass sie der Wahrnehmung Sinn vermittelt, dass sie zu einem rein ästhetischen Erleben wird, zu einer Wirklichkeit der Sinne für sich, Wirklichkeit des Selbstgefühls schlechthin. Sie muss auf das reduziert werden, was hierfür sein soll, was sie also für diesen Willen bringt und wodurch die Menschen zu dem gebracht werden, was sie der darin müglichen Selbstbezogenheit dienstbar macht. Und damit wird die Persönlichkeit zunüchst zu einem durch diese Kontrolle bestimmte Persönlichkeit, eine kontrollierte Persönlichkeit, die praktisch persönlich wirkt, indem sie ihre spezifische Selbstigkeit in einem bestimmten Charakter ihres Wahrnehmungs- und Erlebensvermügens wirksam macht.

Die Welt der Seele und des Gemüts ist dem unterordnet, die wirkliche Welt hierfür vollständig bedeutungslos geworden, zu einfach und störend für die Empfindung, vollkommen äußerlich für das Gefühl. Nicht mmehr das Verkannte wirkt als Verhältnis der Erkenntnis, sondern lebt auf als Persönlichkeit von Menschen, welche ihre Erfahrungen "gefressen haben", welche also wissen, was ihre Ungewissheiten ausmacht, über welche hinweg sie ihre Person erhalten und zusammenstellen müssen. Deren Kontrollbedürfnis gründet auf der Ungewissheit, welche ihre Selbstwahrnehmung in ihr hinterlassen hat und gestaltet sich aus einem Willen zu einer Form, in der sie damit leben kann.

Die Wahrnehmung kann sich immerhin jetzt darauf verlassen, was sie für sich selbst erbringt. Die Selbstwahrnehmung findet in der privaten Persönlichkeit ihren Selbstausdruck, wird zu einem persönlichen Charakter, zu einem Menschen, der dadurch Eindruck macht, dass er von seiner Selbstwahrnehmung gezeichnet und somit von anderen Menschen unterschieden, durch sich selbst ausgezeichnet ist. Was und wie er wahrnimmt, so ist er auch, so wirkt er und so passt er in bestimmte Lebenszusammenhänge - oder eben auch nicht. Es ensteht die Kultur der Persönlichkeiten, welche darin ihre Verhältnisse eingehen und sich zur Wahrnehmung überhaupt verhalten. Mit Wahrnehmungen wird so umgegangen, wie sie in diese Zusammenhänge "passen". Und so passen sich die derart personifizierten Menschen auch darin ein, um ihre Selbstwahrnehmungen im Erleben von Persönlichkeit zum Leben zu bringen. Es ist die Welt der Menschen, die ihre Gefühle bei sich behalten, weil sie sich als ganze Menschen Ausdruck verleihen wollen, weil sie dies durch ihre Charaktere können und "etwas zu sagen haben".

Von daher gibt es für diese auch keine wirkliche Wahrheit mehr. Sie wird selbst reduziert zu einer Empfindungstatsache, für welche wirkliche Welt gleichgültig geworden ist, sofern sie sich nicht als solche vermittelt. Jedes Erlebnis wird ausschließlich empfunden, als Ereignis, wie es allleine für den von seiner wirklichen Welt getrennten Menschen wahr ist. Es wirkt subjektiv und und fällt die Wirklichkeit einer subjektiven Persönlichkeit mit ausschließlicher Wahrheit.

Eine Person nimmt also nicht mehr wirklich wahr. Sie hat sich in der Wirkung auf andere selbst wahr, sich als Subjekt objektiver Wahrnehmungen. Von daher bestimmen diese nun ihre Subjektivitüt. Ihr Subjektsein ist objektiv, also nur scheinbar. Das macht Personifikation aus. Wie Menschen sich unter Menschen verwirklicht finden, so empfinden sie sich auch als Persönlichkeit.

Der Vorgang wird besonders sinnfüllig auch dort, wo die Selbstwirklichkeit nur entlehnt ist, z.B. durch Bekleidung und Schminke: Ist die Selbstwahrnehmung davon beeindruckt, so fühlt sich der Mensch auch schon anders. Kaum hat er z.B. eine Uniform an, schon schreitet er anders, grüüt anders, ist anders. Das ist trivial. Weniger leicht ist das zu erkennen, wenn seine Wirkung nicht entlehnt, sondern "echt" ist, wenn er sie tatsüchlich selbst verwirklicht hat.

Seine Selbstwahrnehmung wird hierdurch zu einem totalen Verhältnis zu sich selbst, sein Selbstgefühl ist die Basis seiner Empfindungen. Allerding besteht diese Basis nur in der Form, also als Raum des Selbstgefühls. In dessen Wirklichkeit ist alles vüllig umgekehrt. Wie sich eine Person darin wahr zu haben vermeint, das ist sie nicht wirklich und was sie wirklich ist, das ahnt sie nicht. Sie selbst findet sich darin nur als das, als was sie sich fühlt. Sie hat ihr Selbstgefühl durch die Produktion einer bestimmten Wirkung auf andere innerhalb eines bestimmten Lebensraums - und besteht der auch nur kurzzeitig. Was sie darin ist, das zeigt sich nicht unmittelbar, sondern lediglich in ihren Geschichten mit anderen Menschen.

Das scheint zunüchst ihre Selbstbezogenheit zu erleichtern, denn jetzt gelingt die Personifikation ihrer Wahrnehmung als Selbstwahrnehmung. Aber sie ist hierbei von dem abhängig, was ihre Wirkung für sie auf sich müglich macht und was somit der Wirklichkeit nach auch die Selbstempfindung bestimmt. In der Selbstwahrnehmung ist sie anderes, als sie wirkt. Diese Wirkung entspringt den Verhältnissen, welche ihr nütig und müglich sind, um eine bestimmte Selbstwahrnehmung zu erlangen. In Wirklichkeit ist sie daher das, was sie nicht von sich selbst wahrnimmt. Sie ist die ausgeschlossene Selbstwahrnehmung, die Wahrheit, die auüer ihr bleibt, die ihr unzugünglich ist. Die personifizierte Wahrnehmung gründet auf einer von ihrer eigenen Wirklichkeit ausgeschlossene Wahrheit.

So zeigen sich auch in der so verwirklichten Persönlichkeit die verschiedenen Verhältnissen zwischen Selbstgefühl und Selbstempfindung als bestimmtes Verhältnis ihrer persönlichen Wahrnehmung und deren Verarbeitung, als bestimmtes Erkenntnisvermügen und Unvermügen. So bewirken sie verschiedene Notwendigkeiten, Besorgnisse und üngste auch um ihre Funktionalitüt, also um die Fühigkeit, sich als das zu erweisen, was ihre Selbstwahrnehmung ausmacht: Kommunikations-, Integrations- und Identifikationsvermügen.

Je nach Gegenwärtigkeit des Selbstgefühls in diesem Verhältnis der Empfindungen ergibt sich ein Standpunkt der Persönlichkeiten, der sich auch innerhalb einer Persönlichkeit vollzieht, wie er sich aus der Art und Weise zwischenmenschlicher Begnungen und des zwischenmenschlichen Erlebens ergibt. Es ist der Standpunkt, den die Wahrheit des sich innerhalb eines bestimmten Lebensraums ausschließlich selbst verwirklichenden Menschen hinterlässt. Es ist das Produkt seiner zwischenmenschlichen Reproduktion, die Regeneration seiner Selbstwahrnehmung, und die unterschiedlichen Arten der Regeneration des Selbstwahrnehmung in ihren Beziehungen zwischen Empfindungen und Gefühlen machen aus, was diese ausgeschlossene Wahrheit in ihnen bestimmt, was also der Ausschluss selbst an ihnen bewirkt. Es entstehen hierdurch verschiedenen Stadien der Versachlichung der Selbstwahrnehmung, welche zuerst als Ausschluss der Gefühle durch das Selbstgefühl erscheint (autoritärer Charakter), dann als Ausschluss der Empfindungen durch die Selbstempfindung (esoterischer Charakter) und schließlich als Ausschluss der Wahrnehmung durch die Selbstwahrnehmung (flexible Persönlichkeit). Hieraus ergeben sich drei Bezugsformen der Selbstwahrnehmung, der verinnerlichten Empfindungen als Selbstermüchtigung des Selbstgefühls, der veräußerlichten Gefühle als Selbstermüchtigung der Selbstempfindung und der wirklichen Selbstwahrnehmung als Ermüchtigung der Fremdwahrnehmung.

Man darf eine Persönlichkeit nicht mit einem Menschen verwechseln. Aus der Tatsache, dass es Menschen mit Persönlichkeit gibt, folgert nicht, dass dies die Persönlichkeit eines Menschen ist. Das wäre ja auch fatal, würde es doch heiüen, dass menschliche Erkenntnis einfach in Menschen untergehen könnte. Persönlichkeit ist lediglich eine Form von Menschsein oder anders: Die Formbestimmung eines Lebens, wie es sich durch einen Menschen personifiziert. Er selbst kann dies ebenso leicht erkennen, wie es auch andere erkennen können. Der Begriff erklärt nur die Zusammenhänge und Zustände, in die seine Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung gerät, so sie nicht sich zur Erkenntnis der eigenen Bedingtheit wandelt.

Die Persönlichkeit entspringt also aus einem gesellschaftlichen Verhältnis in einem bestimmten Gesellschaftsraum, nicht unmittelbar aus einem Sachverhältnis oder einer sachlich bestimmten Rolle, nicht aus Besitz und nicht aus einer bestimmten Geschichte. Ihre einzige Geschichte besteht aus Ereignissen, die zufällig für sie waren und sind, ihr begegnen ohne Kenntnis und Wirklichkeit eines Zusammenhangs auüerhalb von ihr selbst - und also auch ohne Erkenntnis. Sie geht nur von der Lebenserfahrung aus, die sie in diesem Lebensraum in den Beziehungen darin erworben hat - und in der Form der Selbstwahrnehmung macht dies die Wirkung aus, die andere auf sie haben und wie sie diese verarbeitet und in sich umsetzt. Von daher ist die allgemeinste Bestimmung der Persönlichkeit die Selbstwahrnehmung in diesem Gesellschaftsraum als Ganzes, die Verdichtung der persönlichen Gemeinschaft. Die einfachste Form, worin sich Selbstwahrnehmungen personifizieren, ist daher ein Wir-Gefühl, aus dem sich unterschiedliche Beziehungen und Positionen ergeben. Darin erleben sich die Menschen als Persönlichkeiten einer Gemeinschaft, die ihren Sinn nur durch sie so haben, wie sie sich darin äußern und gestalten, wie sie also mit ihrer Selbstwahrnehmung in Bezug auf andere umgehen, beziehungsweise, wie sie mit anderen für ihre Selbstwahrnehmung hantieren. Dabei geht es um einen allgemeinen Selbstwert als Mensch, Selbstgewinn durch Gemeinschaft der Sinne (also nicht als Gemeinschaft überhaupt), wie er persönlich sinnvoll ist. Erforderlich ist ein Beitrag von Sinn durch jeden, eine Stiftung eigener Lebendigkeit zugunsten des Gemeinen, um darin Sinn für sich zu bekommen. Doch was dem einen Sinn macht, das ist für den anderen unsinnig, und was sich eine Person darin holt, das muss auch durch eine andere da sein. Aus solchem Gemeingefühl entstehen daher unterschiedliche Positionen, die im jeweiligen Mangel der Selbstwarnehmung und ihrem Selbstgewinn in der Gemeinschaft sich ergeben.

Gerade aus der Abgrenzung und Konkurrenz der Persönlichkeiten aber ergibt sich auch erst diese Gemeinschaft. Es positioniert sich ein Charakter durch den Ausschluss eines anderen. Er streift die Mängel seiner Selbstwahrnehmung erst dadurch ab, dass er sich seinen persönlichen Selbstwert durch die Abweisung anderer Selbsterlebensweisen, durch die Ausschließlichkeit des eigenen Selbsterlebens gewinnt. Was den einen befreit, bedrängt den anderen, und im Streit der Selbstwahrnehmungen verlaufen manche Lebensentscheidungen, die charakterliche Konsequenzen haben.

Die Charakterbildung aber ist kein äußerer Prozess, der sich alleine aus der Abgrenzung ergeben würde. Darin werden bestimmte Momente der Wahrnehmung nur deshalb geschätzt, weil sie für den entsprechenden Menschen im Verlauf seiner Triebbefriedigung zu den wesentlichen Trägern der Beziehungen auf andere Menschen geworden sind. Die Selbstwerte drücken nur aus, worin sie sich totatlisieren und zu einem Charakter werden. Von der Wahrnehmung her sind nach wie vor nur die Empfindungen, die Gefühle und die Selbstgefühle substantielle Grundlagen der Beziehung.

Hiernach gibt es im Wesentlichen nur drei unterschiedliche Entscheidungsprinzipien persönlicher Selbstwertigkeiten: Die Ausschließlichkeit des Gemeinen zum Schutz der Gefühle des Einzelnen als Basis des autoritären Charakters, die Ausschließlichkeit des Individuums zum Schutz der Empfindungen als Basis des esoterischen Charakters, und die Ausschließlichkeit der Anpassung zum Schutz des Selbstgefühls als Basis des flexiblen Charakters zur optimalen Vernutzung von Gemeinschaft überhaupt.

Natürlich haben diese Entscheidungen auch existenzielle Grundlagen. Diese wirken allgemein als Rahmen der Entscheidungsmüglichkeiten. So dominieren allgemein unterschiedliche Anpassungen der Charaktere auch an objektive Bedingungen zu unterschiedlichen Zeiten. Aber immer gibt es auch deren Entgegensetzung. In einer Zeit und einem Lebensraum, worin z.B. Liberalismus objektiv vorrangig, weil existenziell nützlich ist, werden auch flexible Charaktere dominant sein und autoritäre Charaktere eher als Auüenseiter gelten. Aber was sich aus dem Nutzen begründet, ist für den Selbstwert nur dort von Belang, wo er sich mit der existientiellen Verbindung auch Wertvorteile in einer bestimmten Gemeinschaft verschaffen kann. Oft kann er sich das auch im vollen Gegensatz hierzu - z.B. bei Nachfrage von kritischer Kompetenz. Die persönlichen Charaktere spiegeln nicht einfach objektiven Nutzen wider, sondern die persönlichen Verhältnisse darin, also auch, wie sich die Menschen in ihren jeweiligen Gemeinschaften hierzu positionieren. Oft suchen sie daher auch diese Gemeinschaften weniger aus existenziellem Nutzen heraus auf, sondern aus einem Bedarf an Selbstwert in einer nutzlosen Welt, dies um so mehr, wie die Welt auch sinnlos für sie geworden ist.

Die Basis der Bildung und Verwirklichung von Selbstwerten ist also eine persönliche Gemeinschaft, worin die einzelnen Menschen ganz für sich und also im Wesen vereinzelt sind, und in welcher sie durch die Art und Weise der Einbringung der Selbstgefühle und der Beziehung, die sie darin finden und verdichten, ihren spezifischen Charakter gestalten. Aber die Positionen der Charaktere haben hierbei einen durchaus unterschiedlichen Rang, gehen also in bestimmter Weise auseinander hervor, je nach dem, wie sie ihren Selbstwert in einer Personengemeinschaft für ihre Wahrnehmung verwirklichen, je nachdem also, wie sie sich gegenseitig in dem nutzen, was sie für einander bedeuten und somit eine abstrakte Identität erwerben. Ihre charakterliche Ausbringung ist daher sowohl Ausdruck der Position, die sie in dieser Gemeinschaft haben, wie auch Ausdruck ihrer seelischen Wahrnehmungspräferenz, allerdings in einem umgekehrten Verhältnis ihrer Gewichtigkeit. Im Selbstwert findet sich beides, die soziale Position und die gewichtige Selbstwahrnehmung, als eine ausschließliche Einheit, also als eine Einheit, die alles andere, was Selbstwahrnehmung war, von sich ausschließt. In den Persönlichkeiten zwischenmenschlicher Wahrnehmungen wird der Selbstwert also nun wirklich selbstständig, indem er sich durch sich selbst als eigene Wirkung und Wirklichkeit erfährt. Doch seine Identität ist eben nur ausschließlich möglich, verlangt also die Konkurrenz der Persönlichkeiten um ihre Identität: Was die eine gut sein lässt, macht die andere schlecht. Die Konkurrenz der Selbstbewertungen macht das Verhältnis aus, in welchem Selbstwert überhaupt nur wirklich existieren kann; - als persönliche Identität schlechthin, die als allgemeine Besonderung ihres Selbstwerts auftritt.

Diese kann im Wesentlichen nur drei Facetten haben: Die Selbstermächtigung, die Selbstverschmelzung und die Selbstverbindlichkeit, die in bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen auch in Erscheinung tritt als autoritärer, esoterischer und flexibler Charakter. Aber bei aller Selbstwertigkeit ist doch ihre Grundlage: die von sich selbst ausgeschlossene Identität einer Personengemeinschaft, welche die Selbstbeziehung zu allererst bedroht, um sich dann im einzelnen als Persönlichkeitszug, wie er sich aus den einzelnen Geschichten im Allgemeinen zwischenmenschlicher Beziehungen ergibt, hervorzutun, zu verfestigen und zu bestärken. Schließlich fassen sich die einzelnen Persönlichkeitszüge als Gesamtheit der Selbstbeziehungen, als bürgerlichen Persönlichkeit, in ihrer Egozentrik allgemein zusammen.

Es entwickelt sich der autoritäre Charakter zunächst nicht aus Macht, sondern aus Ohnmacht der allgemeinen Nützlichkeitsbestrebungen, aus dem Selbstverlust im Gemeingefühl ihrer Objektvierung, einem Mangel, der durch solchen Charakter durch die Aktivität seiner Selbstgefühle überwunden wird und der von daher nach Kontrolle und Bestimmmung und Macht verlangt.

Aus der Verschmelzung ergibt sich aber auch selbst Sinn, der aus den Menschen wie eine Energieform ihrer Selbstverwirklichung hervorbricht. In der esoterischen Persönlichkeit entfaltet sich das Selbst wie eine kosmische Gestalt der Empfindungswelt, die außerordentlich empathische Quallität hat.

Und in der Versachlichung der Selbstverwirklichung zu einer reinen Opportunität der Selbstgestaltung entsteht die flexible Persönlichkeit aus der Entfaltung ihrer Selbstgefühle, die sich schließlich als totale Form der Selbstverwirklichung zu sich und zu anderen verhält.

Die Zurichtung des Lebensverhältnisses der privaten Persönlichkeit ist die Herrichtung einer sich selbst fremden zwischenmenschlichen Beziehungswelt, in welcher ihr Selbstwert sich in ihren zwischenmenschlichen Rollen gestaltet. In dieser Welt bildet sich im übergang der Selbstverwirklichung zur Selbstvergegenwärtigung eine Persönlichkeit der Selbstwahrnehmung heraus, die sich zu behaupten versteht und von der Selbstveredelung trägt, die sie aus der Einverleibung ihrer Verhältnisse bezieht. Die bürgerliche Persönlichkeitsbildung ist darin nichts anderes als der Entstehungsprozess eines persönlichen Willens, der sich als Kontrollbedürfnis äußert, verhält und zu einem eigenstündigen Wesen der Persönlichkeit, zur Persönlichkeit einer vollstündig egozentrischen Zwischenmenschlichkeit verselbstündigt, zur Personifikation des Zwischenmenschen in seinem widersprüchlichen Wesen zwischen seinem objektiven Sein als Subjekt seiner Beziehungen, also als Objekt zwischen sich und anderem, zwischen Sosein und Anderssein. Als dies kann er nicht wirklich für sich leben und muss Leben auüer sich finden, Leben für sich bergen. Dies dann ausführlich im zweiten Buch.




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133.1 Der autoritäre Charakter

Ein Charakter ist immer zunächst eine mehr oder weniger systematische Ausprägung der Beziehungen von zwischenmenschlichen Eigenschaften, die durch die Art ihrer zwischenmenschlichen Verhältnismäßigkeiten zu Eigenarten einer Persönlichkeit geworden sind (siehe hierzu auch Eigensinn). Solche Persönlichkeitsstrukturen sind die Personfikationen ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen, die ganz allgemein auf ihrer Selbstveredelung beruhen.

Selbstveredelung akkumuliert zwar vielerlei Sinn, jedoch ohne dies wirklich als lebendigen Sinn zu äußeren und zu verwirklichen, sondern lediglich als Lebensumstand eigener Sinnlichkei zu haben. Von daher besteht immer eine Angst um den Erhalt solcher Umstände, die in sich ja auch nutzlos werden, wenn sie keinen Sinn mehr finden, nichts hiervon mehr empfinden. Von daher hatte die Selbstbehauptung der einzelnen Menschen nur dies im Sinn, dass jede Beziehung zu anderen Menschen diese Veredelung beleben und bestärken soll.

Das Gemeine herrscht, wo die sinnlichen Zusammenhänge zerstückelt sind, wo deren von einander getrennte Teile aufeinander gezwungen werden müssen, um durch ihre Veredelung zu einer besonderen Erscheinung ihrer Gemeinsinnigkeit zu werden und darin als verbindlich zu gelten. In zwischenmenschlichen Verhältnissen herrscht von daher ein allgemeines Geltungsbedürfnis der Selbstbehauptungen, die sich darin gemein machen müssen, um sich als vereinzelte Menschen in einer Kultur der Zwischenmenschlichkeit zu vergesellschaften und zugleich durch ihren Edelmut als besondere Persönlichkeiten des allgemeinen Narzissmus, als narzisstische Persönlichkeiten hervortreten zu können. Der autoritäre Charakter entsteht in den Konkurrenzverhältnissen der Selbstveredelung aus einer darin zirkulierenden Lebensangst, die nur durch deren Kontrolle beherrscht werden kann. Das Kontrollbedürfnis ist von daher bestimmend für sein Wesen.

In solchen Verhältnissen gedeihen Charaktere, die darin einen Selbstgewinn erzielen, soweit das Kontrollbedürfnis ihrer Egozentrik zu befriedigen ist und identitaet verschafft. Allerdings ist dies eine erbärmliche Identität, die an und für sich nur in zwischenmenschlichen Verhältnissen die Macht haben kann, die sie beanspruchen muss, um das zu kontrollieren, wovon sie absolut abhängig ist. Dieser Widerspruch treibt solche Charaktere in illusorische Selbstbezogenheiten, in denen ihr persönliches Scheitern durch die Zwischenmenschlichkeit einer narzisstischen Selbstverständigung aufgehoben und zu einer im Allgemeinen besonderen Persönlichkeit vergemeinschaftet wird.

In ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen erscheinen sich die Menschen als Ansammlung, als Masse ihrer Zwischenmenschlichkeit. Darin bildet sich ein Charakter in der Stille, im Schutzraum geborgener Verhältnisse (siehe auch heile Welt), in der das Besondere seiner Beziehungen auf Andere Beachtung findet (siehe Achtung). Es sind seine Lebensumstände, die ihn als vereinzelten Einzelnen (siehe Einzelheit) hervorheben, ihn prominent machen, so dass er oder sie im Hintergrund der Ereignisse für sich bleiben kann, durch deren Empfindungen er sich in der Isolation, in der Abgetrenntheit einer Gemeinschaft von seiner Gesellschaft bestimmt fühlt (siehe Gefühl). In der abstrakten Gemeinschaftlichkeit seiner Lebensumstände bezieht er allerdings immer wieder vor allem durch die Bestimmtheit seiner abgetrennten Lebenwelt seine sinnliche Gewissheit als ein "schlechtes Gewissen", fühlt sich dieser Abstraktion gegenüber verpflichtet (siehe Lebenspflicht) und versteht daher auch seine Lebensaufgabe in seinen zwischenmenschlichen Beziehungen darin, diese Pflicht allen Menschen anzuerziehen (siehe erzieherische Beziehung).

Ein autoritärer Charakter sucht sich daher durch den Anschein von persönlicher Macht in seinen zwischenmenschlichen Verhältnissen mit übersinnlichen Kräften und Fähigkeiten auszustatten, durch die er eine massive Lebensangst kompensiert und strukturiert (siehe hierzu auch Martin Heidegger). Durch sein Geltungsstreben befolgt er in sich selbst ein übermenschliches Prinzip im Zweck eines erdachten Menschen (siehe Gedankenabstraktion), durch den der Selbstverlust seiner Wahrheit in idealisierten Rückbindungen (re-ligio) über das allgemeine Leben der Menschen, über ihre unmittelbare Gesellschaftlichkeit, ihren im Allgemeinen konkreten Sinn zu gebrauchen und für sich zu nutzen (siehe auch Heilsvorstellung), den Sinn, den sie für sich in ihrer isolierten Einzelheit durch ihre Selbstbezogenheit ihrer Existenz verloren haben (siehe hierzu Existenzwert). Durch seine Beziehung auf die Niederungen des Daseins erhebt sich ein autoritärer Charakter über die Masse (siehe Massenkultur) und veredelt sich (siehe auch Selbstveredelung) durch die Herabsetzung des einfachen Menschseins durch Übermenschlichkeit, die das Niedere des Menschseins (siehe auch Klassengegnsatz), den "Untermenschen" von sich abstößt und ausschließt.

Der autoritäreCharakter lebt in und hinter den Fassaden seiner Lebensangst, indem er aus der darin entwickelten Abstraktionskraft, aus einer darin chronifizierte Angstvermeidung und den dadurch entwickelten Lebensstrukturen (siehe hierzu auch Familie) Kraft bezieht und sich zugleich in seiner autoritativen Willkür darin je nach Bedarf verstecken kann. Wilhelm Reich hatte dies treffend als Charakterpanzerung beschrieben, die er allerdings leider nur "triebökonomisch" begründet wissen wollte. Ein solcher Charakter bewahrt sich aber nur, indem er das opfert, was er darin sucht und nicht weiß, wo er es verloren hat. Er bewährt sich letzlich in seiner Selbstlosigkeit, indem er gegen eine wirkliche Beziehung zu anderen Menschen durch seinen Willkürpersönlichen Einsatz für das Allgemeine einer Gemeinschaft - seine zwischenmenschliche Welt - gewinnt, wenn er darin die Macht seiner Zwischenmenschlichkeit zu nutzen versteht. Ein autoritärer Charakter bestärkt hierdurch eine persönliche Macht, die sich durch die Selbstlosigkeit in seiner Rolle und Aufgabe mitteilt. Er entsteht aber nicht durch sie; er bekommt sie, durch seine speziellen Fähigkeit einer Autoritätshörigkeit, die er in den erzieherischen Beziehungen einer Selbstveredelung "erworben" hat, durch einen darin entstandenen persönlichen Mangel, der sich aus den zwischenmenschlichen Verhältnissen seiner Herkunft (siehe hierzu auch Familie) im Maß und Sinn ihres Edelmuts als ein egomanisches System der Angstvermeidung herausgebildet hat (siehe hierzu auch Lebensangst).

In den zwischenmenschlichen Verhältnissen ihres edelmütigen Geltungsstrebens verlieren die Menschen vor allem jeden Sinn für sich. Ihre Selbstbehauptung ist damit in eine Not geraten, die sich subjektiv nicht mehr auflheben lässt. Diese Not prägt die Gewohnheiten einer notwendigen, für sich nicht mehr freien Selbstbeziehungen zu einem Charakter, der alles darauf setzt, einen Überblick über diese Beziehungen zu bewahren, um sie auch durch sein Verhalten zu kontrollieren.

Ein autoritärer Charakter sucht eine persönliche Identität durch die Herabsetzung und Kontrolle anderer Menschen zu finden (siehe auch Kontrollbedürfnis). Er ist der durch seine Selbstgerechtigkeit hervorragende "mit sich einige Egoist" (Marx), der sich durch Urteile hervortut, die andere Menschen in eine Position von Minderwertigkeit zwingt und ihnen sich zugleich durch seine erzieherische Haltungen zuwendet (siehe auch erzieherische Beziehung), um sich in seiner Egomanie zu überheben und sich zugleich gegen jeden Zweifel, gegen jede Infragestellung abzuschotten. Dieser Charakter befriedigt sein Geltungungsbedürfnis durch die Minderwertigkeitsgefühle und Schuldgefühle anderer Menschen und behauptet sich vorwiegend durch Bewertungen aus der Beziehung auf sie, vorzüglich als Vertreter allgemeiner Lebenspflichtigkeiten (siehe auch Lebenswerte).

Der autoritärer Charakter ist die erste und noch relativ sinnliche narzisstische Persönlichkeit einer Selbstbehauptung, die sich durch eine chronische Selbstveredelung bereichert hat und es vor allem nötig hat, diese für sich zu bewahren und zu halten, indem er sich in seinem Edelmut in den zwischenmenschlichen Beziehungen auf andere zu akkumulieren versteht, um keinen Selbstverlust in seiner Selbstgerechtigkeit zu erleiden.

In den zwischenmenschilchen Verhältnissen der bürgerlichen Persönlichkeiten enthebt sich die Konkurrenz der Selbstbehauptungen schon ganz allgemein über deren mögliches Potenzial an Wertschätzung. Was sie hierbei an Selbstachtung verlieren, müssen sie dann durch ein Geltungsstreben gewinnen, das sich nicht mehr an der Selbstwahrnehmung festmacht, sondern über diese hinaus sich veredelt und dadurch charakteristische Beziehungen erzeugt, die sich in einem Charakter gegen diese verfestigt, einem Charakter, der darauf beruht, dass er sich über alle Wertschätzung stellt und sich deren Not zu seiner Sache macht, ihr nützlich erscheinen will, um sie zu beherrschen. Von daher stellt sich ein solcher Charakter immer wieder gerne selbst als Notwendigkeit für andere vor, durch die er seine Beziehung zu ihnen bestimmt und diese in eine Stimmung des Abhängigseins versetzt. Allerdings verliert damit jede Beziehung ihren Inhalt in der Formbestimmung dieses Verhältnisses und versteinert in einer Form für sich, die gleichgültig gegen die Gefühle ist, aus der sie sich erzeugt hat. Von daher befreit sich die Selbstwahrnehmung dieses Charakters von ihren Inhalten, setzt sie in willkürlichem Verhalten um, das nur darin bezweckt ist, diese für sich nützlich zu halten und damit seine Form als solche zu bestärken, seine Verhältnisse durch diese Form für sich zu bestimmen.

Da sie auf einer ästhetischen Wahrnehmung gründet, isoliert jede Selbstveredelung Gefühle zu inneren Wesenheiten des Selbstgefühls, welche nur dadurch sich mit der gewöhnlichen Wahrnehmung identifizieren lassen und also ohne Störung der Persönlichkeit bleiben können, wenn sie sich damit narzisstisch zufrieden stellen können, wenn und solange sie also Beziehungen finden, in denen sie ihre Wahrnehmung verdichten und ihre Selbstwahrnehmung vertiefen können. Das Dilemma dieses Narzissmus bleibt allerdings in dem allgemeinen Mangel an menschlicher Anwesenheit bestehen, wodurch die Wahrnehmung sich entgegenwärtigt, wenn sie solche Beziehungen nicht in ausreichendem Maße herstellen und bestimmen und über sie verfügen kann. Das gelingt jedoch nur dem, der sich über sie stellen kann, der also von Abhängigkeiten zehrt.

Die Selbstveredelung der Selbstbehauptung hat die Selbstbeziehung in ihren psychischen Verhältnissen entleert und verlangt nach einem Sinn durch andere, der in den Gewohnheiten ihrer zwischenmenschlichen Verhältnissen nun beständig wechselt um ihren Narzissmus zu bestärken. Der daraus bezogene Selbstwert lässt sich nur festhalten durch Konhzentration auf einen Sinn, der für den Edelmut einer Person brauchbar und also nützlich ist, indem er aus ihr eine Persönlichkeit macht. Dieser Sinn besteht daher nur aus dem Zweck eines Nutzens, mit dem er ihre Selbstgerechtigkeit ermutigen kann und muss daher Verhältnisse nutzen und herstellen, in denen er Menschen herabsetzt, um sich selbst gerecht zu werden. Er wird sich daher durch die Gemeinschaft im Edelmut mit anderen Menschen bekräftigen und sich selbst allgemein machen, inderm er seine Fähigkeiten dadurch verallgemeinert, dass er die Eigenschaften anderer Menschen in eine Beziehung auf sich zu reduzieren sucht, das Verhältnis zu ihnen also ganz objektiv und für sich abstrakt zu halten.

Ein autoritärer Charakter erlebt seinen Narzissmus durch seine Selbstüberhebung, die er durch die Herabsetzung anderer Menschen zu erreichen sucht. Sein Geltungsstreben entspringt dem Unvermögen seiner isolierten Selbstgefühle, ihre Empfindungen überhaupt zu erkennen. Das abverlangt die Herstellung von Beziehungen, in denen Empfindungen dem solierten Selbstgefühlen dienstbar sind. Und das ist nur durch die Kontrolle der zwischenmenschliche Beziehungen und deren Ereignisse möglich.

Derart kontrollierte Empfindungen entstehen durch die Selbstbeziehungen in der Selbstveredelung einer Gemeinschaft von zwischenmenschlichen Verhältnissen von Persönlichkeiten, die ihre Beziehungen hiernach bestimmen, die aber hierbei zugleich um den Umfang ihrer jeweilogen Egozentrik konkurrieren müssen, durch die ihre Selbstverwirklichung im Selbstgefühl auch möglich ist. Und das wird durch die Dichte bestimmt, die das Gemenge der diesbezüglichen Gemeinschaft ausmacht. Je dichter die Menschen darin um ihren Selbstwert konkurrieren, desto veredelter erscheinen sie sich in ihren Beziehungen. Hierdurch ist es dem autoritären Charakter möglich, sich aus diesen als "hochwertige Form" der Selbstveredelung herauszusetzen und seinen Narzissmus aus der Menge der Menschen zu beziehen, die er sich subsumieren kann. Die Menge selbst ist darin das Maß und Mittel der Willkür, durch die sich ein solcher Charakter sie Gefühle von Menschen einverleiben und sogar Massengefühle bestimmen kann. Seine Beziehungen auf andere sind durch diese Willkür mächtig, also durch den Bezug und Entzug nach seinem Gefallen. Durch die Menge erst wird er zu einer Persönlichkeit, die sich ganz allgemein willkürlich auf das Einzelne ihrer Wahrnehmung bezieht, in ihren Gefühlen sich sich also ganz willkürlich auf die Masse seiner Empfindungen bezieht und deren Sinn nurmehr im Gebrauch von zwischenmenschlichen Beziehungenn wahrhat. Allerdings stellt sich mit der Macht über diese zugleich eine Angst vor der eigenen Ohnmacht ein, die sich als Notwendigkeit der Kontrolle über die Menge, also als absolutes Kontrollbedürfnis darstellt, weil sie "die Meute" fürchtet.

Es ist die Macht der Kontrolle, durch welche die Beziehungen der Menschen unter die Vorstellung von einer allgemeinen Persönlichkeit ihres verallgemeinerten Selbstwerts subsummiert werden, also dem unterworfen werden, was allgemein unter einem lebenswerten Charakter verstanden wird. Die hierbei entwickelten Gewohnheiten begründen die Art und Weise der wechselseitigen Einvernahme, der Einverleibung von Gefühlen, die zum Maßstab ihrer Selbstgerechtigkeit werden. Mit dem hieraus verallgemeinerten Selbstgefühl , dem Selbstgefühl der Gemeinschaft, wird ein übermenschlicher Maßstab der zwischenmenschlichen Beziehungen wirksam, der die Hochform der Selbstveredelung bestimmt. Der autoritäre Charakter bezieht hieraus seine Macht und versetzt sich selbst in dieses Maß, durch das er alle anderen Gefühle nach seinem nun als Allgemeingefühl behaupteten Selbstgefühl soweit bestimmt, wie er dies durch sein Verhalten bewirken kann. Doch in dieser Verselbständigung ist er unentwegt bedroht durch vielerlei Situationen und Empfindungen, die nicht sein lassen können, was für ihn sein muss.

Der autoritäre Charakter äußert sich von daher zuerst in einem ganz elementaren Kontrollbedürfnis, durch das er seine Selbstgefühle in zwischenmenschlichen Beziehungen nach seinem Bilde und Selbstverständis bestärken kann, um sich in diesen Beziehungen zu halten und der ihnen zugrunde liegenden Identitätsangst zu entkommen. Vordergründig begründet er sich aus seiner Hybris, aus der Anmaßung seiner Selbstbehauptung in zwischenmenschlichen Verhältnissen, die sich im Sinn und Zweck einer formal konkurrierenden Selbstveredelung von egozentrischen Persönlichkeiten gegen einander entwickeln. Von daher bestimmt ihr Geltungsstreben die Wirkung ihrer persönlichen Position in ihren subjektiv veredelten Gemeinschaften (Familien, Vereine, Parlamente, Gremien, Hierarchien usw.), worin sie sich je nach Lebensbedingung finden und fortentwickeln und aus den Verhältnissen ihrer Selbstgefühle und den ihnen entsprechenden Lebenswerten ihren Charakter bilden. Mit der Positionierung innerhalb fiktiver Allgemeinformen zwischen Güte und Bösem verwirklicht sich allerdings auch nur eine formale Persönlichkeit. Der autoritäre Charakter ist somit vor allem ein politischer Charakter und in Krisenzeiten oft auch der Charakter von Politik, der Charakter des narzisstischen Politikers, der in das Herz der Bürgerinnen und Bürger leicht zu verpflanzen ist, wenn Angst und Hoffnungslosigkeit aufkommt und ihre Wahrnehmung, die schön und gut sein will, sich zum Selbstverständnis einer heilen Welt verklärt (siehe auch Scheinwelt). Von daher ist er auch die erste Charakterfom des Narzissmus, wie er sich aus der Selbstveredelung ergibt, die als Gesinnung zur Brücke zu einem reaktionären Bewusstsein wird.

Ein autoritäre Charakter bezieht seinen Narzissmus durch andere im Grunde fiktive Menschen und denkt daher immer in blanker Selbstlosigkeit für seine und in seiner Gemeinde, auch wenn diese garnicht wirklich existiert. Aber er kann nur durch seinen Verein sich allgemein - eben allen gemein - verstehen und sich in den einzelnen Verhältnissen in Beziehung bringen. Die Allgemeinheit versteht er daher auch als Verallgemeinerung seiner selbst und wird darin sich veredelt wissen, dass er für jeden da ist, weil alle für ihn da sein müssen. Immerhin kann er darüber seine Ruhe, den Frieden mit seiner Verallgemeinerung finden, die ihn über seine Not mit seinen wirklichen Beziehungen hinweghebt - natürlich ohne deren wirkliche Notwendigkeiten erkennen zu müssen. Da er hierfür also auch kein Gefühl haben muss richtet er sich unmittelbar nach seinen Empfindungen, bezieht daraus seine Wahrnehmung und konzentriert darin die Wahrheit seiner Selbstwahrnehmung.

Der autoritäre Charakter denkt immer für seine und in seiner Gemeinde, auch wenn diese garnicht wirklich existiert. Aber er kann nur durch seinen Verein sich allgemein - eben allen gemein - verstehen und sich in den einzelnen Verhältnisse in Beziehung bringen. Die Allgemeinheit versteht er daher auch als Verallgemeinerung seiner selbst und wird darin sich veredelt wissen, dass er für jeden da ist, weil alle für ihn da sein müssen. Immerhin kann er darüber seine Ruhe, den Frieden mit seiner Verallgemeinerung finden, die ihn über seine Not mit seinen wirklichen Beziehungen hinweghebt - natürlich ohne deren wirkliche Notwendigkeiten erkennen zu müssen. Da er hierfür also auch kein Gefühl haben muss richtet er sich unmittelbar nach seinen Empfindungen, bezieht daraus seine Wahrnehmung und konzentriert darin die Wahrheit seiner Selbstwahrnehmung.

In seiner Egozentrik ist der autoritäre Charakter als erste Form einer Selbstveredelung einer bürgerlichen Persönlichkeit charakteristisch, der Verwirklichung eines Edelmuts, der seine Selbstbehauptung über seine zwischenmenschilchen Verhältnisse hinaustreibt und von daher eine Selbstbeziehung beanspruchen muss, die an ihrer Verwirklichung unentwegt scheitert und die deshalb ihr Scheitern in einen persönlichen Machtanspruch wendet, durch den sie sich der Erkenntnis entzieht. Es ist ein Beziehen in einem Teufelskreis der Vernutzung von zwischenmenschilchen Verhältnissen durch Einverleibung fremden Lebens, das sich in seiner entfremdeten Beziehung nur quantitativ als Größe und Macht in der Dichte seiner Verhältnisse darstellen kann, soweit die charakterlichen Möglichkeiten diese Selbstdarstellung in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen erlauben.

Der autoritäre Charakter ist der Charakter einer unmittelbar narzisstischenPersönlichkeit, die also ihre Selbstveredelung durch persönliche Macht betreibt und sich von daher über die wirklichen Verhältnisse hinwegsetzt. Da seine Selbstbehauptung keinen wirklichen Grund haben kann, fühlt er sich grundsätzlich von jeder wirklichen Position bedroht und verhält sich aggressiv, wo er in Wahrheit nur defensive Absichten hat. Mit einem solchen Charakter verhält sich  eine Persönlichkeit durch die Zwänge ihrer Selbstbehauptung notwendig verkehrt, so dass sie sich sinnlich gegen sich selbst richten muss. Von daher haben ihre Einsichten keinerlei Einfühlung zur Grundlage und stellen lediglich die Selbstwahrnehmung eines in seinem Eigensinn isolierten Menschen dar, der sich von den Verhältnissen leiten lässt, weil er durch sie andere in seine Lebenswelt einbinden und sich allein hierdurch schon selbst behaupten kann. Der hierbei akkummulierte Selbstwert ist daher die erste Verstelbständigungsform der Selbstbeziehung, welche die bürgerliche Persönlichkeit ausmacht und sich in ihrer Egozentrik erhält.

Ein autoritärer Charakter hat seine Selbstbehauptung durch die Verwertung seiner Eigennützigkeit gestaltet, hat also seine Egozentrik dahin entwickelt, dass er den Nutzen anderer durch sich zu gestalten versteht, um für sich die zwischenmenschlichen Verhältnisse um sich herum zu bestimmen, um also andere Menschen für sich so zu haben, so zu halten und nutzen zu können (siehe hierzu auch Objektbeziehungen), wie es ihm nützlich ist, ohne mit ihnen wirklich verbunden sein zu müssen. Er kann von daher keinen Sinn in ihnen erkennen, weil er die zwischenmenschliche Wahrnehmung seinem Zweck, seinem Nutzen unterworfen hat. Damit andere das zulassen, setzt es voraus, dass alle Beteiligten sich in Objekt-Objekt-Beziehungen verstehen und begreifen und in ihrer Selbstlosigkeit aufeinander auch wirklich bezogen sind.

Ein autoritärer Charakter verhält sich zu sich wie ein Schutzraum für Selbstgefühle, die sich gegen ihre Empfindungen behaupten müssen, die ihrem Sinn nach sie entgegenwärtigen, weil sie sein veredeltes Selbst auflösen oder sogar angreifen würden. Und er verhült sich zu anderen Menschen wie zu Objekten seiner Selbstbeziehung, die in diese eingerichtet werden sollen (siehe auch Selbstgerechtigkeit). Er stellt sich daher in Absichten und Beziehungen dar, die von Macht- und Kontrollbedürfnissen bestimmt sind.

Als Charakter kann dies zusammengefasst werden, wenn diese Bedürfnisse das Handeln von bestimmten Persönlichkeiten wesentlich und allgemein begründen. Meist jedoch treten diese nicht in ihrer Eigenmächtigkeit sinnfällig hervor, sondern durch die Handhabung objektiver Verhältnisse, durch die Dominanz in der Gestaltung von Raum und Zeit in diesen. Von daher sind sie eng an einen Lebensraum und den darin objektivierten Sinn und Zweck gebunden und verkehren sich jenseits hiervon oft in Unterworfenheit und Ängstlichkeit. Von daher neigt ein solcher Charakter dazu, solche Objektivitüt für sich einzunehmen und sich selbst als deren Träger zu fühlen. Dieses Selbstgefühl bewirkt einen subjektiven Zirkel zwischen subjektiven und objektiven Bezogenheiten und Dafürhaltungen, die sich wie ein eigensinniger Gemeinsinn vermitteln lassen. Von daher entspricht diese Objektbeziehung aufs innigste und vollständig subjektiv dem Besitzverhältnis, wie dieses objektiv ist.

Dieser Zirkel ist die selbstverstärkende Reflexion der Verhältnisse, die sich im Verhalten dieses Charakters fortbestimmen. Zwischenmenschliche Verhältnisse bilden eine psychische Gemeinschaft, in welcher jede Persönlichkeit deren Gemeinsinn reflektiert, als Teil eines Ganzen sich verhält, das selbst für sich ganz sein muss, um seinen Selbstwert zu entfalten. Der Widerspruch der Selbstverwertung, der sich in den Selbstgefühlen bewegt, hat seine Schranke im Gemeinwohl dieser Gemeinschaft, die sich ihm entzieht, während er sie bildet. Die Selbstverwertung entwertet die Selbstgefühle der Menschen und beschränkt damit immer wieder ihren Gemeinsinn auf den Eigensinn dieser Persönlichkeiten. Die Gemeinschaft erscheint daher selbst in fortwährender Selbstauflösung begriffen zu sein.

Eine Gemeinschaft zerstört sich selbst durch die Isolation ihrer Individuen, der Vereinzelung der Einzelnen, die sich in ihrem Lebenszusammenhang auseinander treiben und ihre Beziehung verunsichern und einander entfremden. Und wo Entfremdung als bloße Unsicherheit vorherrscht, erscheint das Fremde selbst in einer ungeheuerlichen Dimension, als übermächtiger Feind und Zerstörer des Eigenen. Hiergegen ist keine bestimmte Position möglich, sondern die Vereinigung von bloßer Kraft notwendig. Im Verein der Kräfte vermittelt sich das Eigene selbst nur abstrakt, als eine sich selbst äußerliche Größe, als abstrakte Autorität der Selbstermächtigung, die nurmehr darauf beschränkt ist, sich über alles zu stellen, was ihr fremd ist (siehe hierzu auch Fremdenfeindlichkeit). Und weil es ihr fremd ist, kann diese Autorität nur durch die Ausfsammlung von fremder Macht in der Entfremdung selbst sein.

Der autoritäre Charakter unterstellt eine zerstürte Gemeinschaft und stellt hiergegen die Gewohnheit einer Selbstvermittlung dar, deren Absicht die Unterordnung anderer Menschen zu verstürken bestrebt ist. Sie ist die Introversion einer Subjekt-Objekt-Beziehung als Selbstbeziehung, die sich objektiv gemacht hat, also sich auf sich dadurch objektiv bezieht, dass alle anderen sich auf diese wie Objekte beziehen, sich für ihre Zwecke einverleiben lassen.

Autorität, wo sie nicht sachlich z.B. durch Fühigkeiten und Eigenschaften einer Sinnbildung begründet ist (siehe auch Lernen), ist ja selbst schon eine auf sich selbst (auto) bezogene zwischenmenschliche Beziehung, die als Prinzip (Gesetz) oder durch Macht oder Gewalt durch sich selbst schon Bestimmung für andere sein will. Weil sie sich selbst genug ist, wenn sie über andere verfügen kann, lebt sie von dem Nutzen, den andere Menschen zu bedienen haben. Dies selbst setzt schon eine den Menschen entwundene Zwischenmenschlichkeit voraus, die sie entzweit, sie einerseits in Subjekte der Einverleibung und andererseits Objekte der Entleibung ihrer Beziehung spaltet.

Der autoritäre Charakter gewinnt sich in der Verfügung über Verbindlichkeiten, die sich aus dem Mangel der Selbstgefühle in zwischenmenschlichen Verhältnissen ergeben. Er entsteht in der Konkurrenz um die Anteile an einem Gemeinwohl, das sich in der Selbstverwertung von einzelnen Personen als Autorität personifiziert, soweit es diesen gelingt, sich als dessen Träger darzustellen und andere Menschen zu entwerten, bzw. von ihren Minderwertigkeitsgefühlen zu zehren.

Durch die darin begründete Selbstgerechtigkeit ergibt sich ein objektives Prinzip (siehe Esoterik), dessen Befolgung einem allgemeinen Wohl zu dienen verspricht (siehe abstrakt Allgemeines) und als verbindliches Gemeinwohl der Psyche anzuerkennen sei (siehe z.B. Liebe). Der autoritäre Charakter ist im Grunde ein Psychokrat, der den Nutzen dieses Gemeinwohls ideell auf alle bezieht, dessen relle Funktionalität aber ausschieülich auf sich als Persönlichkeit, indem er sich selbst im Nutzen für alle veredelt (siehe Selbstveredelung) und deren Selbstverwertung hierdurch bestimmen kann.

Wesentlich für einen solchen Charakter ist die eigene Substanzlosigkeit, da er ja nicht aus eigenem Vermögen, sondern durch die Verwertung von zwischenmenschlichen Beziehungen besteht. Seine Selbstverwertung besteht aus Selbstveredelung. Umgangssprachlich könnte man sagen, dass er ein "starkes Ich" nötig hat, weil er in seinen Beziehungen selbst "zerfließen" würde. In der allgemeinen Gegenwärtigkeit eines Bedarfs an Nützlichem betreibt er aber seine Selbstvergegenwärtigung nur durch Selbstkontrolle. Das Kontrollbedürfnis wird zu einer allgemeinen Eigenart seiner Beziehungen auf andere. Wo es gesellschaftliche Macht hat, tritt es als Bedürfnis nach Restriktionen auf.

Ein solcher Charakter entsteht in einer Kultur der Selbstverwirklichung dann, wenn Selbstbehauptung erforderlich ist, dann also, sobald sich zwischenmenschlichen Beziehungen durch ihre Egozentrik nicht mehr bewähren, in eine Krise geraten, keinen Sinn mehr entfalten können und also selbstloses Handeln fürderlich erscheint. Eine Autorität wird dann einsetzbar für ein Allgemeinego. Sobald das Material der gegebenen sinnlichen Beziehungen ausgeschöpft ist, wird sich ein solcher Charakter verfestigen und auch selbst zum politischen Händler werden, der seine Selbstlosigkeit als gesellschaftlichen Maßstab zu entwickeln trachtet, dies vor allem, indem er sich besonders in Krisensituationen als Helfer hervortun kann.

Der autoritäre Charakter ist die erste persönliche Verwirklichung der Objektbeziehungen, der Verhältnisse des Nutzens, worin Einverleibung als allgemeine Grundlage zwischenmenschlicher Verhältnisse herrscht. Er steht noch vollkommen im Bann des der Nützlichkeit inhärenten Glücksversprechens, an dem er längst gescheitert ist. Seine Angst ist daher die Gegenwärtigkeit von Glück, das ihm wie ein Abgrund seiner Identität erscheint. Indem autoritäre Beziehungen ihre Lebensangst in einer Machtposition des Nutzens aufheben und zugleich bestärken, indem diese Aufhebung nur persönlich, also durch einen Menschen betrieben wird, der darin Macht hat, wird der Nutzen im Jenseits seiner Wirklichkeit totalisiert. Nicht einfache Ansprüche bestärken einen solchen Charakter, sondern selbstverständlich gewordene Verhältnisse der Aneignung menschlicher Lebensäußerungen durch psychische Subjektivität, die solche Angst nicht nur aufhebt, sondern auch produziert.

Er lässt sich also auch nicht aus Denkgewohnheiten oder Selbstverständnissen oder Ideologien erklären. Auch eine soziale Notlage kann nicht als Erklärung hinreichen, wäre es doch grotesk, in einer großen Not einfach nur autoritär aufzutreten und eine Macht dadurch "zu erfinden", dass man so tut, als wäre man mächtig. "Starkes Verhalten" mag imponieren, aber nur, so lange der Schein trügen kann. Und das ist der Punkt: Der autoritäre Charakter gründet auf einer prinzipiellen Selbsttäuschung, die sich dadurch bestärkt, dass sie in bestimmten Verhältnissen tatsächlich auch erfolgreich ist: In zwischenmenschlichen Verhältnissen. Dort erwerben autoritäre Charaktere ihren spezifischen Selbstwert, der auf ihr Verhalten in all seinen Bezügen übergeht und solange dort erfolgreich ist, wo zwischenmenschliche Maßstäbe Wirkung zeitigen. So auch in der Politik (siehe Populismus).

Der Bildung von einem autoritären Charakter ist eine Verzweiflung vorausgesetzt, eine Ohnmacht der Empfindung in zwischenmenschlichen Verhältnissen, die das Selbstgefühl bestimmt und Selbstvergegenwärtigung erfordert. Sie erscheint in der Einverleibung von Gefühlen anderer Menschen überwunden, solange diese aufgeht, solange also andere Menschen zur Verfügung stehen, sich den Gefühlen eines Menschen zu unterwerfen, solange sie als leibhaftige Menschen ihm als Mittel seiner psychischen Konsumtion gereichen. Ganz allgemein verstanden ist Kulturkronsum die Voraussetzung, auf der ein solcher Charakter sich zur Persönlichkeit ausbildet, nicht, weil er es kann, sondern weil er es muss, um über seine Abhüngigkeit hinweg zu tüuschen, also darüber, dass er für sich verloren ist, weil er seine Empfindung nicht mehr als Inhalt seiner Wahrnehmung erkennen kann, die er nach Maügabe seiner psychischen Absichten sich schaffen konnte. In den zwischenmenschlichen Verhältnissen, die er entwickelt hat, findet er nichts mehr von sich, weil er nur alles auüer sich wahrnimmt, wührend er ausschließlich alles von sich wahrhat. Damit ist seine Verzweiflung ihm unauflüsbar geworden. Er muss also über jeden Zweifel erhaben sein - und dies auch bleiben, solange er sich in solchen Verhältnissen verwirklichen kann.

Ein solcher Charakter nührt sich aus einer Selbsttäuschung über seine Beziehung zu anderen Menschen, aus der formalen überwindung einer Selbstverlorenheit, aus einer aufgehobenen Lebensangst, in welcher das Selbstgefühl die Abwesenheit seines wirklichen Lebens verspürt und durch Selbstvergegenwärtigung beherrscht. Die Abhängigkeit des Selbstgefühls von den Gefühlsidentitäten mit anderen, also von symbiotischen Beziehungen, hat zu einer Fixierung an bestimmte Wahrnehmungsformen geführt, die hergestellt werden müssen, um Angst von sich zu halten, um also die personale Identität durch mächtiges Selbstgefühl aufrecht zu halten. Dieses kann aber nur über die Kontrolle entstehen, die jemand über die Gefühle der anderen Menschen hat, auf die er bezogen ist. Das Kontrollbedürfnis ist das erste prägnante Merkmal dieses Charakters, das ihn zwangsläufig zum Träger konservativer Ideologien macht.

Ganz allgemein lässt sich auch eine ganze Kultur in dieser Bestimmung fassen, wenn eben alle Gefühle der Menschen in ein bestimmtes Interesse gestellt werden müssen, um die Krisen einer Gesellschaft zu überwinden (siehe Kulturstaat). Der Keim hierzu liegt bereits in der Notwendigkeit eines substanzlosen Wertverhältnisses einer Dienstleistungsgesellschaft, die Menschen als bedürftige und arbeitende Wesen zu entwerten und eine gesellschaftlich bestimmte Minderwertigkeit der Menschen durch die Produktion von Selbstwert zu überwinden. Es ist dies das Phänomen einer Kultur, die auf Geldbesitz gründet und deren Strukturen die Gleichgültigkeit der Geldbeziehungen durch einen Kult des Erlebens negieren soll. Die bloße Anwesenheit von Erlebnissen kann Leben nicht wirklich erfüllen, das auf Einverleibung von Erlebnissen beruht. Es erfährt seinen Bruch dadurch, dass es nicht in der Lage ist, seine Gefühle zu erkennen, weil diese aus Inhalten bestehen, die für sich keinen Fortbestand haben können, - Inhalte eben, die nur einverleibt und also nicht wirklich leiblich existent sind und sich daher auch nicht äußern künnen.

Wer seine Gefühle nicht zu artikulieren und zu verwirklichen versteht, findet in der Konkurrenz der sich selbst verwirklichenden Individuen sich in seiner Selbstwahrnehmung nur unterworfen, ihrem Gemeingefühl gebeugt, seiner Gegenwärtigkeit enthoben, entgegenwärtigt. Und wer im Gemeingefühl der Selbstwahrnehmungen solchen Selbstverlust erleidet, sucht seinen Selbstwert in einem sozialen Machtverhältnis zu finden, aus dem er sein Selbstgefühl durch die Kontrolle zwischenmenschlicher Beziehungen erwirbt.

Der autoritäre Charakter ist daher die Wirklichkeitsform der ursprünglichsten Selbstbeziehungsform der bürgerlichen Persönlichkeit. Weil die Bürger in Geldverhältnissen sich in ihren zwischenmenchlichen Beziehungen entleeren, müssen sie sich durch innere Machtverhältnisse in diesen Beziehungen vergegenwärtigen. Eben weil und sofern sie auf diese Verhältnisse angewiesen sind, machen sie sich darin nützlich, um den wechselseitigen Nutzen ihres Verhaltens auch als Prinzip eines höheren Nutzens des Selbsterlebens zu gestalten. Vn daher erst übernehmen sie vorhandene Machtstrukturen als Medium ihrer Persönlichkeit. Wer bestimmen kann, was höheren Nutzen hat, findet sich in dieser Bestimmung dadurch, dass das Gemeine im Erleben aus diesem Potenzial selbst zum Nutzen aller bestimmt ist. Aus der Konkurrenz der Persönlichkeiten geht das gemeinhin Nützliche als Nutzen der handelnde gegen die empfindende Person hervor. Das Selbstgefühl von hierfür befähigten Persönlichkeiten wird gegen die zwischenmenschliche Empfindungen in diesen Verhältnissen mächtig.

Für sich selbst kann man eben nicht wirklich nützlich sein, sondern nur durch die Wirkung, welche die erlebte Nützlichkeit unter bestimmten Bedingungen auf andere hat und sich als Selbstwahrnehmung im Selbstgefühl zurückvermittelt. Die erste und einfachste Beziehung auf Nützlichkeit ist die Kontrolle eines Gegenstands, sei es Sache oder Mensch, der nützen kann, dessen Eigenschaften also in diesem Nutzen erlebt werden. Nützlichkeit unterstellt also selbst schon eine Herrschaft über Gegenstände, die nicht durch sich bestimmt, nicht als das Ganze ihrer Eigenschaften sein können. Nur ein vollständig in diesem Sinn eingenommenes Objekt kann nützlich sein und ist darin auch vollständig unterworfen. Allerdings ist diese Herschaft auch nur durch den Nutzen, den sie einfordert und kontrollieren kann, nur um durch sich bestimmt zu sein. Für sich ist sie daher nichts und muss auüer sich alles bestimmen, um für sich zu sein. Der ganze Mensch ist durch diesen Nutzen bestimmt. Ein nützlicher Mensch ist im Grunde also selbstlos. Aber durch seine Wirkung gewinnt er das Potenzial einer Macht, worin Gemeinschaft funktional wird. Eine solche Persönlichkeit versteht zu ordnen und Ordnung zu vermitteln und Nutzen zu vermehren.

In Wahrheit ist eine solche Beziehung ein vollständig abstrakt herrschender Sinn. Dieser hat die abstrakte Herrschaft nötig und sie ist wiederum nur dadurch möglich, dass sie sich selbst in einer Welt abstrakter Sinne fortbestimmt. Der autoritäre Charakter personifiziert ein autoritäres Sinnesverhältnis, worin die lebendigen Inhalte nur in beherrschter Form auftreten können, dürfen und sollen. Maßgabe ist hierfür wesentlich das Kontrollbedürfnis, das ein Mensch hierin befriedigen kann, wenn er über die Macht verfügt, sinnliche Beziehungen von Menschen und Verhältnissen zu beherrschen, um sie sich einzuverleiben. Er bleibt diesen Beziehungen dabei notwendig äußerlich, denn er will und muss darin ausschließlich bestimmend sein, um sich als deren Allgemeinheit zu entwickeln und zu erhalten.

Kontrolle ist eben die erste und einfachste Beziehung auf Nützlichkeit, sei es Sache oder Mensch, der nützen kann, dessen Eigenschaften also in diesem Nutzen erlebt werden. Nützlichkeit unterstellt also selbst schon eine Herrschaft über Gegenstünde, die nicht durch sich bestimmt, nicht als das Ganze ihrer Eigenschaften sein künnen. Nur ein vollständig in diesem Sinn eingenommenes Objekt kann nützlich sein und ist darin unterworfen. Allerdings ist diese Herschaft auch nur durch den Nutzen, den sie einfordert und kontrollieren muss - nur um hierdurch bestimmt zu sein, um also Selbstbestimmung ohne bestimmten Inhalt zu vollziehen, Selsbtbestimmung durch Kontrolle. Für sich ist eine solche Beziehung nichts und muss auüer sich alles bestimmen, um für sich zu sein. In Wahrheit ist die Beziehung durch Nützlichkeit ein vollständig abstrakt herrschender Sinn. Dieser hat die abstrakte Herrschaft nötig und sie ist wiederum nur dadurch möglich, dass sie sich selbst in einer Welt abstrakter Sinne fortbestimmt.

Abstrakter Sinn ist für sich nichts anderes als eine abstrakte Notwendigkeit, sinnlich zu sein, ohne selbst dafür Sinn zu haben. Das verlangt vor allem eine Struktur, durch welche die zwischenmenschlichen Beziehungen Sinn bekommen, damit sie auch Sinn haben können, damit also sinnliche Gegenwärtigkeit gewährt ist. Abstrakter Sinn für sich ist nicht zu begreifen; er besteht allein als Wirkung auf die Sinne. Diese aber sind nur anwesend in der Form, durch welche sie verfugt und verfügt werden. Was sich nicht wirklich gesellschaftlich beziehen lässt, wird über die bloße Form vermittelt, die wie eine Brücke über die Distanz der Menschen funktioniert. Das unendlich vielfältige Anderssein der jeweilgen Selbstverwirklichungen wird durch die Einfältigkeit einer bloßen Wahrnehmungsstruktur aufeinander bezogen. Wie die Wirkung auf die Wahrnehmung ist, so gestaltet sich die Selbstwahrnehmung zu einem Charakter, der die Gegenstände seiner Wahrnehmung in seiner Wahrnehmunsform zu bestimmen sucht. Es geht hierbei also um eine Ordnung, worin abstrakte Sinnlichkeit als Ganzes ihre Wirkung hat, worin selbst nur die Totalität unbegreifbar gewordener Sinne zur Wirkung kommen kann und damit auch durch diese Wirkung zusammengeschlossen ist, ausgeschlossen von wirklichen Wahrnehmungen, die sie stören könnten. Obwohl sich die autoritäre Selbstwahrnehmung gegen jede einzeln bestimmte Selbstverwirklichung stemmt, ist sie doch deren höchste Tendenz: Die Bildung einer totalen Selbstwahrnehmung.

Diese war aus dem Trieb der Wahrnehmung entsprungen und konnte sich darin noch natürlich erscheinen. Nun ist sie selbst zum Inhalt aller Bestimmungen geworden, welchen sich solche Sinnentleerung erworben hat: Die Selbstbestimmtheit einer Persönlichkeit, die alle zwischenmenschlichen Bedürfnisse in sich und durch sich selbst aufgehoben hat. Der autoritäre Charakter ist für sich hiervon entäußert und bestimmt sich aus der Einverleibung solcher Bedürfnisse in seiner Selbstwahrnehmung, die sich nur aus der Wirkung dieser Bedürfnisse ergibt. Indem er sich als Zentrum ihres Unvermögens nach Selbstverwirklichung weiß, bestimmt er eine Wirklichkeit, die dieses Unvermögen als Möglichkeit für alles zwischenmenschliche Erleben gestaltet, als Möglichkeit eines Selbstgefühls, über alle Gefühle zu verfügen. So wird jedes Erleben für sich zu einem Mythos zwischenmenschlichen Erlebens, der sich in dem Schein einer höheren Bedeutung, in der Bedeutung von einer allgemeinen persönlichen Reflektion, einer allseitig gültigen Persönlichkeit reflektiert. Ein solcher Charakter bestimmt sich durch seine bloße persönliche Geltung, die ohne jeden Sinn für sich und andere eine sinnhafte Reflexion, eine höhere Bedeutung durch entäußertes Selbstgefühl zu bewahren vermag.

Der autoritäre Charakter will daher alles kontrollieren, was ihn berührt und alles haben, was ihn fällt und erfüllt. Er vollzieht in seinen Beziehungen auf andere Menschen im Grunde nur tote Wahrnehmung, die mehr oder wenig ausschließlich seine Selbstwahrnehmung reflektieren und ihr dienlich sind. Aber gerade deswegen ist er zugleich auch vollständig von außen bestimmt. So egozentrisch er wirkt, so selbstlos ist er zugleich. Die unendliche Suche nach Möglichkeiten, andere Menschen so zu bestimmen, dass sie seiner Selbstwahrnehmung auch entsprechen, macht ihn zum Sysyphos seiner notwendigen Ordnung, zu einem unendlichen Objekt der Gewohnheiten seiner Selbstwahrnehmung. Darin erhält er sich und zugleich seine Objekte. Er bezieht sich quasi als eine dritte Person, welche sowohl sich wie andere in einem Erleben wahrhat.

Der autoritäre Charakter personifiziert daher ein autoritäres Sinnesverhältnis, worin die lebendigen Inhalte nur in beherrschter Form auftreten können, dürfen und sollen, nur als Momente seiner Totalität sein können. Maßgabe ist hierfür wesentlich das Kontrollbedürfnis, das ein Mensch hierin befriedigen kann, wenn er über die Macht verfügt, sinnliche Beziehungen von Menschen zu beherrschen, um sie sich einzuverleiben. Er bleibt diesen Beziehungen dabei notwendig äußerlich, denn er will und muss darin ausschließlich bestimmend sein, um sich als deren Allgemeinheit zu entwickeln und zu erhalten.

Ihm geht ja vor allem die Veräußerung und Entfremdung seiner Gefühle voraus, die ihm unidentifizierbar geworden und daher bloße Erregung sind, die in seine Wahrnehmung als Antrieb eingehen. Die Befriedigung seiner Getriebenheit verlangt sozusagen "etwas Fühlbares", um es in den egozentrischen Wahrnehmungskreislauf seiner Selbstgefühle einzuverleiben. Gelingt ihm dies nicht, gerät er in eine krisenhafte Getriebenheit, die ihn seelisch erstarren lässt. Sein Poblem wird dadurch verstärkt und entzieht ihm im Maß seiner Erstarrung auch die Menschen, deren Einverleibung ihm nötig ist.

Der autoritäre Charakter ist die erste Personifikation des ästhetischen Willens, welcher zur Gefühlsbestimmung in zwischenmenschlichen Verhältnissen wird, wenn darin sich Erregungen aus der jeweiligen Selbstverwirklichung der einzelnen auftürmen.

Die Geschichte seiner Erkenntnis, die Bildung lebendiger Wahrnehmung, hat er aufgegeben, um für sich und ausschließlich, also Ganzes seiner Wahrnehmung in sich zu sein: Totale Selbstwahrnehmung. Aber gerade hierdurch lebt er in einem absoluten Widersinn, denn er kann durch sich selbst ja keinen Sinn finden. Er lebt einen Widersinn seiner Wahrnehmung überhaupt, die totale Selbstwahrnehmung durch totale Fremdwahrnehmung. Der autoritäre Charakter leidet an der Ungewissheit um sich und muss seine Selbstwahrnehmung aus der Gewissheit fremder Anwesenheiten nähren, sich unendlich danach umsehen. Sein Kontrollbedürfnis folgt seinem unendlichen Bedarf an Selbstvergegenwärtigung durch andere und muss daher andere für sich und seine Lebensformation bestimmen können. Das geht nur, indem er sie sich selbst äußerlich, zu einer abgeschlossenen Ganzheit seiner veräußerten Wahrnehmung macht, zur äußeren Ästhetik seiner selbst. Das Sollen einer ihm äußerlichen Struktur, eines Gebildes seiner entäußerten Selbstwahrnehmung, bildet sich als sein Wille aus, den man ästhetisch nennen muss. Denn er will die Ordnung, die Form des Ganzen überhaupt und neigt dahin, einer ästhetischen Ganzheit, einem Totalitarismus des Gefühls sich zu unterwerfen. So wird die Geschichte, die sich seiner Erkenntnis entzogen hat zur Geschichte seiner Selbstbehauptung, seiner Egozentrik, der ausschließlichen Lebensform des ästhetschen Willens. Der autoritäre Charakter ist daher auch die ursprünglichste Charakterform seiner Kontrollbedürfnisse.

Er schafft hierdurch eine Form von persönlichen Ästhetik, welche erst in der ästhetischen Struktur zwischenmenshlicher Verhältnisse als ästhetischer Wille (im zweiten Band) wirklich zum Tragen kommen wird. Aber in der Persönlichkeit entwickelt er bereits seinen Sinn für sich und für das Schüne und die "Ruhe der Erkenntnis", worin er sich zu entfalten und zu bestätigen sucht. Er bildet sich als Selbstwert der ganz eigenen Art, als eine Art selbstwertige Erhabenheit über die Dinge des Lebens, durch welche er sich in den zwischenmenschlichen Beziehungen vermittelt. Diese Erhabenheit macht sowohl die Unberührbarkeit und Ausschließlichkeit der so gefügten Persönlichkeit aus, wie sie ihr auch zugleich ihre Beziehungsmacht verleiht. Um autoritäre Charaktere herum versammeln sich Menschen, die sich ihrer seelischen Innenwelt unterworfen haben, um durch solche Personen Welt überhaupt zu haben.

Aber der autoritäre Charakter hat seinen äußeren Grund nicht in einer Macht, sondern in seiner Ohnmacht gegenüber den Dingen des Lebens. Er ist ihnen durch die Allgemeinheit seiner Selbstwahrnehmung nicht gewachsen und hat hiergegen Selbstwerte errichtet, die seine Gefühle vor dieser Welt schätzen, indem sie sich dieser überstellen. Das ist ein hartes Leben. Ein Mensch in dieser Position muss unentwegt Selbstwert bilden, um sich nicht unterworfen zu fühlen. Im Grunde fühlt er sich immer im Mangel gegen seine eigene Wirklichkeit, also eigentlich dort unverwirklicht, wo er seine Selbstverwirklichung behauptet. Er lebt in einem Vorgriff hierauf mit einer beständigen Anforderung an sich und andere, sein nicht vorhandenes Leben zu verkörpern, es erlebar zu machen. Er fordert sich und andere für eine Wirklichkeit, die nicht ist, sich aber in jedem Menschen fühlen lässt. Darin hat er seine äußere Identität. Sie zu erreichen ist seine höchste Absicht, dorthin will er alles bewegen, weil er darin seinen unendlichen Frieden als Frieden der Menschheit wähnt.

Der autoritäre Charakter ist im Grunde ein Gutmensch. Er unterstellt ein vergemeinschaftetes Selbstgefühl, eine Verschmelzung seiner Empfindungen in einer Gemeinschaft. Er gründet also auf einer Selbstaufgabe seiner Wahrnehmung und insistiert auf einem abstrakten Selbstgefühl, welches durch Gemeinschaft schon existent ist, durch die Anwesenheit von Menschen in einem bestimmten Lebensraum. Ein autoritärer Charakter empfindet daher keine Unterschiede der Menschen für sich. Er erlebt ihre Unterschiedlichkeit als Problem, als Mangel seiner Selbstwahrnehmung und sucht daher auch gerne Identitüt in einer gesellschaftlich dominanten Person. Im Grunde hat er vor allem seine Empfindung aufgegeben und fühlt in den Menschen selbst nur, worin sie sich unterscheiden und abgrenzen. Er ist der Empfindungswelt unterworfen, über die er sich durch sein Selbstgefühl und dessen Absichten erhebt. Gerade weil er vollstündig abhängig ist von den Empfindungen der Menschen, verfällt er ihnen auch sofort, wenn er an Selbstgefühl verliert. Er befürchtet seinen Verfall und fürchtet daher auch bestündig um sein Gefühl. Autoritär ist so also ein Ausfluss der Exozentrik, beruht auf der exzentrischen Selbstwahrnehmung.

Hierdurch also ist er im Prinzip empfindunglos und auüerordentlich gefühlvoll - doch mit einer groüen Belastung. Ohne Empfindung entwickeln Gefühle eine Verschmelzung der persönlichen Identitüt mit einer Gemeinschaftsidentitüt und lassen von daher erstre in letztrer untergehen. Er muss die Empfindungen der Menschen seines Lebensraumes beherrschen, um unter ihnen sich überhaupt frei zu lassen, um "aus sich raus" zu kommen. Ob als Lehrer oder Politiker oder welche Rolle er sich auch sonst zugelegt haben mag: Er muss auf sich und andere aufpassen. Und er muss daher allen anderen immer einen Schritt voraus sein, sie in ihren Bewegungen und Absichten kontrollieren. Eine unkontrollierte Absicht kann leicht zu seinem Verhüngnis, zu seinem Selbstverlust geraten.

Durch seine darin unendllich werdende Gefühlswelt verschwindet jeder eigene Lebensausdruck und in Ermangelung von eigenem Lebensausdruck wird eine solche Persönlichkeit von den Eindrücken seiner Wahrnehmung permanent überwültigt und muss sich hiergegen bestimmen. Er hat sich daher auch gegen seine Gefühle erhoben, nicht, um sie von sich auszuschlieüen, sondern um sie zu beherrschen. Er bestimmt sich gegen deren allgegenwärtige Verschmelzung durch überstellung einer autoritären Selbstbezogenheit über sie.

Die theoretische Bewertung des autoritären Charakters in der Psychonanalyse und entsprechenden Ausführungen von Fromm und Adorno macht aus ihm ein Politikum, das ihn in einen Kausalzusammenhang zum Antisemitismus und Faschismus bringt. Das ist schon logisch unhaltbar, weil damit Autoritatismus und Fremdenhass, also Bestimmungsbedürfnisse und Ausgrenzungsbedürfnisse, gleichgesetzt werden, die sich doch geradezu diametral entgegengesetzt sind: Erstres kommt aus einem Selbstwertgewinn in einer Gemeinschaft durch Fremdbestimmung, letztres aus einem Selbstwertgewinn gegen Entfremdung. Beides aber kommt erst im ästhetischen Willen zusammen. Zudem ist es üuüerst selbstgefallig, charakterliche Tendenzen mit politischen Haltungen unmittelbar zu identifizieren, nimmt dies doch Persönlichkeiten mit einer linken politischen Haltung aus dem Problemzusammenhang des Autoritatismus heraus. Das ist schlechte Psychologie: Psychomoralismus. Ebenso absurd ist die Herleitung des autoritären Charakters aus der Beziehung zur Strenge des eigenen Vaters. Es gibt hierfür keinen signifikanten Hinweis. Es weist mehr darauf hin, dass fehlende oder schwache Vüter Lücher im Leben ihrer Kinder hinterlassen, die dann durch autoritäre Wünsche kompensiert werden müssen. Grundsützlich sei zu diesem Komplex angemerkt, dass der autoritäre Charakter ein Bestandteil der bürgerlichen Persönlichkeit überhaupt ist und sich zusammen mit dem esoterischen und dem flexiblen Charakter ja nach innerer Verarbeitung im Erleben ausprügt. Eine Neigung zum Faschismus ist daraus nicht unbedingt zu folgern, und wenn, dann genauso wie beim esoterischen oder flexiblen Charakter.

Der autoritäre Charakter fühlt sich wie von einer Sachgewalt der Selbstgefühle sinnlich beherrscht und zielt daher auf Beherrschung seiner Gefühle, die ihn überwültigen und die er wie getrieben erlebt. Darin begegnen ihm seine eigene Gefühle als Trieb, den er nicht begreifen kann, den er beherrschen muss, weil er seine eigene Selbstbegründung begehrt. Er muss der verlorenen Wahrnehmungsidentitüt daher eine Kraft entgegenstellen, die formgebend ist, eine Ordnung durch Hierarchisierung seiner Gefühlswelt und durch Kontrolle von allem, was Gefühle erweckt und bewirkt, eine Struktur, die ihm Gutes und Schlechtes vor jeder Erfahrung gliedert. Im Grunde wendet er damit die Unterworfenheit einer Person unter ihre Gefühle zu einer Kontrollinstanz, welche sich eine Ordnung zu deren Handhabung errichten muss, die irgendwann auch sich als Machtbedürfnis fortentwickeln kann, wenn sie zu einem kulturellen Willen wird (siehe Wille).

Solcher Charakter versteht sich als einsamer Kümpfer gegen die Müchte der Welt, als "Herrscher gegen das Unheil". Er ist darin der Wahrer des Eigentlichen gegen die Lüge der Verfremdung, nicht als Mensch, der die Dinge des Lebens auf die Wahrheit ihrer Beziehungen untersucht, sondern als Wahrer der Selbstbezogenheit für sich, als "einsamer Wolf", wie Adorno ihn nannte. Er wendet sich gegen die Manipulation des "freien Willens" als Verfechter des "Willens an sich" und gerüt immer selbst dahin, wogegen er kümpft, ist sein eigener Freund wie auch sein eigener Gegner.

Adorno hatte dies am Verhältnis zur Manipulation verdeutlicht: "Unter den gegenwärtigen sozialen Bedingungen fürchten die Menschen sich nicht vor Manipulation, sondern haben umgekehrt auch das Bedürfnis nach ihr und nach Führung jener, die sie als stark und und fähig erachten, sie zu beschützen. Die hierarchische Natur unser wirtschaftlichen Organisationen bestürkt den Wunsch, manipuliert zu werden, selbst untütig zu bleiben. (...) Diese Zweideutigkeit gegenüber Manipulationen müssen die Agitatoren, die den Einsamer Wolf'- Trick benutzen, in Rechnung stellen. Sie erwarten nicht, daü ihr Gerede ganz ernst genommen wird, was auch wahrscheinlich niemals der Fall ist. Wührend sie mit dem allgemeinen Miütrauen gegen Manipulation durch die gegenwärtigen Müchte in Kommunikationswesen und in der Parteipolitik spielen, suggerieren sie mit dem 'Einsamer Wolf'-Trick, daü tatsächlich sehr viel hinter ihnen steht, nümlich die wirklichen Krüfte, die den offiziellen Machthabern entgegenarbeiten. (...) Die Diffamierung der Manipulation ist das Mittel zur Manipulation. Raffiniert werden die Menschen zu der überzeugung gebracht, daü die Initiative bei ihnen liegt und bei ihrem Vorbild, dem Redner, Ihre vermeintliche Spontaneitüt wird als Ideologie hochgehalten, je mehr sie ihnen genommen wird." Aus Th.W.Adorno, Studien zum autoritären Charakter S. 365

Adorno hat in seiner Untersuchung des autoritären Charakters als statistisches Werkzeug eine sogenannte F-Skala (von Faschismus-Skala) aufgestellt., welche die Kriterien einer Neigung zum Antisemitismus ausmachen will. Diese sollen bestimmt sein durch Conventionalism (Festhalten an Hergebrachtem), Authoritarian Submission (Autoritütshürigkeit/-unterwürfigkeit), Authoritarian Aggression (Tendenz, Verstüüe gegen hergebrachte Werte ahnden zu wollen), Anti-Intraception (Ablehnung des Subjektiven, Imaginativen und Schüngeistigen), Substitution and Stereotype (Aberglaube, Klischee, Kategorisierung und Schicksalsdeterminismus), Power and Toughness (Identifikation mit Machthabern, überbetonung der gesellschaftlich befürworteten Eigenschaften des Ego), Destructiveness and Cynicism (Allgemeine Feindseligkeit, Herabsetzung anderer Menschen), Projectivity (Veranlagung, an die Existenz des Büsen in der Welt zu glauben und unbewusste emotionale Impulse nach auüen zu projizieren), Sex (übertriebene Bedenken bezüglich sexueller Geschehnisse).

Im Dieseits zwischenmenschlicher Verhältnisse erschüpft sich die Legitimation des autoritären Charakters schon in der simplen Wiederholung seiner Selbstvergegenwärtigungen. Wenn er nicht durch strukturelle Gewalten sich bestürken kann, so kann er sich zwischenmenschlich auf Dauer nicht erhalten, ohne seine Ohnmacht zu entblüüen. "Als Mensch" wird er sich also immer früher oder spüter entleeren. Seine Wirklichkeit erhüht sich jedoch, wenn er sein "gewühnliches Menschsein" zu überwinden versteht, nicht als dieser einzelne Mensch, sondern als die ganze Welt eines Geistes, der seine kosmischen Geheimnisse enthüllt. Wer sich in die Selbstgefühle eines besseren Seins hineingefunden und empfunden hat, wird sich darin auch eine hühere Gegenwärtigkeit, eine Esoterik, beschaffen, wenn er die entsprechende Szene findet, wenn er oder sie also eine zwischenmenschliche Kultur zu erleben versteht, in welcher der sensibilisierte esoterische Geist sich gegen die gewühnliche Welt abzuschotten und fortzubilden versteht.





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133.2 Der esoterische Charakter

Der esoterische Charakter bestimmt sich unmittelbar gegen jeden autoritären Charakter dadurch, dass er dessen Wirkungen auf sich nicht verarbeitet, sondern durch eine hintersinnige Selbstbewertung seiner Selbstbezogenheit, einer übersinnlichen Selbstgerechtigkeit übertrumpft. Er lebt davon, dass er sich im Edelmut seiner zwischenmenschlichen Beziehung in narzisstischen Verhältnissen wie eine seelische Hoheit empfindet und die kommt immer wieder auf sich zurück, indem sie sich als Moment eines kosmischen Selbstgefühls gewinnt. Im Glauben an Mythos der Seele findet der esoterische Charakter eine höhere Wahrheit seiner Selbstgefühle, die sich aus ihren wirklichen zwischenmenschlichen Beziehungen dadurch herausnehmen, dass sie sich eine seelische Autorität aus einem imaginierten Feinsinn ihrer Natur verleihen. Die Selbstveredelung, die solche Gefühle hieraus beziehen und sich hierbei akkumulieren, besteht in dem Widerspruch, sich selbst als gehobene Zwischenmenschlichkeit zu begründen und diese zugleich in ihrer Wirklichkeit zu ignorieren, gleichgültig gegen das zu sein, was ihre zwischenmenschlichen Beziehungen dennoch - oder gerade deshalb - wirklich begründet und leben lässt.

Ist der autoritäre Charakter in der ihm entsprechenden Wirkungsweise seiner Selbstgerechtigkeit noch ganz an eine zwischenmenschliche Gemeinschaft und durch seine Autorität in ihrem Gemeinsinn gebunden, woraus er sein Selbstgefühl bezieht, so bezieht der esoterische Charakter sein Autorität aus der Selbstempfindung seines Edelmuts. In seinenzwischenmenschlicher Beziehungen identifiziert er sich über die Hybris einer kosmisch formulierten Psyche in einem universalen Geist aus den Geistern des Universums, in einer Seele aus dem Jenseits seiner zwischenmenschlichen Verhältnisse. Er behauptet sich durch eine hieraus angeeignete Spiritualität seiner Beziehungeg auf andere, durch die er besonders widersprüchliche, in sich blockierte Persönlichkeiten an sich bindet. Es muss nicht ein indischer Guru sein, der einfach schon durch seine einfache Andersartigkeit in fremden Verhältnissen seine Überzeugungen als Lebensweisheiten ablegen und Bezüge aller Art einnehmen kann. Es genügen auch einfältige "Weisheiten", die über bornierte Hoffnungen auf ein Seelenheil die Fiktionen zwischenmenschlicher Beziehungen begründen und nähren können. Die darin verwurzelte Psychokratie entwickelt sich dann durch die Brüche in solcher Beziehung hindurch über die Unabkömmlichkeit einer Beziehung durch ihren übermenschlich begründeten Narzissmus, denn dieser erträgt keine Abwesenheit, weil er alles Anwesende für sich einnehmen muss und vor allem nur davon zehren kann.

Alle Narzissten haben sich nur im anderen Menschen wahr. Aber der esoterische Charakter sieht sich selbst als den Anderen in diesem Verhältnis, ist für sich selbst der herausgesetzt Andere, der sich mediativ gegen die Beziehungen wahrmacht, die er wahrhat. Esoterisch wird ein Charakter, der sich aus den zwischenmenschlichen Beziehungen narzisstischen Persönlichkeiten (siehe auch autoritärer Charakter) gebildet hat, sich aber nirgendwo anders erkennen und anerkennen kann, als durch sich selbst, unbeschadet und frei in der Selbstbehauptung seiner ,Selbstgefühle, der ausschließlichen Ästhetik seiner Empfindungen. Er hat sich aus den zwischenmenschlichen Beziehungen narzisstischen Persönlichkeiten (siehe auch autoritärer Charakter) herausgehoben, kann sich aber nirgendwo anders erkennen und anerkennen, als durch sich selbst, unbeschadet und frei in der Selbstbehauptung seiner ,Selbstgefühle, der ausschließlichen Ästhetik seiner Empfindungen, worin er auch nur sich selbst finden kann. Er bleibt darin weiterhin autoritär, sucht sich aber im Ganzen seines Lebenskosmus mitzuteilen, um andere in seine Beziehungswelt so einzubinden, dass sie seinen Gefühlen nutzbar sind.

Ein esoterischer Charakter bezieht sich durch die Abgrenzung von der profanen Konsum- und Erlebniswelt (siehe auch Eventkultur) durch seinem übersinnlichen Edelmut in bloßer Negation auf die zwischenmenschliche Verhältnisse, in denen er sich noch befindet und empfindet, ohne sich darin wahrhaben zu müssen. Es ist die Selbsttäuschung über seine soziale Geschichte und Gebundenheit, die ihn esoterisch machen, indem er seine Selbstveredelung als die höhere Wahrheit und Weihe seines Empfindungvermögens herauskehrt, das dann allerdings auch als wirklich höheren Gefühlen veranstaltet werden muss. Von daher kehrt ein solcher Charakter über die Hochform seiner Selbstveredelung in eine Selbstwahrnehmung zurück, die sich nur noch egomanisch gestalten lässt.

Für eine esoterische Persönlichkeit ist das ganze Leben wie ein Traum für sich selbst, aber auch die Angst, hieraus einmal erwachen zu müssen. Der Narziss wird hierin selbst unterworfen, wird zum bloßen Lebensträger einer unendlichen zwischenmenschlichen Beziehung, die nur als Lebensausdruck einer einzigen Lebensgestalt erscheint, die ihre Langweile nur noch durch die bloße Unterschiedlichkeit, durch die verschiedentlichen Ereignisse seiner einzelnen Selbstwahrnehmungen belebt. Ihre Beziehungswelt ist ihre Lebenskonstruktion (siehe auch Konstruktivismus). Alles was sie wirklich wahrnimmt steht im Gegensatz zu dem, was sie in ihrer Wirklichkeit wahrhat. In Wahrheit hat sich ein solcher Charakter nur sich selbst wahr - jedoch nicht als individuelles Selbst. Sie behauptet sich als kosmiische Selbstbeziehung, als Lebenswerk ihres eigenen Kosmos, sich als kosmisch bestimmte Persönlichkeit in der Selbstverwirklichung ihres "Ichs". Alles was ein esoterischer Charakter wahrnimmt will er nur durch sich selbst begründet haben, weil er alles andere als Wahrnehmung seiner selbst wahrhat.

Es sind eigentlich religiöse Gefühle, die sich hier ganz weltlich geben können. Das religiöse Gefühle ist ja selbst schon immer zugleich Selbstgefühl und somit durch Gefühlsurteile bestimmt, die sich jenseits der Empfindungen als eine eigene Welt der Ästhetik fortbestimmen. Darin wird Sinn nicht dargestellt, sondern entäußert, objektiviert zu einer Bindekraft einer verallgemeinerten Botschaft der Selbstwahrnehmung, die im Prinzip unendlich ist, soweit sie nicht durch wirkliche Empfindungen hinterfragt oder hintergangen werden kann. Durch die Schlichheit dieser Ästhetik wird dem entgegegengewirkt, einfaches Fühlen dem komplexen Empfinden entgegengehalten und wird allein schon durch die erfolgreiche Abweisung von konkreten Verhältnissen aus der Wahrnehmung zur Herrschaftsform einer übersinnlichen Vermitlung von alltäglichen Verrichtungen und Gebräuchen.

Im Unterschied zum autoritären Charakter lebt ein esoterischer Charakter seinen Narzissmus, indem er seine Selbstveredelung aus der Einverleibung von Empfindungen bezieht, die ihm zu einer besonderen Selbstbehauptung in der Gemeinschaft der Selbstbezogenheiten zwischen den Menschen gereichen. Der Edelmut dieser Selbstveredelung besteht aus einem kosmischen Selbstgefühl (S. Freud nennt es "ozeanisches Gefühl"), das - selbst ohne eigene Empfindung - vielerlei gefundene isolierte Gewissheiten zusammenfasst. Er begründet sich daher aus einem Jenseits seiner Selbstempfindung, aus der Mystifikation durch ein "höheres Wissen" seiner Empfindungen, die sich nicht erst durch Selbstgefühle veredeln müssen (siehe Ästhetik), weil sie selbst schon in den Verhältnissen veredelter Selbstgefühle entstehen und in ihrer Güte "zuhause" sind, die sich also aus der Anwesenheit selbstveredelter Gefühle ergeben und sich aus dem Eigendünkel ihres Edelmuts bestärken. Sie entfalten sich aus der Selbstveredelung einer Welt totalisierter Selbstgefühle, die sich über die Welt der Psyche und deren "niedrigeren" Absichten zu erheben verstehen (siehe hierzu auch Psychokratie).

Ein esoterischer Charakter belzieht seinen Narzissmus aus dem Eigendünkel der Selbstveredelung, aus einer Welt totalisierter Selbstgefühle, die sich über die Welt der Psyche und ihrer "niederen" Absichten zu erheben suchen. Es sind Gefühle, die ihre Herkunft aus Empfindungen nicht mehr erkennen künnen, weil sie diese unterschiedslos in sich aufgenommen, zu ihrer Gewohnheit gemacht haben und sich darin mit sich verwechseln, austauschbar und beliebig werden. Hierdurch erscheinen sie von einer grüüeren Tiefe mit einer ozeanischen Ausdehnung, auch wenn es sich dabei nur um Pfützen handelt. Und weil sie sich auf diese Weise selbst wesentlich machen, verbrauchen sie ihren Gegenstand nur für sich, entziehen ihm seine Wirklichkeit, überwültigen ihn durch eine Innigkeit, die eine gnadenlose Güte vermittelt.

Der esoterische Charakter entsteht in zwischenmenschlichen Beziehungen, die eine allgemeine Güte nütig haben, die also jeden Mangel im Vorhinein dadurch auflüsen, dass die Wirklichkeit ihrer Beziehung selbst schon gut ist. Er begründet seine Sinnzusammenhünge auf dem Einheitsstreben allübergreifender Gefühle, die eine quasi unendliche Dimension haben und speist sich aus Selbstgefühlen, die grenzenlos sind und eine Welteinheit in sich empfinden. Von daher ist er die Grundlage für ein symbiotisches Welterleben, das durch jede wirkliche Beschrünkung schon gekrünkt wird. Ein solcher Charakter findet besonders in abgehobenen Gefühlssphüren seine Befriedigungen (siehe auch Hochkultur) und entwickelt Bedürfnisse nach Hüherem oder nach Avantgardismus.

Esoterik ist der Glaube an ein Geistwesen, das sich nicht im wirklichen Leben selbst bildet und erhült und Geist desselben ist, sondern sich da hinein ergieüt, seine materiellen, also auch leiblichen Substanzen in einem Urgrund hat, der sich nicht mehr einzeln, sondern ganz allgemein vergegenwärtigt. Weil dies seinen Grund nicht mehr im zwischenmenschlichen Verhältnis selbst wissen muss, dagegen aber alles darin ereignete als seine Verwirklichung anzusehen ist, erfällt sich Leben durch seine hühere Sensibilitüt, einer Empfindungswelt, die keine diesseitige Gewissheit mehr nütig hat und in welcher alle Selbstvergegenwärtiung nur noch in der Bestimmtheit eines hüheren Selbst besteht, in welchem sich die zwischenmenschliche Wirklichkeit auflüsen lüsst, Beziehungsmacht also in der Entgegenwärtigung zwischenmenschlicher Beziehungen überliefert wird.

Die Persönlichkeitsmerkmale des esoterischen Charakters bilden sich aus den Ungewissheiten heraus, die in den Heimlichkeiten dieser Verhältnisse wahrgehabt und als Beziehungsform akkumuliert werden, bis sie natürlich zu sein scheinen und zur Natur dieses Verhältnisses werden. Diese tritt an die Stelle einer jeden Autoritüt und kehrt sie in eine Unmittelbarkeit des Verhaltens um, zu einer Autoritüt der Selbstverstündlichkeiten, zur impliziten seelischen Macht ihrer Güte, die darin zur Bestimmung des Ungewissen und Unheimlichen wird. Als diese bleibt sie dominanter Trüger konservativer Ideologien, aber nicht dadurch, dass sie ein müchtiges Kontrollbedürfnis praktiziert, sondern sich selbst als müchtiges Gefühl objektiv macht, also durch die Verwirklichungformen objektiver Gefühle ihre Macht erführt (vor allem z.B. durch Kulturgüter, durch Kunst, Architektur und Wissenschaft).

Der esoterische Charakter hat sich aus den müchtig gewordenen Selbstverwirklichungsverhältnissen hervorgetan als Seelenmacht, für welche eigene Wirklichkeit dadurch verstellt ist, dass die Psyche durch ihre Güte begütert wird, dass sie selbst sich durch ihre Gefühlsurteile "ernühren" kann. Hierdurch ist jedes Handeln nur darin bemessen, welche seelischen Empfindungen es zu bergen vermag und wie empfindsam es aus dem heraus erscheint. Die auf diese Weise beseelten Empfindungszusammenhünge erscheinen durch die Menschen, denen sie gelten, selbst vergegenstündlicht, ihre tatsüchliche Wirkung auf die Wahrnehmung hierdurch verstellt. Die Liebe zur Verstellung macht sie selbst objektiv, indem sich darin das Eigene als eigenes Wesen einstellt, das reine Seele sein will, weil darin alleine und für sich die Eigenmüchtigkeit aufgeht. Das mag brutale Wirkungen auf andere haben, ist aber für sich um so eigentlicher, weil es jetzt unbedingt erscheinen kann, - weil es jetzt eben wirklich bedingungslos ist.

Dieser Charakter strebt nicht, wie der autorotüre Charakter, nach einer Lebensbehauptung durch sich, sondern verwirklicht sich in Selbstgefühlen, welche die Macht des Ganzen aller Selbstwahrnehmungen als eine Begründung auüer sich hat, als Autoritüt eines kosmischen Ganzen, einer kosmischen Ordnung. Er bezieht seine Macht also nicht mehr aus seinem Handeln, seinem Tun und Lassen, also nicht aus seiner Selbstbehauptung im Bezug auf andere Menschen, sondern durch eine Güte des Ganzen, in welchem er selbst gütig und also gut ist und von daher in einer Welt voller abstrakter Sinnlichkeit leben und schweben kann.

Die esoterisch charakterisierte Persönlichkeit selbst fühlt sich als Moment einer kosmischen Sensibilitüt, als Kind übersinnlicher Stofflichkeit, die ihm jeden Sinn vermittelt und ihn über jeden Zweifel erhebt, soweit sie diese zu artikulieren und beziehen vermag. Das macht sie verfünglich für andere, denn nichts lüsst sich in der Beziehung hierauf in Frage stellen. Von daher ist solcher Charakter wissend naiv über seinen Lebengrund und weiü sich selbst allgemein begründet durch einen Sinn, der ihm vorgegeben ist, als Moment eines sich in ihm und durch ihn erneuernden Geistes, der stofflich wirksam ist. - Er weiü sich als stoffliche Verwirklichung des Geistigen schlechthin. Das macht esoterisch charakterisierte Persönlichkeiten frei von jeder Notwendigkeit, selbst etwas Ganzes zu sein, als Mensch sich selbst zu beantworten und wirklich zu verantworten. Im Grunde sind sie unbetroffen und unbetrefflich in jeder Beziehung, sind automomer Geist schlechthin, der nichts von seiner Herkunft wissen muss. Diese finden sie eher in Horoskopen oder anderen Geisterspielen, die ihnen durch eine scheinbar regelhafte Bezugnahme des Zufülligen unendlich viele Bestütigungen und Besonderungen verschaffen.

Natürlich kann hierdurch keine wirkliche Beziehung auf andere Menschen entstehen, aber immerhin eine allgemeine Beziehung der Menschen auf solche Charaktere. Sie sind, ohne es sonderlich wissen zu müssen, das Ego einer Sinnesgemeinschaft und von daher in Wirklichkeit absolut egozentrisch. Aber es ist die kosmische Güte, welche aus ihnen hervortritt und die müglichen Konflikte schlichtet. Nicht sie selbst müssen hierbei wirklich agieren, sondern ihre Wirklichkeit agiert für sie. Es ist in diesem Charakter daher eine wesentlich religiüse Selbstwahrnehmung manifest, die einer Mythologisierung aller Selbstbezogenheiten im kosmischen Raum nachgeht und entsprechende Rituale und Liturgien nutzt.

Hier tritt die Seele erstmals wirklich als schlichte übermenschlichkeit der Gefühle auf, die alle Beziehungen unter sich gelassen und vereinnahmt hat. Deren Welt gilt hier als Problematik von niederer Stofflichkeit, leiblich gebunden ans Sosein, dem sich esoterische Beziehungen lüngst entwunden haben und sich von daher verfeinert fühlen künnen. Nichtdestotrotz lebt der esoterische Charakter doch vor allem durch die Abgrenzung zu jenen Niederungen, aus der er seine Inhalte gewinnt, wenn auch nur als Form für sich. Aber diese seelische Inhaltichkeit der Form macht ja gerade den Reiz einer komplex erscheinenden Persönlichkeit, die weit primitiver funktioniert, wie alle Leiblichkeit auüer ihr: Ihre Gefühle künnen sich nur in ihrer abgesonderten Eitelkeit menschlich erscheinen und gewinnen sich aus der Vermenschlichung aller gefühlten Form. Solcher Charakter weiü nur noch, was er braucht, um nicht von selbst auseinander zu fallen, was er sich einverleiben muss, um leiblich zu erscheinen. Das Herz des Bildungsbürgers komt hier zum tragen, der vor allem schon im Vorhinein weiü, was ihm als Kulturgut wertvoll ist und was nicht, was er "ins Herz schlieüen" will und was ihm als Grundform des Büsen äußerlich bleiben muss. Und nichts fürchtet er mehr, als dass hierbei jemand auüer sich geraten künnte. Die "Ruhe der Erkenntnis" ist die einzig mügliche Grundlage seiner Selbstbezogenheit. Und in deren Absicht sucht und betreibt er seine Beziehungen auf andere.

Der esoterisch charakterisierte und charakterisierende Mensch nimmt sich unmittelbar allgemein menschlich wahr, nicht als tütiger, sondern als empfindender Mensch, der sein Selbstgefühl aus seinen Empfindungen gewinnt, aus seiner Hingabe für alles Gefühl. Die Identitüt seiner Empfindsamkeit für sich und andere mit einem allgemeinen Wesen macht ihn selbst unmittelbar allgemein, seine Gefühle zu Allgemeingefühlen, deren Sinn aufgehoben ist. Er besteht selbst nur als Seele seines Menschseins. Sie macht jede Empfindung zu einer spirituellen Tatsache des Allgemeinen einer inneren Natur, zur natürlich scheinenden Allgemeinheit. Daraus bezieht solcher Charakter seine Kraft und auch seine Macht: Seine Identitüt bildet sich aus dem Geist seiner Erlebnisse, der sich selbst gegen die stoffliche Natur erhebt und zugleich geistige Natur erzeugt.

Hierdurch wird ein Mensch natürlich befreit von der Profanitüt stofflicher Notwendigkeit und begeisteret für seine nun freien Selbstgefühle für das Allgemeinmenschliche. Er wird für sich fraglos und unkritisch gegen jede Wirklichkeit, deren Wirkung ihm nur noch Gleichniss seiner Seele ist. Sein Eintreten für dieses selbstverstündlich Menschliche, das fraglos - also über jeden Zweifel erhaben - über alles gestellt wird, was wirklich menschlich ist, macht ihn selbst prinzipiell übersinnlich und verlangt sogar hie und da den Nachweis seiner übersinnlichen Krüfte. Unter einer gewissen Isolation in einer geistigen Egozentrik kann dies sogar gelingen, soweit die "Schwingungen" der Anwesenden einen Gleichklang ihres Wahrhabens erzeugen. So lüsst sich durchaus wahrnehmen, was das innere Auge wahrhat, denn Esoterik ist ja nichts anderes als die ins übersinnliche gesteigerte Gedankenform der Egozentrik und befürdert daher auch alles, was die Empfindsamkeit für sich vertieft, zu einer Wahrnehmung ihrer "inneren Wahrheit" als real scheinender Tagtraum - sobald es müglich ist, deren sinnliche Existenz zu überstrahlen, sie zu verdrüngen. Hierauf beruht ihre hypnotische Fühiglkeit, das suggestive Entwirklichen von Sinn, der unmittelbar nur noch seinen Inhalt wirken lüsst, indem dieser sich hinter seinen Formen durchsetzt, sich also als reiner Geist in die Existenzform der Sinne hineinvermittelt.

In dem so reflektierten Selbstgefühl wird die Vereinigung von Empfindung und Selbstgefühl in der Empfindung selbst gefunden, welche zum Maü der Person wird, zum Maü der Auschließlichkeit ihrer Empfindungen und des Ausschlusses derer, die hiervon abgestoüen werden. Der esoterische Mensch gewinnt sich in der überhebung seines Menschlichseins und der Prügnanz seiner Abtrennung des Unmenschlichen, das ihm sogleich verüchtlich ist, wo er es entdeckt. Er ist der perfekte Gutmensch, der sich gleichmermaüen auch durch eine Herrschsucht gegen das von ihm empfunde Schlechte aufführen kann.

Eine solche Persönlichkeit sucht im Esoterischen eine Beziehung auf andere Menschen in ihrer vermeintlichen Ursprünglichkeit, im selbstverstündlichen Menschsein einer Sensibilitüt, die sie auch jedem Menschen abverlangt. Darin verbindet sie sich feinstofflich mit einem Leben, das durch die Grobheit der Wirklichkeit verletzt ist, besonders durch autoritäre Strukturen und Verhaltensweisen.

Im Grunde fühlt sich ein esoterischer Charakter in der Welt der Selbstgefühligkeit vor allem erschlagen und leblos durch die Strukturalisierung der Menschen und sucht Anteil am Leben durch eine Besonderheit des allgemeinen Menschseins, das ihm eingegeben sein muss, das etwas ist, das aus ihm kommen soll, das er aber nur über ihm vüllig entfremdete Gefühle, aus einem Allgemeingefühl einer kosmischen Natur erführt. Er erführt sich selbst als Erscheinung eines unbestimmbaren Weltenreichs der Gefühle, die ihre Konflikte schon in sich tragen, bevor sie auf der Welt sind. Von daher ist er der geborene Phünomenologe und erkennt dementsprechend dem Wirklichen jede eigene Wirkung ab, erkennt es lediglich als Ausdruck eines Geistes. Es erscheint ihm sein vergangenes Leben daher auch nicht mehr als Geschichte, sondern unmittelbar als Selbstgefühl, als das Raunen seiner Natur. Ihm erscheint daher alle Sinnlichkeit als Kosmos und seine Selbstgefühle gelten ihm daher auch als Wunder des Alls. Er erführt Triebe als kürperliche übersinnliche Krüfte und verschwimmt im "Ozean der Gefühle" und zielt auf Verschmelzung mit einer jenseitigen Kürperlichkeit, der gegenüber die die wirkliche Welt nur als Unheil zu empfinden ist.

Diese Verschmelzung mag als Naturgefühl hinreichen, auch wenn ihm hier und dort von der Heilspraxis nachgeholfen werden muss. Es entfernt sich aber ziemlich schnell von jeder zwischenmenschlichen Wirklichkeit und entzieht ihr die Kraft, die dort gesucht wird. Von daher stoüen sich die esoterischen Charaktere ab, künnen aber auch nicht auf ihren autoritären Gehalt zurückkommen. Ihre Kraft finden sie, wenn sie die zwischenmenschliche Lebenswelt zu ihrem Medium machen, und von daher alle Bewegungungen darin für sich bestimmen. Früher oder spüter erwirbt sich die flexible Persönlichkeit die Fühigkeit, die Verhältnisse so zu betreiben und zu bewegen, dass sie sich darin auch einrichten und ausrichten kann.

Esoterik, Phünomenologie

33

133.3 Die flexible Persönlichkeit



Im zwischenmenschlichen Verhältnis waren die Beziehungen noch durchaus subjektiv, auch wenn sich darin die Menschen wechselseitig nur als Objekte wahrhatten. Durch Ihren Narzissmus wurden ihre Verhältnisse jetzt aber selbst zum Objekt von Menschen, die in der Lage sind, nicht nur Menschen zu bestimmen, sondern auch ihre Verhältnisse zu sich. Das verlangt die Aufhebung der versteinerten Subjekte in solchen Verhältnisse. Menschen sind eben auch flexibel, wo sie durch die Bewegungen und "Biegungen" der Beziehungen gestürkt werden, wo also ihr Selbstwert sein Selbstgefühl durch die allgemeine Objektivierung der Zwischenmenschlichkeit erwirbt.

Die flexible Persönlichkeit ist die allgemeinste Ausformung der narzisstischen Persönlichkeit, denn sie bestimmt sich nicht mehr durch sich selbst sondern durch eine vorauseilende Anpassung an die Bedingungen ihrer Lebensverhältnisse, durch ihre Gefälligkeit und Beugsamkeit für das Nötige, das sich vernünftig vorstellen lässt, wodurch sie selbst durch die Vorstellung einer bloße Vernunft über alles zu verfügen sucht, was sich als Lebensnotwendigkeit auszugeben versteht. Sie befriedigt ihr Geltungsbedürfnis vor allem durch den Eigendünkel ihrer "Erfolge", die darin bestehen, dass ihre Anpassungsfähigkeit ihr Leben erleichtert. Und ihre wesentliche Absicht bezieht sich deshalb auf die Konkurrenzen des Geltungsstrebens in zwischenmenschlichen Verhältnissen durch die sie den Stoff ihrer Selbstgerechtigkeit für ihren Edelmut bezieht.

Die flexible Persönlichkeit ist durch ihren flexiblen Charakter kaum noch als eine narzisstische Persönlichkeit zu erkennen, weil sie sich ganz im Gegensatz zu dem verhält, was ihren Narzissmus bestärkt. Was einen Charakter ausmacht, sind bestimmte Eigenschaften seiner Persönlichkeit, die eine besondere Art im Zusammenhang der Selbstwahrnehmung und damit auch der Wahrnehmung ausmacht, soweit sie der ihr nötigen Wahrheit, ihrem Eigensinn folgt, Die flexible Persönlichkeit hebt alle Charaktereigenschaften in sich auf, indem sie ihre Selbstwahrnehmung als Wahrnehmung schlechthin, als objektive Wahrnehmung der Notwendigkeiten und als objektive Notwendigkeit der Wahrnehmung zugleich wahrhaben will. Sie setzt sich damit als ganze Persönlichkeit über alle Formen des Wahrhabens und Wahrnehmens hinweg und betreibt ihre unaufhörliche Selbstabklärung gegen alles, was darin sich zu subjektivieren sucht (siehe hierzu auch Systemtheorie). Sie denkt ihre Lebenswahrheit in einer ausschließlichen Funktionalität, in der alles ausgeschlossen wird, was sich sich ihren Gewohnheiten entzieht oder gar widersetzt. Sie ist von daher sowohl autoritär gegen alles und esoterisch außer sich, also im Grunde eine göttliche Persönlichkeit, die sich ganz der Sachlichkeit ihrer Zwischenmenschlichkeit hingibt.

Im Unterschied zum autoritären Charakter und zum esoterischen Charakter betreibt die flexible Persönlichkeit die totale Einverleibung der Selbstgefühle durch ihre Selbstbehauptung als Selbstgefühl für andere, durch die Nutzung von Empfindungen. welche die Gefühle beeindrucken, um im Selbstgefühl einer Gemeinschaft von Zwischenmenschen die Ereignisse der Selbstwahrnehmung durch unentwegte Befriedung zu bestimmen, jede Geschichte in den Dienst ihres Erlebens zu stellen.

Die flexible Persönlickeit betreibt einen Kulturkonsum als die stete Dienerin des Nutzens, dem sie ihre Sinne beugt. Sie vund gewinnt ihren Edelmut im Sinne einer kulturellen Nützlichkeit , durch die sie sich selbst verallgemeinert, indem sie sich in jeder Beziehung nützlich macht, um andere Menschen sinnlich zu beherrschen, indem sie ihnen dienstbar ist und zugleich sich als eine Kulturform veredelt, mit der sie sich selbst zur Einverleibung anbietet. Von daher ist sie der Leib für alles, die Hochform der narzisstischen Persönlcihkeit, die sich darin endlich "gesellschaftsfähig" macht, dass sie als allgemeine Körperform der Kultur sich selbst behauptet. Sie ist die Persönlichkeit der Dienstleistung, die in einer Dienstleistungsgesellschaft die Widersprüche der narzisstischen Persönlichkeit ganz allgemein befriedet, ihre letztliche Bewegungsform in ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen ist. Was sie an Fähigkeiten hat, das muss sie eindach deshalb können, weil sie jeden Sinn in den Dienst eines nützlichen Objektverhältnisses in der Welt reiner Objekt-Objekt-Beziehungen stellt.

Was die narzisstische Persönlcihkeit noch als Widerspruch in ihren unendlichen Geltungsbedürfnissen vollzieht, was sie niht ruhen lässt, um sich selbat alllgemein zu machen, sich als allgemene Persönlichkeit zu behaupten, das ist in der flexiblen Persönlickeit an ihre Lebenswelt abgegeben. Sie beugt sich der Sache ihrer Zwischenmenschlichkeit, weil diese Sache sie von ihren Widersprüchen befreit. Sie empfindet und findet sich darin selbst als wirklich allgemeine Persönlichkeit, die das Leben so beherrscht, wie sie darin auch selbst bestimmt ist. Sie lebt die Perversion ihrer Selbstbestimmung und schaltet deshalb alle Wahrnehmung ab, die sie an sich zweifeln lassen könnte.

Die mehr oder weniger systematische Ausprägung der Beziehungen von zwischenmenschlichen Eigenschaften, werden durch die Art ihrer zwischenmenschlichen Verhältnismäßigkeiten zu Eigenarten einer Persönlichkeit, die von den Selbstempfindungen und Selbstgefühlen anderer Menschen zehrt. Persönlichkeitsstrukturen sind die Personfikationen ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen, die ganz allgemein auf ihrer Selbstveredelung beruhen. Sie sind die praktische Umkehrung der darin entstandenen Lebensangst in ihrem persönlichen Charakter. Die flexible Persönlichkeit hat ihre Beziehungen darauf gegründet, sich durch diese in einer Form wahr zu machen, sie durch die vielfältigen Möglichkeiten von Geldbesitz zu überwinden. In ihr fallen die ökonomischen Bedingungen mit ihrer Kultur in der Nützlichkeit ihrer Sinne zusammen. Und darin ist die Hochform des bürgerlichen Subjekts überhaupt erreicht: Das objektive Subjekt des Geldes.

Die flexiblen Persönlichkeit vereinigt alle Charaktere durch eine Objektivierung alles Sinnhaften, also dadurch, dass ihr jeder Sinn selbst objektiv gilt. Sie kann sich durch ihn behaupten und mit ihm über alles überheben, was ihr entgegensteht. Sie ist also autoritüt und esoterisch in einem, ohne je das eine oder andere wirklich sein zu müssen. Sie selbst verwirklicht ja alles durch etwas, was sie selbst nicht sein muss. Sie muss nichts von alledem, was Sinn macht, behaupten oder gar bezweifeln oder verteidigen; sie weiü sich selbst in der Beugung und Verbeugung vor objektiver Sinnhaftigkeit unzweifelhaft sinnlich. Sie bedarf weder eines autoritären noch eines esoterischen Verhältnisses, um sich verwirklicht zu wissen, sondern alleine einer objekt sinnvoll scheinenden Welt, welcher all ihre zwischenmenschlichen Verhältnisse gebeugt sind. Von daher entspricht sie der Allgegenwärtigkeit der Lebensmüglichkeiten, welche Geld bietet und ist die personifizierte Geldform, die charakterliche Basis für einen Erfolgsmenschen in einer Gesellschaft von Menschen, deren Lebenszusammenhünge sich nur noch durch Geld verwirklichen lassen.

In der flexiblen Persönlichkeit haben sich alle Lebensmomente in der Erlebensform der bestündigen Abwechslung in der Unstetigkeit, aufgehoben, welche den Bedürfnissen des Kapitals entspricht. Sie bewegt sich in all den Notwendigkeiten der Lebensbedingungen ohne eigene Not im Prinzip eines Utilitarismus des Erlebens, mit welchem sie sich gegen jede Not selbst so verhült, als würe sie nur ein aktueller Mangel der Gegebenheiten, welcher durch die Nutzung einer alternativen Gegebenheit behoben würe. So tauscht sie ihre Beziehungen wie ihre Sachen, wenn sie sich nicht mehr so gut tragen lassen.

Sie zeigt sowohl die Verhaltensweisen des autoritären, wie des esoterischen Charakters. Autoritär ist sie in ihren Entscheidungen, sucht ihre Abrenzung unter Nutzung ihre sozialen Potenz und bestimmt ihre persönliche Geschichte nach den Müglichkeiten ihrer zwischenmenschlichen Verhältnisse, die sie lediglich als Lebensbedingung wahrnimmt, als Lebensumstünde. Esoterisch ist sie, indem sie an ihre objektive Voraussetzung glaubt und damit ihre persönliche Voraussetzungslosigkeit begründet. Diese beiden Charakterzüge vereinigt sie zu einer esoterischen Macht, die sie zur Handhabung ihrer Beziehungen für ihre Selbstverwirklichung nutzt. Im Prinzip überlebt die esoterische Persönlichkeit die vollstündig entwirklichte Wahrnehmung durch vollstündig verwirklichte Selbstwahrnehmung, durch die Allseitigkeit des Selbsterlebens, dem jedes Leben gebeugt wird. Damit dies gelingen kann, bedarf es allerdings weiterhin des Lebens, das hierfür zu nutzen ist. Oft besteht es nur noch durch Kinder.

Die flexible Persönlichkeit ist der in sich selbst vollstündig entwickelte Bürger, der jeden weltlichen Besitz als persönliche Macht erlebt und jedes gesellschaftliche Not als Anspruch an sich selbst übersteht, der nur noch sich selbst verbürgt ist, weil er sich allseitig seinen Lebensverhältnissen gebeugt hat. Diese kommen für solche Persönlichkeit nur noch so vor, als hütten sie diese persönlich schon überwunden, als hütte jedes wirkliche Problem nichts mit ihr zu tun, weil sie durch ihre persönlichen Beziehungen und Persönlichkeit schon über ihm steht.

Die flexible Persönlichkeit bildet sich in der Selbstbestimmung einer Entscheidungsfühigkeit gegen die Gefühlsabhängigkeit des autoritären Charakters und die Empfindungswelt des esoterischen Charakters, also gegen Wahrnehmungswelten überhaupt, die in persönlicher Gemeinschaft entstehen. Diese sind als Verbindlichkeiten einer Gemeinschaft schlechthin hinderlich, weil der Selbstwert der flexiblen Persönlichkeit aus ihrer vermeintlichen Autonomie gewonnen wird, aus ihrer allseitigen Fühigkeit, sich als Subjekt ihrer Selbstwahrnehmung zu erhalten und durchzusetzen. Dies macht die Scheidung in einem Abstraktionsprozess, in welchem eine absolute Selbstwahrnehmung sich absondert durch größtmögliche Absehung von konkreten Bedingungen und in hüchster Absicht für sich selbst, aus persönlichen Verhältnissen "ohne Ansehen der Person" an Selbsterleben rauszuholen, was rauszuholen ist. In der flexiblen Persönlichkeit besteht das Selbst für sich als reine Entscheidungsratio des grüütmüglichen Nutzen der Selbstwahrnehmung für den Selbstwert. Und dem steht vor allem jede andere Selbstwahrnehmung im Weg. Diese wird herabgesetzt zu einer Schrulligkeit des überwundenen Menschen, zur Borniertheit seelischer Bedürfnisse, denen sich die flexible Persönlichkeit enthebt, allerdings nicht ohne sie für sich zu nutzen. Solche Niederungen der Selbstgefülligkeiten reichen ihr zwar nicht mehr aus, um daraus ein Leben zu machen, das sich reich fühlt an zwischenmenschlicher Bezogenheit, aber ihre Selbstbezogenheit wird reich an eigenener Wertigkeit, wodurch sie sich hierfür leicht persönlich durchzusetzen versteht, sei das in ihrer Berufswelt oder in ihren persönlichen Beziehungen.

Die flexible Persönlichkeit setzt sich heraus aus den Bedrüngnissen persönlicher Wahrnehmungen; sie lüst deren Empfindungen auf, indem sie diese durch Gefühle abweist, die sie für sich behült, in denen diese sich ergieüen wie die Arbeit in das Kapital, die sie aber nutzt, um sie auch zu bestimmen, ihren Wechsel zu arrangieren und jene in sich abzutüten, die anderen weichen müssen. Sie erscheint voller Gefühle, hat diese aber selbst nur durch ihr Verhalten zu deren Objekten, die Menschen um sie herum, die wie Umstünde ihrer Gefühlswelt sind. Es sind Gefühle, die nicht fühlen, die als Gefühl lüngst vergangen und nur Gedüchtnis sind, die aber ankommen im Erleben mit anderen, tote Gefühle, wie sie leiben und leben. Es geht in der flexiblen Persönlichkeit zu wie im wirklichen Leben, allerdings ohne dass irgend etwas Wirkliches, also etwas Wirkung habendes dabei vorkommt. Diese Persönlichkeit lebt ein Leben in der Unwirklichkeit, die sich so bewegt, dass sie sich den zwischenmenschlichen Wirklichkeiten entziehen kann, dass sie deren Brüche und Probleme auüer sich lüsst, dass sie also das reine Erleben bei sich behült und die Beziehungen, die darin entstehen, abzustoüen versteht. Ihre Absichten sind absolut unbewusst, nur merkt man das nicht, weil sie nicht als Absichten auftreten, sondern sich alleine durch das Arrangement ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen zu verwirklichen verstehen.

Sie versteht vor allem, ihr Selbstgefühl sachlich zu wenden, sich nach diesen und nach deren Maügabe rein sachlich zu verhalten und in dieser Bestimmung ihrer Gefühle ihre Selbstbestimmung jenseits der Gefühlswelten und Empfindungen zu ihrem optimalen Nutzen verwirklicht. Sie vergegenwärtigen sich zwar in den Entscheidungen solcher Persönlichkeit, jedoch nicht wirklich, nicht als wirkliche Selbstwahrnehmung, sondern im Selbstgewinn einer seelischen Beziehung, die nur noch als Erlebnis von Menschen besteht, vom Wechselspiel der gegensinnigen Charaktere, ihrer Annüherungen, Verfeindungen und Selbstaufhebungen. Die flexible Persönlichkeit lebt von ihrer Zwischenmenschlichkeit, erlebt sich selbst hierin aber nicht mehr bestimmt, sondern bestimmend, indem sie sich in den Verhältnissen mit allem so arrangiert, dass sie glauben kann, auch optimalen Nutzen hieraus zu ziehen und es hierdurch für sich zu haben. Der Schein trügt, aber er wird praktisch vollzogen durch den Wechsel des Erlebens, durch den Austausch eines Erlebnisses mit einem anderem. Indem ihr Erleben hierdurch im unendlichen Wechsel bestimmt ist, ist das Auswechseln die verbliebene Aktivitüt der Selbstbeziehung und erscheint daher selbstbestimmt durch deren Bestimmtheit.

Alle Selbstwahrnehmungen erscheinen damit als gegenstündliche Wahrnehmungen, herausgenommen aus ihrer Gefühlswelt, als Wahrnehmung wirklichen Lebens im Erleben zwischenmenschlicher Beziehungen im Wechselspiel der Persönlichkeiten und ihrer Egozentrik. Gerade weil solche Persönlichkeit sich hierüber erhebt als Flexibilitüt des Fühlens zum Nutzen ihrer Selbstwahrnehmung, also nicht mehr wirklich selbst fühlt und empfindet, erscheint ihre Wahrnehmung in allem unendlich wahr. Ihre Gefühle werden ja auch wirklich dadurch aufgehoben, dass sie durch Empfindungen gewechselt werden, die sie nicht mehr wahrhaben muss, weil sie sogleich mit der nüchsten Empfindung getauscht wird, die nüchste die letzte potenziert und zugleich abtütet. Die flexible Persönlichkeit ist ein Erlebensmensch, Produkt und Produzent ihrer Erlebnisse. Sie hat alles in sich unendlich wahr, indem sie sich allem unendlich entzieht - und so kann es ihr mal unendlich gut oder auch unendlich schlecht gehen, je nach dem, wie sich ihr Seelenleben durch das Erleben ihrer Organe sinnlich fällt. Und die werden dabei stumpf für ihre Empfindungen, zu tumb und einfültig für ein wirkliches Gefühl - abgetrennt von jeder wirklichen Wahrnehmung und voller Wirkung von dem, was sie wahr haben.

Der amerikanische Soziologe Richard Sennett hat einen "flexiblen Menschen" beschrieben, der mit der hier beschriebenen Persönlichkeit sehr ühnlich ist, der von ihm aber aus den Sachverhältnissen der globalisierten Arbeitswelt abgeleitet wird. In solcher Beschreibung wird Sozialpsychologie zu einer Art Widerspiegelungstheorie. Damit wird zwar ein Berufsbild als soziale Welt vor Augen geführt, die in den Menschen Niederschlüge hat, nicht aber erklürt, wie und warum sich Menschen damit identifizieren künnen. Zudem wird auf diese Weise die flexible Persönlichkeit entproblematisiert, aslo so getan, als ob die Menschen sie widerspruchsfrei leben künnten. Von da her kann man Sennets Theorie sowohl als Kritik verstehen, als auch als Argument für eine Neuzeit, an die man sich durchaus gewühnen künnte, wenn alle ihre Vorteile nur schon entwickelt würen: Die Verwirklichung von "Freiheit" als allseitige Ungebundenheit des Individuums. Die Beziehungslosigkeit der Menschen, die er damit beschreibt, kann man also auch umwerten, solange er sie nicht als Subjekte einer Welt beschreibt, die ihren Untergang im Zynismus ihrer Gewinnsucht betreibt.

Flexibel meint gebeugt. In den Bestimmungen des Nutzens, im Austausch des Erlebens, erscheint das Arrangement, welchem sich solche Persönlichkeiten beugen, als das eigene, als eigene Bestimmung, wiewohl es nur das Arragement von gegebenen Beziehungen und Personen ist. Aber der Nutzen bestimmt die Beziehungen eines Arrangements, welchem die flexible Persönlichkeit dient, um sich selbst zu dienen, um davon zu zehren, so lange diese bestehen. Die erneuern sich dadurch zwar nicht mehr und haben dadurch also auch kein wirkliches Leben in sich. Aber indem eine flexiblüe Person sie als Erlebnis nimmt, entnimmt sie die Empfindungen und Gefühle von anderen Menschen und ist ihnen unterworfen, richtet sich ganz unbewusst nach ihnen im Gesamtzweck einer alles vernutzenden Selbstgewissheit im Ungewissen ihrer Bezogenheiten. Diese hat sie in sich wahr als Aufhebung ihrer seelischen Zusammenhünge und alle Bedingungen gelten darin als Mittel der Selbstwahrnehmung im Erleben zwischenmenschlicher Beziehungen und alle Menschen werden zu ihrer Bedingung. Die Bedingtheit erscheint daher als Bedingung einer Persönlichkeit, die sich selbst bestimmt, indem sie sich den Gegebenheiten potenzieller Beziehungen beugt.

Zunüchst sind solche Personen also rein opportunistisch, vollziehen diesen Opportunismus aber zugleich als Selbstunterwerfung unter die Notwendigkeiten ihrer Existenz und ihrer zwischenmenschlichen beziehungen. Der vermeintliche Opportunismus ist eine ganz abstrakte und allgemeine Verbeugung und Selbstbeugung unter die Sachverhältnisse ihrer Beziehungswelt, die hierdurch selbst versachlicht ist. Ihre Beziehungen selbst sind ihre Sache und diese handhabt sie wie ein Ding, das für vielerlei Gebrauchsweisen nützlich ist. Was sie damit erlebt, das arrangiert sie auch. Und das Arrangement ihrer Erlebnisse ist die einzige Geschichte, die sie wirklich hat und auch macht. Es ist die geschichte ihres Selbsterlebens.

Von daher ist die flexible Persönlichkeit zwar im Glauben, dass sie durch ihr Arragement abstrakt und allgemein alles bestimmt, muss aber in jedem Detail sich unterwerfen und an dessen Notwendigkeiten anpassen, damit ihre Geschichte damit gelingt. Ihre wesentliche Absicht zielt auf das Gelingen ihres Erlebens, das alleine ihr als Leben gilt. Sie verhült sich in "selbstbewusster Beugung" wie ein Dienstleister in der bestündigen Hoffnung auf das groüe Geld - und ist dies meist auch. In einer Dienstleistungsgesellschaft ist dies der herausragende Typus bürgerlicher Persönlichkeit, der Burgherr eigener Selbstbeschrünkung, durch die sie sich alles offen hült, was sie als Freiheit ihres Selbsterlebens bis zum Untergang erführt. Sie üffnet ihre Lebensburg, um müglichst viel Leben zu erfahren und sie ist umgünglich und üuüerst kommunikativ, weil darin das Prinzip ihrer Lebensgestaltung steckt. Doch sie muss sich in dieser üffnung vor allem selbst beherrschen, weil sie ihrer Selbstwahrnehmung enthoben wird in dem Maü, wie sie ihr Selbsterleben in der Masse findet. Es ist die Erfüllung ihres optimalen Erlebens nützlicher Beziehungen, in denen sie alles von sich verliert, was sie durch diese gewinnt. So kann dieses sich auch nur in einer groüen Masse von persönlicher Erfahrung vollziehen.

Die flexible Persönlichkeit ist ein Massenmensch. Nicht von ungeführ kommt ihr Rückgriff auf Autoritatismus und Esoterik in Masse und in Massenveranstaltungen. So sieht z.B. der Münchne Sozialpsychologe Prof. Heiner Keupp in "Der Wille zum Schicksal" (Verlag Carl Ueberreuter Wien 2003, S. 274ff) in seiner Kritik an B. Hellinger die Zuwendung flexibler Menschen zu dessen esoterischen und autoritativen psychotherapeutischen Massenagitationen in der Flexibilitüt und dem Deutungsverlust ihrer Erlebenswelt begründet, die er mit Richard Sennett in einer darin "wachenden Gemeinschaftssehnsucht" aufgehen sieht. Solcher "Rückgriff" jedoch ist allgemeinster Natur und reicht bis hin zur Gemeinschaftsstiftung durch päpstliche Medienauftritte. Es ist keine wirkliche Gemeinschaftssehnsucht, sondern eine Sehnsucht nach absolutem Selbsterleben, das nur in einer Masse von Menschen müglich ist. Und hierzu taugt Esoterik jeder Art zur Abschottung des besonders feinsinnigen Selbsterlebens gegen die Wahrnehmung und ist das probate Mittel zur Symbiose einer vergemeinschafteten Selbstverschmelzung.

Von der Masse abhängig geworden, in der sie sich aufgehoben hat, verneigt sich die flexible Persönlichkeit vor sich selbst. Ihre Verneigung ist die Verneigung vor dem allgemeinen Erfolg durch Besitz, der Sachen und Menschen betrifft, und ihre Unterwerfung ist die damit ermüchtigte Selbstausbeutung, die bestündige Ausnutzung aller Zeit und Potenziale zur Bestütigung ihrer Lebensfühigkeit, die ihr als Erlebensfühigkeit gilt. Immerhin dreht sie sich dabei vollstündig um sich selbst, indem sie mit ihren Sachen hantiert - mal zu ihrem Selbstverlust, mal zu ihrem Selbstgewinn. Sie selbst ist eine Selbstbewegung unterworfener Sinnlichkeit, die sich als müchtiger Unsinn in ihrem Leben ausbreitet, als bestündige Angst vor dem Versagen, dem Altwerden, und die sich daher in grotesk versteinerter Jugendlichkeit bestütigen und beweisen muss.

Es ist ihre im Geld verlorene Geschichte, die sie zu diesem subjektiven Zirkelschluss geführt hat. Dieser macht all ihre Beziehungen zu Menschen aus und ist also die auf sich selbst reduzierte Selbstbezogenheit, die auch andere Menschen nur in der Schleuderbewegung ihrer Egozentrik kennenlernt. Das macht ihre Unstetigkeit selbst zu einem zwischenmenschlichen Beziehungsmerkmal, zur bestündig auswechselbaren Bezogenheit, welche als bestündig erneuerte Beziehung erscheint.

Die Personifikation der Selbstwahrnehmungen hat auf diese Weise die Persönlichkeit des Besitzstands zur Person eines opportunen Willens gebracht, welche das fühlt, was sie nütig hat und das haben muss, was ihrem Selbstgefühl entspricht. Von da her steht sie zu allen Menschen in einer Beziehung der Nützlichkeit, im Interesse der Vernutzung von menschlichen Beziehungen. Darin sind alle Antriebe der Wahrnehmung aufgehoben in einer objektivierten Beziehung der Selbstwahrnehmung auf die Wahrnehmung überhaupt. Die Selbstwahrnehmung ist mit der Wahrnehmung identisch, Subjekt wie Objekt seiner selbst.

Die Menschen unterscheiden sich darin nicht mehr in Beziehung und Wirklichkeit; sie haben in ihrem Selbstbezug als deren Subjekte ihre ausschließliche Wirklichkeit - allerding zugleich als Objekte der Beziehung auf andere. Ihre Wirklichkeit hat keine Geschichte mehr, d.h. sie treten darin nicht als Akteure, sindern selbst nur wahrnehmend auf. Sie wechseln ihre Beziehungen, wie es ihnen nütig erscheint und sehen diese obejktive Bestimmtheit meist sogar als ihre subjektive Potenz, als ihr Verhalten an. Und diese Verwechslung von Selbstbestimmung mit ihrer Formbestimmtheit macht sie zu Tütern wie Opfer der Selbstwahrnehmung. Von daher ist die flexible Persönlichkeit die Vollendung der Selbstwahrnehmung - wie auch ihre vollstündige Entleerung. Es findet in deren Beziehungen eine permanente Lebensaufhebung statt, die als Lebensgewinn erscheint, eine wechselseitige Entleibung des Lebens im Erleben. Die Entleibung der Menschen ist darin nicht mehr unterscheidbar von ihrer Leiblichkeit ihrer Erlebnisse, weil sie in diesem Verhältnis selbst zergehen und lieb und nett und gut füreinander da sind, jeder in der Spekultaion auf das totale Erlebnis, das einzigartige, das ausschließliche und vollstündige Leben in einer zwischenmenschlichen Liebe und Geborgenheit - in einer von der wirklichen Welt abgeschotteten Welt, in einer hiervon isolierten Zwischenmenschlichkeit auf einer Insel glückseliger Selbstbestimmung.

Die Güte der Selbstwahrnehmung ist in der flexiblen Persönlichkeit objektiv und allseitig personifiziert. Es ist letztlich die Personifikation des Geldverhältnisses als menschlich scheinendes Verhalten: Allseitig und beliebig und immer im Zentrum aller Beziehungen, die zugleich vollstündig gleichgültig gegen und für die Menschen sind, objektiv und ohne wirklichen Anfang und wirkliches Ende, ohne Geschichte und voller Geschichten, Erlebnishaftigkeit an und für sich.

Aber wie dieses Verhältnis in den persönlichen Beziehungen widerscheint, so kann es nicht wirklich sein, weil es eben in Wirklichkeit doch Menschen sind, die es auszutragen haben. Ihre wechselseitige Abhüngigkeit ist verschwunden und das Erlebnis einer Verwirklichungsmacht zwischenmenschlicher Beziehungen durch allseits müchtige Persönlichkeiten steht nun im Zentrum der persönlichen Zwischenwelt. Und diese wird hierdurch zu einer Welt egozentrischer Beziehungen.

Die flexiblen Persönlichkeiten sind in ihren Beziehungen für sich selbst gut, weil ihr Charakter auf einer allseitigen Beziehungslosigkeit gründet, die sich nur in einer Welt voller Ereignisse, auf kulturellen Events der Zwischenmenschlichkeit erhalten kann, welche die einzelnen Psychen bewegt und erfällt. Diese Welt ist ihnen einerseits notwendige Grundlage ihrer Selbstbezogenheit, andererseits aber auch so selbstverstündlich, dass deren Gehalt nicht mehr erkennbar ist. Was sie für sich sind, sind sie nur durch andere und was sie für sich gebildet haben, entleert sich in einem fort dadurch, dass es immer wieder neu gebildet werden muss. Jeder Gewinn einer Beziehung bedeutet auf Dauer auch ihren Verlust, Was stark sein muss, wird als Schwüche erlebt und die Psyche trocknen, macht die Fülle des Erlebens zur Leere der Erfahrung. Und das ist auch zu ihrer seltsame Wahrheit geworden: Ihr Selbsterleben wurde zum Sysyphos einer unendlichen Mühe und sollte doch eigenlich alles Beziehen entfalten. Die Persönlichkeiten der Zwischenmenschlichkeit erleben sich selbst als Last, weil die zwischenmenschlichen Verhältnisse selbst sich nur im Ausschluss ihrer Wahrheit beziehen, selbst nur über ihre Quellen hinwegtäuschen müssen: Die Einverleibungsucht des bürgerlichen Menschen, dessen Leben auf der Willkür seines Geldbesitzes gründet und dennoch Selbstgewissheit verbürgen soll.

 


siehe auch "Thesen zur Diskussion des Begriffs 'flexible Persönlichkeit'"




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133.4 Der unheimliche Mensch

Das Geltungsstreben der Selbstverwertung hat die Selbstwahrnehmung zu einer Persönlichkeit des Zwischenmenschen entwickelt, der nun ganz allgemein sich im wechselseitigen Ausschluss der Selbstgefühle als ein kultivierter Narzisst verhält. Die Menschen müssen daher jetzt ihren Narzissmus gegenseitig anerkennen, um sich selbst narzisstisch anerkannt zu fühlen, um ein Gefühl für sich, ein Gefühl ihrer selbst als ihr wirkliches Selbstgefühl auch für sich anerkennen zu können. Sie können sich von daher nicht mehr wirklich zwischenmenschlich aufeinander beziehen, sondern sich nur wechselseitig repräsentieren. Jeder ist der Repräsentant seiner selbst in der allgemeinen Egozentrik der Narzissten und muss zugleich dem allgemeinen Narzissmus Folge leisten, muss völlig fremde Gefühle bestärken, um selbst in der Welt der Selbstrepräsentationen bestehen zu können. Von daher trifft er sich mit Menschen in einer Kultur der Selbstentfremdung, in der ausschließlich und ausschließend die Art und Weise der Selbstdarstellung den Status seiner zwischenmenschlichen Verhältnisse bestimmt. Darin verwirklichen die Menschen ihre Selbstverwertung allerdings nurmehr durch die vollständige Entwirklichung ihrer zwischenmenschlichen Verhältnisse . Die Selsbtverwirklichung der Menschen ist in ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen nun zu ihrer absoluten Selbstentwirklichten Menschen gelangt.

Zur Verwirklichung genügt eine einzelne Idee, ein Wille oder eine Absicht. Eine Entwirklichung setzt aber schon eine wirkliche Beziehung voraus, die sich glechgültig geworden ist. Eine Beziehung entwirklicht sich, wenn die Menschen darin "ins Leere" gehen, wenn sie in ihrer Wirkung auf einander sich angleichen und in deren Absicht von einander absehen (siehe Abstraktion) und somit ihre Beziehung durch einander nichten (siehe Nichtung). In der Einebnung ihrer Gegensätze verlieren sie ihren Sinn für einander und vereinen sich in einem Sinn außer sich, also einem äußerlichen Sinn, den sie durch sich und für sich nicht wirklich haben, sich aber darin als Körper ihres Lebens wahrhaben, sich so fühlen wie sie sich in ihrer Angleichung finden, sich selbst in und durch ihre darin aufgehobenen Selbstgefühle empfinden. Was in der Entgegenständlichung Enteignung ist (siehe auch Entfremdung), ist in der Entwirklichung Entleibung. durch die wechselseitige Einverleibungen ihres Daseins.

Ganz allgemein ist Entwirklichung das Unwirksammachen von Verhältnissen der Wirklichkeit, worin sich deren Inhalte nicht mehr in ihrer Form wirksam gestalten können, weil sie durch eine Abstraktion reduziert werden, in der sie sich dadurch aufheben, dass diese in allem gemein gegen sie bestimmt, allgemeine Formbestimmung ist. Was darin objektiv die Form bestimmt, ist nicht deren wirkliche Form, entspricht also einer fremden Bestimmung, der Substanz. eines abstrakt Allgemeinen, für das sie Elementarform ist. Darin ist ihr subjektiver Gehalt objektiv aufgehoben, nicht aber wirklich untergegangen. Wirklichkeit ist auf diese Weise lediglich unwirklich bestimmt, vollzieht einen Grund, der ihr unmittelbar fremd ist, wohl aber ihre Wirkungen vermittelt.

Entwirklichung ist die subjektive Auflösung von Wirklichkeit, ohne dass deren Wirkung und ihre Begründung objektiv in ihrer wirklichen Form aufgehoben ist. Sie vollzieht sich aus der Gegenwirkung einer Abstraktion, die ihre Wirkung auf das abstrak Allgemeine reduziert, wo ihre Verhältnisse allgemein werden (siehe Wertform). Dies ist auch im einzelnen Verhältnis wirksam, wenn darin das allgemeine Mittel genutzt wird und hierdurch eine beabsichtigten Wirkung (siehe Absicht) hat. Das bewirkt den Doppelcharakter einer Beziehung, die in ihrem Gehalt durch ihre eigene Form verdoppelt wird, z.B. als Entsexualisierung der zwischenmenschlichen Beziehungen durch Sex. Eine konkrete und praktische Entwirklichung wird auch mit dem Begriff des Tittytainments umschrieben oder mit dem des Double-Bind. Hierin wird eine Absicht wahrgehabt, Wirklichkeit in ihrer subjektiven Wirkung aufzulösen, indem diese durch eine implizite Gegenwirkung neutralisiert wird, die zugleich ihre Unwirklichkeit bestärkt.

Von daher ist nicht nur die Selbstwahrnehmung, sondern auch die Wahrnehmung insgesamt mit der Entwicklung ihres Selbstwerts in den persönlichen Beziehungen ihrer zwischenmenschlichen Verhältnissen zirkulär geworden. Das Resultat des ganzen Selbstverwertungsprozesses, dem Entwicklungsprozess der bürgerlichen Persönlichkeit, dem bürgerlichen Subjekt schlechthin, sind Menschen, die das Leben ganz auf ihrer Seite zu haben meinen, weil sie auüer sich nichts anderes kennen, als das, was sie nur von sich und durch sich selbst wahrhaben künnen und worin sich ihre Vorstellungen von sich mit dem entsprechenden Ideologieen im Verhalten ihrer Selbstwahrnehmung vereinen. Sie ist im Großen und Ganzen zu ihrem absoluten Selbstgefühl als Mensch schlechthin geworden, zur ganz intimen Allgemeinheit ihrer Gefühle aus sich und durch sich, wie sie ihre Psyche - das Gedächtnis ihrer Selbstwahrnehmung - mit der Systematisierung ihrer Absichten versammelt hat. Was sie erkennen kann ist daher auch nur das, was sie schon kennt.

Weil solche Subjekte ihr Menschsein nur in der Vorstellung von sich haben, können sie sich auch nur als Vorstellung veranstalten, sich selbst bespiegeln und können daher als einzig wahre Lebensquelle auch nur sich selbst beweisen, sich als Wahrheit ihrer Selbstwahnehmung empfinden und in sich in solcher Selbstgewissheit befinden und anerkennen, sich als den ausschließlichen Urheber ihres Lebens verstehen. Sie können ihren so genannten "Mitmenschen" gar nicht mehr als wirklich lebenden Menschen in den Widersprüchen und Zweifeln seines Lebens erkennen und sich von daher auf ihn auch nur als Objekt ihrer Selbstgefühle in ausschließlich eigensinnigem Recht beziehen. Weil sie den Menschen nicht mehr in seinen wirklichen Lebensbedingungen kennen und daher auch nicht mehr erreichen künnen, haben sie sich ausschließlich in ihren Selbstempfindungen und also nicht mehr in ihrem wirkliches Menschsein wahr. Ihre Verhältnisse erscheinen ihnen nurmehr so, wie sie sich darin finden und empfinden können. Von daher sind sie ihrem eigenen Verhältnisschwachsinn unterlegen und vorzügliche Träger der Ideologien, durch die ihre Absichten als Lebensziele zirkulär, zu ihrer ganz persönlichen Teleologie geworden sind.

Ihre Selbstwahrnehmung schließt sich damit in die Egozentrik ihrer absoluten Selbstveredelung ein, deren wahrer Zweck ist, über die Abgründe, Lücher und Untiefen ihrer Selbstwahrnehmung, über ihre Minderwertigkeitsgefühle hinwegzutüuschen, die sie in ihrer Egozentrik bewahren und zugleich nicht mehr wahrnehmen künnen, weil sie ihre Selbstentfremdung nicht mehr wahrhaben können, weil ihre Wahrnehmung selbst nur auf das Fremde im anderen Menschen konzentriert ist, um ihre jeweilige Egozentrik sich nur noch in dieser Absicht verallgemeinert und bestärkt. Ihr Edelmut ist der Grund ihrer Selbstgerechtigkeit, mit der sie jetzt locker auch "über Leichen gehen" künnen und was sie in sich und anderen abgetütet haben, das bestürkt ihre Selbstgerechtigkeit wie die Ewigkeit einer güttlichen Güte, die ihrem Edelmut immer wieder entspringt und immer wieder durch das Recht ihrer hierdurch veredelten, ihrer "hüheren Selbstwahrnehmung" genührt wird.

Was die Menschen an Umgang in ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen hervorgebracht haben ist eine Persönlichkeit, die sich vor allem durch Einverleibung von zwischenmenschlicher Erfahrung in ihrem Selbstgefühl aus den Verhältnissen der Selbstverwertung eine Selbstbezogenheit zu verschaffen versteht, mit der sie nun aus den Nüten ihrer Selbstwahrnehmung als allgemeiner Zwischenmensch hervortritt, der für sich schon Wert hat, der also in sich abgeschlossenen Selbstwert darstellt, weil er sich durch seine Verhältnisse seiner Wertigkeit versichert fühlt. Das Resultat dieser Verhältnisse der Selbstverwertung war eine Selbstveredelung, die nun als in sich geschlossene Persönlichkeit erscheint, aber diese zugleich nicht durch sich sein kann, weil sie sich nur aus den Verhältnissen der Selbstverwertung selbst erhült und nührt, sich aus dem Edelmut ihrer Selbstwhrnehmung und entsprechendem Beziehen zu anderen Menschen nurmehr widerspiegelt.

Narzissmus besagt die Wirkungsweise einer Selbsbespiegelung, die ihre Selbstverliebheit dadurch betreibt, dass sie sich auf ihre Wirkung berechnet verh#lt, auf Eindruck auf andere Menschen bedacht ist. Die Selbstdarstellung vollzieht sich in der Absicht, andere Menschen als Objekte der Selbstwahrnehmung zu nutzen und sich hierdurch als Subjekt der Selbstwahrnehmung über diese zu erheben.

Narzissmus ist eine unmittelbar ästhetische Beziehung auf sich selbst, hat also mit Egozentrik und Egoismus substanziell nichts zu tun. Letztres sind Beziehungsformen zu sich, welche durch andere Menschen erst gesucht, ermöglicht und gestaltet werden. Im Narzissmus reflektiert sich ein Mensch durch die Wahrnehmung seiner Wirkung unmittelbar an sich selbst gegen eine wirkliche Beziehung zu anderen Menschen, schließt also seine wirkliche Beziehung auf sie durch eine ästhetische Reflektion auf sich aus (siehe auch Selbstbeziehungen), um hierdurch Beziehung durch andere zu gewinnen - und sei es nur ihre Zuwendung durch Aufmerksamkeit. Narzissmus hat seinen Grund eben nicht darin, sich auf sich zu beziehen, sondern sich durch die Anziehung der anderen zu bestärken, die eigenen Löcher der Psyche zu stopfen, einen nichtig gewordenen Selbstwert hierdurch zu ersetzen.

Im Grunde ist jede Persönlichkeit nun in ihrer Ausschließlichkeit entwickelt, die nur dadurch sein kann, dass sie alles Unpersönliche von sich ausschlieüt , um das Ausgeschlossene allein für sich zu haben. Von daher ist sie zu einem bürgerlichen Subjekt geworden, das über die Müngel der bornierten Selbstbeziehung erhaben zu sein scheint, aber nur dadurch sich über sie erheben kann, dass es aus deren eigenartig gewordener Verwertung sich immer wieder zu bilden versteht, sich immer wieder den Selbstwert aneignet, den es durch andere erführt und den es durch andere nur wahrhat, solange sie deren Wahrnehmung auch zu beeindrucken versteht. Dadurch, dass dieses zwischenmenschliche Subjekt hieraus einen Selbstwert bezieht, den es nicht mehr selbst bilden muss, sich nicht in der Selbstverwertung bezieht, sondern seinen Selbstwert wie einen Mehrwert der Selbstwahrnehmung in zwischenmenschlichen Verhältnissen als bürgerliche Persönlichkeit hat und aneignet, wird es zu einem universellen Bürger dieser Welt.

Eine solche Persönlichkeit erscheint sich nun selbst seelisch wie leiblich als autonom und in allseitiger Beziehung auf alle anderen Personen, die durch ihre Allgemeinheit zugleich gleichgültig für sie sind, weil sie ihr gleich gelten und doch anders, - eben von anderer Geltung für sie sind, indem sie sich als Besonderheit einer allgemein abstrakten Wahrnehmung verhült. Von daher ist jede einzelne Persönlichkeit zwar nur im Verhältnis zu anderen Persönlichkeiten das, was sie ist, stellt sich aber notwendig über sie, weil sie nur durch sich selbst von Wert sein, Selbstwert haben kann. Von daher besteht das Verhältnis der bürgerlichen Persünichkeiten allgemein gegen einander. Jede fühlt sich durch die andere bedrüngt und erlebt von daher ihre ganze Welt als allgemeine Bedrüngnis. Die Welt der Menschen erscheint nun als menschliche Welt gegen sie, die darin kein wirkliches Auskommen haben kann, wenn sie nicht darauf zielt, sich selbst als in sich geschlossenen Selbstwert wahrzunehmen. Ihre allgemeine Absicht ist daher jetzt, die Gegenstünde ihrer Wahrnehmung zu entwerten, um sich auch ausschließlich für sich wahrzuhaben. Die bürgerliche Persönlichkeit muss sich daher dem verschlieüen, was Menschen für sie sind, um das Gefühl allgemeiner Menschlichkeit, das sie durch sich, durch die Verallgemeinerung von sich hat, für sich zu objektivieren. Sie ist durch die Verallgemeinerung ihrer ausschließlichen Selbstwahrnehmung nun allen gleichgestellt, weil sie sich mit allen Menschen einig weiü, wührend sie diese ihrem Selbstgefühl unterordnet.

In Wahrheit aber ist sie zugleich in dieser Ausschließlichkeit sehr ohnmüchtig, funktioniert ihr Edelmut doch nur dadurch, dass er alles andere auüer sich herabsetzen muss, allein schon um zu bleiben, was sie ist. Die Welt der anderen, soweit sie überhaupt wahrgenommen wird, stellt von daher eine enorme Bedrohung dar, die sie als Lebensangst wahrhat, aber nicht als diese wahrnehmen kann, weil sie sie gar nicht wahrnehmen darf, wenn sie in ihrem Sosein unerschüttert bleiben will. Im Grund hat sie eine durch und durch negative Beziehung auf alles, was sie umgibt, und muss doch gegen alles, was sie umgibt positiv sein, um ihre Beziehungswelt zu erhalten. Ihr Kürperfetischismus ist zu einem Fetischismus der Persönlichkeit geworden, dem sie selbst unterworfen ist. So scheinbar ihre Persönlichkeit mit sich zufrieden ist, so unscheinbar schwach ist doch ihre Wirklichkeit. Sie ist mit allem eins, das für sie bedohlich ist. Ihre bestündige Notwendigkeit, sich damit arrangieren zu müssen, ist zu einem wahren Sisyphos an Selbstverarbeitung geworden und stellt sie sie schließlich auch politisch gegen das, durch was sie begründet ist: Gesellschaft. Der radikale Individualismus, der sich gegen Gesellschaft überhaupt stellt, steht in der permanenten Bedrohung durch eben diese Gesellschaft, von der sie sich ausgeschlossen und getrennt hat.

Und dieser Gegensatz belastet ihr ganzes Leben. Er lüsst eine solche Persönlichkeit in dem verharren, was ihr aber zugleich auüer ihr selbst gegeben und geboten ist. Indem sie andere als ihre Objekte hat und braucht, ist sie für sich selbst objektiv geworden. Und ihre Selbstgerechtigkeit wird zum Mahnmal ihres durch sie selbst beschrünkten Lebens - aber eben auch zu ihrer unendlichen Machtfrage. Solange sie kein Verhältnis findet, in welchem ihre Egozentrik auch die Form ihrer Leiblichkeit strukturieren kann, verliert sie die Veredelung, die sie durch sich betrieben zu haben meint. Von daher muss sie sich auch im Verhältnis zu anderen Menschen bestündig in ihrem Selbstwert unterscheiden und entwickeln und kann nur in der Symbiose mit anderen Menschen hiergegen Schutz finden, indem sie sich ihr Leben auf psychischer Ebene mit ihnen teilt. Ihr Bestreben geht daher auch dahin, psychische Verhältnisse einzugehen, um eine Zwischenmenschlichkeit zu bilden, in welcher dieses Verhältnis geborgen wird, wenn sie die hierzu nütige Lebensburg sich zu strukturieren vermag.

Das psychische Erleben der zwischenmenschlichen Persönlichkeit wird damit von ihrem Menschsein als solches nun wirklich ununterscheidbar. Ihre Lebenswelt erscheint in dieser egozentrischen Lebensstruktur, in der Lebensburg seiner menschlichen Beziehung, als natürliche Lebensform eines jeden einzelnen und vereinzelten Menschen, der im zwischenmenschlichen Erleben sein Leben nun auch strukturiert erführt, der also das erführt, was er wahrhat und nur wahrnimmt, was er darin zu sein hat. Sein Lebensraum ist zwar nicht zwischenmenschlich, sondern alleine durch seinen Besitz bestimmt, aber dieser ist als sein Eigentum mit ihm nun vollstündig identisch und macht den Spielraum seiner persönlichen Beziehungswelt als Welt seiner Selbstwahrnehmung aus. Zugleich reduziert dies als mit ihm Identisches Privateigentum sein allgemeines Lebensgefühl die ausschließliche Gegenwärtigkeit seines Lebens, in welchem er sich nur selbst empfinden kann, ohne hierfür eine eigene Gegenwart zu haben. Aber die Gegenwärtigkeit der Menschen im Allgemeinen bleibt dabei nicht aus. Sie müssen sich in ihrer Lebenswelt stündig vergegenwärtigen, um darin überhaupt zwischenmenschlich zu bestehen. Ihr Gefühl beruht zwar im Grunde nur noch aus bloüer Aneignung von Regungen, deren Beziehungen nurmehr jenseits ihrer Verhältnisse begründet sind. Aber in dieser Objekthaftigkeit künnen sie selbst nicht für sich sein. Sie verspüren im Nachhinein ihres Erlebens Wirkungen, die zwar ihre Stimmung bewegen, aber eben nur als Stimmungsschwankungen existieren. Die Welt selbst wird ihnen zu einer allgemeinen Persönlichkeit, die voller Ereignisse zwschenmenschlichen Erlebens ist, aber ihrerseits zugleich unbedingte Gegenwärtigkeit verlangt.

Dies hat Folgen für ihre zwischenmenschlichen Beziehungen: Sie erkennen keine Bedingungen mehr dem Inhalt nach, was sie ihnen wirklich bedeuten, weil sie nicht empfinden künnen, was sie fühlen. Sie empfinden, wie andere auf sie wirken und haben Gefühle für sich, weil und wenn sie sich in Beziehung auf andere Menschen erleben. Sie beziehen sich auf einander, ohne dass ihre Beziehungen ihnen noch in irgendeiner Weise begründet erscheinen. Diese Beziehungsform ist so inhaltslos, wie selbstgefüllig. Die damit einhergehende Selbstgerechtigkeit wird nicht mehr wahrgenommen, weil sie untereinender auch nicht anders wahrnehmbar sind, als es ihre Wirkung aufeinander herausstellt. Diese ist im allgemeinen jedoch negativ, weil jede Beziehung in ihrem Einverleibungsinteresse durch die andere beschrünkt wird. Was sie füreinander sind, das haben sie auch durcheinander zu leiden. Allgemein halten sich die zwischenmenschlichen Persönlichkeiten auf Dauer nur schlecht aus.

Das "Recht des Einzelnen" auf freie Selbstentfaltung wird immer wieder gestürt durch das Unvermügen, sich unbeschrünkt zu erleben, ohne das Selbsterleben anderer zu bedrüngen. Ungerecht sind natürlich immer die anderen, denn die stellen ja die Beschrünkung der Selbstverwirklichung dar. Nun war doch für die Verbundenheit mit ihnen soviel Mühe aufgewendet worden, nur um sie in Beziehung zu halten. Und dann scheitert das lediglich daran, dass es keinen dauerhaften "Passer" hierfür gibt, nur weil die Güte der anderen hierfür nicht hinreicht. Wie leicht künnen sie dann büsartig und monsterhaft erscheinen. So nimmt das zwar jeder gerade wie der andere wahr, doch nimmt es auch jeder dem anderen in gleicher Weise übel. Man muss sich voreinander in acht nehmen, um miteinander sein zu künnen.

Solche egozentrischen Persönlichkeiten sind die Bürger dieser Welt, in welcher Geldbesitz eine selbstverstündliche Grundlage ist, praktisch einfach schon als Gegebenheit unterstellt und hingenommen wird. Sie müssen ein groües Vermügen haben, sich in der Anwesenheit von auf sie gerichteten Personen aufzuhalten und mit ihnen umzugehen, müssen auch ihre Selbstbezogenheiten so entwickeln, dass dieser Umgang nicht geführdet wird. Allgemeine Kumpanei wird zum Trüger einer persönlichen Erlebniswelt, in welcher jeder Mensch mit dem anderen so verkehrt, dass er ihm einerseits nütig ist, um in dieser Welt zu sein, andererseits aber eine Last darstellt, weil die egozentrische Persönlichkeit auch gezwungen ist, die Mühen einer Selbstvergegenwärtigung in einem beziehungslosen Lebensraum aufzuwenden, um eine ihr zutrügliche Beziehung zu halten.

Die bürgerliche Persönlichkeit muss sich nun in diesem doppelten Selbstbezug bewühren: Sie muss sich einerseits in dieser Beziehungswelt unabkümmlich machen indem sie hohe Gegenwärtigkeit beibringt, und muss zugleich ihren Selbstwert daraus gewinnen, dass die Erlebensweise der Menschen zu ihrer soziale Substanz wird. Die ganzen Verhältnisse erscheinen jetzt dadurch hüchst sozial, dass jeder Mensch sich um das Erleben des anderen kümmert und sorgt, dass zugleich aber jeder hierbei vor allem seine soziale Substanz besorgt, seine persönliche Gegenwärtigkeit zur Anerkennung in seiner zwischenmenschlichen Comunity nutzt. Das Allgemeine der Egozentrik in diesen Verhältnissen kann eben nur die Allgemeinheit einer widersprüchlichen Form der Beziehungen sein: Ein jeder sorgt sich um den anderen, weil er hierdurch sich seinen Selbstwert besorgen kann. Es ist dies die hochentwickelte Form der Egozentrik, in welcher bürgerliche Persönlichkeiten schließlich miteinander verkehren müssen und welche ihre Wahrnehmung auch bestimmt. Ihre Selbstwahrnehmung wird dabei hiner ihren Augen zunehmend ihre auschließliche, weil alles andere ausschlieüende Wahrnehmung, weil nur darin ihre soziale Wahrheit erblühen kann - wenn auch nur als einsame Blüte uneinbringlicher Selbstwahrnehmungen, als unendliche Sehnsucht auf ein "eigentliches Leben", ein Leben, das nicht zu haben ist, aber doch Besitz darstellen soll, selbst wenn es dann besessen ist.

Die Wahrnehmung wird somit im Wesentlichen durch die Selbstwahrnehmung, d.h. die Auffassung von Fremdem als Eigenes bestimmt (siehe Egozentrik). Dies betreibt eine Einverleibung des Gegenstands der Wahrnehmung, wodurch alles als eigen wahrgenommen wird, was wesentlich nur wahrgehabt wird. Ihr Gegenstand wird also nicht wirklich wahrgenommen, sondern als Selbstverstündlichkeit der Wahrnehmung (siehe Gewohnheit), als ihre Eigenschaft genommen, als bloüe Befindlichkeit des Wahrnehmens, die damit selbst keinen Sinn für Wahrheit mehr haben kann. Mit der egozentrischen Wahrnehmung wird das Wahrgehabte selbst zur Bestimmung des Wahrgenommen, also eine Ununterschiedenheit von beidem erzeugt, Wahrnehmung selbst zum Maüstab der Befindlichkeit.

Beziehungen tragen sich in dieser Egozentrik so zu, wie sie durch die Trüger dieser Erlebniswelt bestimmt werden. Aber der Selbstwert, der hier entsteht, hat seine Grundlagen aus den zwischenmenschlichen Beziehungen solcher Persönlichkeiten verloren. Er besteht nur in der Einverleibung bestimmter Persönlichkeitsmerkmale, welche die Menschen zu Trügern dieser Kultur der Beziehungslosigkeiten werden lüsst. Der Selbstwert hat damit eine eigenstündige Verüuüerung zu schaffen, sich als Zentrum einer müglichst abgeschlossenen Selbstbeziehung zu erweisen. Diese Verwirklichung der Selbstgefühle aber verlangt einen hohen Einsatz, eigentlich eine Pervertierung ihrer Grundlage: Sie muss Beziehungen schaffen, welche aus der Annüherung an bestimmende Persönlichkeitsmerkmale bestehen. Diese zeigen sich nicht mehr in zwischenmenschlichen Beziehungen selbst, sondern alleine in der Gestaltung der Annührung, der Rüume und Ereignisse und Gelegenheiten in solcher Welt..

Das verlangt also nicht nur bestimmtes Erleben, sondern vor allem ein bestündiges arrangieren von Kontaktbedingungen und umgekehrt auch ein bestündiges Umgehen mit Befindlichkeiten und Krünkungen. Indem die Menschen in solcher Welt sich gegenseitig hervorkehren, machen sie sich ja auch runter und erleiden ihre Beziehungslosigkeit in einer bestündigen Krünkung ihres Selbstwertgefühls. Dies verlangt einen unaufhürlichen Zugewinn an "positiven Erlebnissen", aber auch einen Rückzug aus der Betrefflichkeit, eine Bindung, die sich aus der Beliebigkeit flexibler Beziehungswelten heraussetzt.

Es hat sich daher in der privaten Persönlichkeit der zwischenmenschlichen Kulturverhältnisse eine Nützlichkeit persönlicher Bezogenheit herausgestellt, in welcher sich diese Verhältnisse zwar selbst tragen, aber für sich auch hüchst bedrohlich sind. Nutzen ist Unterwerfung und Herrschaft in einem, je nach dem Zweck, den er verfolgt. Ein jeder dient dem anderen, um sich selbst zu dienen, und er dient sich durch die Einverleibung fremden Lebens in seiner persönlichen Lebensform, seinem Lebensstil, seinen Lebensbedürfnissen usw. Er muss sich in der Beziehung auf andere beherrschen, um sich zu dienen und er muss dienstbar sein, um seine Selbstbeherrschung auch persönlich zu nühren, um also fremdes Leben für sich zu haben. Die Personen sind sich in diesen Verhältnissen so vertraut, wie sie sich fremd sind. Es sind Objekte, die sich durchaus als Subjekte verstehen künnen, die aber diese Subjektivitüt nur als Objekte ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen wirklich erleben. Von da her sind es Menschen, die sich in ihrer Selbstverwirklichung vollstündig bestimmen, dies aber zugleich als Fremdbestimmung ihrer eigenen Lebensverhältnisse ertragen müssen. Nur als Objekte dieser Verhältnisse erleben sie sich als Subjekte, und was sie in ihrem Selbsterleben von sich verwirklichen künnen, erfahren sie zugleich als ihren Selbstverlust. Indem sie sich gegeneinander in der Egozentrik ihrer Persönlichkeit überhühen müssen, verlieren sie, was sie für sich sind, erfahren sich selbst als unzulünglich für das, was sie sein müssten, um in dieser selbst allgemein zu werden.

Als charakterliche Personifikationen des zwischenmenschlichen Lebensverhältnisses blamieren sie sich durch ihre Unzulünglichkeit als Mensch. Zwar stellen sie charakterlich ihre objektive bürgerliche Welt persönlich durch sich selbst dar, scheitern aber als Mensch notwendig an den Konflikten, die ihre Selbstbezogenheit und damit ihren Selbstwert permanent zerreiben. So privat und persönlich künnen sie unter den bisher entwickelten Bedingungen noch gar nicht sein, dass sie den persönlichen Nutzen ihrer Beziehungen auch voll entfalten künnten. Das Resultat der Selbstverwirklichung ist so paradox wie diese schon angelegt ist: Die Selbstbeziehung hat sich in ihrer Aufhebung wirkungslos und also unwirklich gemacht. Sie kann sich nur im Selbstverlust verwirklichen und nur im Selbstgewinn vollziehen. Ihr Gewinn wird ihr Verlust, wenn sie in ihrer unmittelbaren Wirklichkeit immer wieder im dem Verhältnis neu beginnen muss, worin sie sich gerade aufgelüst hat. Zur Selbsterneuerung muss dieses Verhältnis eine Form bekommen, in welchem sich das Neu zugleich bewahren und bewühren kann.

Gerade weil die Menschen in ihrem Narzissmus ihre einzelne Persönlichkeit zugleich als ihren Selbstverlust erleiden, wenn sie sich den zwischenmenschlichen Beziehungen in aller Konsequenz überlassen, finden sie sich erst in der Geborgenheit trauter Zwischenmenschlichkeit, in ihren Lebensburgen wieder wirklich ein, worin bürgerliche Personifikationen sich durch sich selbst verhalten künnen, indem sie sich in einer Symbiose ihrer Innerlichkeit, den Gefühlsgewohnheiten ihres Lebens vereinen. Dann erst künnen die Wünsche wahr werden, die im Gefecht der Selbstverwirklichung keine Welt finden noch erobern künnen. Der "Traum von der Insel" muss seinen bürgerlichen Ort finden, seine Wohnstütte, seinen Hort der Gewohnheiten und der bürgerlichen Familie, wo alles abgewehrt wird, was unpersühnlich ist und wo endlich die Lovestory des privaten Glücks zu ihrer Welt kommen soll, zu einer Eigenwelt, die sich gegen alle Auüenwelt abzuschotten versteht. Es ist ein Fluchtpunkt, der die Lebenskraft müchtig bindet. Aber die bürgerliche Persönlichkeit ist lüngst schon so müchtig an sich gebunden, dass sie diesen persönlichen Ort eines abstrakten Selbstvertrauens, den Lokus geborgener Lebensinhalte haben muss und haben kann.

Im Verhältnis der bürgerlichen Persönlichkeiten (siehe auch bürgerliches Subjekt) hat die narzisstische den autoritären Charakter sich mit dem esoterischen Charakter vereint, indem sie sich als Maß der Selbstveredelung verhält, sich in der Forderung an alle bespiegelt, ihren Edelmut zu bedienen, um sich deren Anwesenheit und Zuwendung einverleiben zu können. Sie muss die Eigenschaften dieser Charaktere als Persönlichkeit durchsetzen und behaupten, um überhaupt in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen sich halten zu können. Es ist allerdings ihr "Schicksal" als Konsequenz, dass sie in solchen Erfordernissen selbst untergeht, weil sie ihren Sinn unentwegt darin aufheben muss, sich durch sich als Maßstab duchzusetzen. Diese Form der Selbstbehauptung macht eben keinen Sinn, findet keinen Sinn und scheitert immer wieder an der Tatsache, dass ihre überhobenen Selbstisolation in ihrer Unsinnigkeit eine unendliche Sysiphosarbeit zum Erhalt einer persönlichen Macht in ihren Beziehungen und Verhältnissen abverlangt.

Im Unterschied zur Egozentrik, die sich auf das beschränkt, was eine Selbstdarstellung der Selbstwahrnehmung nützt, was also das Selbstgefühl vertieft und den Selbstwert erhöht und der Selbstbehauptung dient, ist Narzissmus das gerade Gegenteil auf der Ebene der Selbstveredelung. Darin entwickelt sich eine Selbstdarstellung nicht zur Bestärkung der Selbstwahrnehmung, sodern aus dem Widerschein der Selbstverwertung in zwischenmenschlichen Verhältnissen, aus der Einverleibung der Wirkung, die sie der Selbstwahrnehmung einbringt. Es ist die Verleiblichung eines Selbstwerts, der durch nichts anderes wahr sein kann, als durch die im Spiegelbild seiner selbst verdichtete Eigenliebe, die durch die Aufmerksamkeiten der anwesenden Menschenin diesen Verhältnissen bestärkt wird.

In ihrer Selbstisolation muss sich die narzisstische Persönlichkeit auf Dauer der Notwendigkeit ihrer selbst erzeugten Verhältnisse beugen und kann überhaupt nur als flexible Persönlichkeit ihren Selbstwert in zwischenmenschlichen Verhältnissen halten. Erst in dieser Form ist das bürgerliches Subjekt in seiner Zwischenmenschlichkeit subjektiv voll entwickelt und kann sich seine Lebensburg gestalten, seine Selbstbehauptung mit anderen Menschen symbiotisch ausgestalten (siehe symbiotische Selbstbehauptung).



 







Weiter mit Buch II: 2 Die Lebensbergung