"Alles aber (...) ist jetzt ultra, alles transzendiert unaufhaltsam, im Denken wie im Tun. Niemand kennt sich mehr, niemand begreift das Element, worin er schwebt und wirkt, niemand den Stoff, den er bearbeitet. (...) Junge Leute werden viel zu früh aufgeregt und dann im Zeitstrudel fortgerissen. Reichtum und Schnelligkeit ist, was die Welt bewundert und wonach jeder strebt; Eisenbahnen, Schnellposten, Dampfschiffe und alle mögliche Fazilitäten der Kommunikation (...). Wir werden, mit vielleicht noch wenigen, die Letzten sein einer Epoche, die sobald nicht wiederkehrt." (Johann Wolfgang Goethe, Brief an Zelter vom 6.6.1825) Eine Scheinwelt ist eine Welt des Zusammenhangs der Scheinbarkeiten, worin alles durch seine Widersinnigkeiten entwirklicht ist als die Beliebigkeit in der Unwirklichkeit einer fremd scheinenden Macht (siehe auch Entfremdung), worin ein allgemeines Dazwischenseins auf das Wirkliche wirkt, sein abstraktes Anderssein darin durch seine Abwesenheit bestimmt (siehe hierzu auch Abstraktionskraft). Wo Geld als Geldbesitz selbstständig und also abstrakt gegen die Inhalte der Gebrauchswerte auftritt verkehrt sich über die Ohnmacht der gesellschaftlich nur abstrakt verbleibenden Gebrauchswerte zu einer gesellschaftliche Macht des Geldes und macht die Geldform zum Subjekt aller Warentausche und deren Täuschungen durch ihre allgemeine Wertform, die die Form ihrer an sich gleichgültigen Vergleiche und Gleichsetzungen, ihrer Äquivalentform ist (siehe hierzu Warenfetischismus). "Die erste Eigentümlichkeit, die bei Betrachtung der Äquivalentform auffällt, ist diese: Gebrauchswert wird zur Erscheinungsform seines Gegenteils, des Werts. Die Naturalform der Ware wird zur Wertform." (MEW 23, S. 70f) "Es ist ... eine zweite Eigentümlichkeit der Äquivalentform, daß konkrete Arbeit zur Erscheinungsform ihres Gegenteils, abstrakt menschlicher Arbeit wird." (MEW 23, S. 70f) "Es ist ... eine dritte Eigentümlichkeit der Äquivalentform, daß Privatarbeit zur Form ihres Gegenteils wird, zu Arbeit in unmittelbar gesellschaftlicher Form." (MEW 23, S. 70f) In einer Scheinwelt herrscht das Scheinbare, das Beliebige, der Schein des Anscheins schlechthin, ein Reflex der Sinnlosigkeit, der die Wahrnehmung entwirklicht und mystifiziert (siehe auch Fetischismus). Darin hat nichts wirkliche Substanz und das macht alles unheimlich. Scheinwelt ist eine Welt, in der sich die substanziellen Beziehungen in ihrer Allgemeinheit wechselseitig aufheben, sich an einander und durch einander entwirklichen, weil sie keine Form ihrer Verallgemeinerung erkennen können, sich deshalb gegenseitig nichten. Sie ist eine Welt, worin z.B. der Schein einer allseitigen Nützlichkeit herrscht (siehe auch Opportunismus), weil der Nutzen die Objektivität des Gebrauchs (siehe auch Gebrauchswert) und also auch des Verbrauchs, die Verfügung über dessen Sache und Menschen zu ihrer Nichtung treibt. Sie sind als Zweck und Mittel zugleich das Material ihrer Vermittlung und lösen sich darin selbst durch ihre gegenseitige Besessenheit auf. Wo Menschen oder Sachen nur für sich benutzt werden, ist das Subjekt ihrer Nutzung selbst besessen und also zugleich Objekt seiner Lebensverhältnisse (siehe hierzu Zwischenmenschlichkeit). Von daher ist Nutzen ein Herrschaftsbegriff (siehe hierzu auch Nützlichkeit), auch wenn er wechselseitig, also in wirklichen Verhältnissen objektiviert ist. In der wechselseitigen Vernutzung verliert allerdings jeder Gegenstand - auch ein Mensch – seine Wirklichkeit, wird selbst unwirklich durch seine Entgegenständlichung. So auch im Nutzen zwischenmenschlicher Beziehungen: Wenn der Eine den Anderen benutzt und ihn für sich nutzt, wird er zugleich von ihm vernutzt, als Subjekt unterliegt er seiner eigenen Objektivität im Nutzen seiner Lebensverhältnissen (siehe hierzu auch Selbstentfremdung). Und so heben beide sich in ihren wechselseitigen Wirkungen ihrer Subjektivität, in ihrer wechselseitigen Negation durch die objektive Wirklichkeit ihrer Vernutzung auf (siehe Entwirklichung). In einer Scheinwelt herrscht das Scheinbare, der Schein des Anscheins schlechthin. Darin hat nichts wirkliche Substanz. Darin überlagern sich die Eindrücke beliebiger Gefühle, die durch Ereignisproduktion erzeugt und befriedet werden, weil sie keinen eigenen Ausdruck mehr darstellen. Aber sie kultivieren zugleich eine Welt isolierter Empfindungen, reproduzieren verlassene Seelen und verengen die Wahrheit ihrer Wahrnehmungen (siehe Angst), töten sie durch ihre Lebensangst (siehe tote Wahrnehmung) und verwahrlosen daran (siehe auch Dekadenz). Schließlich kehren sie ihren Sinn gegen ihre Kultur, trennen ihren Leib von ihrer Seele und pervertieren sich selbst zu einem Zwang entäußerter Wahrheit (siehe hierzu auch Perversion). Eine Scheinwelt ist eine Welt, worin der Schein herrscht, indem er sich unentwegt durch das Scheinbare bestätigt und verdoppelt. Es ist eine Welt, worin die Formen des Anscheins zum wesentlichen Inhalt ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen geworden ist, eine Welt, deren Wesen abwesend, bloßer Fetisch ist (siehe auch Warenfetischismus). in der das Original durch die Kopie vertauscht ist (siehe auch Warentausch), weil sie als Lebenswelt ununterscheidbar, also selbst austauschbar ist. Darin entsteht eine Kultur der Aufreizung, weil alles einverleibt und aufgezehrt wird, nur noch in einer sinnentleerten Form den Menschen nahe ist, weil nur noch Erlebnisse vom Leben zeugen (siehe auch Eventkultur), auch wenn sie nur noch repräsentieren künnen, was sie eigentlich sein sollen. Solche Kultur besteht als Kult der Eigentlichkeiten aus Reflexionen und Interpretationen von Ereignissen, die sich aus dem Nichts herausstellen und herausbilden müssen. Es sind grundlos gewordene Lebensverhältnisse die ihren Sinn für das bloße Geschehen und Geschehenlassen verfüllen (siehe auch Kulturkonsum), indem sie ihn ausschließlich für sich und ausschließend gegen andere, sich im Wechsel erhalten, in der Abwechslung der Ereignisse repräsentieren. In zwischenmenschlichen Verhältnissen künnen hierüber Menschen einander im Widerschein ihrer Existenzen beflügeln, erbauen und ergützen (siehe auch heile Welt). Es ist eine Welt narzisstischer Beziehungen, in der sich die Repräsentationen aneinenader und durch einander repräsentieren, worin die Eine ihre Repräsentanz aus dem Reiz der Anderen bezieht, also entleerte Anwesenheiten wiedergibt und daher für einander beziehungslose Repräsentanzen sind, absurde Vergegenwärtigungen erstellen, die auch ihre Selbstwahrnehmung entstellen und pervertieren. Eine solche Welt ist voller Ereignisse, die getrennt voneinenader auftreten, in keinem geschichtlichen Zusammenhang stehen, und daher Erlebnisse bieten, die ohne wirkliches Leben, aber "täuschend echt" lebendig sind (siehe auch Eventkultur). Sie herrscht, wo nur noch bildhaftes herrscht, wo niemand "sich kennt" und sich daher auch nicht auskennen kann, daher jeder Mensch alles finden kann, was und wie er empfindet und sich fühlen kann, wie er will. An und für sich kann die Wahrnehmung nicht gegen sich selbst gerichtet sein. Wo aber der positive Schein der Welt sich als Lebenswelt eines ästhetischen Willens in seiner Verkehrung mächtig gemacht hat, wo er sein Heil in der Welt der zwischenmenschlichen Verhältnissen erfunden und gefunden hat (siehe hierzu auch heile Welt), da trägt er ein Bild der Vollendung fort, das eine Güte ihrer Ästhetik ausströmt, die nicht von dieser Welt des bewegten, des tätigen Lebens (siehe auch Arbeit) sein kann. Er treibt die lebendige Wahrnehmung in die Krise einer allmächtigen Wahrheit, die sich in der Sinnbildung der bürgerlichen Kultur dem entsprechend politisch gestaltet (siehe hierzu auch politische Kultur). Ihr Positivismus spaltet die Selbstwahrnehmung der Menschen in Freund und Feind und bestimmt die Formen der Kultur in ihren Lebensstrukturen und Ängsten (siehe hierzu auch Lebensangst) zwischen Macht und Ohnmacht der Selbstwahrnehmung (siehe hierzu auch Selbstveredelung). Sie zerteilt die Kulturen der Selbstbeziehung in politische Dispositionen und gründet gegensinnige Erkenntnisinteressen, die sie in ihrer Aufmerksamkeit auch gegensinnig ausrichten (siehe hierzu auch Erkenntnistheorie). Es sind die Elemente des Daseins nicht mehr erkennbar, weil sie nurmehr in ihren Medien (z.B. im Internet) sich abbilden und wo nurmehr ihre Aufregung herrscht, weil die Substanzen der Wirklichkeit unwirklich, nur in einem Bild von sich gegenwärtig sind. Da gibt es auch kein wirkliches Walten außerhalb der unzählichen Verwaltungen von Ereignissen: Keine wirkliche Welt, nur wesenloses Hin und Her, ein wechselseitig bespiegeln ohne Grund und Folge (siehe auch Narzissmus), ohne Ursachen aber voller Wirkungen in einer Fülle unentwegter Aktionen und Reaktionen, tendenziell reaktionär. Die Ereignisse in einer Scheinwelt gestalten sich in den Lebensformen des Erlebens, der Selbstwahrnehmungen, worrin die Selbsgefühle aus der Ästhetik ihrer zwischenmenschlichen Verhältnisse gewonnen werden, um im Massengefühl den Sinn zu ersetzen, den sie nicht wirklich empfinden künnen. Was in wesenlosen Beziehungen nicht ist wird in den Selbstbespiegelungen ihrer Kultur, in narzisstischen Beziehungen zu einer eigenen Art von Welt, in der sich die Menschen verlieren, weil sie sich in ihrem Spiegelbild immer wieder neu finden und empfinden müssen (siehe hierzu auch prothetische Beziehung). Der Begriff Narzissmus gründet auf der griechischen Mythologie von Narziss, der sich in sein Spiegelbild verliebt hatte. Hier wird das als Strafe einer Schicksalsgüttin begriffen, wonach der allseits umworbene Jüngling Narziss, der aus Stolz auf seine Schünheit alle Verehrerinnen und Verehrer zurückgewiesen hatte, mit einer Liebe bestraft wurde, die unmüglich erfüllt werden kann. Die Schicksalsgüttin straft Narziss mit unstillbarer Selbstliebe. Er verliebte sich in sein eigenes Spiegelbild, das er im Wasser einer Quelle sieht; auch er kann das Objekt seiner Liebe nicht erreichen und verwandelt sich sterbend in eine schüne Blume, eben eine Narzisse. In der Scheinwelt wird alles prominent, was darin häufig "ins Auge fällt". Prominenz ist das Hervortreten eines Einzelnen aus einem Gemenge von vielem, das sich darin verallgemeinert sieht, ein Beispiel seiner selbst oder seiner Ideen oder Bedürfnisse oder Wünsche oder Bilder für sich kultiviert und im Kult idolisiert (siehe auch Fankult). Dieses Hervortreten findet allerdings nur in der Wahrnehmung statt, im reinen Quantum dessen, was sie in ihren Begegnungen für wahr nimmt, ganz gleich, was sie davon wahrhat. Es reflektiert sich darin alleine die Dichte von Vergegenwärtigungen einer Erscheinung, die mit den Bedeutungen in der Wahrnehmung ganz getrennt von ihrer Wahrheit zusammenfallen, die damit diese allerdings auch bedeutungslos machen. Prominenz vollzieht die Totalissierung dieser Scheinwelt., in dieser Welt, worin alles wichtig und voller Bedeutung erscheint, weil es jedes Geltungsstreben zu befriedigen vermag, wenn es seinen Narzissmus "füttert". Eine Scheinwelt ist eben eine Welt, die eben nur zum Schein Welt ist, die als das, was sie als Welt sein soll, nur für sich und nur durch sich bestimmt ist und die durch das bloße Erleben der Ereignisse, also ohne weltliche Wirkung und Wirklichkeit, ohne Gegenständlichkeit da ist. Es is eine Welt, die nicht wirklich wahr sein kann und als Wirklichkeit weltenlos ist, weil sie sich durch nichts wirklich verhält und sich auf nichts wirklich bezieht, ihr nichts gegenüber steht und sie daher in ihrer Beziehungslosigkeit nur sich selbst gleichbleiben kann. Sie ist in ihrem Dasein beliebig, endlos, unwirklich, zwar voller Inhalte, ober ohne Form für diese, sondern nur Form für sich. Es sind Inhalte, die keinen Grund haben, weil sie selbst nur ihrer Form entspringen, die für sich begründet erscheint (siehe Formbestimmung). Aber für sich und in Wirklichkeit handelt es sich dabei um eine Verkehrung von Form und Inhalt, so dass in der Form konkret sinnlich die darin verkehrte Substanz abstrakt und allgemein wesentlich erscheint, als ein inhaltsleeres Wesen wirkt, als Abstraktionen einer Güte, welche zwar qualitativ Wirkung hat, aber nicht wirklich ist. Weil sie substanziell eine Abstraktion darstellt, die gegen ihren Inhalt gleichgültig ist und ihn unwirklich, seine Wirklichkeit nichtig macht, ihn im Grunde negiert., ist eine Scheinwelt als Verkehrung einer Welt zugleich immer auch für sich eine verkehrte Welt, eine Welt, in der sich alles selbst auch verkehrt verhalten muss. Es sind Verselbständigung eines Wesens, das darin nur in seiner Verkehrung erscheinen kann. Hierin werden Wirkungen nur negativ erzeugt, also in der Abgrenzung zum Unguten, zum Schlechten, das dem Guten äußerlich, weil hiervon absolut getrennt ist und das Gute erst dadurch bestimmt ist, dass es Schlechtes gibt, dieses aber von sich ausschließt. Es ist die Welt der Moralisten, der Selbstgerechtigkeit von Gutmenschen, die dadurch gute Gefühle haben, dass sie sich gut begründen können und dass sie deshalb auch im Grunde alles schön und gut finden können, auch wenn es schlecht ist oder gerade weil es so ist (siehe hierzu ästhetischer Wille). Das Gute macht solche Welt zur heilen Welt, die von außen, von fremden Kräften bedroht ist. Güte wird zur substanziellen Grundlage des Verhaltens, das als Maß der Lebenswerte fungiert. Sie finden diese in Eigenschaften aus einem Leben, das der Scheinwelt einverleibt wird, die von aller Bedingung frei gestellt erscheint, unbedingt gelten soll, damit darin die Menschen für sich das positiv wahrnehmen, was sie außer sich negativ wahrhaben. Das Maß der Scheinwelt ist die Idee, nach welcher die Sinne einverleibt werden, welche die eigenen Lebenswerte nötig haben. Von daher erscheint solche Welt wie die Welt einer Ideologie. Aber diese Welt ist wirklich. Sie besteht aus dem Sinn, der aus fremden Eigenschaften wirklich einverleibt ist und daher auch Wirkung hat ohne als Sinn wirklich zu sein. Scheinwelt entsteht durch die Präformation, die Formbestimmung von zwischenmenschlichen Verhältnissen durch Lebenswerte, die das Verhalten in einem bestimmten Lebensraum sortieren (z.B. als Familiensinn), um deren Idealisierung zu befördern und deren Beschränkungen durch fremde Einflüsse zu mindern, welche hierfür bedrohlich sind - und das ist fast alles Wirkliche. In einer Scheinwelt erscheint alles unwirkliche dadurch real, dass es in Gestalt von Menschen, von deren körperlichen Dasein vermittelt und durch deren Anwesenheit durch ihre symbiotischen Selbsbehauptung getragen ist. Für die Wirkungsmacht eine so erscheinenden Realität ist die Dichte der Begegnungen und der Ereignisse darin tragend. Was darin allerdings herrschend wird, ist die Notwendigkeit der Sortierung des Guten und des Bösen nach Maßgabe der Lebenswerte. Und die vollzieht sich in der Gewalt der Abhängigkeit vom Dabeisein, in der Notwendigkeit der Anwesenheit, die für Menschen nötig ist, die jenseits dieser Lebenwelt im Nichts verschwinden. Von daher steckt in jeder Lebensburg eine Scheinwelt. Das macht die Lebensangst darin aus. Ihre Welt ist bloße Gewalt der Anwenden als Walten im Widerschein eines Sinns, der nicht sein kann. In ihr ist das Wahrnehmen eine auf sich selbst gründende Wahrheit, die sich selbst aufhebt, weil ihre Empfindung daraus besteht, was sie wahrhat und was sie daraus macht, was sie also wahrmacht. Eine Scheinwelt ist kein notwendiger Schein gesellschaftlicher Beziehungen, sondern wirkliche Erscheinungswelt sinnlicher Bezogenheiten, wahrgemachter Sinn, der keinen Sinn hat, wirklich abstrakter Sinn als Wirkung eines Unsinn ist. Das Wahrmachen solcher Sinnlichkeit ist die Produktion einer Scheinwelt, in welcher Sinnliches voller Unsinn erscheint. Es ist darin nichts wirklich nötig, weil darin alles möglich erscheint. Wirkliche Not entsteht nur durch den Verlust der Scheinwelt überhaupt, dem Reservoir unendlich scheinender Möglichkeiten, wenn sie vergönnt werden. Es ist die Erscheinungswelt von Absichten, welche in zwischenmenschlichen Verhältnissen wahrgemacht werden: Wirklichkeitsform der Seele, seelisches Sein, in welchem das Erkenntnisvermögen aufgehoben erscheint: Vollkommenheit des Selbstgefühls. Das ermöglicht zwar ein Leben in diesem Schein, enthebt aber den Sinn der Wahrnehmung seiner Wahrheit und führt zu einer Störung der Wahrnehmungsidentität, wenn er diese Scheinwelt verlässt (siehe Verdrängung). Nur in ihr wird er in den Gefühlen bestätigt, die er nötig hat: Selbstgefühle unendlicher Empfindsamkeit, Sinn aller Scheinhaftigkeiten, die so tief erscheinen, wie sie bezogen auf ihre Wahrheit, auf ihr ganzes geschichtliches Sein, flach sind. Der Sinn einer Scheinwelt holt seine Kraft aus der Notwendigkeit einer Beziehung, die keinen Sinn hat (siehe auch Fetischismus), aber alle Sinne bestimmt (siehe Körperfetischismus). In der Not ihrer Abstraktheit ensteht abstrakte Sinnlichkeit dadurch, dass alles, was Sinn hat, sich in Gemeinschaft auflöst, um allem Sinn zu verleihen. Darin ist gesellschaftlicher Sinn sowohl aufgehoben wie auch einverleibt (siehe auch Kulturkonsum). In einer Scheinwelt ist alles da, was für das Sein nötig ist, auch wenn ihr Dasein die Umkehrung ihres wesentlichen Seins ausmacht. Sie funktioniert nur dadurch, dass sie im Einzelnen gibt, was sie allgemein nimmt, dass sie Bedürfnisse befriedigt, indem sie Bedarf aufhebt, Sinn vermittelt, indem sie Erkenntnis aufhebt usw.. Es ist die Lebensform einer Täuschung, die daraus besteht, dass alles für etwas anderes da ist, als was es zu sein scheint, dass im einzelnen wahr ist, was allgemein nicht stimmen kann, was aber allgemein ungeheuerliche Not aufkommen ließe, wenn es nicht da wäre. So verbirgt jede Scheinwelt eine Lebensangst, die innerhalb ihrer Beziehungen Vernichtungsangst auslöst, wenn Positionen mächtig werden, welche darin als wirkliche Beziehung herrschen, also den Schein dieser Welt wirklich beherrschen. Für sich sind diese Beziehungen ohnmächtig, weil sie keinen Sinn haben, aber als prothetische Beziehung Sinn machen für eine Beziehung in fortwärender Nichtigkeit, die sich an allen Stoffen forttreibt, die darin einverleibt werden. Subjektiv ist jeder Mensch in der Lage, sich von Scheinwelten zu trennen, sobald er eine Welt gefunden hat, in der seine Beziehungen wirklich vorkommen können. Aber es gibt viele objektive Gefühle, die ihn an Scheinwelten auch subjektiv binden können. Oft ist es die objektive Einfalt (s.a. Kitsch), welche eine Scheinwelt subjektiv zusammenhält und ihren Schmerz darin erstickt. In der Sehnsucht hält sich die Täuschung unendlich und treibt ihre Blüten in Zuständen der Seele, die sich ihrer Enttäuschung noch nicht gewiss ist, weil und solange sie ihre Absicht, ihre Liebe zur Idee nicht aufgeben kann. |
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