Das grundlegenede Gebot des Christentums ist die Nächstenliebe, mit der Jesus die Gottesfurcht, die im Alten Testament der abrahamitischen Religionen bestimmend ist, überwunden haben sollte. Nach der Darstellung des Neuen Testaments starb er am Kreuz um die Menschen mit Gott zu versöhnen, sie von der Erbschuld loszusprechen, dass sie das Verbot, vom "Baume der Erkenntnis" zu zehren, gebrochen hätten. Durch Gottes Wiederkunft durch seinen Sohn, durch den Mesias und der Befolgung seiner Gebote, würden sie in sein Reich, in das Himmelreich eingehen, ihre Lebensschuld in Nächstenliebe aufheben und die Liebe Gottes durch seine Barmherzigkeit im "Jüngsten Gericht" erfahren. Durch die Befolgung des höchsten Gebots "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" würden sie die Gottesliebe als höchste Wahrheit für sich selbst empfangen. Denn Christus bezeichnete sich selbst als die "Wahrheit und das Leben", durch welche die Menschen schon im Gottesglauben erlöst seien. Denn wer ihm folgt, das "Brot des Hmmels isst", wird "wird leben in Ewigkeit" (Joh,6,58). Mit der Nächstenliebe ist den Menschen ein kategorischer Imperativ des Liebens geboten, der Liebe im Prinzip der Selbstliebe affirmiert und zugleich aufhebt, indem geboten ist, die Selbstbezogenheit in einem anderen Menschen anzuerkenen und ihn darin zu lieben, um also Liebe selbst zu einem Prinzip der wechselseitigen Selbstbeziehung (siehe auch Egozentrik) zu machen. Es wird aber auch schon in der Bibel im Zweck der Einverleibung höchster Werte behandelt, wodurch die Menschen vom Himmel geadelt werden würden (siehe Selbstveredelung), wenn sie sich durch ihre wechselseitige Wertschätzung aufeinander beziehen (siehe hierzu auch Selbstverwertung): "Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt. Da stritten sich die Juden und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben? Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag. Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm." (Johannesevangelium 6,51-58, zitiert nach der Katholischen Wochenzeitung "Tag des Herrn" für das Erzbistum Berlin u.a.) Das macht das Christentum zur Religion der bürgerlichen Gesellschaft, worin die Wechselseitigkeit der Menschen ein Tauschhandel für einen hohen Zweck ist, worin also der Besitz an Waren die gesellschaftiche Beziehung der Menschen begründet. "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" ist ein Gebot, das diesem Handel geistigen Inhalt verleiht und dessen innigste Gedankenabstraktion ist. Es ist der Handel mit Liebe, welche dem Handel mit Dingen unterlegt wird und damit einen Verstoß gegen dieses Gebot mit Schuldgefühlen von höherer Qualität ahndet. Damit wird Handel selbst zum inneren Bedürfnis totalisiert. Auf die Liebe zum Nächsten angewandt, wird diese selbst dem Prinzip des Austauschs und der damit bestimmten Täuschung unterworfen, der Gleichgültigkeit einer menschlich bestimmt scheinenden Beziehung. Weil jeder davon ausgeht, dass er den anderen wie sich liebt, macht er die Selbstliebe zu einem Allgemeinprinzip der Liebe. Die Menschen lieben einander, um allgemein in ihrer Selbstliebe bestätigt zu sein. Wie der Warenhandel den Nutzen zu einer privaten Allgemeinheit gegen die gesellschaftliche Wirklichkeit entfaltet, so entfaltet das Christentum hierzu adäquat die Liebe zu einer privaten Allgemeinheit gegen die menschliche Allgemeinheit des Weltgeistes (siehe Menschenliebe). Hieraus wird verständlich, dass im Streit um den Weltgeist, wie er sich in den Menschenrechten niederschlägt, das Christentum auf eine Vormachtstellung erpicht ist (siehe hierzu auch Kampf der Kulturen).
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