Wo die Gegenstände der Erfahrung nichts Eigenes an sich haben, wo sie in der Wahrnehmung ausschließlich objektiv in Erscheinung treten, von ihrem Subjekt getrennt erscheinen (siehe Teilung der Wahrnehmung), mussen sie sich durch ihre Anwesenheit aneignen lassen, muss Erfahrung aus den Zusammenhängen ihres gesellschaftlichen Wesens erlernt werden. Lernen heißt entdecken, Bilder und Zeichen oder Muster entziffern, Schwellen überwinden, das Unbekannte von Fremden unterscheiden, indem seine Kenntnis erworben wird. Das Unbekannte macht den wachen Geist neugierig, denn es stellt den Mangel einer subjektiver Beziehung auf einen noch nicht erkannten Gegenstand dar, den sie zur Kenntnis genommen hat. Um ihn zu wirklich zu erkenen, muss sie ihn in seiner Wirklichkeit kennen lernen. Lernen ist zunächst die Aneignung von Wirklichkeit, wodurch sich die Fähigkeiten bilden, die notwendig sind, um die Gegebenheiten zu verarbeiten oder auch zu berarbeiten, Neues zu bilden - um sie und das eigene Verhältnis hierzu zu verändern. Lernen ist daher ein Aneignungsprozess aus der Gewohnheit von Erfahrungen des objektiv Gegebenen, dessen Mängel durch subjektive Einwirkungen aufgehobenen werden sollen. Im Lernprozess muss daher deren Entstehungsprozess nachvollzogen und empfunden werden, um durch entsprechende Gefühle die entsprechenden Fähigkeiten hierzu zu bilden. Von daher ist Lernen zunächst objektiv begründet und kann sich zugleich nur subjektiv verwirklichen, indem sich die Erinnerung ihrer Empfindungen zur Fähigkeit ihrer Gefühle entwickeln, um sich diese anzueignen und fort zu entwickeln. Es bildet sich hierbei aus den Erinnerungen ihrer Empfindungen eine neu bestimmte Beziehung zu ihrem Gegenstand. Und diese wird schließlich im Lernprozess zur Fähigkeit, dessen Eigenschaften zu verändern. Gefühle lassen sich daher auch anlernen und übertragen, Empfindungen nicht. Und das erklärt sich aus einem wesentlichen Unterschied zwischen diesen beiden Formen der Wahrnehmung. Im Gefühl reflektieren die Empfindungen ihren Gegenstand so wie er sich anfühlt, wie er Sinn macht und Sinn hat, - eben so wie er wahrgehabt und angeeignet, sinnlich zu eigen gemacht wird. Der Lernprozess ist daher eine Form der Sinnbildung, die sich auch in dem Zusammenfinden von Gefühlen auf ihre bestimmte Art und Weise mehr oder weniger unterbewusst (z.B. auch im Traum) zuträgt. Das Bewusstsein hat hierauf nur soviel Einfluss, wie es als Wille diese Erfahrungen zugänglich machen und bestimmen kann. In der Geschichte des Lernens ist die Übung, die Gewohnheiten der Wiederholung, dessen Ursprung und Resultat, die Bedingung seines Fortschritts und Ziel der Fähigkeiten und Eigenschaften, die dadurch angeeignet, allerdings nicht wirklich gebildet werden. Gewohnheit ist auch die Grundlage, um sie zu intensivieren und zu differnzieren, zu üben, um damit neue Qualitäten hieraus zu entwickeln oder zu entdecken. Wo die Gegenstände der Erfahrung keine konkrete Vermittlung zulassen, weil sie selbst nur abstrakt vermittelt sind (siehe auch Geldbesitz) und von daher geschichtslos in bloßen Ereignissen auftreten (siehe auch Eventkultur), werden auch die Empfindungen in ihrer Sinnbildung unterbrochen, Gefühle gebrochen, welche die Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung eines Menschen zertrennen und zerteilen können. Im Unterschied zur Information oder Gewöhnung ist Lernen der BIildungsprozess einer Befähigung (siehe Fähigkeit) zur Produktion und Aneignung von Wirklichkeit als wesentliche Lebenstätigkeit, durch welche sich die subjektiven Eigenschaften eines Wesens zu seinen Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb wie außerhalb der Organismen durch und mit ihrer Lebenswelt entwickeln. Von da her ist Lernen die Bildung von Gefühlen für eine Sache, einen Menschen, eine Gesellschaft, eine Welt usw. aus den Empfindungen in deren Verhältnissen, in zwischenmenschlichen Verhältnissen also auch eine Bildung von Selbstgefühlen in den Verhältnissen des Geltungsstrebens (siehe hierzu auch Psyche). Lernen ist immer aber die Bildung der Beziehung einer Identität von Subjekt und Objekt, in der das Subjekt sich durch diese befähigt, seine eigene Wirklichkeit zu bilden (siehe auch Eigentum). Hierzu gehört auch der Umgang mit äußerer Wirklichkeit, die Ausbildung von Erinnerungen und Gewohnheiten im Umgang mit den Gegebenheiten der Erfahrung. Entscheidend für den "Lernerfolg" ist der Übergang vom Gewohnten in eine Entwicklung und Ergänzung, in der die Befähigung zu einer Sinnbildung entsteht. Lernen treibt zugleich die Form der Erfahrung an, da es den schon existierenden Gegenstand oder Gedanken nicht nur konsumiert, nicht nur ihn erleidet, sondern sich auch dessen Dasein als Kulturform, seine Leidenschaftlichkeit einverleibt, im Umgang mit ihm auch seine Beziehungen erkundet, um ihn für sich funktional zu machen, ihn nützlich zu erfahren und ihm Sinn zu vermitteln. Lernen selbst ist daher auch die Bedingung dafür, an ihm eigene Leidenschaften zu entwickeln und kann von daher auch selbst schon leidenschaftlich sein, allerdings in einem gänzlich anderen Sinn, als dem, der in der Sache selbst steckt. So kann vergangene, vergegenständliche Leidenschaft zu einer gegenwärtigen werden, obwohl beide nur im Subjekt des Lernens verbunden, subjektive Geschichte sind, nachdem es aus dem Objektsein des Lernprozesses herausgetreten ist. Lernen unterscheidet sich vom Erkennen eben auch darin, dass es sich Fähigkeiten und Gegenstände aneignet, ohne sich mit ihrem Wesen zu befassen oder sich diesbezügliche Seinsfragen zu stellen ("Warum ist das so, wie es ist?") oder sich mit den Reizen auseinanderzusetzen, welche die Umwelt ihm bietet. Es ist das Auffassen und in sich Nachvollziehen von Gewohnheiten, Gegebenheiten und ihrer Verursachung, - ein Verstehen, wie und was sie sind, wie sie funktionieren und nutzen, was also ihre Vernunft ist. Von daher ist Lernen eine Tätigkeit der Sinne, des Verstandes und der Vernunft, durch welche eine Beziehung zu einem äußeren Gegenstand hergestellt wird, wie sie der Wahrnehmung entspricht, ohne diese wesentlich zu beeindrucken oder zu ändern, das also ihre Wahrheit nur als Gegebenheit bestärkt, als Kenntnisnahme, die unmittelbar keine Erkenntnis nötig hat. Hierbei ist Aufmerksamkeit das tragende Moment, durch welche sich Fähigkeiten bilden, worin sich diese Beziehung vergegenwärtigt. Der Erfolg von Lernen ist der nützliche Umgang mit Umständen, zum einen durch das Wissen um einen Lösungsweg bei einem Konflikt, zum anderen durch die Befriedigung, die das Bedürfnis erfährt, dessen Verlangen eine Erkundung der Wirklichkeit nach hierauf beziehbaren Gegenständen und Fähigkeiten ausgelöst hat. Von daher ist Lernen eine vermittelnde Tätigkeit, durch welche Einsicht in notwendige und entwickelnde Mittel für das eigene Leben und Überleben entsteht. Dass dabei auch innere Prozesse (wie z.B. Dopaminausschüttungen) in Gang gesetzt werden, zeigt, dass Lernen selbst eine natürliche Intelligenz verfolgt, selbst eine Naturform des Lebens - sowohl beim Menschen, wie beim Tier - ist (siehe hierzu auch Naturempfindung). Es ist eine beständige Betätigung der menschlichen bzw. tierischen Natur, die ihre Gegenstände und Fähigkeiten - seien sie unmittelbar selbst natürlich oder gesellschaftlich vermittelt - zum eigenen Nutzen und Sein braucht. Die Einsicht in natürliche Zusammenhänge ist aber zugleich die erste Form der Selbstunterscheidung eines Wesens von seiner Natur. Indem ich Einsicht erwerbe, lerne ich, es zu verstehen - und damit zu verstehen, was ich empfinde. Ich lerne zu reflektieren, was meine Sinne in der Wahrnehmung eines Gegenstands erkennen, was sie darin an Eigenschaften zu unterscheiden vermögen, z.B. wie etwas in dieser oder jener Beziehung unterschiedlich wirkt, schmeckt, schmerzt usw. Im Fortgang des Verstehens und Begreifens ist Lernen ein Bildungsprozess des Verstandes und der Aufmerksamkeit, die Entwicklung einer Beziehung zu einem Gegenstand und des Verhaltens im Verhältnis hierzu. Dieses wird im Wissen und Bewusstsein durch die Betätigung und Bestätigung des Verstandenen gewonnen. Die Feststellung, dass Tiere und Menschen im Lernverhalten zunächst nicht total unterschiedlich sind, ist dabei durchaus bemerkenswert. Es belegt, dass auch Tiere Verstand und Vernunft haben und Einsicht und Wissen erwerben - und dass wohl nur deshalb der Mensch auch aus der Tierwelt heraus entstehen konnte. Es bestätigt aber nicht, dass menschliches Empfinden und Fühlen dem tierischen gleich ist und sich die psychischen Absichten der Menschen mit solchen tierischen Fähigkeiten identifizieren lassen (vergleiche hiergegen die Lerntheorie von Skinner und die darauf gründende Verhaltenstherapie). Auch ist Bewusstsein als "Wissen des Seins", also des Entstehens und Vergehens, des Lebens und des Todes, erst dem Menschen möglich, weil er durch seine gesellschaftliche Beziehung des Wissens sich zu den Bedrohlichkeiten und Möglichkeiten der Natur verhalten und sie sich zum Mittel seiner Geschichte machen kann (siehe auch Produktionsmittel). Für positivistische Denkansätze ist Lernen reduziert auf Einüben von Verhalten und Gedächtnisleistungen unter bestimmten Reizen und Stimulationen, gilt dort also eher als eine Aneignung von Gewohnheiten, die durch Anreizung erzeugt werden, also dem Produzenten der Reize unterworfen sind. Darin ist das Subjekt des Lernprozesses aus einem fremden Zweck bestimmt, der vermittelst "Lebenserfahrung" und durch Reizkontrolle wirksam wird. Hierdurch wird das gegebene Leben immer als notwendige Lebensform von Gegebenheiten verstanden und diese zum Subjekt jedweder Entwicklung und Geschichte fixiert. Von daher bilden sich die Sinne nach dem aus, wofür sie tätig sein müssen (so ähnlich war auch die Widerspieglungstheorie von Lenin verstanden worden und hatte zum Teil für den sogenannten dialektischen Materialismus nach Stalin gegolten). Dies hat natürlich nichts zu tun mit Verstand und Verstehen, gegenständlicher Beziehung und Aufmerksamkeit, sondern reflektiert sich ausschließlich in dem Verhältnis von Anreiz und Reizkontrolle und wird methodisch in der Didaktik der Pädagogik umgesetzt. In der Naturwissenschaft wird Lernen als neuronaler Prozess der Körperentwicklung verstanden, in welchem die Neuronen sich in der Konkurrenz ihrer Durchsatzkraft bahnen und jene sich als neuronale Struktur niederschlagen, welche die gesamte Aufmerksamkeit des Organismus am meisten erheischen. Lernen wird hier also als Einübung der Sinnesorgane auf ihre Funktionalität hin verstanden, die sich wesentlich in der Ausformung des Nervensystems und Gehirns gestaltet. Lernen bewirkt nach dieser Auffassung eine reizbestimmte Nervenbahnung im Gehirn und die neuronalen Verknüpfungen werden als Lernerfolge körperlich fixiert und bestimmen weitgehend die Entscheidungsfähigkeit "des Organismus", welche überhaupt auch als Natur des "menschlichen Willens" angesehen wird. Hier wird also die Ausbildung neuronaler Strukturen beobachtet, die eine Stetigkeit der Verarbeitung von Sinneseindrücken befördern würden, die sich in jungen Lebensjahren noch ganz in der Anpasssung an die Umwelt entwickeln, und mit dem Alter rigider gegen sie werden sollen. Begründet wird dies gerne durch die Entwicklung und den Aufbau neuronaler Verknüpfungen, der Entstehung von bestimmten Synapsen nach Maßgabe des Verknüpfungsbedarfs und des hierbei aktivierten Zellstoffwechsels. Hieraus ergeben sich neuronale "Baumstrukturen" einer Verknüpfungslogik, die je nach organischem Erfolg für den "Organismus im Ganzen" (siehe Körper) gelernt würde und die für ihn erfolgreichen Lernerfahrungen neuronal etwa so speichern, wie auf einer Computerfestplatte. Die gewöhnlichen Verknüpfungen werden damit quasi naturalisiert und zur Gewohnheit einer Naturverküpfung im Gedächtnis, die nur schwer zu durchbrechen wäre. Es gibt für solche "Erkenntnisse" vor allem die Anschaulichkeiten der Miskroskope, Computertomogramme und Tests unter Laborbedingung, nicht aber Untersuchungen, welche in der Freiheit von Entwicklungsprozessen vor allem in der Überwindung von Krisen und in ihrem Entwicklungsverlauf, also als Langzeitanalyse von Bewältigung durch Selbsterneuerung (siehe Kritik) gemacht worden wären. Von daher sind die Untersuchungsbedingungen selbst schon nur konservativ. Sie konservieren, was die bisherige Geschichte anschaulich ergeben hat, nicht aber, was wirkliche Geschichte im Lernprozess ausmacht, der nach wie vor ein wesentlich sozialer Prozess ist, der auch weit über den einzelnen Körper und seiner "Lernerfolge" hinausgreifen muss, soll die gesellschaftliche Geschichte der Menschen auch menschlich fortbestehen. Diese Seite der Auffassung von Lernen als natürlicher Gewöhnungsprozess, wenn sie selbständig für sich begriffen wird, tendiert dazu, Lernen als einen bloßen Prozess der Sinnesorgane und Neuronen zu begreifen, welcher unabhängig von Wissen und Bewusstsein verlaufe, nichts mit Verstehen und Reflexion des Gegebenen zu tun habe, sondern umgekehrt ihm unterworfen sei und sogar die Prozesse der Willenbildung im Menschen erklären würde (siehe hierzu Freerk Huisken: Kritik der Bremer Hirnforschung). Der Verstand selbst wäre damit ein bloßer Akt der zu einer Natur abstrahierten Geistestätigkeit. Der Streit um eine naturwissenschaftliche Begründung von Geistestätigkeit bzw. deren Neudefinition als bloß hirnelektrisches Ereignis hat die Deterministen auf der wisseneschaftlichen Bühne gestärkt. Kritik wäre demnach - wenn überhaupt möglich - dann lediglich ein Akt der Irritation des Ablaufes, an und für sich zwecklos, kritisches Lernen quasi unvernünftig. Am Begriff des Lernens haben sich schon immer die gegensätzlichsten Denkmethoden gerieben (siehe hierzu auch Skinner). Durch Lernen können Menschen sowohl den Verhältnissen unterworfen werden, wie sie darin auch verstehen können, was diese ausmacht. Das ist ein Widerspruch im Begreifen selbst. Einerseits muss dieses frei von den Mächten und Wirkungen des Gegeben sein, zum anderen macht alleine die Beziehung hierauf den praktischen Sinn, der sich dabei entwickelt. Je nach der Beziehung des Lernenden zum Gegebenen (oder zum Lehrenden), je nach den Empfindungen im Lernprozess, kann sich darin diese Beziehung geltend machen; z.B. als Gedanken, die dazwischen treten oder Zweifel, die Denken nötig machen oder Impulse, Erregungen und Gefühle, welche Verstand und Vernunft irritieren. Von da her enthält Lernen alle Lebensprobleme, die Menschen in der Kultur und mit ihr haben. Es geschieht nicht voraussetzungslos und verlangt doch die Unbestimmtheit einer sinnlichen Beziehung, die Freiheit von Zweckhaftigkeit und Nützlichkeit. Wo der Nutzen eines Nachvollzugs sich schnell einstellt (z.B. Computerspiele), muss von einem Lernprozess nicht die Rede sein. Es ist dann der Erwerb einer neuen Gewohnheit, unmittelbares Aufnehmen von notwendigen Handlungen für bestimmte Ziele. Die Probleme mit dem Lernen, entstehen in der Distanz zum Gegebenen, die in dem Maße zunimmt, wie es keinen Sinn macht, sich hiervon zu distanzieren. Je unmittelbarer ihre Bestimmung, je näher es an der Wahrnehmung ist, desto gleichgültiger wird die Vernunft und desto seltener werden sich in der Lernbeziehung Zweifel am Gegebenen einstellen. Sie können nur aus menschlichen Beziehungen kommen und stehen von vornherein im Gegensatz zum Glanz der Welt. Lernen, das sich diesem Glanz unterwirft und in didaktischen Methoden nachäfft, wird Lernende zum Moment des Gegebenen bilden und ihre Selbstunterwerfung als gewohntes Selbstgefühl antrainieren. Hierfür gibt eine ganze Sparte der Psychologie, die Lernen als allgemeines Problem versteht, das am Menschen, und nicht in seiner Beziehung zum Gegebenen liegt: Die Lerntheorie. Sie ist ein Resultat der Aufklärung, die sich besonders bei Pädagogen und Psychologen zumindest für die Handhabung ihres Jobs nützlich macht. Aber eigentlich kann Lernen nur die Auseinandersetzung mit einem bestimmten Stoff auf der Basis von Wissen sein. Allerdings setzt dies auch voraus, dass es Wissen gibt, das in die Gewissheiten des Lernenden eingehen kann. Dies ist ein Wissensproblem und kein Lernproblem. Im Lernprozess greifen alle Kulturprobleme ineinander und stellen ihre Nervosität offen heraus. Es ist das Dilemma der Pädagogik, sich hierin ohne eigenen gesellschaftspolitischen Standpunkt zu verhalten. | ![]() |