Entgegenwärtigung bezieht sich auf das Vermögen der Gegenwärtigkeit. Und das heißt, dass jemand die Gewissheit seiner konkreten Gegenwart, seine Aufmerksamkeit verliert, also ohne Gewissheit für sich oder seine Sache (siehe auch Besitz) da ist, seine Gegenwart in seinem Dasein als aufgehoben empfindet (siehe hierzu auch Aufmerksamkeit), weil es entäußert ist. Ökonomisch entsteht dies aus der Abwesenheit eines Geldwerts. Kulturell ist es meist das Resultat einer entäußerten Empfindung einer ästhetischen Wahrnehmung, einer übereigneten Gegenwärtigkeit durch objektive Selbstgefühle, also die Aufhebung unmittelbarer Gewissheiten in ihrer allgemeinen Form durch den Maßstab einer allgemeinen Selbstwahrnehmung (siehe auch Selbstverlust), also durch die allgemeine Verdopplung entäußerter Selbstwahrnehmung, durch die Ästhetik der Selbstbeziehung (siehe hierzu auch tote Wahrnehmung). Entgegenwärtigung entsteht daher aus der Entwirklichung eines Verhältnisses, das sich widerspricht. Sein Grund zeigt sich nicht, sondern setzt sich hinter dem Rücken der Beteiligten durch und verlangt nach einer Gegenwärtigkeit, die substanziell grundlos erscheint. Vergegenwärtigung soll das abwesend gemachte der Form nach herstellen, ist das zur Anwesenheit bringen eines abwesenden Sinns, der im Gedächtnis sein muss, weil er die Form dieses Verhältnises als bestimmte Form wahrhat, als diese aber nicht erkennen kann. So wird eine objektive Formbestimmung dadurch zu einer subjektiven, dass sie in ihrer psychisch gewordenen Absicht nach Vergenwärtigung strebt. Was eine Seele zu ihrer Selbstvergegenwärtigung nötig hat, wird hierdurch zu einem psychischen Verhältnis, das sich ihr entfremdet. Durch den Drang nach deren Vergegenwärtigung, wenn er zum Trieb wird, wird das Gedächtnis zum Ort einer negativen Bestimmtheit der Wahrnehmung und vor allem der Empfindung. Die Psychologie spricht dann von Verdrängung. Für einen von seiner Geschichtslosigkeit gepeinigten Existenzialisten darf das Vergangene keine Gegenwart - auch nicht als Antrieb einer Entgegenwärtigung - haben. Es tritt daher nur als ein "vorlaufend-wiederholender Augenblick" einer "uneigentlichen Geschichtlichkeit" (Martin Heidegger) auf, der sich als "Überbleibsel" des "Uneigentlichen" in den Ereignissen des Seins gegenwärtig verhälten würde, weil das "Man", das konkret Allgemeine der Kommunikation die "Gegenwärtigkeit des Heute verloren" habe. Weil es in diesem abstrakten Denken nicht sinnlich gewiss begriffen wird, soll es letztlich durch eine im "Schicksal" des Lebens ermächtigte Seinsvergessenheit der Menschen bestimmt sein, die den Glauben an den "Sinn des Seins" (Martin Heidegger) verloren haben. Aus dieser Konstruktion der Seinsvergessenheit war die Religion des Nationalsozialismus begründet (siehe faschistische Ideologie), die "gnadenlos gegen das Leben" bestimmt war, wo es sinnlos oder "lebensunwert" erscheinen sollte (siehe auch Lebenswerte). So war das Schlachtfeld einer intellektuellen Avantgarde abgesteckt, einer fanatisierten Bewegung von Studenten und Professoren an den Universitäten des Dritten Reichs, die sich auch tatsächlich am 10. Mai 1933 in der Bücherverbrennung ausgetobt hatte. Martin Heidegger war ihr wichtigster Ideologe, der mit seiner Konstruktion eines "uneigentlichen Daseins" (siehe Eigentlichkeit) deren Verhalten provoziert hatte: "In der uneigentlichen Geschichtlichkeit ist die ursprüngliche Erstrecktheit des Schicksals verborgen. Unständig als Man-selbst gegenwärtigt das Dasein sein »Heute«. Gewärtig des nächsten Neuen hat es auch schon das Alte vergessen. Das Man weicht der Wahl aus. Blind für Möglichkeiten vermag es nicht, Gewesenes zu wiederholen, sondern es behält nur und erhält das übrig gebliebene »Wirkliche« des gewesenen WeltGeschichtlichen, die Überbleibsel und die vorhandene Kunde darüber. In die Gegenwärtigung des Heute verloren, versteht es die »Vergangenheit« aus der »Gegenwart«. Die Zeitlichkeit der eigentlichen Geschichtlichkeit dagegen ist als vorlaufend-wiederholender Augenblick eine Entgegenwärtigung des Heute und eine Entwöhnung von den Üblichkeiten des Man." (Heidegger in "Sein und Zeit", S. 391) Solche existenzialistische Phänomenologie muss allerdings das konkrete Leben immerfort "entgegenwärtigen", um die "eigene Wahrheit" ihrer " Eigentlichkeit" verkündigen zu können. Sie setzt die Menschen dem Monadendasein des allzeit opportunistischen Bürgers gleich und kann sich daher auch schrankenlos zerstörerisch durchsetzen, um ihm oder ihr zum "Recht" ihrer Allgemeinheit, seinem Heil zu nützen. Dem vorausgesetzt sind lediglich zwischenmenschliche Verhältnisse, deren geschichtliche Inhalte sich aufgehoben haben und worin sich die Menschen als allgemeine Mittel zur bloßen Einverleibung ihrer Selbstwahrnehmung benutzen und diese als Bestimmung ihrer Verhältnisse ansehen, als Medium, in welchem sie ihre Selbstgefühle aus der reinen Anwesenheit allen gemeiner, also gleicher Gesinnung und Gefühle beziehen. An die Bedingung ihrer Wahrnehmungsverhältnisse (z.B. Wohnung, Ehe, Vereine usw.) haben sie sich hierdurch abgegeben und erleiden ihre Abwesenheit daher auch über deren Vermittlung, ihre Lebensform und deren Lebensraum. Wo bloße Anwesenheit die Beziehung zwischen Menschen da sein lässt, ist diese auch, wenn die Menschen nicht da sind gegenwärtig. Ohne dass sie ihre Beziehung gestalten, wirkt sich diese bei Abwesenheit als abstrakter Sinn gegen sie. Sie fühlen sich durch einen Sinn entgegenwärtigt, der sie nicht sein lässt, wie sie sind, der also sie durch ein anderes, abwesendes Dasein bestimmt. Dies ist die Grundlage objektiver Gefühle und objektiver Selbstgefühle, sobald diese gewohnte, also objektiv durchschnittliche Gegenwart in der Selbstwahrnehmung haben. Um die Selbstwahrnehmung unter diesen Bedingungen zu sichern, wird sie durch ästhetische Verallgemeinerungen akkumuliert. Diese wiederum verlangen vor allem Kontrolle der objektiven Form ästhetischer Lebensbedingungen (siehe auch autoritärer Charakter). | ![]() |