Die Trennung von Leib und Seele, von Körper und Geist, von Empfindung und Gefühl, verlangt in den vereinzelt lebenden Menschen eine Verkehrung ihrer Selbstwahnehmung, eine Pervertierung ihrer zwischenmenschlichen Bezogenheit. Durch die Lebensängste ihrer an und für sich Selbstlosen Gesellschaft verkehren sich mit zunehmender Geschlossenheit und Ausschließlichkeit die kulturellen Bedürfnisse des ästhetischen Willens zu Perversionen ihrer Psyche. Sie entstehen durch die Grausamkeit des Lebens in selbstverlorenen Verhältnissen, in den zwischenmenschlichen Verhältnissen von Selbstentfremdungen. Darin kultivieren sich Depressionen in masochistischen Bedürfnissen, zwanghaftigkeiten in sadistischen Bedürfnissen und Psychopathien in den Entgrenzungen eines autistischen Wahnsinns. In pervertierten Beziehungen wird die Angst vor Selbstaufhebung überbrückt; – Die Perversion überbrückt die Gespaltenheit von Gefühlen, die gegen ihre Empfindungen gerichtet sind. Sie ist die Verkehrung einer Selbstverneinung durch Eindrücke, die gegen eine ausdruckslose Existenz gerichtet sind, um damit den Selbstverlust aus hintergründigen Lebensängsten zu überwältigen. Dabei werden Selbstwahrnehmungen durch Einwirkungen fremder Eindrücke befriedet, durch die ausgeschlossenene Gefühle, welche der Selbstentfremdung unbewusster Empfindungen unterworfen sind, ihre seelische Überwältigung verkörperlichen können und ihre verzweifelte Selbstwahrnehmung gegen diese austauschen können. In einer geschlossenen Welt toter Wahrnehmungen erliegen alle Regungen den Erregungen einer aufgereizten Scheinwelt. Darin herrscht die scheinbare Selbstwahrnehmung von übermenschlicher Bedeutung, der Schein des Anscheins schlechthin, der doppelte Schein, der sich nurmehr ausschließlich in Selstgefühlen und diesen entsprechenden Stimmungen vergegenwärtigen kann, die sich durch die aussschließliche Sinnlosigkeit ihrer zwischenmenschlichen Verhältnisse begründen, erhalten und beschränken. Darin hat nichts mehr wirkliche Substanz (siehe hierzu auch Todestrieb). Und darin überlagern sich die Eindrücke beliebiger Gefühle, die durch Ereignisproduktion erzeugt und befriedet werden müssen, weil sie keinen eigenen Ausdruck mehr darstellen können. Vom Standpunkt ihrer isolierten Abstraktionskraft ihrer Gefühle wird die Selbstwahrnehmung zu einer gewöhnlichen Form einer ausdrücklichen Welt der Aufreizung, zu einer totalen Selbstwahrnehmmung, die für sich total empfindungslos ist, weil sie ihren wirklichen Körper verlassen hat. In dieser Selbstentleibung der zwischenmenschlichen Beziehungen entsteht eine unerträgliche Leere ihrer Nichtigkeit (siehe auch Langeweile). Darin herrscht schließlich das absolut drängende Verlangen nach dem entsprechenden Empfindungen, die nurmehr durch totale Eindrücklichkeit produziert werden können (siehe hierzu auch Zwangshandlung). Der Sinn einer solchen Ausdruckslosigkeit entwickelt eine spezifische Aufmerksamkeit für die Reproduktion ausgeschlossener Seelen. Die darin erzeugten Empfindungen kultivieren zugleich eine Welt isolierter Gefühle, worin sich ihre Empfindungen gegen ihren Sinn verkehren und diese in die Sucht nach einer endlosen sinnlicher Gewissheit treiben, zu einem ausschliesslichen Sinn eines absoluten Verlangens nach einer absolut ausgeschlossene Selbstwahrmehmung durch seine Wirkung auf andere. Dieser Trieb verengt die Wahrheit ihrer Wahrnehmungen (siehe Angst), töten sie durch ihre Lebensangst (siehe tote Wahrnehmung) und verwahrlosen daran (siehe auch Dekadenz). Schließlich kehren sie ihren Sinn gegen ihre Kultur, trennen ihren Leib von ihrer Seele und pervertieren sich selbst zu einem Zwang entäußerter Wahrheit. Die Trennung von Leib und Seele, von Körper und Geist verlangt in den vereinzelt lebenden Menschen eine Verkehrung ihrer Selbstwahnehmung, eine Pervertierung ihrer zwischenmenschlichen Bezogenheit. Es werden hierbei zwischenmenschliche Verhältnisse seelischer Wahrnehmung durch ein Verhalten gegen sich gekehrt und hierdurch in sich verkehrt, die Empfindungen sich selbst reflektierender Selbstgefühle in ein körperliches Verlangen nach der Zufügung von äußerlicher Wahrheit im Erleben durch die hiervon bestimmten Eindrücke und Anreize. Dadurch soll Wahrnehmungsidentität beigebracht, eine Einheit mit sich außer sich erzeugt werden und eine verselbständigte Selbstgewissheit im Erleben durch hierfür produzierte Erlebnisse, im Erleben ihrer Reize eine in und durch sich gewendete Erfahrung befriedet werden, die den Menschen erleichtert, imdem sie seiner Selbstwahrnehmung eine Identität außer sich verleiht (siehe im Ereignisproduktion). Eine Perversion betreibt die Entlastung einer toten Wahrnehmung in der Selbstbezogenheit eines gegen sich selbst gerichteten Triebes (siehe auch Todestrieb), der vergegenwärtigt, was wahrgehabt wird, aber der Wahrnehmung durch eine Notwendigkeit der Selbstwahrnehmung entzogen ist. Sie ist getrieben von einer Wahrheit, die vom wirklichen Lebens ausgeschlossenen, einem vernichteten Sinn der Wahrnehmung zufolge sich in der Konsquenz ihrer tötlichen Getriebenheit (siehe Todestrieb) gegen sich selbst richtet, weil sie nicht wahrhaben kann, was sie in ihrem eigenen Leben von sich ausschließt, was also ihre lebendige Ausschließlichkeit ausmacht (siehe hierzu auch Narzissmus). Sie vollzieht eine Sinnverkehrung, die sich in Wahrheit schlechte Negation aus einer sinnlichen Nichtung, aus einer Schuld gegenüber der eigenen Sinnlichkeit ergeben hat, die sich in ihrer Zerstörung als negiertes Leben nicht erhalten kann und also auf dem Nichts als Position für sich gründen muss (siehe negative Identitaet) - allerdings nicht ohne Leben, sondern in der Verkehrung des in Zerstörung gelebten, im Unheil, in dem von seiner Schuld befreiten Leben. Dies ist exemplarisch im Christenglauben allgegenwärtig in der Marterszene, welche das Kruzifix und das Leiden der Heiligen verkörpert: Befreiung von der Erbsünde, dem Verstoß gegen verbotene Erkenntnis durch das "Leiden Christi" - die Botschaft heißt: Leiden befreit! Es bedeutet das Heil der Welt. In Perversionen kehrt sich das Verhältnis von Ereignis und Selbstgefühl um (siehe Verkehrung). Dieses war ursprünglich aus der Identität von Gefühl und Empfindung, also als nichtig gewordene Empfindungen von Gefühlen durch hierfür bestimmte Ereignissen entstanden. Nun soll also in der Perversion das Selbstgefühl einer tödlichen Getriebenheit (siehe Todestrieb) durch bestimmte Ereignisse erzeugt werden (siehe hierzu auch Fetischismus). Wo sich ihre Beziehung im gewöhnlichen Leben aufgelöst hat, muss die daraus entspringende Erregung durch Ereignisse befriedigt werden, in denen sich Empfindungen als Gefühl seiner selbst identifizieren lassen. Die Perversion ist die Reaktion auf ein ausweglos scheinendes Leben, eine unendliche Heilserwartung, die keinen wirklichen Sinn gegen das Unheil ihrer selbstverschuldeten Nichtigkeit finden kann. Dass diese Schuld ein objektives Gefühl war, ist hier umgekehrt: Leben regt sich dagegen. Das ist in der Tat, also tatsächlich brutal, denn im Schmerz des zerstörten Lebens selbst entsteht seine Verneinung (siehe Negation) gegen das vernichtete Leben, eine doppelte Negation, eine Abstraktionskraft, die sich in einem eigenständigen Trieb ihrer Selbstvernichtung außer sich verwirklichen muss. Um derartig mächtig gewordene Schuldgefühle aufzulösen werden allerlei perverse Handlungen vollzogen, welche eine Entschuldung durch eine Entgegensetzung (siehe auch negative Identität) darstellen. Es sind dies Handlungen, durch welche Empfindungen hergestellt werden, in denen ein Mensch sich selbst in doppeltem Sinn fühlt, als Erzeuger und Zerstörer seiner Sinnlichkeit, als gegensinniges Selbstgefühl. Es handelt sich hierbei um eine unterdrückte sinnliche Identität, welche den Bezug auf sich selbst in gewohnter Welt nicht mehr zulässt, sich gegen seine Gewohnheiten wendet. Durch Verkehrung einer Situation wird dem durch Gewohnheit ausgeschlossenen Selbstgefühl durch ungewöhnliche Empfindungen Leben verliehen. Die Perverse Handlung stellt also Situationen her, welche für den Akteur Selbstgefühle ermöglichen, die er in gewohnter Welt nicht haben kann, die aber für ihn wesentlich, also identitätsnotwendig sind. Die Abwesenheit dieser Gefühle erzeugt auf Dauer Irritationen, Zustände der Selbstentfremdung, die nur durch perverse Handlungen erzeugte Empfindungen aufgehoben werden. Darin werden tiefere Wahrnehmungsidentitäten wach, die sich in den Lebensgewohnheiten nur im Ausschluss entwickeln können, nur negativ, und somit selbständig und mächtig wie aus einem ungewöhnlichen Innern hervorbrechen, z.B. als notwendiges Verlangen, sich zu entblößen (als Umkehrung von geschlechtlicher Selbsterniedrigung) oder zu martern als Umkehrung verselbständigter Qualen in der Selbstwahrnehmung. Diese Selbstwahrnehmung ist nur notwendig durch die ausgeschlossene Wahrnehmung, welche der Lebensalltag enthält, - sei dieser Ausschluss durch sich selbst nötig oder durch andere, durch Gegenwart oder durch die Isolation einer verborgenen Geschichte. Der Grund der Verkehrung steckt letzlich in den Lebensräumen, also dem Kulturraum, worin eine Identität nur in der Verkehrung gewöhnlicher Sinnlichkeit bestehen kann oder konnte. So sucht z.B. Sadismus eine Identität in Lebensräumen, wo Masochismus gefühlsbestimmend, also objektives Gefühl ist. Insofern erkennt Sadismus seinen Schmerz äußerlich, aber auch nur, wenn er sich zu Masochisten verhalten kann, die ihn als fremde Innerlichkeit leben. Beide Identitäten brauchen einander, weil sie für sich nur anders werden würden, wenn sie den Kulturraum verlassen könnten. Obwohl Perversionen wie Sucht erscheinen, sind sie doch gänzlich anders bestimmt, weil sie kein Mittel jenseits ihrer körperlichen Existenz nötig haben, um sich zu verflüchtigen, sondern sich in Grausamkeiten finden, wovor andere fliehen. Allerdings ist ihr Schmerz, dass sie sich selbst als Mittel und daher sich gleichgültig erleben, solange sie nicht pervers sein können. Der häufigste Kulturraum, in welchem Perversionen entstehen, sind Familien, in denen die Nichtigkeit der Mitglieder konstituierend für ihre gesellschaftliche Bedeutung, vor allem in ihrer Ästhetik ist. Perversion ist wesentlich eine Umkehrung gesellschaftlich anerkannter Ästhetik, nicht um anders zu sein, sondern um darin sein zu können. Sie entspringt der vollkommenen Identifizierung mit ihr. |
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