"Mit der Verwertung der Sachenwelt nimmt die Entwertung der Menschenwelt in direktem Verhältnis zu." (Marx in MEW 40, S. 511) Jeder Wert stellt eine substanzielle Bedeutung einer unbedingten Beziehung für die Menschen dar (siehe hierzu Existenzverwertung). Doch weil diese Beziehung in ihrer Bedeutung zunächst nur ideell ist und sich daher nicht unmittelbar identifizieren lässt, unterliegt sie der Vermittlung ihrer Kulturgüter, also den Mitteln, durch die sie überhaupt und schlechterdings in objektive Beziehungen existiert (siehe auch objektive Gefühle), tatsächlich da ist (siehe Dasein). Darin stellt sie sich zwar in ihrer Bedeutung wesentlich vor, doch sie ist als deren bloße Vorstellung immer noch getrennt von ihrem wirklichen Körper, von ihrem substanziellem und also sinnlichem Sein. Als dieses schlechthin nur Vorgestellte, dieses an und für sich substanzlose Wesen ihrer Kultur (siehe Kulturgut) gilt sie in ihrer Wirkung und Wirklichkeit lediglich als das Maß einer Bewertung. Eine Bewertung ergeht aus einem Urteil, das sein Wissen und Bewusstsein aus einem allgemein gewordenen Verhältnis von Werten bezieht, wie sie über die bisherige Geschichte eines politisch bestimmten Lebensraums überkommen sind (siehe hierzu historischer Materialismus). Doch was für diese Geschichte wichtig oder wesentlich gewesen sein mag, war immer davon abhängig, wie es ihre Gesellschaft vorangebracht, weiterentwickelt hatte. Von daher ist jede Bewertung ein Rückgriff auf das, was darin als wertvoll angesehen werden musste. Und dies hängt natürlich vom Entwicklungsstand der Gesellschaft und ihrer wesentlichen Lebensgrundlage, dem Grund und Boden ihrer allgemeinen Verhältnisse ab, die ihren Sinn und Zweck in den Lebensäußerungen der Menschen, in ihrer Existenz, ihre Arbeit und ihrer Kultur haben und erfüllen, wodurch sie sich wirtschaftlich und kulturell bereichern, sich aus den Notwendigkeiten ihres Lebens entwickeln und emanzipieren, sich in seinem Sinn und Nutzen durch ihren geschichtlich gewordenen und werdenden Reichtum befreien. Die Aneignung dieses Reichtums überwindet die Bewertung seiner Verhältnisse und macht sie für deren Geschick faktisch. Denn jede Wertschätzung ist nur die Beziehung auf einen Erfahrungsschatz, wodurch dieser einen Wert hat, wenn er eine geselschaftliche Bewertung dadurch erfahren hat, dass er etwas darstellt, was nötig für eine Gesellschaft und deren Entwicklung ist, weil es das Material ihres Daseins verkörpert. Aber Wert kann etwas nur haben, wenn es ungewiss, zugleich aber als Mittel eines ihm äußerlichen Zwecks nötig ist. Wert entsteht, wo eine konkrete Vermittlung fehlt, wo etwas nicht wirklich da ist, was für ein bestimmtes Verhältnis notwendig da sein muss, was aber gerade da konkret abwesend ist, wo es wesentlich ist und sein soll. Jedes Leben wird durch eine Bewertung zu nichts, weil ihm damit sein wesentliches Sein durch ein subjektives Urteil in seinem Dasein (siehe auch ästhetisches Urteil) veräußerlicht, gemaßregelt ist - und zwar aus dem einen Grund, dass seine Entwertung schon objektiv existiert. Nur hierdurch ist überhaupt seine Bewertung möglich. Und nötig ist dies, wo eine höhere Ordnung als Prinzip eines entäußerten Lebens herrschen soll, um Leben darin einzufügen. Besonders mit den Kulturwerten wird eine Leitkultur zum Instrument einer Einpassung in die Notwendigkeiten einer bestimmten Existenzform eines bestimmten Lebensverhältnisses - so wie damit überhaupt eine Lebensbestimmung verdoppelt wird. Mal spricht man von "westlichen Werten", mal von "unwertem Leben", mal von dem "guten Leben", mal vom "falschen". Leben wird bewertet, wo sich Menschen, Kulturen oder ganze Staaten aus ihrem Überleben definieren, sich gegen ihre Krisen verhalten, um aus Werten sich gegen Entwertung zu verhalten, um eben durch die Bewertung ihrer selbst einen Selbstwert zu beziehen, durch den sie anderes Leben implizit als unwertig oder minderwertig behaupten, weil sie nicht in der Lage sind, sich daruf zu beziehen. Es ist das sich abgrenzende Geltungsbedürfnis, das sich gegen das Leben bestimmt, das als fremd empfunden wird, weil es den Gewohnheiten des eigenen Selbstgefühls nicht entspricht (siehe Narzissmus). Es ist die Bestimmung einer Ideologie der Selbstbeziehung, wo sie politisch zur Kulturalisierung der eigenen Lebensräume verwendet wird (siehe auch ästhetischer Wille). Leben lässt sich nicht bewerten ohne dass Leben entwertet wird. Lebenswerte sind Werte, die sich aus kultivierten Ideologien gegen soziale Krisen ergeben (siehe auch Dekadenz), aus abstrakten Vorstellungen von kulturellen Gewohnheiten, die sich aus ihren Strukturen (siehe auch Leitkultur), Sittten und Gebräuche in einer bestimmten Kultur ergeben und sich als allgemeine Bewertung des Lebens überhaupt in besonderen Wertschätzungen hervorkehren. Was ideell durch die dem entsprechende Gewohnheit herrscht (z.B.als Ethik, Sitte, Moral usw.) wird als allgemeine Güte des Leben schlechthin ausgemacht und so zum Maßstab der Bewertungen von gesellschaftlichen Lebensinhalten überhaupt, die schließlich als Selbstgerechtigkeit eines ganzen Wertesystems institutionalisiert wird. Es sind Lebensabstraktionen, die sich als abstrakter Sinn aus der Notwendigkeit einer Kultur, zur Politik ihrer Kulturerhaltung und Kulturentwicklung nötig machen, damit sie für die Menschen gut scheinen können, wo sie keine eigene Position aufbringen können, damit sie Identität stiften, wo keine wirklichen Lebenszusammenhänge mehr möglich sind. In den zwischenmenschlichen Verhältnissen verwirklichen sich in den Empfindungen und Gefühlen auch Lebenswerte, die eine Welt voller Selbstbezogenheit möglich machen, auch wenn sie existenziell nicht möglich ist. Lebenswerte adeln einen Gehalt (siehe Substanz), den sie nicht wirklich haben (siehe Selbstveredelung), durch den sie aber Verhältnisse stiften können, in denen ihre Zwischenmenschlichkeit kulturalisiert wird. Hierdurch werden in diesen Beziehungen durch Lebenswerte Realabstraktionen möglich, - nötig werden sie in der seelischen Entwicklung der Menschen. Sie entsteht zwischen Empfindung und Gefühl als etwas, das die Wahrnehmung zu Erkenntnissen bewegt, die sie wahrmachen soll, die nicht wirklich sind, aber Wert des Lebens darstellen, die kein Leben haben, aber aus dem gewonnen werden, was in der Empfindung an Leben gefühlt wird. Lebenswerte sind darin Realabstraktionen der Sinne, welche Empfindungen als Gefühl in einem abstrakt menschlichen Sinn leben. Das Allgemeine des Gefühls ist ein Sinn, den das Leben der Menschen hat, die keinen Sinn für ihr Leben haben können, weil und sofern er ihnen in ihrer Existenz verwehrt ist und sie nur in einem Lebenswert ausfüllt. Dies ist der Grund aller seelischen Verselbständigungen in den zwischenmenschlichen Beziehungen, der Scheinwelten in ihnen bildet und sich an dem prothetischen Charakter ihrer Beziehungen weidet.
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