Ein Reiz ist ein Eindruck, wie er einem ästhetischen Willen nötig ist, wie er erlebt wird und die Ästhetik einer Wahrnehmung bestimmt. Ein Erlebnis hat zwar Ursachen. Deren Wirkung aber besteht aus einer ungegenständlichen Wahrnehmung, Es ist lediglich der Eindruck dieser Wirkung, der bleibt - eine Wahrnehmung mit Folgen für sich selbst aber ohne Grund außer sich. Durch den Reiz wird eine Selbstempfindung so verdoppelt (siehe auch Quantität), wie dies durch hierfür zugerichtete Eigenschaften ihres Gegenstands bewirkt ist. Er entfaltet diese Wirkung im Selbstgefühl der gewöhnlichen Wahrnehmung, indem er ihre Regungen mit seiner Abstraktionskraft erregt und hierdurch Empfindungen erzeugt, die ihre Gefühle bedrängen. Die ästhetische Wahrnehmung, die ihre Empfindungen durch ihre Gefühle bestimmt, wird über Reize vermittelt, in denen sich das Gefühl ihrer Empfindungen erinnern kann, also das Erinnerte als Empfindung schon in dem wahrhat, was sie in ihren Gefühlen findet und befindet. Dies verschafft der Empfindung eine Dopplung, durch die sie erst bei sich ist, bevor sie außer sich sein kann. Weil diese Wahrnehmung ihren Gegenstand nicht als das erkennen kann, was sie von ihrer Tätigkeit, der Tätigkeit der Menschen überhaupt wahrhat, bleibt sie für sich ein bloßes Ereignis, das von dem abhängig ist, was sie nicht mit ihrem Leben durchdringen kann, was sie in ihrem Erleben aber für sich fühlt und im Gefühl schon kennt und das daher auf sie einen Eindruck macht und sie reizt. Dieser Reiz verdoppelt eine Empfindung dadurch, dass er ihr Gefühl einnimmt, dass er also durch das Gefühl, das er anspricht, zu einer Empfindung wird, die dem Empfinden zugefügt wird. Der Eindruck, den Reize auf die Wahrnehmung - und damit auf deren Erleben - machen beruht daher auf einer Konzentration, also der Verdichtung (siehe Dichte) von Wirkung, die ästhetisch isoliert wird wie ein Sonnenstrahl durch eine optische Linse. Was der Gegenstand der Wahrnehmung körperlich in seiner ganzen Ausdehnung und Beziehung für sie wäre, wird reduziert auf die Substanz, durch die er Eindruck machen kann. Den Reiz kann man also beschreiben als Bündelung einer ästhetischen Wirkung zu einem selbständigen Eindruck auf die Wahrnehmung. Ein Reiz wirkt von da her auf die Wahrnehmung bestimmend, als Bestimmung ihrer Form, die ihrem Inhalt durch ihre gebündelte Wirkung abträglich ist, als Formbestimmung durch eine ihm äußerliche Wirkung, durch einen Eindruck, dem sie inhaltlich nicht folgen kann, der also der Wahrnehmung Folgsamkeit abverlangt. So begründet z.B. das Reiz-Reaktions-Modell der Verhaltenstheorie eine Theorie solcher Folgsamkeit, da durch sie ein Reiz selbst schon als Anlass für eine Reaktion, für ein bestimmtes Verhalten gilt. Jeder Reiz gilt ihr schon von Natur aus als Grund für jedes bestimmte Verhalten und jede Wahrnehmung quasi als natürliche Sensorik und damit schon als eine Bestimmung, die angeblich Lernen und Verhalten bestimmen, also verursachen würde. So verstanden wird menschliche Tätigkeit überhaupt selbst schon zur Sache objektiver Bestimmtheiten, die schon ihrem Inhalt nach von Natur aus notwendig und also unhinterfragbar sind. Die Affirmation der Verhältnisse wird ja immer vorzüglich, wo sie über Natürlichkeiten betrieben wird, wo sie zu deren Gegebenheiten naturalisiert werden. In der positivistischen Betrachtungsweise muss eben jede Subjektivität - und damit auch jede Gestaltungskraft - ausgesondert sein. Und deshalb versteht man darin jedes Handeln eben gerade so, wie man Wahrnehmung als bloße Notwendigkeit begreifen kann, die ihren Reizen folgen muss - gerade so als würde die Darbietung von Nahrung schon auch das Bedürfnis nach ihr und das daraufhin folgende Handeln ohne jeden Spielraum erzeugen. Auch umgekehrt wäre hiernach zu folgern, dass ein Lebewesen erst stimuliert werden müsse (Reiz=Stimulus), um seine Bedürfnisse wahrzunehmen, um sich hiernach zu verhalten wie ein Pawlow'scher Hund. Es bleibt daher das Problem eines jedweden Behaviorismus, wie er den "Zustand des Organismus" hierauf dann bezieht, denn diese Beziehung ist für solche Theorie beliebig, so dass sie auch innere Regungen als Reize, eben als "Umwelt" behandeln können will. Doch ist eine gereizte Wahrnehmung schon von vorn herein etwas anderes als eine Wahrnehmung, behauptet doch schon auch solche Theorie eine an und für sich - wenn auch grundlose - Erregbarkeit eines Organismus durch Reize als voraussetzungslose natürliche Beziehung eines Reizes auf einen Körper, der für sich keinen anderen, als einen rein natürlichen Grund hätte, hierauf zu reagieren. Mit diesem Naturdeterminismus wird aber genau das Wesentliche übersehen, das hier zugleich vorraugesetzt wird: Es muss eine Erregung schon vorausgesetzt sein, dass ein Reiz überhaupt Wirkung zeigt. Wenn deren Energie nicht schon aktiv wäre: Wie sonst ließe sich der Enegieaufwand begründen, der mit dem Reiz in Gang gesetzt wird, - woraus wäre die Mühe und Kraft substanziell zu verstehen, die darin verschlissen wird, wenn man davon ausgeht, dass die Wahrnehmung nicht wie ein Automat (z.B. wie ein Computer mit fremder Energiequelle) zu begreifen ist? Damit Reize überhaupt wirken können, dass eine Reaktion auf sie überhaupt einsetzt, muss schon Erregung überschüssig sein, muss aus der Abstraktion von Regungen ein Antrieb (wie dem eines psychischen Triebs) vorliegen, durch den die Wahrnehmung nicht nur ihren Gegenstand wahrhat, sondern einem Impuls folgt, ungegenständlich zu reagieren und Erregung in die Wahrnehmung selbst abzuführen. Das ist keine selbstständige Naturenergie (siehe auch Lustprinzip), wie sie von den klassischen Psychoanalytikern verstanden wird, sondern eine durch die Negation der zwischenmenschlichen Wahrnehmung in ihrer Erlebniswelt freigesetzte Kraft, die ihre oft seltsamen Formen von Erregungsabfuhr in der Selbstwahrnehmung und Haptik freisetzt. Die gewöhnliche Wahrnehmung ist ja gerade nur dadurch zu verstehen, dass sie schon immer menschliche Beziehungen voraussetzt, immer schon "lernt", Wahrheit zu nehmen, um damit immer auch schon Grund genug für das wahrnehmende Subjekt zu sein, sich nach dem zu verhalten, was es von dem für wahr nimmt, was wahrgehabt wird. Ein Reiz treibt daher die Wahrnehmung über dieses Verhältnis hinaus. Er will ein Verhältnis wahrmachen, das ohne ihn nicht bestehen würde. Und so soll er etwas vorstellen, was Vorstellungen zu einem bestimmten Verhalten treibt, was also eine Vorstellung befördert und veranstaltet. Reize verschaffen Eindruck, erzeugen Aufmerksamkeit, wo Menschen von sich aus nicht aufmerken würden. Diese entsteht durch die Besonderheit einer Wirkung des Eindrucks auf andere dadurch, dass jener einen Druck auf die Wahrnehmung über die Gewohnheiten der geschichtlich gegebenen Sinnbildung hinaus bewirkt. Durch besondere Ereignisse (Events) vermittelt er Signale für besondere Regungen, welche schon durch sich erregend sein können und die von daher eine selbstbezogene Gewissheit erzeugen (siehe auch Eventkultur). Immerhin erleben die Menschen durch Reize etwas, was nicht aus ihrer Lebenstätigkeit kommt und dennoch Wirkung auf das Leben hat. Zwar hat auch jede Schönheit ihren Reiz. Aber um wirkliche Schönheit geht es selten, wenn von Reiz die Rede ist, bestenfalls von einer ausgefallenen Schönheit, einer besonderen ästhetischen Wirkung, welche einem bestimmten Erleben zukommt. Reize können nur durch ihre Darbietungsform einen ästhetischen Druck erzeugen, also damit, wie sie auf natürliche Wahrnehmung einwirken, also durch die Form, in der sie diese bestimmen. Jeder Reiz ist für sich genommen nur ein Ereignis, in einem systematischen Zweck aber ist er das Mittel, Aufmerksamkeit zu heischen und durch das so erzeugte Selbstgefühl Selbstwert zu bilden und zu bestärken. In diesem Zusammenhang werden Reize zu einer Formbestimmung der Wahrnehmung und hierdurch das Medium des Erlebens, des für wahr genommenen Lebens, die Bedingung also, Lebenswerte konstatieren zu können und hierdurch Selbstwert zu erlangen. Von daher liefern sie auch das Material der Selbstverwirklichung und des ästhetischen Willens. In der Abstraktion vom wirklichen Leben kann im Erleben nur eines wahr sein: Dass etwas lebendig ist, das nicht wirklich durch sich schon lebt, etwas, das tot erscheint, nicht wirklich lebend ist, aber in Wirklichkeit als etwas anderes lebt (siehe Schein). Es muss ein ungewisser Inhalt in einer gegebenen Form sein, eine Formbestimmung, in welcher sich die Macht der Gegebenheiten gegen ihren wirklichen Sinn durchsetzt. Sie muss in der Lage sein, sich Eindruck zu verschaffen, wo sie nur anwesend ist. Von daher ist die beeindruckte Wahrnehmung nurmehr reizend und ungewiss. Aber das Ungewisse wird hierdurch zugleich unwahrnehmbar. So gewiss ein Reiz, eine Empfindung oder ein Eindruck erscheinen kann, so fraglich auch ist dessen Wahrheit, ob sein Sinn vielleicht nicht eine Täuschung sei. Reiz hat immer etwas mit dem Erzeugen einer Empfindung zu tun, nicht mit Empfindung an sich. Er bewirkt eine eigenständige Empfindung, eine erregte Empfindung, die in sich selbst Ausgleich schaffen muss. Durch Reize werden Menschen wie Tiere erregt und reagieren in der Zwangsläufigkeit ihrer Erregung, die ihre sonstige Wahrnehmung, besonders ihre eigenen Regungen auch oft ausblendet, wenn der Reiz zu einer ausschließlichen Wirkung in der Wahrnehmung kommt. Ein Reiz ist also wesentlich eine Anmache, der Kitzel einer Empfindung, eines Eindrucks der reinen Sinnesform. Als solche lassen sich Reize nicht erleben. Sie selbst zeugen von Leben und dienen meist auch der Lebenserzeugung - sei es im Brautkleid der Vögel oder Fische oder in den mächtigen Geweihen und Drohgebärden der Hirsche usw. Für die Selbstwahrnehmung erweist sich erst der Reiz des Erlebens als bestimmender Eindruck. Durch Hinzunahme eines schon herausgesetzten Lebens versachlicht er sieses auf eine rein äußerliche Wirkung der Wahrnehmung, auf eine Selbstbeziehung, in welcher sie selbst gereiztes Objekt wird. Es entsteht so die versachlichte, also auf das Organ selbst reduzierte Wahrnehmung, welche der Selbstwahrnehmung erst die Grundlage ihrer Entwicklung bereitet. Einen Reiz mag alles Ungewöhnliche haben, weil es dem Unerkannten entspricht. Aber er entzieht sich der Gewöhnung nur durch die Unkenntnis dessen, was reizt: Das Erleben als solches. Dieses ist nur eine Wirkung von etwas, das reizvoll ist. Der Reiz blendet die Wahrnehmung im Grunde aus, indem er ihre bloße Erregung als Verdichtung ihrer Wirklichkeit, als Quantifizierung ihres Eindrucks betreibt. Die Wahrnehmung wird durch ihn formbestimmt, und als solche zum bloßen Inhalt dieser Bestimmung, in sich leer und leblos. Der Reiz macht das Wesen einer Kultur aus, in welcher menschliche Identität nicht wahr werden kann, in welcher sie beständig aufgereizt werden muss, um nicht wirklich entstehen zu können - bzw. um den Fortbestand einer Gesellschaft zu sichern, in welcher sie nicht bestehen kann. Von daher ist ein solcher Reiz auch die Grundlage dafür, dass aus Leben ein Erleben werden muss, weil durch die Formbestimmtheit der Wahrnehmung Leben in einer erregten Form wahrgenommen und auch gesucht wird. Reize werden ausdrücklich gesucht, damit entleerte Wahrnehmung, unendliche Selbstwahrnehmung, wieder lebendig wird. Das ist die Grundlage der Selbsterregung dort, wo Wahrnehmung selbst nicht erkannt wird, sich der Erkenntnis widersetzt, weil sie eigene Gründe hat, für sich zu bleiben (siehe abstrakt menschlicher Sinn). Als Begriff der Psychologie wird Reiz naturalisiert zu einem Begriff naturhafter Stimulanz, die zwangläufige Folgen durch natürliche Bedingtheit haben soll (z.B. Stoffwechsel, Nahrungsaufnahme, Speichelfluss im Pawlowschen Hund usw.). Es ist dies die ideologisch gewendete Formulierung einer bewirkten Wahrnehmung, Affirmation einer Blendung, die in solcher Auffassung als natürlich erscheinen soll. Verblendung ergibt sich hiernach aus einem Reiz-Reaktionsschema, das dem Menschen durch seine Natur schon gegeben sei. Hierbei ergeben sich aus den einfachen Dingen des Lebens (z.B. Nahrung) Reize, die in der Lage sind, eine Ereigniskette in der Abfolge tierischen wie menschlichen Verhaltens auszulösen (siehe Skinner). Solche Psychologie will die Wahrnehmung in einem Verblendungszusammenhang erforschen und belassen, um entweder daran teilzuhaben oder ihn zu restaurieren, wo er Funktionsstörungen aufweist (z.B. Therapie hiergegen zu richten). Dabei wird Reiz mit Wahrnehmung überhaupt gleich gesetzt. Die Therapie funktioniert soweit, wie Wahrnehmung hierbei befriedet wird (z.B. in der Angsttherapie). Es zeigt sich dabei immerhin, dass schon die bloße Anwesenheit von Menschen das Aufgebrachte der Wahrnehmung, das Angst macht, zur Ruhe kommt. Positiv gesagt sind Reiz und Neugierde synonyme Begriffe. Reiz hat alles, was fremd ist und Neugierde weckt (s.a. Design). Indem aber Reiz zur Anmache wird, bekommt der Begriff sein reaktionäres Gewicht, denn genau dies wird darin geleugnet: Das Zeichen darf nichts zeigen. Es wäre zu offensichtlich, dass es um Manipulation geht: Beherrschung des menschlichen Erkenntnisvermögens durch Enteignung seines Widerstands oder Zweifels. Tatsächlich wird durch einen Reiz eben auch nur eine unerkannte Reaktion bezweckt, ein Verhalten, das einem Schema folgt, das durch Beeindruckung eines Menschen oder einer Ratte bis zur Unkenntlichkeit verborgen bleiben soll. Natürlich funktioniert das immer dann, wenn die Verhältnisse ebenso hinterhältig sind wie die Psychologen, die damit hantieren. Es macht emfindungslos und löst damit Schmerzen, wie dies chemisch auch Psychopharmaka oder Elektroschocks durch Organzerstöhrung tun. |
![]() |
|