"Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine "ungeheure Warensammlung", die einzelne Ware als seine Elementarform. Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware." (MEW Bd. 23, S. 49) "Daß der wirkliche geistige Reichtum des Individuums ganz von dem Reichtum seiner wirklichen Beziehungen abhängt, ist nach dem Obigen klar. Die einzelnen Individuen werden erst hierdurch von den verschiedenen nationalen und lokalen Schranken befreit, mit der Produktion (auch mit der geistigen) der ganzen Welt in praktische Beziehung gesetzt und in den Stand gesetzt, sich die Genußfähigkeit für diese allseitige Produktion der ganzen Erde (Schöpfungen der Menschen) zu erwerben. Die allseitige Abhängigkeit, diese naturwüchsige Form des weltgeschichtlichen Zusammenwirkens der Individuen, wird durch diese kommunistische Revolution verwandelt in die Kontrolle und bewußte Beherrschung dieser Mächte, die, aus dem Aufeinander-Wirken der Menschen erzeugt, ihnen bisher als durchaus fremde Mächte imponiert und sie beherrscht haben. Diese Anschauung kann nun wieder spekulativ-idealistisch, d.h. phantastisch als "Selbsterzeugung der Gattung" (die "Gesellschaft als Subjekt") gefaßt und dadurch die aufeinanderfolgende Reihe von im Zusammenhange stehenden Individuen als ein einziges Individuum vorgestellt werden, das das Mysterium vollzieht, sich selbst zu erzeugen. Es zeigt sich hier, daß die Individuen allerdings einander machen, physisch und geistig, aber nicht sich machen, weder im Unsinn des heiligen Bruno, noch im Sinne des "Einzigen", des "gemachten" Mannes." ((MEW 3, S. 37)) Reichtum ist das, was über die Notwendigkeit der Reproduktion, über die gewohnten Verhältnisse des Stoffwechsels hinaus dem Menschen über die Güter seines Lebens verbleibt als Mittel der Produktion eines erweiterten Lebensstandards, einer in der Erneuerung neu erfahrbare Reichhaltigkleit seiner Lebensbedürfnisse, als Produktionsmittel des Lebens, der Naturmächtigkeit des gesellschaftlichen Menschen. Von da her ist Reichtum aber vor allem und wesentlich Vielfalt, unentwegtes Beziehen und Verhalten als Grundlage einer jeden weiteren Entwicklung und Sinnbildung der Tätigkeiten und Arbeit der Menschen, Grundlage der Sinnbildungen ihrer Kultur als ihr organischer Reichtum wahr wird. "Man sieht, wie an die Stelle des nationalökonomischen Reichtums und Elendes der reiche Mensch und das reiche menschliche Bedürfnis tritt. Der reiche Mensch ist zugleich der einer Totalität der menschlichen Lebensäußerung bedürftige Mensch. Der Mensch, in dem seine eigne Verwirklichung, als innere Notwendigkeit, als Not existiert. Nicht nur der Reichtum, auch die Armut des Menschen erhält gleichmäßig – unter Voraussetzung des Sozialismus – eine menschliche und daher gesellschaftliche Bedeutung. Sie ist das passive Band, welches den Menschen den größten Reichtum, den andren Menschen, als Bedürfnis empfinden läßt. Die Herrschaft des gegenständlichen Wesens in mir, der sinnliche Ausbruch meiner Wesenstätigkeit ist die Leidenschaft, welche hier damit die Tätigkeit meines Wesens wird. " (MEW 40, S.544). Weil sich im Reichtum einer Gesellschaft die Vielfalt ihrer menschlichen Beziehungen im Verhältnis ihrer Bedürfnisse als ihre Kultur darstellt, ist im Wert der Produkte der burgherrlichen Gesellschaft nur ihre Einfalt gegenwärtig (siehe Privatarbeit). Durch den Warentausch von deren Produktion getrennt, getrennt von den Bedürfnissen der Menschen (siehe hierzu Teilung der Arbeit) stellt sich der gesellschaftliche Reichtum als bloße Notwendigkeit ihrer Lebenswelt, als Mangel an Wirklichkeit dar, derer sie bedürfen. In der Isolation ihrer Existenz in einer Waren produzierenden Gesellschaft tritt dieser als existenzielle Not auf, deren Aufhebung wie eine Naturnotwendigkeit erscheint (siehe hierzu Warenfetischismus), wiewohl sie gesellschaftlich bedingt ist und sie zum Austausch ihrer Besitztümer in der Form von Waren zwingt (siehe Warentausch). Eine menschliche Gesellschaft ist eben nicht nur ein Produktionsverhältnis, sondern immer auch ein Verhältnis vieler Beziehungen der Menschen zu ihren Sachen wie auch zu sich als gesellschaftliche Subjekte, die durch ihre Arbeit nicht nur nützliche Dinge zur Befriedigung ihrer Bedürfnise sondern zugleich ihr sinnliches Leben, ihre Kultur als Sinn ihrer Lebenäußerung im Dasein ihrer Geschichte produzieren. In allen menschlichen Beziehungen haben sich daher Menschen immer schon nicht nur sachlich, sondern im anderen Menschen zum Gegenstand, beziehen sich gegenständlich auf sich und ihre Sache, immer also als tätiger und sich mit all seinen Sinnen gegenständlich so wahrnehmender Mensch, wie er sich gesellschaftlich wahrhat und den Reichtum seines Lebens als Reichtum seiner Beziehungen auf Menschen und Sachen, auf seine Natur entfaltet. Dessen Produktion (siehe Arbeit) macht die Geschichte der Menschen aus, ist deren gesellschaftliche Substanz (siehe historischer Materialsimus). „Alle bisherigen Gesellschaftsformen gingen unter an der Entwicklung des Reichtums - oder, was dasselbe ist, der gesellschaftlichen Produktivkräfte. ... Das Kapital setzt die Produktion des Reichtums selbst und daher die universelle Entwicklung der Produktivkräfte, die beständige Umwälzung seiner vorhandenen Voraussetzungen, als Voraussetzung seiner Reproduktion." (K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, MEW 42, S455f.) Die Entwicklung der Gesellschaften ist die Entwicklung ihres Reichtums, und ihre Geschichte ist Ausdruck dieser Bereicherung, Bereicherung in ihrer Sinnbildung, die zugleich die Bildungsgeschichte ihres Geistes ist. Nicht die bloßen Güter zur Konsumtion, nicht einfach nur nützliche Dinge stellen diese Geschichte dar, sondern im Wesentlich das Vermögen der Menschen überhaupt, das Dasein ihrer Naturmacht als ihre Produktivkraft, als Ausbildung der Produktivität ihrer Intelligenz, der Differenzierung ihrer Bedürfnisse und Freiheit. Ihre Geschichte ist wesentlich die Entwicklung ihrer Produktionsmittel und ihrer Bedürfnisse, die Ausbildung ihrer Sinne und Sinnlichkeit, die Bildungsgeschichte ihrer Kultur. Die Epochen der bisherigen Geschichte haben es noch nicht vermocht, Reichtum vollständig als Reichtum für die Menschen zu entwickeln, wenngleich ihre Geschichte hiernach tendiert, aber als solche noch keine adäquate gesellschaftliche Form bekommen hat. "Seitdem der materielle Reichtum, diese Summe der Erzeugnisse produktiver menschlicher Arbeit, im Geld seinen abstrakten, anonymen Repräsentanten gefunden hat, seitdem der unmittelbare Zweck der produktiven Arbeit nicht mehr die Vermehrung des dinglichen Reichtums, die Herstellung von Gütern, sondern diese nur Mittel zu einem weiteren eigentlichen Zweck: der Vermehrung von Geldreichtum geworden ist, seitdem es genügt, Geld zu besitzen, um reicher werden zu können- seither hat das Reichwerden im engeren, materiellen Sinne aufgehört, notwendig auch ein Reicherwerden im geistigen, kulturellen Sinne nach sich zu ziehen." (MEW 23, S. 674) Der bürgerliche Reichtum ist nur in der Geldform gesellschaftlich, in der Anhäufung von individuellen Gebrauchswerten nur nützlich. Beide Seiten werden durch die Allgemeinform des Geldes zusammengehalten und positionieren sich dabei dennoch wie Form und Inhalt, die in zwei völlig getrennten Welten geteilt sind, wovon die eine nur abstrakt, die andere nur konkret ist und sich in dieser Getrenntheit aneinander vermitteln, voneinander in ihrem bloßen Mittel-Sein abhängig sind: "Als allgemeine Form des Reichtums steht [dem Geld] die ganze Welt der wirklichen Reichtümer gegenüber. Es ist die reine Abstraktion derselben, - daher so festgehalten bloße Einbildung. Wo der Reichtum in ganz materieller, handgreiflicher Form als solcher zu existieren scheint, hat er seine Existenz bloß in meinem Kopf, ist ein reines Hirngespinst. (Midas). Andrerseits, als materieller Repräsentant des allgemeinen Reichtums wird es bloß verwirklicht, indem es wieder in Zirkulation geworfen, gegen die einzelnen besondren Weisen des Reichtums verschwindet. In der Zirkulation bleibt es als Zirkulationsmittel; aber für das aufhäufende Individuum geht es verloren, und dies Verschwinden ist die einzig mögliche Weise, es als Reichtum zu versichern. Die Auflösung des Aufgespeicherten in einzelnen Genüssen ist seine Verwirklichung. Es kann nun wieder von andren einzelnen aufgespeichert werden, aber dann fängt derselbe Prozeß von neuem an. Ich kann sein Sein für mich nur wirklich setzen, indem ich es als bloßes Sein für andre hingebe. Will ich es festhalten, so verdunstet es unter der Hand in ein bloßes Gespenst des wirklichen Reichtums. Ferner: Das Vermehren desselben durch seine Aufhäufung, daß seine eigne Quantität das Maß seines Werts ist, zeigt sich wieder als falsch. Weil im Kapitalismus die Produktionsmittel die ausschließlichen Mittel des Kapitals und für das Kapital sind, erzeugen sie auch vor allem Reichtum als Mehrwert, als Wertform eines Mehrprodukts, das nicht von den Menschen gehört, die es produzieren. Reichtum bedeutet hier, dass möglichst viel Mehrwert aus möglichst wenig bezahlter Arbeit, also auch aus möglichst wenigen Menschen ausgepresst wird und also eine hohe Mehrwertrate abwirft. "Ein Land ist umso reicher, je geringer seine produktive Bevölkerung verhältnismäßig zum Gesamtprodukt ist; ganz wie für den einzelnen Kapitalisten, je weniger Arbeiter er braucht, um denselben Mehrwert zu erzeugen, umso besser für ihn. Das Land ist umso reicher, je geringer die produktive Bevölkerung im Verhältnis zur unproduktiven, bei derselben Quantität von Produkten. Denn die verhältnismäßige Geringheit der produktiven Bevölkerung wäre ja nur eine anderer Ausdruck für den verhältnismäßigen Grad der Produktivität der Arbeit. K. Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW 26.1, 199. In der bürgerlichen Gesellschaft erscheint der Reichtum in einer noch zerteilten Form, in welcher die Produkte nicht unmittelbar menschlichen Reichtum darstellen, sondern als Produkte zerteilter Arbeit erst in ihr gesellschaftliches Verhältnis versetzt werden müssen, um für die Menschen da zu sein. Reichtum erscheint hier daher "als eine ungeheure Warensammlung, die einzelne Ware als seine Elementarform" (MEW 23, S. 49). In dieser Form stellen sie Wert dar, in welchem ihre Produktivität nicht als menschliche Produktivität aufgeht, nicht als Produkt ihres Erfindergeistes und ihrer Kraft, sondern als Vermögen einer politischen Herrschaft, welche den Wert zu Kapital fortbildet und sich die Kraft der Menschen und ihrer Bedürfnisse aneignet. Hierdurch wird Reichtum zu einer Herrschaftsform des Geldes. "Nun ist der Reichtum einerseits Sache, verwirklicht in Sachen, materiellen Produkten, denen der Mensch als Subjekt gegenübersteht; andererseits als Wert ist er bloßes Kommando über fremde Arbeit." (K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 387). Die Basis zur Erzeugung von Reichtum ist die Erzeugung eines Mehrprodukts, das in der bürgerlichen Gesellschaft durch seine Kapitalisierung den Wertausdruck des Mehrwerts erhält. Hier stellt sich die Reichtum schaffende Arbeit dar in dem Anteil des Arbeitstags, in welchem die Arbeit über den Aufwand ihrer Reproduktion hinaus wirkt. Dies erzeugt das wesentliche Problem des Kapitalismus, die Beschränktheit seiner Wirtschaft, in welcher Arbeitsprodukte als ein gesellschaftliches Mehrprodukt entstehen, das nicht vollständig in die gesellschaftliche Entwicklung zurückkommt, sondern ihr entzogen wird durch die private Verfügungsmacht des Kapitals. Was nicht zurückkommt, wird nur durch Ausbeutung erpresst, die zugmleich auch die Realisierbarkeit des Mehrwerts beschränkt (z.B. können Löhne, welche alleine die Reproduktion der Arbeitskraft begleichen, kein Mehrprodukt in Mehrwert umsetzen). "Der wirkliche Reichtum manifestiert sich vielmehr - und dies enthüllt die große Industrie - im ungeheuren Mißverhältnis zwischen der angewandten Arbeitszeit und ihrem Produkt wie ebenso im qualitativen Mißverhältnis zwischen der auf eine reine Abstraktion reduzierten Arbeit und der Gewalt des Produktionsprozesses, den sie bewacht. Die Arbeit erscheint nicht mehr so sehr als in den Produktionsprozeß eingeschlossen, als sich der Mensch vielmehr als Wächter und Regulator zum Produktionsprozeß selbst verhält. (Was von der Maschinerie gilt ebenso von der Kombination der menschlichen Tätigkeit und der Entwicklung des menschlichen Verkehrs.) Es ist nicht mehr der Arbeiter, der modifizierten Naturgegenstand als Mittelglied zwischen das Objekt und sich einschiebt; sondern den Naturprozeß, den er in einen industriellen umwandelt, schiebt er als Mittel zwischen sich und die unorganische Natur, deren er sich bemeistert. Er tritt neben den Produktionsprozeß, statt sein Hauptagent zu sein." Zwischen Mehrwert und Mehrprodukt entsteht der Widerspruch des bürgerlichen Reichtums selbst, der zu seinen regelmäßigen Krisen treibt, worin das Mehrprodukt entwertet werden muss, um die Produktion zu erneuern (siehe Wertwachstum). Das Mehrprodukt entwickelt sich im Unterschied zum Mehrwert nicht durch die Ausbeutung der Arbeit, sondern durch die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit. Darin ist der Widerspruch angelegt, den kapitalistische Produktion enthält. „Der wirkliche Reichtum der Gesellschaft und die Möglichkeit beständiger Erweiterung ihres Reproduktionsprozesses hängt ... nicht ab von der Länge der Mehrarbeit, sondern von ihrer Produktivität und von den mehr oder minder reichhaltigen Produktionsbedingungen, worin sie sich vollzieht." K. Marx, Kapital III. MEW 25, 828. | ![]() |