"Die besitzende Klasse und die Klasse des Proletariats stellen dieselbe menschliche Selbstentfremdung dar. Aber die erste Klasse fühlt sich in dieser Selbstentfremdung wohl und bestätigt, weiß die Entfremdung als ihre eigne Macht und besitzt in ihr den Schein einer menschlichen Existenz; die zweite fühlt sich in der Entfremdung vernichtet, erblickt in ihr ihre Ohnmacht und die Wirklichkeit einer unmenschlichen Existenz. Sie ist, um einen Ausdruck von Hegel zu gebrauchen, in der Verworfenheit die Empörung über diese Verworfenheit, eine Empörung, zu der sie notwendig durch den Widerspruch ihrer menschlichen Natur mit ihrer Lebenssituation, welche die offenherzige, entschiedene, umfassende Verneinung dieser Natur ist, getrieben wird. Innerhalb des Gegensatzes ist der Privateigentümer also die konservative, der Proletarier die destruktive Partei. Von jenem geht die Aktion des Erhaltens des Gegensatzes, von diesem die Aktion seiner Vernichtung aus." (MEW 1, Seite 37) Besitz kommt von Besetzen und ist die Rechtsform (siehe hierzu auch Recht) eines Eigentumstitels an einer besessenen Sache, ein politisches Verfügungsrecht als formale Bestimmung einer ausschließlichen Sachbezogenheit, ein Synonym für den Begriff Privateigentum. Im bürgerlichen Recht wird dies unter dem Begriff "Eigentum" behandelt, so dass dort Besitz die praktische Zurhabenahme, also das Gebrauchs- und Verbrauchsrecht für eine Sache meint, nicht aber die ausschließliche Form der Verfügungsgewalt als solche, welche die Enteignung aller anderen Besitzer impliziert. Die Unschärfe der Begriffef "Eigentum" und "Besitz" führt zu Missverständnissen, wenn Gebrauchsrecht und Verbrauchsrecht unterschiedlos begriffen wird. Daraus entstand die absurde Positition von Proudhon, dass Eegntum selbst schon einen Diebstahl darstelle und deshalb frei zu besetzen wäre. Eigentum verweist lediglich auf die Form der Herstellung von Eigenem, die Produktionsform aus den Eigenheiten der Menschen, ihre Äußerungsform, die auch deren Verbrauch einbezieht. Hiergegen ist Besitz nur der ausschließliche Rechtstitel, der Eigentumstitel des bürgerlichen Rechts. Nur unter dieser Bedingung kann es feststellen, dass Eigentum gesellschaftlich verpflichtet. Und unter derselben Bedingung kann es von dem durchbrochen werden, der es vebraucht, weil er das private Recht hierzu hat. Der Begriff "Besitz" war ursprünglich Kriegsgewinn, besetztes Gebiet, das Könige an ihre Lehnsherren als Landbesitz zur Bewirtschaftung und Kontrolle der Leibeigenen vergaben. Der Tausch von Ländereien und Anbauprodukten hatte zu dieser Zeit vorwiegend nur Nutzen für die politische Macht des Lehnsherren. Besitz ist also ursprünglich ein militärischer Begriff und kommt von Besetzen einer Sache, die hierdurch unverändert sachlich bleibt. Die Befestigung der Marktflecken war die historische Begründung des Bürgertums. Bedingung hierfür war Militär, das die Märkte sicherte und zugleich die Funktion von Polizei bekam. Sie garantierten die Sicherheit der Warenbesitzer, der Verkäufer und Käufer, für die Zeit, die sie auf dem Markt waren. Erst auf dem durch diese Garantien gesicherte Austausch war eine freie Bewertung, die von ihren Besitzern unabhängige Bemessung des Warenwerts geboten, also die von jeder Beziehung unabhängige Bestimmung des Werts der Waren und damit das Potenzial zur Ausdehnung der Märkte. So war der Citoyen, zunächst der Bewohner einer Festung, der Burgherr, dann der durch Polizei und Militär geschützte Warenbesitzer geschaffen. Im Unterschied zu Eigentum ist Besitz durch Macht begründet, der nichts anderes zu eigen ist, als ihre formale Bestimmung, Formbestimmung von Eigentum der vereinzelten Aneignung gesellschaftlicher Produkte zu sein. Von daher wäre für Besitz das korrekte Synonym der Begriff Privateigentum. Die bürgerliche Gesellschaft hat sich auf Privateigentum (privat =geraubt) gegründet. Es ist der Besitz an Gütern des gesellschaftlichen Reichtums., die von denen angeeignet sind, die darüber durch ihre im Besitz vermittelte gesellschaftliche Macht verfügen können. Dies sind die Waren- und Geldbesitzer. Diese existieren gesellschaftlich in dem Widerspruch, einerseits Produkte gesellschaftlicher Arbeit aufeinander zu beziehen, diese aber zugleich nur zu privater Verwendung nach der Gebrauchsweise ihrer Nützlichkeit zu haben. Ihre einzige gesellschaftliche Wirklichkeit ist also die Tauschbeziehung ihrer Güter, das fortwährende Beziehen der Waren aufeinander durch das Maß, das sich für sie füreinander hieraus ergibt (siehe Wert). Der Besitz ist die Beziehungsform der Warenhüter, das Verhältnis ihrer Sachen, das ihr Verhalten bestimmt (siehe Warenfetischismus). Dieses Verhältnis hat sich erst mit der Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft ausgebreitet. Mit der Entwicklung des Handwerks und der Manufaktur entstand der persönlich freie Produzent und die vom Eigenbedarf unabhängige Beziehung eigener Produkte auf fremde Produkte. Besitz als Rechtstitel auf Hab und Gut, verschafft einerseits dem Tauschhändler die nötige gesellschaftliche Sicherheit und Freiheit zum Tausch der Arbeitsprodukte, als politische Macht des Kapitals wird Besitz zu einem Titel, der die Arbeitskraft zur Lohnarbeit herabsetzt, und durch die Produktion von Mehrwert zur Macht des Privateigentums verhilft. Von daher entwickelt die gesellschaftliche Arbeit immer nur die Macht über die private Verfügung über den gesellschaftlichen Reichtum. Besitzverhältnisse sind nicht nur ökonomisch. Auch Menschen besitzen einander, wenn sie durch die Notwendigkeiten ihrer Lebensformen ihre Verhältnisse gegen sich als Anmaßung des Erlebens gegen ihr Leben erfahren, als Vernutzung ihrer Lebenskraft durch Vernutzung der Eigentümlichkeiten ihrer Lebensäußerungen (siehe Entleibung). Diese Beziehungen vollziehen sich in der Wahrnehmung der Menschen, welche wahrhaben, was sie nicht wahrnehmen, und sich deshalb alleine schon für ihre Selbstwahrnehmung brauchen, um ihre Wahrnehmung beziehen und erkennen zu können. Jenseits ihrer Anwesenheit in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen gibt es dann keine andere gesellschaftliche Form. Die bürgerliche Kultur für sich ist ein solches zwischenmenschliches Verhältnis. | ![]() |