"Der Arbeiter wird um so ärmer, je mehr Reichtum er produziert, je mehr seine Produktion an Macht und Umfang zunimmt. Der Arbeiter wird eine um so wohlfeilere Ware, je mehr Waren er schafft. Mit der Verwertung der Sachenwelt nimmt die Entwertung der Menschenwelt in direktem Verhältnis zu. Die Arbeit produziert nicht nur Waren; sie produziert sich selbst und den Arbeiter als eine Ware, und zwar in dem Verhältnis, in welchem sie überhaupt Waren produziert." (MEW 40, Seite 511)" "In dem Maße, wie die Arbeit sich gesellschaftlich entwickelt und dadurch Quelle von Reichtum und Kultur wird, entwickeln sich Armut und Verwahrlosung auf seiten des Arbeiters, Reichtum und Kultur auf Seiten des Nichtarbeiters." (MEW 19, Seite 16) Armut ist ein Leben der Demütigung, enteignetes Leben, das seinen Reichtum entäußern muss, um darin sein zu können, ist ein Leben im Dasein außer sich. Armut setzt den Reichtum voraus, den es produzieren muss, das den Vorschuss seiner Äußerungen als Lebensbedingung seiner Kraft erfährt (siehe hierzu Kapitalismus). Armut entsteht mit der Verfeinerung und Einteilung, mit der Isolation und Spezilsierung der Bedürfnisse nach dem Ausmaß des Möglichen, mit der Auftrennung seines gesellschaftlichen Vermögens in Teile, die nurmehr als ein abstraktes Ganzes, als ein abstrakt Allgemeines reich sein können und im Großen und Ganzen davon bestimmt sind, dass dieses in ihnen und durch sie in beliebige Privatheiten zerfällt. Solche Abstraktion herrscht solange über die Teile, wie diese keinen konkreten Zusammenhang für sich finden (siehe Ohnmacht). Damit setzt sich deren Formbestimmung durch, wie sie schon im Prinzip der Fremdherrschaft "Teile und herrsche" formuliert worden war. Dieses will Ganzes partialisieren (siehe hierzu auch Teilung der Arbeit), dessen Inhalt in unendlich vielen Zellen zerstäubt und entkräftet und von daher unwirksam, unwirklich wird. "Der tiefste Niederschlag der relativen Überbevölkerung endlich bewohnt die Sphäre der Armut. Abgesehen von Obdachlosen, Verbrechern, Prostituierten, kurz dem eigentlichen Lumpenproletariat, besteht diese Gesellschaftsschicht aus drei Kategorien: Weil die Menschen isolert von einander ihren Zusammenhang nurmehr in einem existenziellen Vakuum erträumen können, wird dieser schließlich in seiner Abstraktion, in der abstrakten Allgemeinheit seiner Wertschätzungen vom Geld der Geldbesitzer zusammengeklaubt und als gesellschaftliche Macht gegen die Menschen, gegen die hieraus ergangene Isolation ihrer Entfremdung, in ihrer abgetrennten Einseitigkeit, der Armut ihrer gesellschaftlichen Isolation durchsetzen. "Das Kapital (hat) ... ebenso sehr die Tendenz diese Armutsbevölkerung zu schaffen als aufzuheben. Es wirkt in entgegengesetzter Richtung, wo in der Zeit bald das eine, bald das andere das Übergewicht hat." (K. Marx, MEW 42, Grundrisse, 503). Armut lässt sich daher nicht auf das Problem einer Verteilungsgerechtigkeit reduzieren. Sie ist nicht einfach ein Manko, das Fehlen, bzw. die Abwesenheit von Geld, sondern die Abstraktion von Reichtum, abgezogener Reichtum, Vereinseitigung, Isolation. Menschen sind nicht arm, wenn sie weniger als andere haben. Auch wenn sie weniger haben, können sie dennoch reich an Leben, Sinnesfreude, Genuss sein - manchmal sogar gerade dadurch. Sie sind arm, wenn und weil sie verarmt sind, weil sie aus einem reichhaltigen Leben isoliert wurden, weil sie aus dem Zusammenhang abgetrennt wurden, in welchem sie ihr Leben erzeugen und führen. "Der Arbeiter wird um so ärmer, je mehr Reichtum er produziert, je mehr seine Produktion an Macht und Umfang zunimmt. Der Arbeiter wird eine um so wohlfeilere Ware, je mehr Waren er schafft. Mit der Verwertung der Sachenwelt nimmt die Entwertung der Menschenwelt in direktem Verhältnis zu. Die Arbeit produziert nicht nur Waren; sie produziert sich selbst und den Arbeiter als eine Ware, und zwar in dem Verhältnis, in welchem sie überhaupt Waren produziert. ... In der Bestimmung, daß der Arbeiter zum Produkt seiner Arbeit als einem fremden Gegenstand sich verhält, liegen alle diese Konsequenzen. Denn es ist nach dieser Voraussetzung klar: Je mehr der Arbeiter sich ausarbeitet, um so mächtiger wird die fremde, gegenständliche Welt, die er sich gegenüber schafft, um so ärmer wird er selbst, seine innre Welt, um so weniger gehört ihm zu eigen. Es ist ebenso in der Religion. Je mehr der Mensch in Gott setzt, je weniger behält er in sich selbst. Der Arbeiter legt sein Leben in den Gegenstand; aber nun gehört es nicht mehr ihm, sondern dem Gegenstand. Je größer also diese Tätigkeit, um so gegenstandsloser ist der Arbeiter. Was das Produkt seiner Arbeit ist, ist er nicht. Je größer also dieses Produkt, je weniger ist er selbst. Die Entäußrung des Arbeiters in seinem Produkt hat die Bedeutung, nicht nur, daß seine Arbeit zu einem Gegenstand, zu einer äußern Existenz wird, sondern daß sie außer ihm, unabhängig, fremd von ihm existiert und eine selbständige Macht ihm gegenüber wird, daß das Leben, was er dem Gegenstand verliehn hat, ihm feindlich und fremd gegenübertritt." (MEW 40, Seite 511) Der Reichtum, welcher Armut erzeugt, den arbeitenden Menschen zum Proleten macht, wirkt als Lebensbedingung (siehe Geldbesitz) und widerspricht sich selbst, weil er nur durch seine Entfremdung vom wirklichen Lebensprozess Reichhaltigkeit vorgeben kann und nur dadurch sich entfaltet, dass er Armut ausbeutet, durch seine formbestimmende Macht aus seiner abstrakten Lebenswirklichkeit den Stoff seiner Verwirklichung bezieht. "Es wird sich ... zeigen, daß die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewußtsein besitzen muß, um sie wirklich zu besitzen. Es wird sich zeigen, daß es sich nicht um einen großen Gedankenstrich zwischen Vergangenheit und Zukunft handelt, sondern um die Vollziehung der Gedanken der Vergangenheit. Es wird sich endlich zeigen, daß die Menschheit keine neue Arbeit beginnt, sondern mit Bewußtsein ihre alte Arbeit zustande bringt." (MEW 1, S. 346) Arme Menschen leben das von ihrem natürlichen Zusammenhang ausgeschlossene, das durch Isolation abhängig gemachte Leben, das nach Mitteln verlangt, die lebensnotwendig sind, weil ihre Vermittlung zur Lebensbedingung geworden war (z.B. Lebensmittel in Warenform, Kommunikations- und Verkehrsmittel in der Stadt). Dadurch, dass Arme nicht in der notwendigen Vermittlung stehen können, gehen sie in ihrem eigenen Lebenszusammenhang unter, sind an ihrem Leben verarmt. Das kann sich in Geldform darstellen, soweit Geld als Kaufmittel einen Lebenszusammenhang darstellt, der von seinen gesellschaftlichen Beziehungen isoliert wurde, - aber auch in den Lebensverhältnissen selbst, z.B. in Krankheiten, Lebenserwartungen, Ziele, Hoffnungen usw. "1998 lebte ein Fünftel der Bevölkerung von weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens. Die Zahl der Einkommensmillionäre wird auf 13.000 Personen beziffert. Dagegen leben 2,88 Millionen Menschen von Sozialhilfe. In ganz Deutschland stieg die Zahl der überschuldeten Haushalte von 1994 bis 1999 um 30 Prozent auf rund 2,8 Millionen. Damit standen sieben Prozent der Haushalte in der Kreide. Grundsätzlich gelten solche Menschen als arm, die nicht aus eigener Kraft angemessen leben können. Was als angemessen angesehen wird, hängt von den Lebensbedingungen in einer Gesellschaft ab, und was diese als Mindestbedarf ansieht. Die Europäische Kommission hat 1981 die relativen Armutsgrenzen festgelegt, danach ist arm, wessen Einkommen nur 50 Prozent oder weniger des durchschnittlichen Haushaltseinkommens beträgt. In Deutschland wird statt der Einkommens- die Sozialhilfestatistik herangezogen. Aus diesen Zahlen fallen allerdings all diejenigen heraus, die keine Sozialhilfe beantragen, sondern sich auf anderem Wege über Wasser halten. Je nach Definition galten laut dem ersten Armutsbericht der Bundesregierung im Jahr 1998 zwischen 6,6 und 20 Prozent der westdeutschen Bevölkerung (ohne Ausländer) als einkommensarm. Dies waren 3,9 bis 11,9 Millionen Menschen. Im Osten waren es 0,5 bis 1,8 Millionen. Dies entspricht 2,8 bis 11,9 Prozent." (WDR 1998) Armut ist nicht ein Versagen gegen die Reichtumsbildung, sondern der Entzug von Reichtum, die zum Unvermögen gemachte Abtrennung von einem geschichtlich erworbenen Reichtum an gesellschaftlichem Vermögen. Armut ist die vollständige, die totalisierte Isolation von Individuen in einer Gesellschaft der totalisierten Privatisierung von Vermögen, das zu gesellschaftlichem Unvermögen geworden ist. Armut ist ein Zustand des Mangels gegenüber dem eigenen Sein, Mangel an Mitteln zum kulturellen oder stofflichen Selbsterhalt oder für selbstverständliche Gewohnheit. Sie hat nichts zu tun mit Reichtum an Werten; sie ist kein Mangel hieran, kein Verteilungsproblem hiervon, nur scheinbar ein Geldproblem. Niemand ist arm, wenn er nicht so viel Geld hat, wie andere. Und Armut ist auch nicht das Gegenteil von Reichtum; sie ist dessen Produkt, das Produkt eines unendlichen Verwertungstriebs. Sie ist das Leiden an der gesellschaftlichen Macht eines abstrakten Vermögens, eines Vermögens an Werten, die alles bestimmen und isolieren (siehe Realabstraktion), das heißt: abtrennen und partialisieren bzw. parzellieren. Armut ist das an Menschen exekutierte Resultat des Widerspruchs von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung, die in der Macht und dem Maßstab des Privatbesitzes sich gegen den gesellschaftlichen Zusammenhang der Menschen durchsetzt. Ihre Wirtschaftskraft kehrt sich darin als aufgehäuftes Geld, als Kapitalformation gegen sie. Letztlich ist es gerade die fortgeschrittene Produktivität, also das Wirtschaftswachstum, das durch das Wertwachstum den Menschen entzogen wird und sie aus dem Arbeitsprozess entfernt bzw. reduziert (siehe Arbeitslosigkeit) und auf diese Weise Armut - das ist relative Überbevölkerung - erzeugt. Wäre der Lebenszusammenhang der Menschen ihr wirklich gesellschaftliches Lebensverhältnis, so würde ihr Reichtum darin bestehen, dass sie ihre Not darin aufheben und eine Vielfalt an Lebenswirklichkeiten entwickeln. Doch Geld bestärkt nur den Geldbesitzer und diktiert dem Unvermögenden, besitzlosen Menschen, wie er zu leben hat. Als allgemeines Kaufmittel ist es immer das Subjekt der Marktwirtschaft und vermehrt sich dadurch, dass es die Menschen zur Vermehrung seiner Macht nutzt, die arm sind deshalb von jeder wirklichen Bereicherung ausgeschlossen sind, weil sie nur durch den Verkauf von allem was sie haben (Ressourcen, Arbeitskraft, Monokultur) leben können. Nur durch Armut kann sich Geld als Reichtum an Privatvermögen gesellschaftlich versichern und vermehren, weil es aus der Verrohung zehrt: "Das rohe Bedürfnis des Arbeiters ist eine viel größere Quelle des Gewinns als das feine des Reichen. Die Kellerwohnungen in London bringen ihren Vermietern mehr ein als die Paläste, d.h., sie sind in bezug auf ihn ein größrer Reichtum, also, um nationalökonomisch zu sprechen, ein größrer gesellschaftlicher Reichtum. Und wie die Industrie auf die Verfeinerung der Bedürfnisse, ebensosehr spekuliert sie auf ihre Roheit, aber auf ihre künstlich hervorgebrachte Roheit, deren wahrer Genuß daher die Selbstbetäubung ist, diese scheinbare Befriedigung des Bedürfnisses, diese Zivilisation innerhalb der rohen Barbarei des Bedürfnisses." (Karl Marx in MEW 40 S. 551). Armut setzt ein ganzes Lebensverhältnis voraus, eine bestimmte Gesellschaft, welche auf dem Zusammenhang der Menschen darin gründet, das es Reichtum nur in Geldform vergesellschaftet (siehe Entfremdung). Ein Bauer kann sich in einer Agrargesellschaft zur Not auch ohne Geld am Leben halten, nicht aber, wenn alle Verhältnisse durch Geld bestimmt sind. Desgleichen ein Dschungelbewohner oder ein Landarbeiter, der umso ärmer wird, je vollständiger sein Land zur Monokultur gezwungen wird. Die Vereinseitigung der Arbeit ist das Prinzip ihrer Verwertung, ihre Isolation zugunsten einer Produktivkraft, die nicht den Menschen gehört, sondern vom Kapital bestimmt ist und ihnen daher ihr Mehrprodukt entzieht und sie selbst zu einer Kapitalreserve bestimmt. "Die für das Kapital frei verfügbare Arbeitskraft wird durch dieselben Ursachen entwickelt wie die Expansivkraft des Kapitals. Die verhältnismäßige Größe der industriellen Reservearmee wächst also mit den Potenzen des Reichtums." (K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 673). Der gesellschaftliche Zusammenhang macht die vielfältigen Verbindungen und Prozesse im Leben der Menschen aus. In der Abstraktion hiervon in der Form von Geld und Kapital besteht er als Gewalt des Geldzusammenhangs, der die Menschen zwingt, aus ihrer Isolation heraus sich über Geld in Gesellschaft zu versetzen. Geld muss man haben und deshalb erwerben. Man muss es nicht erwerben, weil man es haben will; man will es haben, weil es Gesellschaft verkörpert und das "gesellschaftliche Faustpfand" ist. Unter dieser Bedingung ist jede Arbeit nur bedingt gesellschaftliche Arbeit; jede isolierte Teilarbeit wird zum reinen Selbsterhalt verrichtet, gleichgültig, was sie wirklich erzeugt. So hat der Bauer wie der Kloputzer wie die Nutte wie der Redakteur eines Boulevardblattes und auch jeder Bankangestellte eben nur das, was er zum Gelderwerb hat, was ihm Geld bringt - seine Arbeitskraft. Die Abhängigkeit von einem Zusammenhang des Geldes macht jeden Menschen zu seinem Objekt und versetzt ihn in die Abhängigkeit eines Ganzen, das ihn auch bestimmt und ausnutzt und ihn sagen, schreiben und tun lässt, was er nicht unbedingt sagen, schreiben und tun will. Je mehr Geld in einer Gesellschaft zirkuliert, je abstrakter also eine Gesellschaft vermittelt ist, desto seltener wird sich der Zufall ergeben, dass sein Sagen, Schreiben und Tun, das er für Geld äußert, ihm noch wirklich entsprechen kann. Letztlich dient ja jeder Inhalt der Allgemeinform des Zusammenhangs, welche die Form seiner Entfremdung von sich und den Menschen ist. So ist er schon arm, bevor er seine Arbeit beginnt und er bestätigt bloß seine Armut, indem er seine Arbeit macht - je reicher die Gesellschaft an Geld, desto ärmer ist er von vornherein. Seine faktische Erpressung geschieht über den Markt und wird dort betrieben und verschärft durch die Konkurrenz der hiervon Abhängigen, die gegenseitig ihren Wert auf das unterst mögliche Niveau drücken. Nicht ein bestimmter Mensch, auch kein böser Einzelkapitalist, sondern der Markt ist der Ort seiner Ausbeutung, hinter der allerdings eine gigantische Geld- und Finanzwirtschaft steht. Das Ganze wird nie wirklich arm, wenn und weil es immer den isolierten Einzelnen gibt: Jeder, der Geld hat, beutet den aus, der keines hat, weil es normal ist, weil es "sonst andere tun würden" oder weil "die Preise nun mal so sind". Daher gibt es Arme wie Reiche in jeder Gesellschaft, wo Geld zur allgemeinen Lebensgrundlage geworden ist. Auch in den reichsten Gesellschaften grassiert die Armut und sie wächst im selben Maß, wie die Vereinseitigung und Privatisierung des gesellschaftliche Reichtums. Der gesellschaftliche Reichtum hat in der bürgerlichen Gesellschaft seinen Nennwert im Mehrprodukt und vermittelt sich hieraus als feste Wertgröße. Je reicher die Geldbesitzer damit werden, desto geringer wird daher ihre Anzahl und desto mehr Menschen buhlen um die Stelle, wo etwas hiervon abfällt. Der private Reichtum wird lediglich beschränkt durch eine Staatsfürsorge, die sich mit der Aufgabe und Pflege der gesellschaftlichen Befriedung befasst, solange Geld hierfür da ist, solange also keine Krise herrscht. Auch Gesellschaften, die vollständig auf der Arbeit anderer Gesellschaften beruhen (Dienstleitungsgesellschaften) können Geld nur nach Maßgabe seines Wertes im Bezug auf das Ganze ihrer Gesellschaft, hier also die Herkunft des Geldes aus Exportgeschäft (siehe Devisenmarkt) und niedrigem Stücklohn, "verteilen". Selbst wo Arbeit fast unnötig erscheint um den gesellschaftlichen Reichtum zu entwickeln, weil er durch die (Maschinen-)Geschäfte mit armen Ländern entwickelt wird und Hochtechnologie effektiv weniger Arbeitszeit braucht, wie sie erheischen muss, um ihre Produktion im Gang zu halten und durch Lohnpolitik die Krise im Schach zu halten, muss Armut bestehen, um die Arbeitskraft zum Schleuderpreis existieren zu lassen, um jede besitzlose Existenz zum Zweck einer allgemeinen "Lebenskosteneffizienz" zu bedrohen. Nirgendwo wird der Verarmungsfaktor deutlicher als bei den Mietkosten im Verhältnis zum allgemeinen Reichtum (siehe Grundrente). Hier zeigt sich der Wert, den ein Objekt hat, nur als Bewertung seiner Nutzbarkeit für die Verwertung selbst (siehe Verkehrswert) und so zeigt sich auch das fatale Resultat des Wertverhältnisses als Bereicherung der Wohnungsbesitzer durch Besitzlose, damit am Verbleib eines immer kümmerlicher werdenden Lebensstandards der Lohnabhängigen und an der Ausgrenzung "wertlos" gewordener Menschen (siehe Randgruppen). Der Reichtum der bürgerlichen Gesellschaft beruht darauf, dass er allgemein nur als Kapital besteht, welches im Produktionsprozess gewonnen wird (siehe Logik des Kapitals). Für die einzelnen Menschen, die nicht Besitzer von Produktionsmittel sind, bedeutet dieser Reichtum ihre Armut, da sie ihm nur als Besitzer eines Arbeitsvermögens gegenübertreten können, das sich ihm andienen und zur Nutzung überlassen muss. Im Kapitalismus ist die Armut eine Notwendigkeit für die Preisbildung der Arbeitskraft. Sie wird in dem Ausmaß vergrößert, in dem sich auch der Reichtum an Kapital vermehrt, weil dieses nichts anderes als die dem Menschen entzogene Kraft ist (siehe auch Entfremdung). Armut ist die Bestimmung des Proletariats, das durch kulturelle Verwerfungen (Fremdarbeit) zunehmend auch von den Inhalten seiner Arbeit und ihrer Gesellschaftlichkeit entfremdet wird und hierdurch substantiell sich nicht mehr als Reichtum erzeugendes Subjekt in einer bestimmten Gesellschaft verstehen kann. Das Proletariat erscheint daher vorwiegend nur noch objektiv in der Armut, in der Bewertung seines Vermögens. Aber es dient nicht mehr nur als vom Kapital bestimmter Produzent, sondern auch subjektiv als Konsument bestimmungsloser, sinnentleerter Güter. Indem so auch seine Kultur vom Kapital bestimmt ist, produziert er die Gleichgültigkeit, die er auch zu konsumieren hat (siehe auch Tittytainment). Darin kann er sich nur noch zwischenmenschlich gültig machen als Mensch, der seine gesellschaftliche Nichtigkeit durch eine übermenschliche Körperlichkeit negiert. Diese erscheint so sinnlich, wie sie Sinnlichkeit zerstört (siehe Selbstentleibung). Wo Menschen keinen Sinn für ihr Leben finden und haben wird Armut total, zerstört sich ihr Geist in seelischer Verwahrlosung. Das ist der Grund, warum sich die Armut einer Reichtum produzierenden Gesellschaft tief in die Seelen der Menschen hinein fortsetzt, oft nur darin überhaupt noch zu vermerken ist. "Das Proletariat beginnt erst durch die hereinbrechende industrielle Bewegung für Deutschland zu werden, den nicht die naturwüchsig entstandne, sondern die künstlich produzierte Armut, nicht die mechanisch durch die Schwere der Gesellschaft niedergedrückte, sondern die aus ihrer akuten Auflösung, vorzugsweise aus der Auflösung des Mittelstandes, hervorgehende Menschenmasse bildet das Proletariat, obgleich allmählich, wie sich von selbst versteht, auch die naturwüchsige Armut und die christlich-germanische Leibeigenschaft in seine Reihen treten." (MEW 1, Seite 390)
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