"Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen. Die Tradition der toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf den Gehirnen der Lebenden. Und wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neuen Weltgeschichtsszene aufzuführen. Die soziale Revolution (...) kann ihre Poesie nicht aus der Vergangenheit schöpfen, sondern nur aus der Zukunft. Sie kann nicht mit sich selbst beginnen, bevor sie allen Aberglauben an die Vergangenheit abgestreift hat. Die früheren Revolutionen bedurften der weltgeschichtlichen Rückerinnerung um sich über ihren eigenen Inhalt zu betäuben. Die Revolution (...) muss die Toten begraben lassen, um bei ihrem eigenen Inhalt anzukommen." (MEW 8, Seite 115) Das Zusammenfallen des Ändern[s] der Umstände und der menschlichen Tätigkeit oder Selbstveränderung kann nur als revolutionäre Praxis gefaßt und rationell verstanden werden." MEW Bd.3, S. 533 bis 535). Die Geschichte der Menschen gründet auf der Emanzipation aus ihrer Ohnmacht gegenüber den Naturgewalten. Macht entsteht, wo Ohnmacht herrscht. Die Geschichte der Menschen ist die Geschichte der Menschwerdung ihrer Gesellschaftlichkeit in der Auseinanersetzung mit ihrer Natur. Sie ist also immer die Geschichte ihrer Naturmächtigkeit, worin die Naturgeschichte nur ihren Anteil haben kann. "Die in der menschlichen Geschichte – dem Entstehungsakt der menschlichen Gesellschaft – werdende Natur ist die wirkliche Natur des Menschen, darum die Natur, wie sie durch die Industrie, wenn auch in entfremdeter Gestalt wird, die wahre anthropologische Natur ist. –> Die Sinnlichkeit (siehe Feuerbach) muß die Basis aller Wissenschaft sein. Nur, wenn sie von ihr, in der doppelten Gestalt sowohl des sinnlichen Bewußtseins als des sinnlichen Bedürfnisses, ausgeht – also nur wenn die Wissenschaft von der Natur ausgeht –, ist sie wirkliche Wissenschaft. Damit der "Mensch" zum Gegenstand des sinnlichen Bewußtseins und das Bedürfnis des "Menschen als Menschen" zum Bedürfnis werde, dazu ist die ganze Geschichte die ... Entwicklungsgeschichte. Die Geschichte selbst ist ein wirklicher Teil der Naturgeschichte, des Werdens der Natur zum Menschen. Die Naturwissenschaft wird später ebensowohl die Wissenschaft von dem Menschen wie die Wissenschaft von dem Menschen die Naturwissenschaft unter sich subsumieren: es wird eine Wissenschaft sein." (Karl Marx in Marx-Engels-Werke Bd.40, S. 543f) Alle Geschichte vollzieht sich in Raum und Zeit - ist die Form ihrer wahren Natur, die den Menschen das Material, die Substanz ihrer Geschichte liefert, ihre äußerste Ressource ist. Im Kapitalismus stellt sie dessen lebendes Material als Organismus seiner Gesellschaftsform dar. "Die Geschichte ist die wahre Naturgeschichte des Menschen." (MEW 40, Seite 579) Dieser Satz besagt nur, dass die Naturgeschichte die Substanzen (siehe auch Ressourcen) einer jeden Entwicklung darstellt, nicht aber die Gründe und Folgen für eine Geschichtslogik. Als abstrakt begriffener Text hat dies allerdings ein fundamentales Mißverständnis bewirkt, das den Sinn solcher Aussage auf den Kopf stellt: Die Geschichte der Menschen wurde mit dem Dialektischen Materialismus – z.B. von Stalin – als Erscheinungsform einer Naturgeschichte verstanden. Nach dem Dialektischen Materialismus von Engels wäre der Antrieb der Geschichte ebenso objektiv logisch wie subjektiv natürlich, wie auch die Natur immer schon durch die Logik ihrer Evolution die menschliche Geschichte begründet habe, also deren Geschichte als "Geschichte des zum Menschen gewordenen Affen" zu verstehen sei. Aus dem Material ihrer Natur lässt sich aber nicht erkennen, warum der Mensch zum Subjekt der Naturgeschichte werden konnte, wie und warum aus seiner Aneignung die menschliche Naturmächtigkeit zu bergreifen wäre, wie und warum die Menschen über die Aneignung ihrer Natur, durch ihre Arbeit komplexe gesellschaftliche Verhältnisse ihrer Subjektivität entstehen konnten. "Das praktische Erzeugen einer gegenständlichen Welt, die Bearbeitung der unorganischen Natur ist die Bewährung des Menschen als eines bewußten Gattungswesens, d.h. eines Wesens, das sich zu der Gattung als seinem eigenen Wesen oder zu sich als Gattungswesen verhält. Zwar produziert auch das Tier. Es baut sich ein Nest, Wohnungen, wie die Biene, Biber, Ameise usw. Allein es produziert nur, was es unmittelbar für sich oder sein Junges bedarf; es produziert einseitig, während der Mensch universell produziert; es produziert nur unter der Herrschaft des unmittelbaren physischen Bedürfnisses, während der Mensch selbst frei vom physischen Bedürfnis produziert und erst wahrhaft produziert in der Freiheit von demselben; es produziert nur sich selbst, während der Mensch die ganze Natur reproduziert; sein Produkt gehört unmittelbar zu seinem physischen Leib, während der Mensch frei seinem Produkt gegenübertritt. Das Tier formiert nur nach dem Maß und dem Bedürfnis der Spezies, der es angehört, während der Mensch nach dem Maß jeder Spezies zu produzieren weiß und überall das inhärente Maß dem Gegenstand anzulegen weiß." (MEW Bd.3, S. 516f) Nicht aber die Natur macht die Geschichte des Menschen durch seine Natur, nicht die Natur der Menschen verwirklicht sich in ihrer Gesellschaft, sondern der Mensch verwirklicht seine gesellschaftliche Natur durch ihre Eigenschaften und Fähigkeiten, durch dir Naturmächtigkeit ihrer Erkenntnisse im Reichtum ihrer gegenständlichen Lebenswelt. Und nicht eine irgendwie geartete Arbeit hat die Menschen aus den Borniertheiten ihrer tierischen Natur emanzipiert. Es war immer auch schon deren bestimmter Inhalt, die sie und ihre Natur bereichert hat (siehe auch Reichtum). Sowohl die Ausmaße und Differenzierung ihres Gehirns und ihrer Sinne als auch die Ausdrucksfähigkeit ihrer Kommunikation wurde durch das Garen ihrer Speisen, durch die Nutzung des Feuers zum Kochen und damit zur verbesserten Verdaulichkeit und optimierten Einverleibung der Proteine entwickelte die körperlichen Bedingungen die Sinnbildung und Kraft des Homo erectus und schließlich des Homo sapiens (z.B. die Größe seines Gehirns). So war die Menschheit befähigt, ihre Sprache zu einer gesellschaftlichen Macht zu differenzieren und die Naturmacht ihrer Arbeit zu entwickeln und in hieraus bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen zu verwirklichen. Sie selbst sind als moderne Menschen ein Naturprodukt ihrer eigenen Natur (siehe hierzu auch Zivilisation). Aber das Dasein ihrer Natur ist nach wie vor nicht voraussetzungslos gegeben. Als Material der Arbeit – als ihre Voraussetzung und ihr Resultat – ist sie selbst schon gesellschaftlich als stoffliche Bedingung der Arbeit, als deren naturgeschichtliches Produkt eines naturmächtigen Lebensprozesses der Menschen und ihrer bisherigen Lebensproduktion. Um wie eine Lebensbedingung für sie zu sein, muss sie schon in der bisherigen Geschichte einer gesellschaftlichen Arbeit durch eine ihnen notwendige Naturaneignung erzeugt worden sein (siehe historischer Materialismus), bevor sie durch die Privatarbeit für eine Warenproduktion zur Produktion von Mehrwert konsumiert werden kann. Das Leben im Kapitalismus wird einerseits über die Verwertung der Zeit bestimmt, wie auch andererseits über die Verwertung der menschlichen und natürlichen Ressourcen seiner Lebensräume. Weil aber der Kapitalismus im Fortschritt der Geschichte mit seiner Verwertungssucht vor allem einen Mangel an Lebenswirklichkeit produziert (siehe hierzu auch Nichtung), kehren sich deren Wirkungen in Bewertungen des Lebens darin um, werden durch deren Wertformen zu einer Gewalt über das Leben (siehe Abstraktionskraft), wodurch jeder Wert die Begierden des Habens, den "Sinn des Habens" (Marx) entzündet. So entwickelten sich darin Zeitbestimmungen über die Lebenstätigkeit der Menschen getrennt von den Ortsbestimmungen ihrer Lebensräume. Lebenszeit wurde zu Geld und Lebensraum zu Existenzformationen des Eigentums, zu Eigentumstitel. Und vor alem aus diesem entstand eine Existenzverwertung entgrenzter Lebensräume - eben so, wie sie der Neoliberalismus seit seiner Gründung mit der Aufkündigung der Wertbindungen (siehe Vertrag von Bretton-Woods) ideologisch begleitet. Die bisherige Geschichte ist die Geschichte der menschlichen Zuvilisation. Alle ihre Momente entstanden und entstehen in der Auseinandersetzung der Menschen über das, was ihr Leben bereichert und dem, was es verarmt. Und diese Auseinandersetzung geschah praktisch im Verhältnis von Armut und Reichtum und hatte ihre bisherigen Epochen bestimmt. Aber nicht diese Bestimmungen machten Geschichte, sondern die Not der Menschen, die darin immer wieder entstanden war, wenn die Macht der herrschenden Klasse gewaltiger wurde und sich in der Ohnmacht einer anderen Klasse verwirklichte. Es war die Ohnmacht ihrer Naturmächtigkeit, die Ohnmacht ihrer Naturaneignung, die ihrer eigenen Geschichte mit dem Anwachsen ihrer gesellschaftlichen Produktivkraft nicht mehr gerecht werden konnte und schließlich in den verschiednen Epochen der Geschichte ihre gesellschaftliche Wesensnot durch die Ausbeutung ihrer Armut als epochales Elend auftat und die Welt revolutionierte. Gewalt entsteht in den Notwendigkeiten der Geschichte und ihrer Abstraktionskraft. Und darin verhalten sich politische Formationen, die um ihre Macht kämpfen, um ihre Verfassung und Interpretation, aus der sich ein Verhalten zu ihrer Geschichte in ihrer gegenwärtigen Wirklichkeit ergeben sollte. All dem vorausgesetzt ist also der Entwicklungsstand des Lebensstandards der gesellschaftlichen Lebensproduktion der Menschen: Die Produktivkraft ihrer Arbeit wie sie sich in den Verhältnissen ihres gesellschaftlichen Reichtums darstellt. Politik kann also nur in dieser Beziehung wirken und sich nur darin verwirklichen. Doch meist wird Politik hiervon abgelöst verstanden, in ihrer Verselbständigung diskutiert und ihren Kämpfen (siehe Klassenkampf) praktiziert. Mit der Entwicklung des fiktiven Kapitals, mit dem Verbrauch derLeben Rohstoffe (siehe Ressource) für ein unermessliches weil maßloses Wertwachstum (siehe Stoff pro Arbeit) hat sich allerdings der Naturverbrauch der bürgerlichen Gesellschaft zu einer finalen Krise der menschlichen Gesellschaft entwickelt, weil das unersättliche Verhältnis des Wertwachstums zur Substanz einer jeglichen menschlichen Gesellschaft sich über eine Naturvernichtumng eines den Menschen entfremdeten Wirtschaftswachstums. Die Kämpfe um die poltische Macht war bisher eine Geschichte der Klassenkämpfe. Was darin sich erneuert hatte, begründete sich immer aus dem Reichtum der vorangegangenen Epoche, die zwischen der politischen Macht der Herrschenden von den hierdurch geknechteten Menschen überwunden und erneuert wurde (siehe Hegel, Phänomenologie des Geistes), weil nur aus der Not des Unterworfenen die Einsicht in das Nötige zur Erneuerung und Entwicklung des gesellschaftlichen Reichtums erkannt werden und hieraus ihre Sinnbildung, ihre Kultur sich verfeinern konnte. Der historische Materialismus geht davon aus, dass alle Geschichte aus den Bewegungen des Lebens sich ergibt, und dass deshalb die gesellschaftliche Entwicklung, die Sinnbildung der Menschen, sich aus der substanziellen Fortbildung ihrer Subjektivität, aus der Kraft ihrer Sinnbildungen ihres Seins, aus der Gestaltungskraft ihrer Arbeit sich ergeben hat und ergibt. Von daher existieren auch die Resultate der Geschichte als Produkte ihres Stoffwechsels, aus der materiellen Substantivierung (siehe hierzu Materialismus) ihres Nutzens durch den Sinn der Produkte ihrer Lebensäußerungen, ihrer Kultur, als Gegenständlichkeit ihrer gesellschaftlich vollzogenen Naturaneignung, ihrer Arbeit. Nach Marx ist daher die "Entwicklung der ökonomischen Gesellschaftsformation" ein "naturgeschichtlicher Prozess" (Marx, Kapital I MEW 23, S. 16) ihrer Menschwerdung, wie sie wirtschaftlich und kulturell geschichtlich - und also substanziell materialistisch - so zu verstehen ist, wie sich die Epochen der Gesellschaften durch das Vermögen ihrer Naturaneignung, durch die Naturmächtigkeit ihrer jeweiligen Produktivkräfte unterschieden hat. Zur Beschreibung des Laufs ihrer geschichtlichen Epochen haben sich für den wissenschaftlichen Sozialismus allerdings hierzu zweierlei fundamental gegensätzlichen Interpretationen ergeben: der Dialektischen Materialismus" und der "Historischen Materialismus". In diesem steht die Frage, was die gesellschaftliche Geschichte der Menschen im Dilemma ihrer gesellschaftlichen Entwicklung wesentlich bestimmt, was ihren Sinn ausmacht: Ist sie subjektiv durch menschliches Tun, durch die Lebenspraxis der Menschen begründet und somit immer Ausdruck der bisherigen Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse und der Produktivkraft ihrer Arbeit. Oder ist sie objektiv durch eine allgemeine Notwendigkeit der Natur determiniert, durch eine "Logik der Natur", die eine "Dialektik der Natur" unterstellt, der die Menschen folgen müssen, wogegen die Zeitgeschichte immer nur unvollkommen ist, weil aus ihr heraus die Menschen ihre Subjektivität aus der Aufhebung ihrer natürlichen Not beziehen. Ist der Mensch durch eine natürliche Logik aus der Logik ihrer Natur geschichtlich determiniert (siehe Determinismus) oder erzeugt er sich selbst - durch die Selbsterzeugung seiner Geschichte über seine geschichtliche Tätigkeit? Ist sie nur eine objektive "Abfolge der Geschlechter" durch die Herrschaftsformen ihrer Naturaneignung - oder wird Geschichte immer schon durch die Subjekte ihrer Naturaneignung entwickelt, die durch ihre Naturmacht ihren Lebensstandard so subjektiv wie objektiv fortbilden? Und vor allem: Was mach dann ihre Subjektivität, die Freiheit ihrer Sinnbildung aus? Freiheit sei eine Einsicht in die Notwendigkeit meinte zuerst Hegel, der hieraus das Prinzip der Aufklärung entwarf, dass einer Einsicht in die Notwendigkeit einer Sache ihre Vernunft offenbart werden würde und eine Freiheit ihr gegenüber bewirkt wäre, weil sie dann nicht mehr als Zwang, sondern als vernünftiges Bedürfnis in einem vernünftigen Leben inbegriffen sei - eben dass man ein Bedürfnis nach einer objektiven Vernunft der Sache erwerben müsse. Friedrich Engels hatte dieses Verständnis von Hegel übernommen. Dem aber stellte Marx entgegen, dass Freiheit nur dort gewährt sei, wo jeder Mensch seinen Notwendigkeiten nachgehen könne, also das tun könne, was ihm nötig ist. Das hat mit einem philosophischen Verstand durch Einsicht wenig zu tun und zeigt einen wesentlichen Unterschied zwischen Marxens gesellschaftlichen Begriff und dem aufklärerischen Denken von Engels. In der politischen Diskussion erfolgten hieraus elementare Missverständnisse, da Einsicht in das Notwendige vor allem die instrumentelle Vernunft aus der Kritik der Praktischen Vernunft nach Immanuel Kant totalisierte. Von da her wurde aus dem historischen Materialismus nach Marx von Engels eine deterministische Auffassung des so genannten dialektischen Materialismus entwickelt. "Ganz im Gegensatz zur deutschen Philosophie, welche vom Himmel auf die Erde herabsteigt, wird hier von der Erde zum Himmel gestiegen. D.h., es wird nicht ausgegangen von dem, was die Menschen sagen, sich einbilden, sich vorstellen, auch nicht von den gesagten, gedachten, eingebildeten, vorgestellten Menschen, um davon aus bei den leibhaftigen Menschen anzukommen; es wird von den wirklich tätigen Menschen ausgegangen und aus ihrem wirklichen Lebensprozeß auch die Entwicklung der ideologischen Reflexe und Echos dieses Lebensprozesses dargestellt. Auch die Nebelbildungen im Gehirn der Menschen sind notwendige Sublimate ihres materiellen, empirisch konstatierbaren und an materielle Voraussetzungen geknüpften Lebensprozesses. Die Moral, Religion, Metaphysik und sonstige Ideologie und die ihnen entsprechenden Bewußtseinsformen behalten hiermit nicht länger den Schein der Selbständigkeit. Sie haben keine Geschichte, sie haben keine Entwicklung, sondern die ihre materielle Produktion und ihren materiellen Verkehr entwickelnden Menschen ändern mit dieser ihrer Wirklichkeit auch ihr Denken und die Produkte ihres Denkens. Nicht das Bewußtsein bestimmt das Leben, sondern das Leben bestimmt das Bewußtsein. In der ersten Betrachtungsweise geht man von dem Bewußtsein als dem lebendigen Individuum aus, in der zweiten, dem wirklichen Leben entsprechenden, von den wirklichen lebendigen Individuen selbst und betrachtet das Bewußtsein nur als ihr Bewußtsein." (MEW 3. S. 26f). Das gesellschaftliche Verhältnis der Menschen setzt immer schon seine Bewirtschaftung (siehe Wirtschaft) voraus, das Verhältnis von Konsumtion zur Produktion der Menschen, das seine natürliche Identität in der gesellschaftlichen Arbeit und ihrer Geschichte erweist. Das ist das letztlich wahre Verhältnis von Subjektivität und Objektivität einer Gesellschaft, also die Art und Weise, in der das Produkt auf die Tätigkeit der Menschen zurückkommt. "Wir Kommunisten kennen nur eine einzige Wissenschaft, die Wissenschaft der Geschichte. Die Geschichte kann von zwei Seiten aus betrachtet werden, in die Geschichte der Natur und die Geschichte der Menschen abgeteilt werden. Beide Seiten sind indes nicht zu trennen; solange Menschen existieren, bedingen sich Geschichte der Natur und Geschichte der Menschen gegenseitig." (Karl Marx, MEW 3, Seite 18) Nach dem Verständnis des historischen Materialismus ist die Arbeit der Menschen die Substanz menschlicher Entwicklung, der Dialektik von Herrschaft und Emanzipation, von Lebensaufwand und Lebensgenuss, von Ohnmacht und Selbstbewusstsein, von Notwendigkeit und Freiheit. Durch die Arbeit gestalten sie ihre Lebensverhältnisse zu ihrer Natur als Naturmacht ihres gesellschaftlichen Lebens, die wiederum ihren Sinn und Nutzen, ihre Kultur und Produktivität (siehe auch Produktivkraft) fortbildet. Der historische Materialismus geht davon aus, dass sich die Geschichte der Menschheit aus der Gegenwart ihrer gesellschaftlichen Widersprüche begründet, aus dem Kampf der materiellen Gegensätze, die darin in der Logik ihrer Dialektik ihrer Wirkung sich in einer Wirklichkeit verhalten, die sich zwischen dem Reichtum einer herrschenden Klasse und ihrer Macht gegen die Ohnmächtigen vollzieht. Aus diesem jeweils historischen Gegensatz, der nichts anderes ist als der Gegensatz der Verfügung über die Werkzeuge des gesellschaftlichen Fortschritts, ist der Aufhebungsprozess der jeweils gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse durch die Emanzipation einer beherrschten Klasse von Menschen gegen die Macht der Herrschenden angelegt. Geschichte ist somit immer als die Geschichte der Klassenkämpfe zu verstehen, die zu einer Gesellschaft strebt, in der sie iin einem "Verein freier Menschen" aufgehoben sind. "In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamteinheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewusstseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt. Auf einer bestimmten Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um. In der Betrachtung solcher Umwälzungen muß man stets unterscheiden zwischen der materiellen, naturwissenschaftlich treu zu konstatierenden Umwälzung in den ökonomischen Produktionsbedingungen und den juristischen, politischen, religiösen, künstlerischen oder philosophischen, kurz, ideologischen Formen, worin sich die Menschen dieses Konflikts bewusst werden und ihn ausfechten. Sowenig man das, was ein Individuum ist, nach dem beurteilt, was es sich selbst dünkt, ebenso wenig kann man eine solche Umwälzungsepoche aus ihrem Bewusstsein beurteilen, sondern muß vielmehr dies Bewusstsein aus den Widersprüchen des materiellen Lebens, aus dem vorhandenen Konflikt zwischen gesellschaftlichen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen erklären. Eine Gesellschaftsformation geht nie unter, bevor alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist, und neue höhere Produktionsverhältnisse treten nie an die Stelle, bevor die materiellen Existenzbedingungen derselben im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden sind. Daher stellt sich die Menschheit immer nur Aufgaben, die sie lösen kann, denn genauer betrachtet, wird sich stets finden, dass die Aufgabe selbst nur entspringt, wo die materiellen Bedingungen ihrer Lösung schon vorhanden oder wenigstens im Prozess ihres Werdens begriffen sind. In großen Umrissen können asiatische, antike, feudale und modern bürgerliche Produktionsweisen als progressive Epochen der ökonomischen Gesellschaftsformation bezeichnet werden. Die bürgerlichen Produktionsverhältnisse sind die letzte antagonistische Form des gesellschaftlichen Produktionsverhältnisses, antagonistisch nicht im Sinne von individuellem Antagonismus, sondern eines aus den gesellschaftlichen Lebensbedingungen der Individuen hervorwachsenden Antagonismus, aber die im Schoß der bürgerlichen Gesellschaft sich entwickelnden Produktivkräfte schaffen zugleich die materiellen Bedingungen zur Lösung dieses Antagonismus. Mit dieser Gesellschaftsformation schließt daher die Vorgeschichte der menschlichen Gesellschaft ab." (MEW 13, Seite 8*ff) Der historische Materialismus hat in diesem Erkenntnisinteresse das Verhältnis von Begriff und Geschichte zu einem Verständnis von historischer Wahrheit entwickelt. Seine Wissenschaftlichkeit begründet sich daher als Vermittlung ihrer Einheit gegen die Interpretationen des abstrakten Verstands der Philosophen, die ihrem Denken Seinsbestimmungen des Daseins - Ontologie - aus den verschiedensten Verallgemeinerungen ihrer Vorstellung voraussetzen (siehe auch Fundamentalontologie, Existenzialismus, Positivismus, Idealismus, Systemtheorie, Mustertheorie). Für solchen Verstand gilt das schon wesentlich vorgegeben, was das menschliche Leben "vor aller Erfahrung" sein soll und in deren Beweisen seine Bestätigung sucht, sei es ein Gott oder ein ontologischer Begriff, eben alles, was nicht erst in einem Not-wendenden Denken entsteht, sondern ihm anstelle eines Ur-Teils schon Substanz verleiht, ihm ein vorausgesetztes unerschöpfliches Wesen ihrer Methode zuweist, das keiner Analyse zugänglich sein muss, weil es eben Natur an sich, Ding an sich usw. schon sei, wie dies allem zukommt, sich also lediglich aus der Wirklichkeit herausgenommen zu einem "wissenschaftlichen Begriff" verallgemeinert (siehe hierzu auch den hermeneutischen Zirkel der bürgerlichen Wissenschaften im Allgemeinen). Dadurch war die Welt der Begriffe der Philosophie und der Wissenschaften, die auf ihr gründen, schon immer ein Gegenstand der Interpretationen ihrer ontologisch begründeten Anschauungen, ihrer Vorstellungen und den Zuneigungen ihres theoretischen Selbstverständnisses, ohne dass dieser als ihr wirklicher Gegenstand, als notwendiger Gegenstand des Denkens zu erweisen und beweisen wäre. Derart getrennt von der Wirklichkeit ihres Denkens konnte solche Philosophie ihre Gedanken auch nur zwischen Positivismus und Idealismus beziehen und sich von der wirklichen Lebenspraxis der Menschen entziehen. In seinen "Thesen über Feuerbach" begründete Marx seine Erkenntnisse gegen jede Ontologie und hieraus den historischen Materialismus aus der "Diesseitigkeit des Denkens", aus dem praktischen Geschichtsprozess der Menschen. "1. Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus ... ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit, nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als menschliche sinnliche Tätigkeit, Praxis, nicht subjektiv. Daher geschah es, daß die tätige Seite, im Gegensatz zum Materialismus, vom Idealismus entwickelt wurde - aber nur abstrakt, da der Idealismus natürlich die wirkliche, sinnliche Tätigkeit als solche nicht kennt. ... 2. Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme, ist keine Frage der Theorie, sondern eine praktische Frage. In der Praxis muß der Mensch die Wahrheit, d. h. die Wirklichkeit und Macht, die Diesseitigkeit seines Denkens beweisen. Der Streit über die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit eines Denkens, das sich von der Praxis isoliert, ist eine rein scholastische Frage." (Karl Marx, Feuerbachthesen, niedergeschrieben in Brüssel im Frühjahr 1845, MEW 3, S. 533) Und wenn die Wirklichkeit selbst ein bestimmtes Denken erfordert, so verbietet das eine seinsbestimmte Begriffslogik, Ontologie. Wissenschaftliches Denken muss demnach aus der Notwendigkeit der geschichtlichen Verhältnisse ihre logischen Beziehungen erschließen, ihre substanziellen Zusammenhänge entdecken, aus ihrer bisherigen Geschichte die Nöte ihrer menschliche Praxis erkennen und die Widersprüche der Gegenwart hieraus sowohl qualitativ als auch quantitaiv durch ihre Begriffssubstanz wie aus ihrer Begriffsgröße erklären.. Qualität ist der Zusammenhang der Geschichte des Lebens, das sich auch in einer Menge von Ereignissen, also auch quantitativ mitteilen lässt, als materieller Zusammenhang einer Geschichte, von der man zu erzählen weiß, von dem, was sich aus der Vergangenheit für die Gegenwart ergeben, sich darin aufgehoben und bewahrt hat und bewährt ist, der Vergangenheit der Natur, des Geistes, der Menschen und der Welt überhaupt. Das Quantum hiervon bliebe für sich genommen nur eine Zahl in der jede Erzählung untergeht, die Abstraktion einer Erzählung, in der sie sich substanziell verliert, wo sie für sich steht. Nur darin aber würde sich Qualität überhaupt zeigen können, z.B. als Aufzählung und Geschichte in einem, als Zusammenhang von Ereignissen, die nicht für sich gelassen werden, Der historische Materialismus verteidigt das geschichtliche Bewusstsein, das Wissen des Seins um seine Geschichte gegen die Utopie abgehobener Vorstellungen einer schlichten alternativen Gesellschaft, einer einfachen Idee von Neuheiten der Arbeit, der Bedürfnisse oder des Reichtums. Eine konkrete Utopie kann nur aus der Aufhebung entfremdeter Geschichte wirklich werden, als Geschichte dessen, was als Traum des gegenwärtigen Lebens schon real ist und nur durch die Formbestimmung der gegenwärtigen Gesellschaft hiergegen beherrscht wird. "Es wird sich ... zeigen, daß die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewußtsein besitzen muß, um sie wirklich zu besitzen. Es wird sich zeigen, daß es sich nicht um einen großen Gedankenstrich zwischen Vergangenheit und Zukunft handelt, sondern um die Vollziehung der Gedanken der Vergangenheit. Es wird sich endlich zeigen, daß die Menschheit keine neue Arbeit beginnt, sondern mit Bewußtsein ihre alte Arbeit zustande bringt." (MEW 1, S. 346) Die ganze bisherige Geschichte kann man als einen Kampf um die Aneignung der gesellschaftlichen Produktivität der Arbeit auffassen, einer Arbeit, deren Produkte bisher immer von einer historichen Macht, der Herrschaft einer gesellschaftlichen Epoche, angeeignet wurde, die sich durch die Knechtschaft der Arbeit, durch eine dem Menschen entfremdete Arbeit bestärken konnte, der sich darin entäußern, sich verlieren musste. Dieses „Herrschschafts-Knechtschafts-Verhältnis“ der bisherigen Weltgeschichte (Hegel) wurde schon immer durch den politischen Kampf um die Herrschaft geführt und endete immer schon mit deren Befestigung oder deren Sturz. Zur Analyse der bürgerlichen Gesellschaft entwickelte Karl Marx dieses Verhältnis als ein Klassenverhältnis, das nicht einfach in der Wesenslogik eines „Weltgeistes“ stattfindet, sondern in den wirklichen gesellschaftlichen Verhältnissen der Menschen, in der Wirtschaftsform ihrer Arbeit und Geschichte. Das ist die grundlegende Erkenntnis des historischen Materialismus. "Diese Geschichtsauffassung beruht also darauf, den wirklichen Produktionsprozeß, und zwar von der materiellen Produktion des unmittelbaren Lebens ausgehend, zu entwickeln und die mit dieser Produktionsweise zusammenhängende und von ihr erzeugte Verkehrsform, also die bürgerliche Gesellschaft in ihren verschiedenen Stufen, als Grundlage der ganzen Geschichte aufzufassen und sie sowohl in ihrer Aktion als Staat darzustellen, wie die sämtlichen verschiedenen theoretischen Erzeugnisse und Formen des Bewußtseins, Religion, Philosophie, Moral etc. etc., aus ihr zu erklären und ihren Entstehungsprozeß aus ihnen zu verfolgen, wo dann natürlich auch die Sache in ihrer Totalität (und darum auch die Wechselwirkung dieser verschiednen Seiten aufeinander) dargestellt werden kann. Sie hat in jeder Periode nicht, wie die idealistische Geschichtsanschauung, nach einer Kategorie zu suchen, sondern bleibt fortwährend auf dem wirklichen Geschichtsboden stehen, erklärt nicht die Praxis aus der Idee, erklärt die Ideenformationen aus der materiellen Praxis und kommt demgemäß auch zu dem Resultat, daß alle Formen und Produkte des Bewußtseins nicht durch geistige Kritik, durch Auflösung ins "Selbstbewußtsein" oder Verwandlung in "Spuk", "Gespenster", "Sparren" etc., sondern nur durch den praktischen Umsturz der realen gesellschaftlichen Verhältnisse, aus denen diese idealistischen Flausen hervorgegangen sind, aufgelöst werden können - daß nicht die Kritik, sondern die Revolution die treibende Kraft der Geschichte auch der Religion, Philosophie und sonstigen Theorie ist. Sie zeigt, daß die Geschichte nicht damit endigt, sich ins "Selbstbewußtsein" als "Geist vom Geist" aufzulösen, sondern daß in ihr auf jeder Stufe ein materielles Resultat, eine Summe von Produktionskräften, ein historisch geschaffnes Verhältnis zur Natur und der Individuen zueinander sich vorfindet, die jeder Generation von ihrer Vorgängerin überliefert wird, eine Masse von Produktivkräften, Kapitalien und Umständen, die zwar einerseits von der neuen Generation modifiziert wird, ihr aber auch andrerseits ihre eignen Lebensbedingungen vorschreibt und ihr eine bestimmte Entwicklung, einen speziellen Charakter gibt - daß also die Umstände ebensosehr die Menschen, wie die Menschen die Umstände machen." (MEW 3, Seite 37*f) Das Leben vollzieht sich in Raum und Zeit durch die Bewegung und Kräfte, die Energie und die Stoffe, die sich durch die Lebewesen zum Material ihrer Natur entwickelt hat. Von daher besteht alles, was diese dabei äußern in der Gestaltung ihrer Welt als Materie und Material ihres Lebens, als Grundlage und Ausscheidung ihres Stoffwechsels, als materielle Gegenständlichkeit, in der sich ihre einzelne wie allgemeine Geschichte darstellt. Alles Gegenständliche ist Lebensreichtum schon aus seiner Geschichte heraus, die darin sich in ihrer natürlichen Intelligenz formuliert. Es war der Bildungsprozess der Natur, die sich zur Welt gebracht und darin verwirklicht hat (siehe auch Evolution). Darüber hinaus war es schließlich die menschlichen Kultur, die sich zu einer Naturmacht als Welt der Menschen gebildet hatte, die sich im Sinn für ihren Nutzen im Bildungsprozess der menschlichen Sinne, durch die Sinnbildung ihrer gesellschaftlichen Verhältnisse bereicherte. "Denn nicht nur die 5 Sinne, sondern auch die sogenannten geistigen Sinne, die praktischen Sinne (Wille, Liebe etc.), mit einem Wort der menschliche Sinn, die Menschlichkeit der Sinne wird erst durch das Dasein seines Gegenstandes, durch die vermenschlichte Natur. Die Bildung der 5 Sinne ist eine Arbeit der ganzen bisherigen Weltgeschichte. Der unter dem rohen praktischen Bedürfnis befangene Sinn hat auch nur einen bornierten Sinn. Für den ausgehungerten Menschen existiert nicht die menschliche Form der Speise, sondern nur ihr abstraktes Dasein als Speise; ebensogut könnte sie in rohster Form vorliegen, und es ist nicht zu sagen, wodurch sich diese Nahrungstätigkeit von der tierischen Nahrungstätigkeit unterscheide. Der sorgenvolle, bedürftige Mensch hat keinen Sinn für das schönste Schauspiel; der Mineralienkrämer sieht nur den merkantilischen Wert, aber nicht die Schönheit und eigentümliche Natur des Minerals; er hat keinen mineralogischen Sinn; also die Vergegenständlichung des menschlichen Wesens, sowohl in theoretischer als praktischer Hinsicht, gehört dazu, sowohl um die Sinne des Menschen menschlich zu machen als um für den ganzen Reichtum des menschlichen und natürlichen Wesens entsprechenden menschlichen Sinn zu schaffen." (Karl Marx, MEW 40, S. 541 f.) Um die Grundaussagen des historischen Materialismus zu verstehen, muss seine Beziehung auf die gesellschaftliche Entwicklung der Menschheit erklärt werden, sein Verhältnis zu Wirtschaft und Kultur, wie es materiell sich als geschichtliches Gebilde begreifen lässt. Von daher werden sich die Beziehungen zu allen Seinsinhalten ergeben und zeigen lassen, denn es handelt sich hier nicht nur um eine Art von Geschichtsverständnis, sondern um das Material des menschlichen Lebens überhaupt. Historisch kann Materie nur dadurch sein, dass sie aus der Zufälligkeit des Zusammentreffens ihrer Elemente sich zur Natur, zum Leben gebracht hat und sich dieses Leben durch seine Bewegungen, seinen Stoffwechsel und seine Fortpflanzung im Lauf der Zeit fortgebildet, seinen Sinn entwickelt hat. Geschichte ist Sinnbildung in der Folge von Entwicklungen in Epochen, die auseinander hervorgegangen sind und weiterhin hervorgehen werden. Materiell ist Geschichte also durch den Stoffwechsel ihrer Formationen, der Gegenstände und Verhältnisse, die sich hierbei verändern. Und die bestimmte materielle Art einer wesentlichen Veränderung macht ihre Epochen auch schon in der Naturgeschichte aus, welche zugleich die Geschichte der "Menschwerdung der Natur" (Marx) ist. Gerade weil Natur die Not ihrer Entwicklungen aus sich selbst heraus zu wenden gewusst hatte (siehe natürliche Intelligenz) konnte sie ihre Notwendigkeiten im Menschen als ihre Freiheit finden und den Menschen zur Selbsterkenntnis befähigen, durch die er selbst naturmächtig wurde. Am Anfang stand die Abstraktion, die ihre Wirklichkeit entzweit, weil sie die Inhalte auf die Substanz ihrer Beziehungen reduziert. Weil in einem abstrakten Verhältnis sich daher die Form zunehmend entleert, sich von ihrem Inhalt ablösen muss, bestimmt das mit der Trennung von Form und Inhalt seiner Beziehungen gespaltene Verhältnis sich nun auch wirklich abstrakt. Das somit veränderte Verhältnis reduziert die Qualität seiner Beziehungen und bestimmt schließlich sich selbst über die Masse (Quantität) ihrer Form. Diese entleert nun selbst ihre Verhältnisse und nichtet ihre inhalte durch das abstrakte Verhalten ihrer Vermittlung und wandelt ihre abstrakte Substanz zum Inhalt ihrer Form. Mit ihrer zunehmenden Verallgemeinerung bestimmt das schließlich auch die Inhalte ihrer Beziehungen durch ihre Form (siehe Formbestimung). Diese Schlussfolgerung hat Marx am Beispiel der Wertform aufgezeigt, wie und warum die abstrakt allgemeine Beziehungen einer Äquivalentform durch die allgemeinen Bestimmungen über die Gleichsetzung der Waren, also über ihre an und für sich gleichgültige vermitteln eine verselbständigte Form, die Geldform entsteht, die das Allgemeine der Äquivalenz als Wert der Tauschwerte gegen seine besonderen Inhalte (Gebrauchswerte) bestimmt. Von daher ist auch klar, dass es nicht einfach um politische Kämpfe und ihre Gewalt gehen kann, sondern um Verwirklichung dessen, was das wirkliche Material der Geschichte ist. Es geht nicht um eine Politik, die durch eine andere zu ersetzen wäre, nicht um die Vorherrschaft einer anderen politischen Ökonomie oder die einer anderen politischen Kultur; es geht um die Aufhebung der Kämpfe in einer wirklih anderen Gesellschaft überhaupt, um das, was sie geschichtlich materialisiert hat, was sie materiell ist, was also ihre Wirklichkeit ausmacht und worin die Menschen aller Kulturen und Wirtschaftsweisen sich verständigen und Bewusstsein über ihre Lebensverhältnisse bilden können. Es ist die Frage zu beantworten, was gesellschaftliche Geschichte überhaupt materiell sein kann, die bisher nur in der Form von Klassenkämpfen existiert hat. In der gesamten Evolution werden daher die Epochen im materiellen Wesen ihrer Zeit unterschieden (z.B. als Zeitalter des Carbons, des Delurs, der Eiszeit) oder in der Menschheitsgeschichte in dem Material, mit dem sich die Menschen vorwiegend zur Erzeugung ihrer Lebensverhältnisse befasst haben (Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit usw.). Und in der Entwicklung der Gesellschaften spricht man von Epochen der Machtverhältnise der gesellschaftlichen Produktion (z.B. durch Sklavenhaltung, Feudalgesellschaft, bürgerliche Gesellschaft), die durch Revolutionen oder Aufstände sich verändert hatten (z.B. industrielle Revolution). Die Naturgeschichte als solche kannte zwar Katastrophen und Blütezeiten, nicht aber Umstürze, die sich aus ihrer Konzentration und Negation ergaben. Dies war erst mit der Epoche der Menschheitsgeschichte enstanden, in der Epoche der menschlichen Intelligenz als Naturmacht. Der Historische Materialismus versteht diese Epoche als eine notwendige Formverwandlung des menschlichen Lebens, die aus der Befähigung zur Negation des Bestehenden (siehe Dialektik), zu einer substanziellen Veränderungen des Lebens überhaupt erwachsen war, weil sie sich aus den gesellschaftlichen Verhältnissen als Formationen des geschichtlichen Reichtums von und für Menschen, als materielle Lebensform bestimmt und sich durch die Kulturen und die Menschen in und mit ihren Gesellschaftsstrukturen verändert, die Art und Weise der Aneignung und Auseinandersetzung mit ihrer Natur, mit der Produktivkraft ihrer Arbeit entwickelt haben. Darin bildet sich der Sinn fort (siehe Sinnbildung), durch den Menschen als Naturwesen sich zugleich als Naturmacht ihrer Reichtumsbildung verwirklichen, dass sie durch ihre natürliche Intelligenz zugleich eine Intelligenz für sich, ein menschliches Selbstbewusstsein entwickelt haben, das sie durch ihre Kultur so bewahrheiten, wie es sich in den Epochen der Geschichte ihrer Naturaneignung darstellt. Geistesgeschichtlich war der historische Materialismus (kurz: Histomat) in der Auseinandersetzung von Karl Marx mit der Philosophie entstanden, besonders mit Hegel 's Idealismus und dem Materialismus von Ludwig Feuerbach. In den sogenannten Feuerbachthesen (siehe Feuerbachthesen in MEW Bd.3, S. 533 bis 535) wurden die wichtigsten Grundlagen hierzu formuliert. Es geht dabei um die Aufhebung der Wesensfrage der Philosophie, was Sein in Wahrheit ausmacht (siehe Logik). In der Philosophie gibt es vielerlei Interpretationen zu dem, was ist, die im Grunde aber nur darum kreisen, was so nicht zu sagen ist, gerade weil es so erscheint, wie es da ist, und deshalb ihre Fragen als bloße Wahrheitsfragen nicht einfach nur falsch, sondern vor allem verkehrt gestellt sind (siehe Dialektik). Philosophie verliert als bürgerliche Wissenschaftstheorie ihre eigenen Grundlagen, wenn sie nicht den Gegenstand der Wissenschaft durch die Analyse seiner Wirklichkeit als das erklärt, was diese wesentlich ist, wo sie sich gegen die Menschen wendet, was ihre Wirkungen auf die Menschen, ihre gegenständliche Kraft substanziell ausmacht (siehe Substanz) und ihre Lebensgrundlagen mystifiziert. Sie muss ihre idealisierenden Vorstellungen hierüber, und darin ihre Interpretation von einer menschlichen Identität aufheben (siehe Ideologiekritik) und ihre eigene Unwirklichkeit in das Begreifen dieser fremden Kraft wenden, den Begriff der Entfremdung, der Macht einer unwirklichen Wirklichkeit und ihrer Erscheinungsformen in den Gegebenheiten eines sich selbst fremd gewordenen Lebens erkennen. Ohne dies verliert sich Philosophie in abstraktem Denken (siehe Gedankenabstraktion), das sich selbst abstumpft, wenn sie nicht zu einer Philosophie der Tat, zu einer praktischen Wissenschaft wird. "Die Siege der Wissenschaft scheinen erkauft durch Verlust an Charakter. In dem Maße, wie die Menschheit die Natur bezwingt, scheint der Mensch durch andre Menschen oder durch seine eigne Niedertracht unterjocht zu werden. Selbst das reine Licht der Wissenschaft scheint nur auf dem dunklen Hintergrund der Unwissenheit leuchten zu können. All unser Erfinden und unser ganzer Fortschritt scheinen darauf hinauszulaufen, daß sie materielle Kräfte mit geistigem Leben ausstatten und das menschliche Leben zu einer materiellen Kraft verdummen. ” (Karl Marx: Rede auf der Jahresfeier des “People’s Paper” am 14. April 1856 in London) Die Frage ist, wie und warum der Fortschritt der Menschheit mit einer erschreckenden Zwangsläufigkeit unter den herschenden Bedingungen dahin verläuft, ihre eigenen Gesellschaften zu zerstören, in die Dekadenz einer Barbarei führt, die aus ihrem Wachstum (siehe Wirtschaftswachstum) selbst zu entstehen scheint. Diese Frage muss diesen Schein als ihren eigenen Grund erkennen und muss beantwortet werden durch das, was nicht wirklich ist und doch die Menschen bestimmt, was also das ist, was die Menschen in ihren wirklichen Verhältnissen fremd bestimmt (siehe Entfremdung). Es geht also darum, was wirklich das ist was ist und was nicht vertauscht werden kann, was also nicht zu täuschen ist, auch wenn es nicht als das erscheint, was es in Wahrheit ist. Nach Marx kann dies keine ontologische Substanz sondern nur der lebendige Sinn der Menschen sein, das, was die Sinnlichkeit der menschlichen Natur, seiner Arbeit und seiner Bedürfnisse, sein Denken, seine Sprache und seine Gesellschaft ausmacht. Im Unterschied zum dialektischen Materialismus wird hiernach der Mensch in allen seinen Wesenszügen nicht als materiell schon positiv bestimmtes Wesen sondern als geschichtliches Subjekt begriffen, das in seinen Widersprüchen noch seine Gesellschaft bildet. Von daher ist es eine widersprüchliche Subjektivität, die objektiv als gesellschaftlicher Widerspruch, als Klassenkampf existiert. Und von daher gehen hier alle subjektive Eigenschaften objektiv ein, welche die Lebenspraxis ausmachen. So ist auch Denken selbst als geschichtliche Praxis zu verstehen, das sich aus den historischen Schranken der gesellschaftlichen Entwicklung in den Widersprüchen erkennt und sich daher als menschliche Emanzipation aus den Negationen ihrer Geschichte heraussetzen kann. In seinen Feuerbachsthesen sieht Marx den Mangel der Philosophie darin, dass in ihr das Leben der Menschen und ihrer Natur "nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als menschliche sinnliche Tätigkeit, Praxis, nicht subjektiv." (MEW 3, S. 533f). Dies zu überwinden ist geschichtliche Tat. Zwischen dem "Dialektischen Materialismus" und dem "Historischen Materialismus" steht die Frage, was die gesellschaftliche Geschichte der Menschen wesentlich bestimmt, was ihren Sinn ausmacht: Ist sie subjektiv durch menschliches Tun, durch die Lebenspraxis der Menschen begründet und somit immer Ausdruck der bisherigen Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse und der Produktivkraft ihrer Arbeit. Oder ist sie objektiv durch eine allgemeine Notwendigkeit der Natur determiniert, durch eine "Logik der Natur", die eine "Dialektik der Natur" unterstellt, der die Menschen folgen müssen, wogegen die Zeitgeschichte immer nur unvollkommen ist, weil aus ihr heraus die Menschen ihre Subjektivität mit der Aufhebung ihrer natürlichen Not beziehen, die im Reichtum einer idealen Gesellschaft endet, weil darin die Naturnotwendigkeiten des Stoffwechsels überwunden, die Arbeit selbst reine Muse wäre, weil z.B. schon die Automation der Produktivkraft das Leben der Menschen sichern würde (siehe hierzu z.B. die Wertkritik). Wäre dann das "Reich der Freiheit" verwirklicht, weil es keine Notwendigkeit an Aufwendungen hierfür mehr geben würde? Steht letztlich die freie, völlig unabhängige, die reine Subjektivität der Menschen über jedweden gesellschaftlichen Beschluss, was zu tun ist? Ist die Notwendigkeit, welche menschliche Geschichte ausmacht, von der Freiheit der Emanzipation zu trennen; ist sie unterscheidbar zwischen ihrer inneren und ihrer äußeren Substanz? Was also bestimmt den "Lauf der menschlichen Geschichte"? Mit der Bildung ihres Reichtums haben Menschen ihre Lebensverhältnisse als Gesellschaft gegründet; - nicht weil sie darin objektiv, als objektive Natur bestimmt wären, sondern weil es ihr Reichtum als ihr gesellschaftliches Eigentum ist, durch den ihre Geschichte zu einer menschlichen, zu einer subjektiven Geschichte wurde, in der ihr Leben seine geschichtliche Form über das bloß Naturnotwendige hat, sich seiner Sinnbilung (siehe auch Kultur) entsprechend objektiviert. Soweit ihre Form durch ihren Inhalt bestimmt und noch nicht durch einen Widerspruch hiergegen zur Formbestimmung seines Gegenteils geworden ist (siehe auch Entfremdung) formuliert sie immer schon menschliche Geschichte als Gegenständlichkeit der menschlichen Natur. “Die Geschichte ist die wahre Naturgeschichte des Menschen.“ (MEW40, S. 579) Natur ist im Einzelnen wie allgemein und kann daher auch schon durch sich mehr sein als für sich, kann außer sich geraten, kann sich entzweien und Neues schaffen, ohne sich dabei zu schwächen; - ganz im Gegenteil: Natur ist üppig. In der Verschwendung lebt das Potenzial ihrer Vermehrung und ihres Wachstums. Alles Natürliche ergänzt sich - oder es stirbt (siehe Tod) und wird hierdurch wiederum zum Material ihrer Geschichte. "Der Mensch ist unmittelbar Naturwesen ... Aber der Mensch ist nicht nur Naturwesen, sondern ist menschliches Naturwesen; d.h. für sich selbst seiendes Wesen, darum Gattungswesen, als welcher er sich sowohl in seinem Sein als in seinem Wissen bestätigen und betätigen muß“ (Marx-Engels-Werke Bd.40, S. 578f) Marx hatte sich ganz klar gegen eine "Logik der Natur" und gdgen den daraus begründten Determinismus eines Geschichtsobjektivismus gestellt: "Die Geschichte tut nichts, sie besitzt keinen ungeheuren Reichtum, sie kämpft keine Kämpfe! Es ist vielmehr der Mensch, der wirkliche, lebendige Mensch, der das alles tut, besitzt und kämpft; es ist nicht etwa die Geschichte, die den Menschen zum Mittel braucht, um ihre - als ob sie eine aparte Person wäre - Zwecke durchzuarbeiten, sondern sie ist nichts als die Tätigkeit des seine Zwecke verfolgenden Menschen.” (MEW, Bd. 2, S. 98). Der Antrieb der menschlichen Geschichte ist das mit ihrer Naturmacht bestimmte Wesen ihrer gesellschaftlichen Lebensverhältnisse in ihren jeweiligen geschichtsepochen Wesensnot. Diese ist die Not eines Wesens, die nach seiner Notwendigkeit der Veränderung verlangt, das durch seine historischen Formbestimmungen in einen Widerspruch zwischen ihrer Form zu ihren Inhalten geraten ist, sich zu einem widersprüchlichen Ganzen entwickelt hat (siehe Wesenslogik), und von daher sich nicht mehr durch einzelne, sondern nur noch durch eine ganz allgemeine Veränderung des Lebens aufheben lässt. Denn menschliches Leben ist im Wesentlichen immer Naturgeschichte - nicht als eine "Logik der Natur" (sieh hierzu Dialektischer Materialismus), wohl aber als deren Produktion. “Alle Geschichtsschreibung muß von diesen natürlichen Grundlagen und ihrer Modifikation im Laufe der Geschichte durch die Aktion der Menschen ausgehen. Man kann die Menschen durch das Bewußtsein, durch die Religion, durch was man sonst will, von den Tieren unterscheiden. Sie selbst fangen an, sich von den Tieren zu unterscheiden, sobald sie anfangen, ihre Lebensmittel zu produzieren, ein Schritt, der durch ihre körperliche Organisation bedingt ist. Indem die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, produzieren sie indirekt ihr materielles Leben selbst.“ (MEW 3, S. 21). Um dem Substanzverlust infolge seiner Formbestimmung zu entgehen, um den Widerspruch seiner Lebensformen in seinen Lebensverhältnissen aufzulösen, verlangt dies eine inhaltliche Erneuerung durch die Überwindung ihrer anachronistischen Form, durch den Rekurs auf die Natur des darin entwickelten Wesens (siehe hierzu auch Revolution). Bedeutend ist der Begriff durch die Kritik an Hegel, die Marx mit einer Neufassung seines Verständnisses von Entfremdung über dessen Philosophie hinaus führte. Weil für Marx nicht der Begriff einer Idee das Sein bestimmen kann (siehe Feuerbachthesen), durch die sich die Geschichte fortbilden, verwirklichen würde, kehrte er das Hegelsche Wesen als bloß abstrakt Allgemeines einer Idee um zum Wesen der entfremdeten Wirklichkeit des Kapitalismus, das nach Hegel zum absoluten Geist strebt und daher in eine schlechte Unendlichkeit versetzt wird. Marx bezog aus der gesellschaftlichen Vermittlung des produzierten Reichtums einer Gesellschaft, die ihre Elementarform in der Ware hat, einen Widerspruch von allgemeiner Form einer Abstraktion zu den einzelnen Inhalten der darin gebildeten Bedürfnisse, der notwendig in einer Macht der Abstraktionskraft eines fremden Wesens als Formbestimmung der Gesellschaft durch ihre Wertform aufgeht. Was dann deren Wesensnot ausmacht, ist der Selbstwiderspruch ihres menschlichen Lebensverhältnisses das unmenschlich bestimmt wird. Indem die Menschen durch die Aufhebung dieses Widerspruchs ihre Freiheit erschließen konnten, mit der sie ihren natürlichen Notwendigkeiten nachgehen, konnten sie diese verarbeiten und mit ihrer Arbeit neue Bedürfnisse bilden, neue Welten schaffen, die nicht nur Resultat ihrer Geschichte, sondern zugleich Grundlage aller weiteren Geschichte sind. "Das Zusammenfallen des Änderns der Umstände und der menschlichen Tätigkeit kann nur als umwälzende Praxis gefaßt und rationell verstanden werden." (Feuerbachthesen nach MEW Bd.3, S. 533 bis 535). In jeder Geschichte gestalten die Menschen die Formen ihres Lebens durch die Inhalte ihrer Verhältnisse. Was darin subjektiv notwendig ist, verfolgen sie in einer naturhaften Beziehung ihrer gesellschaftlichen Lebenssubstanzen, die sie durch ihre Lebensäußerungen verwirklichen, in ihren Gegenständen objektierten. Eine Form kann sich daher auch nur durch ihre einzelnen Inhalte entwickeln, die in ihren praktischen Lebensverhältnissen den allgemeinen Zusammenhang ihrer Lebensäußerungen finden und empfinden. Wo diese Form sich aber in ihren gesellschaftlichen Verhältnissen nicht mehr inhaltlich fortbestimmt, sich bestimmungslos verallgemeinert, da wird sie in ihrer Allgemeinheit gleichgültig, verallgemeinert nur das, was sich darin gleich bleibt, abstrahiert ihre Substanz zur bloßen Tatsache ihres Daseins, wird zur Naruralform ihrer Abstraktion, worin alle Inhalte durch einander wechseln. sich in ihrer Verwechslung aufheben und sich dennoch in ihrer Abstraktion ergänzen, Da wird dann der eine durch einen anderen ersetzbar und jeder so wie der andere etwas Ganzes, das er nicht wirklich sein kann. Er wird in seiner einzelnen Bestimmtheit nur wirklich, wenn er im Allgemeinen von sich absieht, sich in einer doppelten Beziehung als Formbestimmung zu sich selbst verhält, bestimmt und gleichgültig gegen seine Bestimmtheit ist, zu einem doppelten Charakter wird. In ihrer allgemeinen Gleichgültigkeit heben sich alle Inhalte in ihren wirklichen Beziehungen auf und widersprechen in ihrer Erscheinungsform dem Wesen der Natur ihrer Entstehung, der Geschichte ihrer gesellschaftlichen Bezogenheit. Im abstrakt allgemeinen Wesen werden die isolierten Lebensinhalte der Menschen durch ihre abstrakte Vermittlung zwangsläufig enttäuscht. Zur Bewahrheitung der Wahrnehmung ihres Lebens müssen sie daher begreifen (siehe Begriff), was sie für sich aufgehoben, bewahrt und dennoch von sich ausgeschlossen haben (siehe hierzu Klassengesellschaft). Es kann daher nicht ein Begriff ihrer isolierten Existenz sein, der Geschichte macht (siehe hierzu dialektischer Materialismus), denn er kann nur begriffenes Sein als geschichtliches Gewordensein durch die Lebenspraxis der Menschen in der Logik ihres gesellschaftlichen Daseins formulieren. Mit der Geschichte entsteht der Begriff ihrer Epochen, nach dem dann im Nachhinein ihres Werdens ihr geschichtes Wesen erfasst wurde. Aus dem praktischen Leben der Menschen, aus den vielen Geschichten ihrer individuellen und allgemeinen Menschwerdung hat sich ihre Gesellschaft so entwickelt, wie sie durch die Produktivkraft ihrer Arbeit in der Auseinandersetzung mit ihrer Natur als Verhältnis ihrer Naturmacht zu sich selbst, zu ihrer Kultur möglich war. Die Lebensbedingungen der Geschichte sind die Grundlagen ihrer Bildung. Zugleich haben sie mit der Emanzipation aus ihrer Bedingtheit neue Möglichkeiten geschaffen, die mit der Überwindung überkommener Bedingungen durch die Fortbildung der Produktivkraft ihrer Arbeit neue Welten ermöglicht haben, in denen die Menschen selbst zu einer Naturmacht geworden waren. Die mnschliche Geschichte ist nicht die Geschichte einer menschlichen Identität, wie sie Hegel formuliert hatte, und auch nicht die Geschichte einer Logik der Natur, wie von Enged dargestellt (siehe hierzu dialektischer Materialismus), sondern die Geschichte der menschlichen Naturmacht durch die Fortschritte ihrer Produktivität. "Mit der Erwerbung neuer Produktivkräfte verändern die Menschen ihre Produktionsweise, und mit der Veränderung der Produktionsweise, der Art, ihren Lebensunterhalt zu gewinnen, verändern sie alle ihre gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Handmühle ergibt eine Gesellschaft mit Feudalherren, die Dampfmühle eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten." (MEW. 4, S. 130) Spricht man von Fortschritt oder Rückschritt, so spricht man über Geschichte, über das, was darin wesentlich ist, was die Menschen weitergebracht hat und was sie einschränkt, ihre Freiheit reduziert oder ihre Naturmächtigkeit ausweitet. Es ist die Frage, was den gesellschaftlichen Reichtum einer Geschichtsepoche ausmacht und was die bisherige menschliche Geschichte durch die Verfügung über das geschichtliche geschaffene Material (siehe auch Materialismus) ihrer Arbeit und Bedürfnisse bestimmt hat. Reichtum ist ein gesellschaftliches Vermögen, die Vielseitigkeit und subjektive Kraft im Nutzen und Sinn des Lebens der Menschen, ihrer Fähigkeiten und Eigenschaften in einer bestimmten Zeit, einer Epoche der Geschichte, die sich mit der Ersparnis (siehe Wirtschaft) an Aufwändungen der Arbeit durch den Fortschritt ihrer Produktivkraft vermehrt und intensiviert. Von daher hat sich deren Fortschritt in der ganzen bisherigen Geschichte der Menschheit als maßgeblich erwiesen und das Wesen der unterschiedlichen Geschichtsepochen und Gesllschaftsformen durch die Verfügbarkeit über ihre Arbeitsmittel (siehe auch Produktionsmittel) bestimmt - vom einfachen Stammeswesen der Jäger und Sammler über die Aristokratie der Sklavenhaltergesellschaften, der Feudalgesellschaften und Imperien bis hin zu den Dienstleistungegesellschaften von heute. Der historische Materialismus geht davon aus, dass es keine überhistorische Dialektik aus der bloßen Natur des Lebens (siehe hierzu Dialektischer Materialismus) gibt, sondern dass sich die Geschichte der Menschheit aus der jeweiligen Gegenwart ihrer gesellschaftlichen Widersprüche begründet, aus dem politischen Kampf der materiellen Gegensätze in den Epochen der hieraus bestimmten gesellschaftlichen Elementarformen der gesellschaftlichen Produktivkraft menschlicher Lebensäußerungen als geschichtlich entwickelte Wirtschaftsform der Arbeit. Darin wird jeder geschichtliche Fortschritt der gesellschaftlichen Reichtumsbildung als Potenzial der Aufhebung überkommener Machtstrukturen, als Material zum Umsturz überkommener, anachronistisch gewordener Lebensformen verstanden, als Logik einer Dialektik, die auf der Kenntnis ihrer Geschichte beruht und sich zwischen dem Reichtum einer herrschenden Klasse und ihrer Macht gegen die Ohnmächtigen vollzieht, als Revolution in der Fortbildung der menschlichen Naturmacht und Produktivität durch die Aneignung des gesellschaftlichen Reichtums durch die Menschen, welche dessen wesentliche Erzeuger sind und denen er entzogen, ihrem gegenwärtigen Leben entfremdet ist. "Diese Betrachtungsweise ist nicht voraussetzungslos. Sie geht von den wirklichen Voraussetzungen aus, sie verläßt sie keinen Augenblick. Ihre Voraussetzungen sind die Menschen nicht in irgendeiner phantastischen Abgeschlossenheit und Fixierung, sondern in ihrem wirklichen, empirisch anschaulichen Entwicklungsprozeß unter bestimmten Bedingungen. Sobald dieser tätige Lebensprozeß dargestellt wird, hört die Geschichte auf, eine Sammlung toter Fakta zu sein, wie bei den selbst noch abstrakten Empirikern, oder eine eingebildete Aktion eingebildeter Subjekte, wie bei den Idealisten." (Karl Marx, MEW 3, Seite 27) Im Verhältnis zu dieser Kenntnis, die auch das Bewusstsein schon vor aller Erfahrung hat, ergeht Erkenntnis als eine subjektive Bildung ihrer Geschichte, worin sich Menschen ihrer wirklichen Tätigkeiten und also ihrer Naturmächtigkeit erinnern, sich aus ihren Gewohnheiten heraussetzen, weil sie Vergangenes reflektieren, um Gegenwärtiges zu erkennen und hieraus Neues zu schaffen (siehe auch Arbeit). Dies macht ihre Sinnbildung aus und ist zugleich ein Heraustreten aus dem bloßen Kennen und Meinen, und das Hineingehen in die Gewissheit einer Beziehung, in die Wahrheit ihrer Gegenstände, Es ist somit wesentlich für die Beziehung des Menschen auf sich in der Findung und Befindung seiner Selbstgewissheit, seiner Empfindung und seiner Selbsterkenntnis, die auf der Beziehung zu seinen Gegenständen, zu anderen Menschen, zu seiner Natur und zu seinen Sachen beruht, wie sie seiner lebendigen Geschichte zu entnehmen und darin auch zu erkennen sind. "Die Phrasen vom Bewußtsein hören auf, wirkliches Wissen muß an ihre Stelle treten. Die selbständige Philosophie verliert mit der Darstellung der Wirklichkeit ihr Existenzmedium. An ihre Stelle kann höchstens eine Zusammenfassung der allgemeinsten Resultate treten, die sich aus der Betrachtung der historischen Entwicklung der Menschen abstrahieren lassen. Diese Abstraktionen haben für sich, getrennt von der wirklichen Geschichte, durchaus keinen Wert. Sie können nur dazu dienen, die Ordnung des geschichtlichen Materials zu erleichtern, die Reihenfolge seiner einzelnen Schichten anzudeuten. Sie geben aber keineswegs, wie die Philosophie, ein Rezept oder Schema, wonach die geschichtlichen Epochen zurechtgestutzt werden können. Die Schwierigkeit beginnt im Gegenteil erst da, wo man sich an die Betrachtung und Ordnung des Materials, sei es einer vergangnen Epoche oder der Gegenwart, an die wirkliche Darstellung gibt. Die Beseitigung dieser Schwierigkeiten ist durch Voraussetzungen bedingt, die keineswegs hier gegeben werden können, sondern die erst aus dem Studium des wirklichen Lebensprozesses und der Aktion der Individuen jeder Epoche sich ergeben. Wir nehmen hier einige dieser Abstraktionen heraus, die wir gegenüber der Ideologie gebrauchen, und werden sie an historischen Beispielen erläutern. Wir müssen bei den voraussetzungslosen Deutschen damit anfangen, daß wir die erste Voraussetzung aller menschlichen Existenz, also auch aller Geschichte konstatieren, nämlich die Voraussetzung, daß die Menschen imstande sein müssen zu leben, um "Geschichte machen" zu können." (Karl Marx, MEW 3, Seite 27 f.) Revolution ist von daher der Begriff für eine gesellschaftliche Wesensveränderung, die aus ihrer Wesensnot heraus, aus der Not, die sich im Lebenszusammenhang einer sich selbst fremd gewordenen Gesellschaft in anachronistischen Verhältnissen abstrakt begründet, schließlich allgemein und konkret zu einer seiner Produktivkraft entsprechenden Verwirklichung gelangt. Aus den Widersprüchen einer überkommen Welt schaffen die Menschen ein neues Verhältnis in der Geschichte ihres gesellschaftlichen Wesens, das sich durch ihrer Naturmächtigkeit schon immer wieder in neuen Geschichtsepochen durchgesetzt hat. Revolution ist von daher der substanzielle Vollzug eines gesellschaftlichen Fortschritts, der durch die Existenzform der gegenwärtigen Lebensverhältnisse noch beschränkt, durch deren Formbestimmungen anachronistisch ist. Sie wendet sich gegen die unwirkliche Gesellschaftsform der herrschenden Wirklichkeit durch die Beziehung auf eine dem wirklichen Leben der Menschen entsprechenden Lebensform. Aus diesem in ihren Epochen jeweils politisch bestimmten Gegensatz, entwickeln sich die Lebensverhältnisse der Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft anachronistisch als Herrschaft einer aus vergangenen Verhältnissen bestimmten gesellschaftlichen Form - als Wertform einer toten Arbeit (siehe auch Wertwachstum) - im Gegensatz zur Verfügung über die Werkzeuge eines gesellschaftlichen Fortschritts (siehe auch Wirtschaftswachstum) als Formbestimmung über die gegenwärtigen Verhältnisse, als rein politisch formalisierte Macht über die Inhalte ihrer Sinnbildung, dem Produktionsprozess ihres wirklichen Reichtums (siehe auch Staat). Geschichte ist in ihren Epochen daher der Aufhebungsprozess der jeweils gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse durch die Emanzipation einer beherrschten Klasse von Menschen gegen die Macht der Herrschenden angelegt, durch welche deren anachronistisch gewordene Elementarform überwunden wird. Geschichte ist somit immer als die Geschichte der Klassenkämpfe zu verstehen, die zu einer Gesellschaft strebt, in der sie in einem "Verein freier Menschen" aufgehoben sind. Der historische Materialismus hat somit das Verhältnis von Begriff und Geschichte zu einem Verständnis von historischer Wahrheit entwickelt. Seine Wissenschaftlichkeit begründet sich daher als praktische Vermittlung ihrer Einheit gegen die Interpretationen der Philosophen, die ihrem Denken Seinsbestimmungen - Ontologie - aus den verschiedensten Verallgemeinerungen ihrer Vorstellung voraussetzen (siehe auch Fundamentalontologie, Existenzialismus, Positivismus, Idealismus, Systemtheorie, Mustertheorie). Für solchen Verstand gilt das schon wesentlich vorgegeben, was das menschliche Leben "vor aller Erfahrung" sein soll und in deren Beweisen seine Bestätigung sucht, sei es ein Gott oder ein ontologischer Begriff, eben alles, was nicht erst in einem Not-wendenden Denken entsteht, sondern ihm anstelle eines Ur-Teils schon Substanz verleiht, ihm ein vorausgesetztes unerschöpfliches Wesen ihrer Methode zuweist, das keiner Analyse zugänglich sein muss, weil es eben Natur an sich, Ding an sich usw. schon ist, wie es allem zukommt, sich also lediglich aus der Wirklichkeit herausgenommen zu einem "wissenschaftlichen Begriff" verallgemeinert (siehe hierzu auch den hermeneutischen Zirkel der bürgerlichen Wissenschaften im Allgemeinen). Dadurch war die Welt der Begriffe der Philosophie und der Wissenschaften, die auf ihr gründen, schon immer ein Gegenstand der Interpretationen ihrer ontologisch begründeten Anschauungen, ihrer Vorstellungen und Zuneigungen, ohne dass dieser als ihr wirklicher Gegenstand, als notwendiger Gegenstand des Denkens zu erweisen und beweisen wäre. Derart getrennt von der Wirklichkeit ihres Denkens konnte solche Philosophie ihre Gedanken auch nur zwischen Positivismus und Idealismus beziehen und sich von der wirklichen Lebenspraxis der Menschen entziehen. "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt darauf an, sie zu verändern" (MEW 3, Seite 5) In seinen "Thesen über Feuerbach" begründete Marx seine Erkenntnisse gegen jede Ontologie und hieraus den historischen Materialismus aus der "Diesseitigkeit des Denkens", aus dem praktischen Geschichtsprozess der Menschen. "1. Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus ... ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit, nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als menschliche sinnliche Tätigkeit, Praxis, nicht subjektiv. Daher geschah es, daß die tätige Seite, im Gegensatz zum Materialismus, vom Idealismus entwickelt wurde - aber nur abstrakt, da der Idealismus natürlich die wirkliche, sinnliche Tätigkeit als solche nicht kennt. ... 2. Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme, ist keine Frage der Theorie, sondern eine praktische Frage. In der Praxis muß der Mensch die Wahrheit, d. h. die Wirklichkeit und Macht, die Diesseitigkeit seines Denkens beweisen. Der Streit über die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit eines Denkens, das sich von der Praxis isoliert, ist eine rein scholastische Frage." (Karl Marx, Feuerbachthesen, niedergeschrieben in Brüssel im Frühjahr 1845, MEW 3, S. 533) Und wenn die Wirklichkeit selbst ein bestimmtes Denken erfordert, so verbietet das eine seinsbestimmte Begriffslogik, Ontologie. Wissenschaftliches Denken muss demnach aus der Notwendigkeit der geschichtlichen Verhältnisse ihre logischen Beziehungen erschließen, ihre substanziellen Zusammenhänge entdecken, aus ihrer bisherigen Geschichte die Nöte ihrer menschliche Praxis erkennen und die Widersprüche der Gegenwart hieraus sowohl qualitativ als auch quantitativ durch ihre Begriffssubstanz wie aus ihrer Begriffsgröße erklären.. Qualität ist der Zusammenhang der Geschichte des Lebens, das sich auch in einer Menge von Ereignissen, also auch quantitativ mitteilen lässt, als materieller Zusammenhang einer Geschichte, von der man zu erzählen weiß, von dem, was sich aus der Vergangenheit für die Gegenwart ergeben, sich darin aufgehoben und bewahrt hat und bewährt ist, der Vergangenheit der Natur, des Geistes, der Menschen und der Welt überhaupt. Das Quantum hiervon bliebe für sich genommen nur eine Zahl in der jede Erzählung untergeht, die Abstraktion einer Erzählung, in der sie sich substanziell verliert, wo sie für sich steht. Nur darin aber würde sich Qualität überhaupt zeigen können, z.B. als Aufzählung und Geschichte in einem, als Zusammenhang von Ereignissen, die nicht für sich gelassen werden, Der historische Materialismus verteidigt das geschichtliche Bewusstsein, das Wissen des Seins, gegen die Utopie abgehobener Vorstellungen einer schlichten alternativen Gesellschaft, einer einfache Idee von Neuheiten der Arbeit, der Bedürfnisse oder des Reichtums. Eine konkrete Utopie kann nur aus der Aufhebung entfremdeter Geschichte wirklich werden, als Geschichte dessen, was als Traum des gegenwärtigen Lebens schon real ist und nur durch die Formbestimmung der gegenwärtigen Gesellschaft hiergegen beherrscht wird. "Es wird sich ... zeigen, daß die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewußtsein besitzen muß, um sie wirklich zu besitzen. Es wird sich zeigen, daß es sich nicht um einen großen Gedankenstrich zwischen Vergangenheit und Zukunft handelt, sondern um die Vollziehung der Gedanken der Vergangenheit. Es wird sich endlich zeigen, daß die Menschheit keine neue Arbeit beginnt, sondern mit Bewußtsein ihre alte Arbeit zustande bringt." (MEW 1, S. 346) Die ganze bisherige Geschichte kann man als einen Kampf um die Aneignung der gesellschaftlichen Produktivität der Arbeit auffassen, einer Arbeit, deren Produkte bisher immer von einer historischen Macht, der Herrschaft einer gesellschaftlichen Epoche, angeeignet wurde, die sich durch die Knechtschaft der Arbeit, durch eine dem Menschen entfremdete Arbeit bestärken konnte, der sich darin entäußern, sich verlieren musste. Dieses Herrschschafts-Knechtschafts-Verhältnis der bisherigen Weltgeschichte (Hegel) wurde schon immer durch den politischen Kampf um die Herrschaft geführt und endete immer schon mit deren Befestigung oder deren Sturz. Zur Analyse der bürgerlichen Gesellschaft entwickelte Karl Marx dieses Verhältnis als ein Klassenverhältnis, das nicht einfach in der Wesenslogik eines Weltgeistes stattfindet, sondern in den wirklichen gesellschaftlichen Verhältnissen der Menschen, in der Wirtschaftsform ihrer Arbeit und Geschichte. Das ist die grundlegende Erkenntnis des historischen Materialismus. "Diese Geschichtsauffassung beruht also darauf, den wirklichen Produktionsprozeß, und zwar von der materiellen Produktion des unmittelbaren Lebens ausgehend, zu entwickeln und die mit dieser Produktionsweise zusammenhängende und von ihr erzeugte Verkehrsform, also die bürgerliche Gesellschaft in ihren verschiedenen Stufen, als Grundlage der ganzen Geschichte aufzufassen und sie sowohl in ihrer Aktion als Staat darzustellen, wie die sämtlichen verschiedenen theoretischen Erzeugnisse und Formen des Bewußtseins, Religion, Philosophie, Moral etc. etc., aus ihr zu erklären und ihren Entstehungsprozeß aus ihnen zu verfolgen, wo dann natürlich auch die Sache in ihrer Totalität (und darum auch die Wechselwirkung dieser verschiednen Seiten aufeinander) dargestellt werden kann. Sie hat in jeder Periode nicht, wie die idealistische Geschichtsanschauung, nach einer Kategorie zu suchen, sondern bleibt fortwährend auf dem wirklichen Geschichtsboden stehen, erklärt nicht die Praxis aus der Idee, erklärt die Ideenformationen aus der materiellen Praxis und kommt demgemäß auch zu dem Resultat, daß alle Formen und Produkte des Bewußtseins nicht durch geistige Kritik, durch Auflösung ins "Selbstbewußtsein" oder Verwandlung in "Spuk", "Gespenster", "Sparren" etc., sondern nur durch den praktischen Umsturz der realen gesellschaftlichen Verhältnisse, aus denen diese idealistischen Flausen hervorgegangen sind, aufgelöst werden können - daß nicht die Kritik, sondern die Revolution die treibende Kraft der Geschichte auch der Religion, Philosophie und sonstigen Theorie ist. Sie zeigt, daß die Geschichte nicht damit endigt, sich ins "Selbstbewußtsein" als "Geist vom Geist" aufzulösen, sondern daß in ihr auf jeder Stufe ein materielles Resultat, eine Summe von Produktionskräften, ein historisch geschaffnes Verhältnis zur Natur und der Individuen zueinander sich vorfindet, die jeder Generation von ihrer Vorgängerin überliefert wird, eine Masse von Produktivkräften, Kapitalien und Umständen, die zwar einerseits von der neuen Generation modifiziert wird, ihr aber auch andrerseits ihre eignen Lebensbedingungen vorschreibt und ihr eine bestimmte Entwicklung, einen speziellen Charakter gibt - daß also die Umstände ebensosehr die Menschen, wie die Menschen die Umstände machen." (MEW 3, Seite 37*f) Das Leben vollzieht sich in Raum und Zeit durch die Bewegung und Kräfte, die Energie und die Stoffe, die sich durch die Lebewesen zum Material ihrer Natur entwickelt hat. Von daher besteht alles, was diese dabei äußern in der Gestaltung ihrer Welt als Materie und Material ihres Lebens, als Grundlage und Ausscheidung ihres Stoffwechsels, als materielle Gegenständlichkeit, in der sich ihre einzelne wie allgemeine Geschichte darstellt. Alles Gegenständliche ist Lebensreichtum schon aus seiner Geschichte heraus, die darin sich in ihrer natürlichen Intelligenz formuliert. Es war der Bildungsprozess der Natur, die sich zur Welt gebracht und darin verwirklicht hat (siehe auch Evolution). Darüber hinaus war es schließlich die menschlichen Kultur, die sich zu einer Naturmacht als Welt der Menschen gebildet hatte, die sich im Sinn für ihren Nutzen im Bildungsprozess der menschlichen Sinne, durch die Sinnbildung ihrer gesellschaftlichen Verhältnisse bereicherte. "Denn nicht nur die 5 Sinne, sondern auch die sogenannten geistigen Sinne, die praktischen Sinne (Wille, Liebe etc.), mit einem Wort der menschliche Sinn, die Menschlichkeit der Sinne wird erst durch das Dasein seines Gegenstandes, durch die vermenschlichte Natur. Die Bildung der 5 Sinne ist eine Arbeit der ganzen bisherigen Weltgeschichte. Der unter dem rohen praktischen Bedürfnis befangene Sinn hat auch nur einen bornierten Sinn. Für den ausgehungerten Menschen existiert nicht die menschliche Form der Speise, sondern nur ihr abstraktes Dasein als Speise; ebensogut könnte sie in rohster Form vorliegen, und es ist nicht zu sagen, wodurch sich diese Nahrungstätigkeit von der tierischen Nahrungstätigkeit unterscheide. Der sorgenvolle, bedürftige Mensch hat keinen Sinn für das schönste Schauspiel; der Mineralienkrämer sieht nur den merkantilistischen Wert, aber nicht die Schönheit und eigentümliche Natur des Minerals; er hat keinen mineralogischen Sinn; also die Vergegenständlichung des menschlichen Wesens, sowohl in theoretischer als praktischer Hinsicht, gehört dazu, sowohl um die Sinne des Menschen menschlich zu machen als um für den ganzen Reichtum des menschlichen und natürlichen Wesens entsprechenden menschlichen Sinn zu schaffen." (Karl Marx, MEW 40, S. 541 f.) Aber für die Menschen waren es in ihrer bisherigen Geschichte die Klassenkämpfe, in denen sich der Fortschritt ihrer Lebensäußerungen, der Fortschritt ihrer Selbsterhaltung und Selbstbildung in der Form ihrer Arbeit und deren Bedürfnisse vollzogen und in bestimmten historischen Epochen beschlossen hatte. "Alle bisherige Geschichte war eine Geschichte von Klassenkämpfen" (Marx), weil die Produktivität ihrer Arbeit in der Wirtschaftsform ihrer gesellschaftlichen Verhältnisse noch niemals den Reichtum aller Menschen erbracht hatte, sich immer nur in gegensinnigen Klassen durch die Ausbeutung von Menschen durch Menschen zwischen Armut und Reichtum vergesellschaftete. Hieraus bezog Marx die Schlussfolgerung seines materialistischen Geschichtsverständnisses: "Der Standpunkt des alten Materialismus ist die "bürgerliche" Gesellschaft; der Standpunkt des neuen, die menschliche Gesellschaft, oder die vergesellschaftete Menschheit." (Karl Marx, 10. Feuerbachthese, niedergeschrieben in Brüssel im Frühjahr 1845) Aber es waren nicht die Menschen als Personen, die sich in dieser Ausbeutung verkörperten, sondern die körperlichen Verhältnisse der menschlichen Arbeit. Nur sehr bornierte Historiker sehen die bisherige Geschichte aus der politischen Macht und Gewaltausübung einzelner "historischer Persönlichkeiten" begründet. Doch selbst in der bürgerlichen Wissenschaft wird heute kaum noch bestritten, dass jede Geschichte materielle Grundlagen hat, dass die Politik, die sie entschieden hat, von der materiellen wie geistigen Verfassung der Menschheit bestimmt war und dass die politischen Auseinandersetzungen, Kämpfe und Kriege, ihre Erfolge und Misserfolge sich auf der Grundlage ihrer materiellen Umstände und durch den gesellschaftlichen Umgang damit entschieden haben. Selbstverständlich ist auch, dass diese Geschichte der Menschen sowohl durch ihre eigene wirtschaftlichen Entwicklung befördert wurde, wie sie diese auch befördert hatte und dass es nicht irgendein persönlich entschlossener politische Wille, sondern dass es die Macht der Produktivkräfte war, die den gesellschaftlichen Fortschritt vorantrieb. "Man muss jeder historischen Kenntnis ermangeln, um nicht zu wissen, dass es die Regierungen sind, die zu allen Zeiten sich den wirtschaftlichen Verhältnissen fügen mussten, aber niemals die Regierungen es gewesen sind, welche den wirtschaftlichen Verhältnissen das Gesetz diktiert haben. Sowohl die politische wie die zivile Gesetzgebung proklamieren, protokollieren nur das Wollen der ökonomischen Verhältnisse." (K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 109) Somit ist schon weithin geklärt, dass die Geschichte der Menschheit sowohl die Naturgeschichte des Menschen als auch die seiner Produktivität, seiner Naturmacht darstellt. Aber kaum noch wird jemand aussprechen, dass alle bisherige Geschichte eine "Geschichte von Klassenkämpfen" (Karl Marx) war, und dass diese es waren, die ihre Anachronismen aufgehoben hatten. Und so wird auch niemand mehr unbedingt belegen wollen, dass bis heute der Anachronismus gesellschaftlicher Verhältnisse, ihre Verkommenheit gegen ihre Lebenssubstanzen ihre Revolutionierung nötig macht. Das aber besagt der historische Materialismus. Dieser Denkweise wird vorgeworfen, dass sie einen historischen Determinismus betreibe. Dazu müsste allerdings jeder Rückbezug auf Vergangenes schon Determinismus sein. Nein, es ist die Geschichte selbst, die der Beweis dafür ist, dass alle Wirkungsformen der menschlichen Produktivität, die heute in der Tat nur noch als die Produktivität des Geldes verstanden wird, entweder auf die Menschen zurückkommen muss oder in Barbarei endet, weil sie ihre eigene Basis, die menschliche Gesellschaft zerstört, wenn ihr Sinnzusammenhang, ihre Kultur aufgelöst wird. Als einen grundlegenden Fehler des Marxismus wird gerne von soziologischer Seite hervorgehoben, dass dem historischen Materialismus vorzuwerfen sei, mit dem Begriff des Klassenkampfs und der Notwendigkeit seiner Aufhebung in einer klassenlosen Gesellschaft ein Geschichtsobjektivismus, eine geschichtliche Teleologie (siehe auch Ontologie) betrieben würde, welche die Menschen von ihrer individuellen Emanzipation ablenken und damit ihre Verallgemeinerung zu einer gesellschaftlichen Fortentwicklung behindern würde. Von daher war auch die Kritik von Adorno am hegelschen und marxistischem Verständnis von der Wahrheit eines Ganzen als totalitäres Geschichtsverständnis und seinem Vorschlag entstanden, ihn durch den Begriff der Unwahrheit, der Täuschung zu ersetzen (Adorno: "Das Ganze ist das Unwahre"), die schließlich zu seinem Konstrukt einer negativen Dialektik gegen totalitäres Denken geführt hatte. Doch auch eine Individuelle Emanzipation bezieht sich immer schon auf die Notwendigkeit einer Befreiung, ebenso wie die gesellschaftliche als Ganzes, als die Wendung einer ganzen Not, die durch die gegenwärtige Gesellschaft im Allgemeinen - und damit eben auch im Ganzen - schon gegeben ist. Fortschritt lässt sich eben nur im Verhältnis von Freiheit und Notwendigkeit formulieren und nicht relativieren. Und schon bei Adorno lässt sich zeigen, wie die Leugnung einer ganzen Notwendigkeit als Not im Großen und Ganzen - eben als Wesensnot - durch deren Substanzlosigkeit zu einem weit sublimeren Totalitarismus führt - nämlich der Behauptung eines "richtigen Lebens" führen muss, die gegen ein "falsches Leben" zu positionieren wäre. Um die Grundaussagen des historischen Materialismus zu verstehen, muss seine Beziehung auf die gesellschaftliche Entwicklung der Menschheit erklärt werden, sein Verhältnis zu Wirtschaft und Kultur, wie es materiell sich als geschichtliches Gebilde begreifen lässt. Von daher werden sich die Beziehungen zu allen Seinsinhalten ergeben und zeigen lassen, denn es handelt sich hier nicht nur um eine Art von Geschichtsverständnis, sondern um das Material des menschlichen Lebens überhaupt. Von daher ist auch klar, dass es nicht einfach um politische Kämpfe und ihre Gewalt gehen kann, sondern um Verwirklichung dessen, was das wirkliche Material der Geschichte ist. Es geht nicht um eine Politik, die durch eine andere zu ersetzen wäre, nicht um die Vorherrschaft einer anderen politischen Ökonomie oder die einer anderen politischen Kultur; es geht um die Aufhebung der Kämpfe in einer wirklich anderen Gesellschaft überhaupt, um das, was sie geschichtlich materialisiert hat, was sie materiell ist, was also ihre Wirklichkeit ausmacht und worin die Menschen aller Kulturen und Wirtschaftsweisen sich verständigen und Bewusstsein über ihre Lebensverhältnisse bilden können. Es ist die Frage zu beantworten, was gesellschaftliche Geschichte überhaupt materiell sein kann, die bisher nur in der Form von Klassenkämpfen existiert hat. Historisch kann Materie nur dadurch sein, dass sie aus der Zufälligkeit des Zusammentreffens ihrer Elemente sich zur Natur, zum Leben gebracht hat und sich dieses Leben durch seine Bewegungen, seinen Stoffwechsel und seine Fortpflanzung im Lauf der Zeit fortgebildet, seinen Sinn entwickelt hat. Geschichte ist Sinnbildung in der Folge von Entwicklungen in Epochen, die auseinander hervorgegangen sind und weiterhin hervorgehen werden. Materiell ist Geschichte also durch den Stoffwechsel ihrer Formationen, der Gegenstände und Verhältnisse, die sich hierbei verändern. Und die bestimmte materielle Art einer wesentlichen Veränderung macht ihre Epochen auch schon in der Naturgeschichte aus, welche zugleich die Geschichte der "Menschwerdung der Natur" (Marx) ist. Gerade weil Natur die Not ihrer Entwicklungen aus sich selbst heraus zu wenden gewusst hatte (siehe natürliche Intelligenz) konnte sie ihre Notwendigkeiten im Menschen als ihre Freiheit finden und den Menschen zur Selbsterkenntnis befähigen, durch die er selbst naturmächtig wurde. In der gesamten Evolution werden daher die Epochen im materiellen Wesen ihrer Zeit unterschieden (z.B. als Zeitalter des Carbons, des Delurs, der Eiszeit) oder in der Menschheitsgeschichte in dem Material, mit dem sich die Menschen vorwiegend zur Erzeugung ihrer Lebensverhältnisse befasst haben (Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit usw.). Und in der Entwicklung der Gesellschaften spricht man von Epochen der Machtverhältnisse der gesellschaftlichen Produktion (z.B. durch Sklavenhaltung, Feudalgesellschaft, bürgerliche Gesellschaft), die durch Revolutionen oder Aufstände sich verändert hatten (z.B. industrielle Revolution). Die Naturgeschichte als solche kannte zwar Katastrophen und Blütezeiten, nicht aber Umstürze, die sich aus ihrer Konzentration und Negation ergaben. Dies war erst mit der Epoche der Menschheitsgeschichte entstanden, in der Epoche der menschlichen Intelligenz als Naturmacht. Der Historische Materialismus versteht diese Epoche als eine notwendige Formverwandlung des menschlichen Lebens, die aus der Befähigung zur Negation des Bestehenden (siehe Dialektik), zu einer substanziellen Veränderungen des Lebens überhaupt erwachsen war, weil sie sich aus den gesellschaftlichen Verhältnissen als Formationen des geschichtlichen Reichtums von und für Menschen, als materielle Lebensform bestimmt und sich durch die Kulturen und die Menschen in und mit ihren Gesellschaftsstrukturen verändert, die Art und Weise der Aneignung und Auseinandersetzung mit ihrer Natur, mit der Produktivkraft ihrer Arbeit entwickelt haben. Darin bildet sich der Sinn fort (siehe Sinnbildung), durch den Menschen als Naturwesen sich zugleich als Naturmacht ihrer Reichtumsbildung verwirklichen, dass sie durch ihre natürliche Intelligenz zugleich eine Intelligenz für sich, ein menschliches Selbstbewusstsein entwickelt haben, das sie durch ihre Kultur so bewahrheiten, wie es sich in den Epochen der Geschichte ihrer Naturaneignung darstellt. Geistesgeschichtlich war der historische Materialismus (kurz: Histomat) in der Auseinandersetzung von Karl Marx mit der Philosophie entstanden, besonders mit Hegel 's Idealismus und dem Materialismus von Ludwig Feuerbach. In den sogenannten Feuerbachthesen (siehe Feuerbachthesen in MEW Bd.3, S. 533 bis 535) wurden die wichtigsten Grundlagen hierzu formuliert. Es geht dabei um die Aufhebung der Wesensfrage der Philosophie, was Sein in Wahrheit ausmacht (siehe Logik). In der Philosophie gibt es vielerlei Interpretationen zu dem, was ist, die im Grunde aber nur darum kreisen, was so nicht zu sagen ist, gerade weil es so erscheint, wie es da ist, und deshalb ihre Fragen als bloße Wahrheitsfragen nicht einfach nur falsch, sondern vor allem verkehrt gestellt sind (siehe Dialektik). Philosophie verliert als bürgerliche Wissenschaftstheorie ihre eigenen Grundlagen, wenn sie nicht den Gegenstand der Wissenschaft durch die Analyse seiner Wirklichkeit als das erklärt, was diese wesentlich ist, wo sie sich gegen die Menschen wendet, was ihre Wirkungen auf die Menschen, ihre gegenständliche Kraft substanziell ausmacht (siehe Substanz) und ihre Lebensgrundlagen mystifiziert. Sie muss ihre idealisierenden Vorstellungen hierüber, und darin ihre Interpretation von einer menschlichen Identität aufheben (siehe Ideologiekritik) und ihre eigene Unwirklichkeit in das Begreifen dieser fremden Kraft wenden, den Begriff der Entfremdung, der Macht einer unwirklichen Wirklichkeit und ihrer Erscheinungsformen in den Gegebenheiten eines sich selbst fremd gewordenen Lebens erkennen. Ohne dies verliert sich Philosophie in abstraktem Denken (siehe Gedankenabstraktion), das sich selbst abstumpft, wenn sie nicht zu einer Philosophie der Tat, zu einer praktischen Wissenschaft wird. "Die Siege der Wissenschaft scheinen erkauft durch Verlust an Charakter. In dem Maße, wie die Menschheit die Natur bezwingt, scheint der Mensch durch andre Menschen oder durch seine eigne Niedertracht unterjocht zu werden. Selbst das reine Licht der Wissenschaft scheint nur auf dem dunklen Hintergrund der Unwissenheit leuchten zu können. All unser Erfinden und unser ganzer Fortschritt scheinen darauf hinauszulaufen, daß sie materielle Kräfte mit geistigem Leben ausstatten und das menschliche Leben zu einer materiellen Kraft verdummen. (Karl Marx: Rede auf der Jahresfeier des Peoples Paper am 14. April 1856 in London) Die Frage ist, wie und warum der Fortschritt der Menschheit mit einer erschreckenden Zwangsläufigkeit unter den herschenden Bedingungen dahin verläuft, ihre eigenen Gesellschaften zu zerstören, in die Dekadenz einer Barbarei führt, die aus ihrem Wachstum (siehe Wirtschaftswachstum) selbst zu entstehen scheint. Diese Frage muss diesen Schein als ihren eigenen Grund erkennen und muss beantwortet werden durch das, was nicht wirklich ist und doch die Menschen bestimmt, was also das ist, was die Menschen in ihren wirklichen Verhältnissen fremd bestimmt (siehe Entfremdung). Es geht also darum, was wirklich das ist was ist und was nicht vertauscht werden kann, was also nicht zu täuschen ist, auch wenn es nicht als das erscheint, was es in Wahrheit ist. Nach Marx kann dies keine ontologische Substanz sondern nur der lebendige Sinn der Menschen sein, das, was die Sinnlichkeit der menschlichen Natur, seiner Arbeit und seiner Bedürfnisse, sein Denken, seine Sprache und seine Gesellschaft ausmacht. Im Unterschied zum dialektischen Materialismus wird hiernach der Mensch in allen seinen Wesenszügen nicht als materiell schon positiv bestimmtes Wesen sondern als geschichtliches Subjekt begriffen, das in seinen Widersprüchen noch seine Gesellschaft bildet. Von daher ist es eine widersprüchliche Subjektivität, die objektiv als gesellschaftlicher Widerspruch, als Klassenkampf existiert. Und von daher gehen hier alle subjektive Eigenschaften objektiv ein, welche die Lebenspraxis ausmachen. So ist auch Denken selbst als geschichtliche Praxis zu verstehen, das sich aus den historischen Schranken der gesellschaftlichen Entwicklung in den Widersprüchen erkennt und sich daher als menschliche Emanzipation aus den Negationen ihrer Geschichte heraussetzen kann. In seinen Feuerbachsthesen sieht Marx den Mangel der Philosophie darin, dass in ihr das Leben der Menschen und ihrer Natur "nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als menschliche sinnliche Tätigkeit, Praxis, nicht subjektiv." (MEW 3, S. 533f). Dies zu überwinden ist geschichtliche Tat. Aber diese Tätigkeit selbst folgt einer objektiven geschichtlichen Notwendigkeit solange, wie die Natur nicht menschlich verwirklicht und die Menschen nicht natürlich in Gesellschaft sind, solange also ihre Gesellschaftsform gegensinnigen Substanzen folgt, eine doppelte Substanz hat. Diese macht den doppelten Gehalt ihrer Form aus (siehe Formbestimmung), betreibt einen Doppelcharakter aller wesentlichen gesellschaftlichen Elemente (siehe Elementarform), der die menschliche Geschichte bisher zu Klassenkämpfen bestimmt und die Menschen in ihren bisherigen Gesellschaften in abstrakte Verhältnisse und also ins Verhältnis einer Abstraktion versetzt hat. Diese hatte Hegel als Entfremdung von ihrem geistigen Wesen, von der Idee ihres Lebens verstanden. Im Streben nach deren Auflösung sah er einen übermenschlichen Willen zur Idealisierung tätig, der im absoluten Geist münden sollte und als "objektives Sollen" ihre Geschichte zur Verwirklichung der ihnen vorbestimmten Idee bestimmen würde (siehe Idealismus). Marx hat seinen Begriff von Geschichte gegen Hegel und Feuerbach mit der Feststellung gewendet, dass alles Leben wesentlich praktisch ist und sich in der Wirklichkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse der Menschen in jeder Epoche der Geschichte aus ihren substanziellen Interessen, dem Entwicklungsstand ihrer Naturaneignung erklären lässt. Er hat dies in dem Satz zusammen gefasst, dass alle Geschichte letztlich - also wesentlich - die Naturgeschichte des Menschen ist und somit auch jede Wissenschaft letztlich Naturwissenschaft sein muss. Damit ist nicht einer Seinsbestimmtheit, einer Ontologie oder einer Naturdisziplin der Wissenschaften das Wort geredet, wie dies oft verstanden wurde, sondern einer Wissenschaft, die dem Menschen als sich menschlich verhaltendes Leben gerecht sein will, das sich innerhalb seiner Natur verhält, aber in seiner Geschichte auch Verhältnisse zum Leben eingeht die nicht natürlich, also von einer anderen Substanz bestimmt sind, von der Unnatur einer Gesellschaft, die dem menschlichen Leben entfremdet ist. Die Elementarform dieser Verhältnisse erweist sich damit als eine metaphysische, eine abstrakte Substanz (siehe abstrakt menschliche Arbeit). Karl Marx hielt menschliche Geschichte als Sinnesgeschichte des Menschen, für die Sinnbildung ihres Wesens und fand damit im Menschen sowohl die Wirklichkeit der Natur, als auch er dessen Leben selbst schon als Verwirklichung der menschlichen Natur in einer menschlichen Gesellschaft im Begriff seines Werdens, in der Elementarform seiner Geschichte befand. Diese könne der menschlichen Natur nicht äußerlich sein, zugleich aber auch nicht innerlich. Die menschliche Gesellschaft ist die gegenständliche Form des geschichtlichen Menschseins, die Gegenwärtigkeit des gegenständlichen Reichtums für das Leben der Menschen. "Ein Wesen, welches seine Natur nicht außer sich hat, ist kein natürliches Wesen, nimmt nicht teil am Wesen der Natur. Ein Wesen, welches keinen Gegenstand außer sich hat, ist kein gegenständliches Wesen. Ein Wesen, welches nicht selbst Gegenstand für ein drittes Wesen ist, hat kein Wesen zu seinem Gegenstand, d.h. verhält sich nicht gegenständlich, sein Sein ist kein gegenständliches. Ein ungegenständliches Wesen ist ein Unwesen." (Karl Marx in Ökonomisch-philosophische Manuskripte (1844) - MEW 40, S. 578) Es wurde hiergegen von Marx die Geschichte der Menschen und ihrer Gesellschaftsformen selbst als materieller Entwicklungsprozess menschlicher Sinnbildung (nicht aber einer unendlichen materiellen Natur positiven Menschseins) begriffen, welcher sich in der Auseinandersetzung und Entfaltung der menschlichen Sinnlichkeit und der Bedürfnisse der Menschen als Naturgeschichte ihrer Arbeit - nicht aber als Natur der Arbeit! - vollzieht. Dabei sind Natur und Mensch materiell, also stofflich ununterschieden und nur im Prozess ihrer Geschichte zu verstehen - nicht als Begriff von Mensch oder Natur (siehe Dialektischer Materialismus), sondern als eine Geschichte, die mit und in sinnlicher Praxis der Menschen vollzogen wurde und sich gesellschaftlich vollzieht. Von daher vollzieht die Geschichte der menschlichen Gesellschaft in ihrer Menschwerdung zugleich die Vermenschlichung der Natur. "Die Sinnlichkeit (siehe Feuerbach) muß die Basis aller Wissenschaft sein. Nur, wenn sie von ihr, in der doppelten Gestalt sowohl des sinnlichen Bewußtseins als des sinnlichen Bedürfnisses, ausgeht - also nur wenn die Wissenschaft von der Natur ausgeht -, ist sie wirkliche Wissenschaft. Damit der "Mensch" zum Gegenstand des sinnlichen Bewußtseins und das Bedürfnis des "Menschen als Menschen" zum Bedürfnis werde, dazu ist die ganze Geschichte die Vorbereitungs- Entwicklungsgeschichte. Die Geschichte selbst ist ein wirklicher Teil der Naturgeschichte, des Werdens der Natur zum Menschen." (Karl Marx 1844 in MEW 40, S. 544) Die grundlegende Einsicht hieraus ist, dass menschliche Bedürfnisse sich bisher wesentlich praktisch mit der Erzeugung ihrer Gegenstände, im Entwicklungsprozess menschlicher Arbeit gebildet haben und von daher der Entwicklungsprozess der Werkzeuge, der Produktionsmittel des Menschen, die vorzügliche Lebenspraxis der bisherigen Geschichtsbildung ausmacht. Der Mensch wird hierbei also nicht als ein Subjekt der Anschauung (siehe Phänomenologie) und Idee (siehe Idealismus), als ein in sich bestimmtes, nicht als ein unabhängiges Subjekt begriffen, sondern als Subjekt, das nur in der Beziehung auf sein Objekt überhaupt Subjekt sein kann (was ja dem herkömmlichen Wortsinn auch entspricht). Der Marxismus versteht von daher menschliches Leben und seine Geschichte nicht als zufällig, sondern als Selbsterzeugungsprozess des Menschen, der notwendig aus der Natur heraus sich zu einer Naturmacht entwickelt, zu einem spezifisch menschlichen Verhältnis zu sich als menschliche Gesellschaft. In seinem Verhältnis zur Natur vollzieht er ein gesellschaftliches Verhältnis zu sich, weil seine Naturmacht aus seiner gesellschaftlichen Geschichte heraus bestimmt ist, als Bildungsgeschichte seiner Arbeit und Bedürfnisse und seiner Produktivkräfte. Im Zusammenwirken der Menschen (siehe Wirklichkeit) ergeben sich die Epochen der Gesellschaft aus der Entwicklungsgeschichte der Produktionsmittel, weil darin sich der Entwicklungsstand der Produktivkräfte auswirkt und sich als historisch bestimmte Gesellschaftsform des Verhältnisses der Menschen zu einander und zu ihrer Natur zuträgt. In diesem Verhältnis besteht die Aneignungsform menschlicher Natur durch die Arbeit, welche sich mit ihrer Naturmächtigkeit entwickelt und gestaltet und nicht nur die menschliche Sinnbildung ausmacht, sondern auch das formelle Verhältnis der Menschen als Gesellschaft, ihre politische Beziehung und Ermächtigung, z.B. als Stammesgemeinschaft der Jäger und Sammler, als Sklavenhaltergesellschafter der Krieger und Eroberer, als Feudalgesellschaft der Bauern und Handwerker und als Warengesellschaft der Industriellen Produktion. Die gesellschaftliche Form ihrer Naturmacht überwindet die stofflichen Schranken der Naturbestimmtheit, die bloße Notwendigkeit des rein stofflichen Seins. Sie produziert einen Reichtum für die Menschen, indem sie die Produktivkraft entwickelt, indem sie also den Aufwand der Naturaneignung durch produktive Intelligenz reduziert. Sie ist also wesentlich wirtschaftlich. Von daher ist die Geschichte der Menschheit aus der Geschichte ihres Wirtschaftens, ihrer Arbeitsform, bestimmt. So hat das Friedrich Engels zusammengefasst: "Die materialistische Anschauung der Geschichte geht von dem Satz aus, daß die Produktion, und nächst der Produktion der Austausch ihrer Produkte, die Grundlage aller Gesellschaftsordnung ist; daß in jeder geschichtlich auftretenden Gesellschaft die Verteilung der Produkte, und mit ihr die soziale Gliederung in Klassen oder Stände, sich danach richtet, was und wie produziert und wie das Produzierte ausgetauscht wird. Hiernach sind die letzten Ursachen aller gesellschaftlichen Veränderungen und politischen Umwälzungen zu suchen nicht in den Köpfen der Menschen, in ihrer zunehmenden Einsicht in die ewige Wahrheit und Gerechtigkeit, sondern in Veränderungen der Produktions- und Austauschweise; sie sind zu suchen nicht in der Philosophie, sondern in der Ökonomie der betreffenden Epoche. Die erwachende Einsicht, daß die bestehenden gesellschaftlichen Einrichtungen unvernünftig und ungerecht sind, daß Vernunft Unsinn, Wohltat Plage geworden, ist nur ein Anzeichen davon, daß in den Produktionsmethoden und Austauschformen in aller Stille Veränderungen vor sich gegangen sind, zu denen die auf frühere ökonomische Bedingungen zugeschnittne gesellschaftliche Ordnung nicht mehr stimmt. Damit ist zugleich gesagt, daß die Mittel zur Beseitigung der entdeckten Mißstände ebenfalls in den veränderten Produktionsverhältnissen selbst - mehr oder minder entwickelt - vorhanden sein müssen. Diese Mittel sind nicht etwa aus dem Kopfe zu erfinden, sondern vermittelst des Kopfes in den vorliegenden materiellen Tatsachen der Produktion zu entdecken." (Karl Marx 1844 in MEW 19, S. 210) In den menschlichen Bedürfnissen vollzieht sich nicht einfach objektive Natur, wie dies vom "Dialektischen Materialismus" unterstellt ist. Die Menschen selbst verhalten sich als Subjekt der Natur in eigener Freiheit, die in der Arbeit ihre Notwendigkeit und Vergegenständlichung hat, wie sie auch in ihrer Objektivität die historischen Bedingungen ihrer Subjektivität, die Mittel ihrer Selbsterzeugung als menschliche Gesellschaft vorfinden. Der Produktionsprozess der Menschen ist daher ihr Selbsterzeugungsprozess, indem sie darin ihre Bedürfnisse objektivieren, die Freiheit ihrer Sinnbildung vergegenständlichen zu einer historischen Stufe ihrer Produktion, aus welcher sich auch ihre historische Form erklärt, so wie diese auch hierzu anachronistisch werden kann. Um den Umfang dieser Geschichtsauffassung weiter auszuführen, muss man ihre Herkunft aus dem philosophischen Diskurs verstehen. Es ist darin vielerlei impliziert: Die Menschen sind natürliche Wesen, die sich frei zur Natur verhalten, die ihr eigenes Wesen in den Gegenständen erkennen, die sie hervorbringen, die aus den Notwendigkeiten ihres naturstofflichen Seins es zu einer menschlichen Kultur gebracht haben, worin sie sich zugleich in der Freiheit ihrer Natur verhalten, durch welche sie von ihr zugleich unterschieden sind. Nur durch ihren gesellschaftlichen Entwicklungsprozess als Naturmacht wurde die Naturgeschichte der Menschwerdung zu einer Geschichte der menschlichen Gattung, der "Menschwerdung der Natur" (Marx), zur "Bildungsgeschichte der menschlichen Sinne" (Marx). Von daher versteht sich der historische Materialismus selbst als geschichtlich, nicht als Position zum Leben der Menschen, sondern als geschichtliche Position, nicht von der Natur determiniert, sondern als Reflexion der natürlichen Voraussetzungen, nicht als Lebensauffassung oder Seinsbestimmung (siehe Ontologie), sondern als Wissen um das lebendige Sein der Menschen selbst, als geschichtliches Bewusstsein ihres Daseins in ihren geistigen und materiellen Auseinandersetzungen. Aus der Marx'schen Kritik an Hegel ging hervor, dass sich die Geschichte der Menschen nicht aus der Selbstentfaltung des Weltgeistes erklärt, sondern aus dem Prozess der Menschwerdung von Natur, aus der Entwicklung ihrer Arbeit, ihrer Produktionsmittel und Intelligenz zu einem gesellschaftlichen Reichtum, der die Bornierungen der Natur überwindet und den Menschen als Moment der Natur sich zur Natur menschlich, und das heißt als gesellschaftliche Naturmacht verhalten lässt. Der historische Materialismus geht davon aus, dass alles Leben nur in seiner materiellen Geschichte erkennbar ist, Erkenntnis selbst natürliche Geistestätigkeit ist. Damit sollte die bisherige Philosophie der objektiven und subjektiven Geister, mit den verschiedenen Interpretationen der Geschichte beendet sein: "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern." (MEW 3, S. 534) Es war dies ein Ende philosophischer Identitätssuche in verschiedenen Theorien zum Sein als solchen (siehe Ontologie) und also auch ein gänzlich neues Verständnis menschlicher Identität und damit auch von Wahrheit. Sie gründet unmittelbar auf der menschlichen Lebenspraxis, dem Stoffwechsel und seiner Fortpflanzung im weiten und im engeren Sinn: Der Selbsterzeugung des Menschen. Geschichte ist nichts anderes als ihr Verlauf, das Werden des Menschen in den Phasen seiner Selbsterneuerungen (Revolutionen). Diese kennzeichnen die Epochen der Lebensgestaltung, die Entwicklung der gesellschaftlichen Arbeit von der Naturabhängigkeit des Menschen hin zur Vermenschlichung der Natur. Die Arbeit löst sich in diesem Prozess selbst aus den Borniertheiten der Naturgewalt und bemächtigt sich ihrer Elemente (Feuer, Wasser, Luft, Erde und Licht) durch menschliche Geisteskraft in der Entwicklung der Produktionsmittel - bis hin zur Freiheit von der natürlichen Beschränkung des Menschen aus der Materie der Natur. Von daher ist jede Geschichte menschliche Naturgeschichte, Werden menschlicher Sinnlichkeit und menschlichen Reichtums. Und auch nur aus dessen Naturgeschichte heraus ist zu begreifen, warum die Mächte, die sich der menschlichen Geschichte entgegenstellen, als Naturgewalt erscheinen: Sie fungieren als negierte Natur, als Realabstraktion organischer Notwendigkeiten, und es macht die Stringenz, Nachhaltigkeit und Wahrheit der Marx'schen Theorie aus, dies erkannt zu haben und hiervon auszugehen. Als Naturmacht erschienen den Menschen ihre Natürgötter, ihre Sklavenhalter, ihre Lehnsherren und das Kapital, weil durch sie ihre Natur als menschliche Gesellschaft entzogen verblieb, der Mangel ihres Menschseins in ihrer jeweiligen Gesellschaft als notwendiger Mangel der Natur fixiert zu sein schien, weil die Besitzhabenden dieser Macht das nötig hatten, bis eine Selbsterneuerung der Gesellschaft (siehe Revolution) sie ablösten und eine höheren Entwicklungsstufe des menschlichen Lebens ermöglichte. Revolutionen waren von daher die "Lokomotiven der Geschichte" (Marx). Die Beherrschung und Zusammenführung der Produktivkraft des Menschen ist verschiedenen Phasen unterworfen und stellt die Geschichtsepochen von den Stammeskulturen der Naturreligionen über die Sklavenhaltergesellschaft der Kriegervölker zur Feudalgesellschaft des Gottesgnadentums und der industriellen Produktion der bürgerlichen Gesellschaft bis hin zu einer menschlichen Gesellschaft, einer Gesellschaft, worin die Menschen Subjekte im konkreten Zusammenhang ihrer Selbsterzeugung sind: der kommunistischen Gesellschaft. Der Geschichtsprozess der Arbeit selbst ist die Heraussetzung des Lebens in seine Gegenständlichkeit (Objektivität) und die Bildung und Entwicklung von Leben aus dieser. "Die ganze bisherige Geschichte ist der Bildungsprozess der menschlichen Sinne" (Marx), aber bisher nur als eine "Geschichte der Klassenkämpfe" (Marx). Der historische Materialismus sieht die Geschichte der Menschheit in einem Streit um die Naturaneignung, der in der Phase des Kapitalismus sein Ende gefunden hat und zu einem rein politischen Kampf um die Verfügungsmacht über die Produktionsmittel geworden ist. Als solcher ist er ein Anachronismus gegen die menschliche Geschichte überhaupt und kann sich nur aufheben, indem die Menschen eine Gesellschaftsform eingehen, in der diese Macht den Menschen allgemein übereignet ist, in der sie so subjektiv sind, wie sie ihre Objekte erzeugen. Subjekt gibt es nach Marx nicht ohne Objekt. Es ist durch sein Objektivsein sich selbst unterworfen, wie es dieses auch bestimmt. Das besagt schon der Wortstamm (lat.: subicere = unterwerfen, subiectum = das Unterworfene). Seine Freiheit besteht in der "Einsicht in die Notwendigkeit" (Hegel), sein Leben bewusst zu gestalten. Die Unterwerfung des Subjekts wird dadurch zu seiner Befreiung, dass es Objektivität erzeugt, dass es sich außer sich setzt, sich in anderes Sein versetzt, sich ändert und diese Änderung als seine Geschichte gestaltet. Demnach gibt es nur eine geschichtliche Beziehung von Subjekt und Objekt, ein beständiges Aufgehen und Aufheben des einen im anderen als Verhältnis des gegenständlichen Verlangens und Gestaltens (das macht die Dialektik des historischen Materialismus aus). Nach Marx ist der Mensch in seiner Selbstvergegenständlichung begriffen, Subjekt und Objekt seiner Geschichte. Ihm gilt seine Welt daher subjektiv als Gegenstand. Vergegenständlichung ist Arbeit, Naturalisierung des menschlichen Wesens, Erzeugung und Reflexion seiner Natur wie Verwirklichung der Natur überhaupt, die dadurch angeeignet wird, dass aus ihr menschlicher Reichtum stofflich wie geistig als ein Gegenstand von und für Menschen gebildet wird (siehe auch Kultur). Marx hat zugleich durch seine Analyse der bürgerlichen Gesellschaft bewiesen, dass sie und ihre Aufhebung nur innerhalb der Geschichte der Menschheit vollständig begriffen werden kann als Überwindung der Teilung der Arbeit, der Abtrennung der Arbeit von den Bedürfnissen, welche die Menschen darin entwickeln. Die Entwicklung der bürgerliche Gesellschaft, welche die Leibeigenschaften des Feudalismus, seine persönlichen Abhängigkeitsverhältnisse, durch die wirklich gesellschaftlich gewordene Arbeit überwunden hat, kann noch nicht die Klassenherrschaft überwinden, weil darin die Menschen in ihrer privaten Existenzform, also unter der Bedingung des Privateigentums, immer noch ausgeschlossen sind von den gesellschaftlichen Inhalten ihrer Arbeit. In der Warenform, die dieser Gesellschaft zugrunde liegt, werden die besonderen Inhalte ihrer Arbeit lediglich abstrakt gesellschaftlich aufeinander bezogen (siehe abstrakt menschliche Arbeit). Durch die darin entstandene Herausstellung einer Besonderheit zu einer neuen Allgemeinheit, der Gesellschaftlichkeit der Warenverhältnisse, wurde das Geld zu einer gesellschaftlichen Form, die ihre doppelte Beziehung zwischen Zahlungsmittel und Kaufmittel fortbestehen lässt. Hierdurch aber kann sie kein wirklich gesellschaftliches Verkehrsmittel schaffen und verkehrt alle Verhältnisse durch den Widersinn der Geldform, der sich als Warenfetischismus entfaltet und die Beziehung der Menschen selbst auf den Kopf stellt, aus dem gesellschaftlichen Verhältnis der Personen ein gesellschaftliches Verhältnis der Sachen macht., durch das sie bestimmt sind, anstatt es zu bestimmen. Die bürgerliche Gesellschaft entfaltet diesen Widerspruch in widersprüchliche Beziehungen zwischen Wert und Preis, zwischen Mehrwertrate und Profitrate bis aufs äußerste in die Verhältnisse der Kapitalformen (siehe trinitarische Formel) und ohne wirkliche Aufhebung ihrer Form zu einem wirklichen gesellschaftlichen Inhalt wird sie sich in einem Feudalkapitalismus auflösen, sich in ihre Ursprünge in ausschließlicher Form zurückentwickeln. Der historische Materialismus wurde von Lenin und Stalin mit dem Dialektischen Materialismus in eins gesetzt und zu einem Geschichtsdeterminismus umgedeutet und damit wurde die geschichtliche Bewegung überhaupt zu einer dialektischen Bewegung eines rein materiellen Begriffs, also durch diesen überhistorisch determiniert. Diese widersinnige Umkehrung von Begriff und Geschichte führte zu einer radikalen Auslegung der Theorie von der "Diktatur des Proletariats" (siehe "Probleme des Marxismus"), wie sie von Marx nie gemeint war.
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