Diskursiv ist eigentlich nur das begriffliche Denken, das sich von der Intuition substantiell unterscheidet (Kant). Diskursiv ist das fortschreitende logische Denken von Begriff zu Begriff, von Urteil zu Urteil. Der Diskurs wurde aber neuerdings zu einem gänzlich anderen eigenständiger theoretischer Begriff durch Habermas in der Auseinandersetzung mit dem Positivismus (siehe Positivismusstreit) und auch als Entgegnung auf Adorno. Dessen theoretisch unterstelltes "Transzendentalsubjekt" der negativen Dialektik, das sich lediglich aus "emphatischer Erkenntnis" begründe, müsse auch als real prozessierendes Wesen begriffen werden, um seine "emanzipatorische Intension" realisierbar zu machen. Es reiche nicht, die bestehende Realität als Verblendungszusammenhang aufzufassen und den Menschen in einem "dahinterliegenden Sein" anzunehmen; es müsse über die ideologiekritische Erkenntnis hinausgegangen werden und die Verblendung "in Anknüpfung an die natürliche Hermeneutik der sozialen Lebenswelt" (Habermas) unter Zugrundelegung eines Interesses an historischer Emanzipation durchbrochen werden. Es gelte, aus diesem Interesse "überlegene Vernunftkriterien" abzuleiten, die gesellschatlich realisierbar sind, wenn sie "intersubjektiv" sich herausstellen ließen, quasi als intersubjektive "menschliche Kompetenz", die ein reales "Gesamtsubjekt" als Gesellschaftsform der Zwischenmenschlichkeit im Diskurs der einzelnen "Subjekte" (siehe Individuum) herausgearbeitet werde. Er wollte Adorno mit diesem Emanzipationsverständnis kritisieren und zugleich bestärken, indem er die eigentlichen Erkenntnisintention der Kritischen Theorie im Grunde nur praktizierbar zu machen gedachte. Wenn Adorno die Realität als "ein Seiendes auf ein Nichtseiendes" hinterfrage, so könne er durch "Deutung" das "Nichtseiende", das eigentliche Subjekt der negativen Dialektik, ohne praktische Bewährung nur behaupten. Dies aber stelle praktisch eine unendliche Aufgabe dar. In der Realitäts- und Wissenschaftskonzeption der sogenannten "Frankfurter Theoretiker" verbliebe eine Kluft zwischen dem Bestehenden und dem Noch-Nicht, und deshalb sei das Noch-Nicht als Vernunftkonzeption aus seiner "Realität in Latenz" zu einem Projekt der Praxis zu machen. Er verstand darunter eine "dialektische Vernunft", die sich kommunizieren lasse und sich in diesem Diskurs im Zusammengehen von Kritik und Notwendigkeit des Handelns bewahrheite. Es bestehe lediglich ein Dualismus von Arbeit und "lnteraktion", der mit dem Begriff des "kommunikativen Handelns" zu einem "endlich unverfälschten Begriff der Praxis" (Habermas, Theorie des kommunikatioven Handelns 1981,S. 485 f.) werden könne. Dies nun wäre nicht besonders neu und von der Diskussion über ein richtiges Bewusstsein zur Lebenstätigkeit kaum zu unterschieden, würde hierbei nicht das "emanzipatorische Subjekt" von der Arbeitswelt in die Kommunikation selbst verschoben. Der Diskurs wird also selbst zum Handeln, identisch mit Arbeitl, und will insofern auch die marxistische Position, dass das gesellschaftliche Subjekt sich nur in der Umkehrung der gesellschaftlichen Verhältnisse herausstellen kann, beantworten. Die Antwort ist die, die schon jeder Bürger immer auf der Zunge hatte: Setzen wir uns vernünftig auseinander, dann wird es schon eine Lösung geben. Habermas will lediglich diese Vernunft kategorisieren und anleiten. So ergäbe sich die menschliche Emanzipation letztlich aus den Kategorien des Diskurses. Dieses Verständnis besteht tatsächlich auch bis heute in vielen Ansätzen der bürgerlichen Wissenschaft, ist im Grunde ihr fortschrittliches Selbstverständnis (z.B. auch in den dialogischen Konzepten). Zugleich aber ist dies ein Verständnis, mit dem sie leicht zum Großen Bruder werden kann. | ![]() |