Die inneren Regungen, Erregungen oder Bewegungen der Menschen, die Zusammenhänge ihrer "Emotionen", unterscheiden sich im Sprachgebrauch der Begriffe Psyche und Seele. Von der Sprache her verweist der Begriff Seele im Althochdeutschen auf Gewässer (See) und meint wohl das Unergründete jenseits der wirklich gegenwärtigen Lebensverhältnisse (siehe Wirklichkeit), das ohne wirklichen Grund Seiende, das Reich des Vor- und Nachlebens (nach germanischer Auffassung leben dort die Geister der Ungeborenen und Ahnen), des nicht wirklichen Lebens. Von dieser Seite wird Seele als der sich tradierende Geist verstanden, der aus dem bisherigen Leben kommt und im verwesenden Leben fortbesteht (siehe hierzu Genealogie). Es lässt sich aber das Seelische - soweit es nicht zur Psyche isoliert existierender Individuum, zum geronnenen Gedächtnis abstrakter Lebensverhältnisse geworden ist - auf eine ungegenwärtige, also zeitlose Geschichte der Liebe reduzieren (siehe hierzu Religion). So wird das so genannte Seelische von allen Seiten der Philosophie - von Martin Heidegger bis zu Theodor Wiesengrund Adorno und Walter Benjamin - gerne als das "letztlich Menschliche" ihrer Gedanken wie ein geistiges Naturwesen der Kultur, wie ein Sinn der allgemeinsten Liebe und ihrer leidenschaftlichen "Hellsichtgkeit" hergenommen, das den ursprünglichen menschlichen Geist - als "Mimesis" - über den Ungeist seiner Zeit hinaus retten könne: "Liebe ist nie blind, sondern hellsichtig; nur Verliebtheit ist blind, flüchtig und anfällig, ein Reflekt, keine Leidenschaft. Zu dieser gehört das weit Ausgreifende, sich Öffnende Dieser Ausgriff in der Leidenschaft hebt uns aber nicht einfach über uns weg, er sammelt unser Wesen auf seinen eigentlichen Grund, er eröffnet diesen erst in der Sammlung, so dass die Leidenschaft jenes ist, wodurch und worin wir in uns selbst Fuß fassen und hellsichtig des Seienden um uns und in uns mächtig werden." (Martin Heidegger Zit. nach Düttmann, Alexander Garcia über Friedrich Nietzsches Genealogie Kontingenz). Seele lässt sich daher auch nicht so einfach als das geistige Wesen der Menschen schlechthin, als ihre verallgemeinerte Subjektivität überhistorischer Beziehungen, als ihre "Lebenskraft schlechthin" verstehen (siehe hierzu auch Musik). In ethnologischen Konzepten wurde diese nach polynesischer Sichtweise als "Mana" bezeichnet." "Primitive Gesellschaften" seien weitestgehend von traditionellen Sitten und Gebräuchen beherrscht, in der sich Geschichte nur geistig bewahren könne. In "primitiven Religionen" würden diese daher nicht gedacht, sondern getanzt (siehe hierzu auch Anthroposophie). Für Theodor Wiesengrund Adorno galt das Mana als die vom Kapitalismus noch verschonte Kultur, die sich den Menschen in Kunst, Tradition und Religion bewahrt habe (siehe "Adorno: Dialektik der Aufklärung - Begriff der Aufklärung"). Von daher leitete er seine Auffassung ab, dass der Kapitalismus das Leben nur entstellen und beschädigen würde, also selbst kein wirkliches Lebensverhältnis sei. Im Unterschied zu dem, was in der Psychologie als Zusammenhang der Selbstwahrnehmung, als Wesen der Selbstgefühle, als Psyche begriffen wird, ist die Seele als substanzieller Inhalt der Kulturgüter einer bestimmten Zivilisation aus ihrer Geschichte heraus so zu verstehen, wie sie als Geist ihrer Sinnbildungen und Bräuche aus den Gefühlen der Menschen erschließbar sei. Sie ist immerhin die abstrakt menschliche Substanz eines kulturellen Gemeinwesens, das aus seinem ursprünglichsten Sinn, aus einer Kulturform eines sinnlichen Wesens der Menschen als ihr abstrakt menschlicher Sinn in ihrem gesellschaftlichen Gehalt (z.B. von Masken, Bildern, Bauwerken oder Kultischen Objekten) zu begreifen und nachzuvollziehen ist. Seele ist von daher als Begriff auch in der Mythologie bewahrt. Und er bewährt sich zur Beschreibung alter Sinngebungen in der Geschichte der Menschwerdung von Gesellschaften und Kulturen, wie sie auch durch Archäologie nachgebildet werden kann (siehe z.B. indigene Archäologie). Mit einem verselbständigten Begriff von der Seele erscheint das Leben selbst schon als eine Gefühlswelt schlechthin, die sich geistig bewahrt, die als Welt der Gefühle in ihrer gesellschaftlichen und zugleich individuellen Form bewährt wird, - die allerdings in der Abgetrenntheit von ihrer Körperlichkeit reflektiert wird als selbständiges geistiges Wesen (siehe Leib-Seele-Problem). Damit wird ihr Sein in der Geschichte als das Dasein ihrer reinen Selbsterkenntnis, als Leben eines sich im allgemeinen Sein erkennenden Menschen, der in der ununterscheidbaren Ganzheit seiner Einzelheit gesehen wird, die ihm darin als Geschichte seiner Wesensverwandschaften allgemein erscheint. Von da her kann man Seele auch als so etwas wie ein Kulturwesen auffassen, als geistigen Gehalt der Kulturgüter in einer von ihrer wirklichen Entstehung abgetrennten Form. In der Religion wird Seele als ein von den Lebewesen selbst unterschiedener "Atem Gottes" verstanden. Alles gilt demnach durch einen Schöpfer des Lebens "vitalisiert". Von daher wird Seele auch als eine Vita der Natur, der Pflanzen, Tiere und Menschen verstanden, als Wesen des Lebendigen, das vor allem Sein steht. Auch jenseits der Religion wurde und wird Seele als "das Andere" des Leibes verstanden. Jedenfalls betrifft dieser Begriff etwas vom bloßen Körper Unterschiedenes, das als Geist zu begreifen sei, worin alles Seelische als ein vom Körper vollständig verschiedenes, also von ihm abgetrenntes rein geistiges Wesen zusammengefasst ist. Doch so geistig dies erscheint, so sachlich ist es in den Gütern der Kultur, denn diese Trennung ist selbst schon aus einer Kulturform bestimmt, in welcher Natur nicht kulturell fortbesteht, also als aparter Ursprung verbleibt, dem sich eine hiervon getrennte Kultur überlagert und als selbständiges Geisteswesen erscheinen kann (siehe Bildungsbürger). Man könnte daher die Seele auch als ein vergeistigtes Naturwesen, als Mythologie individualisierter Natur verstehen. Die Seele wäre demnach ein selbständiges Wesen und rein geistig, soviel Geist wie Geist Seele hat. Wer beseelt ist, von dem, was er tut, der bezieht sich darin auf alles durch sein geistiges Wesen, ist von allem begeistert, wie er auch darin seine Seele findet. Der Geist den alles hat, ist aber nicht durch einen Menschen entstanden, sondern durch das Zusammenwirken vieler Menschen, die zu einer sinnvollen Entwicklung beigetragen haben, durch menschliche Wirklichkeit, die also auch unmittelbar sinnlich ist. Im Geist steckt der Sinn ihrer Geschichte, wie er sich aus den wirklichen Verhältnissen herausgesetzt hat. Und in ihrer Seele reflektieren die Menschen dies mit Begeisterung. Sie sind also in Wirklichkeit auch unmittelbar sinnlich begeistert. In der Abtrennung von ihrem gesellschaftlichen Verhältnis erscheint ihnen aber in ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen ihr Beseelt-Sein selbst als Geist, als eine Seele, die aus ihnen als einzelne und vereinzelte Menschen hervorscheint und sich mit anderen Menschen in Beziehung setzt, als Psyche. In der Psyche ist menschlicher Geist in eine Art Schutzhaft geraten, abgetrennt von einer Wirklichkeit und doch wirklich in den Verhältnissen, worin er aus Menschen hervorscheint wie ein Einzelwesen, das ihnen zu eigen ist und doch mit ihnen geboren, einzeln und doch allgemein, gegenwärtig und doch vorbestimmt. Sie erscheint ihnen wie ihr einzelnes Geisteswesen, das ihre Beziehungen in diesen Verhältnissen durch ihre Sinne beflügelt. Nicht mehr der in ihrer Gesellschaft verwirklichte Sinn menschlicher Tätigkeit kann sie seelisch begeistern. Sie erscheinen sich als einzelne Geisteswesen auch in vereinzelter Form als allgemein seelisch begabte Psyche. Es ist dies eine Form, die den Sinn ihrer Beziehungen erst finden muss. Psychisch müssen sich die Zwischenmenschen als beseelte Wesen empfinden und sich an ihren Gefühlen füreinander begeistern. Seele ist von daher der Begriff für eine eigenständige Welt der Gefühle, einer Gefühlswelt, und als solche die Produktivkraft der Psyche. Diese "Gefühlswelt" macht sie zu einzelnen Geisteswesen, die sich durch ihre Seelen zusammenfinden und ihren Geist erst hierdurch gründen, der ihnen als allgemeine Seele, als menschlicher Geist schlechthin auf alle Menschen verteilt gleich gilt. Das geistige Wesen des Menschen, das sich in seiner Geschichte gebildet hat, erscheint so als Schöpfungsgeschichte des Menschen, die Seele, wie sie die einzelnen Menschen aneinander empfinden, als deren Resultat. In einem allgemeinen Geisteswesen fühlen sich die Menschen seelisch verbunden und finden diese Verbindung in ihrer Religion (re-ligio). Darin ist die Seele nicht ihr an ihrer Gesellschaft teilnehmendes Geisteswesen, sondern der "Odem Gottes", welcher dem Menschen eingehaucht sei. In der Kritik der Aufklärung an solchem Gottesglauben war dereinst die Gegebenheit von Geist abgewiesen und dieser zur unmittelbaren Selbstevidenz des Menschen gehoben worden. Geist war hierdurch selbstevident, weder gegeben, noch genommen, Tätigkeit der Selbsterzeugung des Menschen, die alleine ihren Stoff außer sich hat. Aber erst in der stofflichen Selbsterzeugung bildet der Mensch durch seine begeisterte Tätigkeit seine Gesellschaft, seine Geschichte und seinen Reichtum, der das Dasein seiner Wesenskräfte, seine Natur und Kultur ausmacht. Die Seele ist die einzeln wirkende Tätigkeit des Geistes, der in seiner Vereinzelung bleibt und sich darin nur sich selbst bestärkt, sich nur auf sich selbst bezieht, indem er sich selbst verwirklicht (siehe Selbstverwirklichung), sich in der Beziehung zwischen den Menschen bewegt und entfaltet (siehe zwischenmenschliche Beziehungen). Sie ist die Arbeit des subjektiven Geistes, wie er im Subjekt verblieben ist, wo er objektiver Geist nicht sein kann, sich nicht verstofflicht und also nur in der Form der Psyche existiert. In der Psyche ist Seele die abgetrennte Geistigkeit des Menschen, die keine stoffliche Wirklichkeit außer sich erkennt, eine in ihrer privaten Form verharrende Geistigkeit einer Gesellschaft, deren Sinn sich nicht unmittelbar als Produkt sinnlicher Tätigkeit begeisterter Menschen erkennen lässt. Als Gegenstand der moderneren Geisteswissenschaften und ihren Anwendungen wird Seele mit der individuellen Gefühlswelt gleichgesetzt. Seele wird hier verstanden wie ein Wesen, das in allen Gefühlen steckt und die Individualität seiner "Innenwelt", seiner inneren Erfahrungen ausmacht. Ein solches Wesen soll im einzelnen Menschen seinen Grund haben; er erscheint durch seine Gefühle beseelt. Diese in sich begründet scheinende Gefühlswelt ist aber eine Tautologie und kann keine Gewissheit mehr von sich haben, keine Empfindung mit weltlicher Gegenständlichkeit, sondern ist für sich gefühlte Individualität, Selbstgefühl. Aber auch Selbstgefühl wäre unsinnig, wenn es seinen Standort nur durch sich selbst hätte. Seelisches bleibt darin mythologisch. Von da her gilt Seele als ein Individualwesen, dem man glauben muss (siehe Glaube), weil man es fühlt und empfindet, weil es geradezu die Einheit von Empfindung und Gefühl jenseits der Welt ist, das aber zugleich nicht individuell sein kann, weil es sich auf alles bezieht und sich auch nur in der Welt wahrhat. Jedes seelische Problem zeigt unmittelbar, dass es nur in bestimmter Bezogenheit des Gedächtnisses auftritt und also auch nicht aus sich selbst heraus entstanden sein kann. Seele ist der Inhalt der Psyche, sozusagen ihre Produktivkraft, von daher tatsächlich ein Moment der Wahrnehmung in dem Sinne, dass sie eine eigene Wahrheit ist, in welcher Wahres genommen wie gehabt wird (siehe Wahrnehmen, Wahrhaben): Nicht wirklich wahr, aber in Wahrheit wirklich. So ist dieses Wesen zunächst passiv bestimmt, nicht bewegendes, sondern bewegtes. Aber wie jedes Wesen von eigener Wahrheit bestimmt sich Seele auch selbst - und zwar durch den Sinn, den sie hat, auch wenn sie ihn zugleich erst als Bild von sich selbst stiftet. Sie betreibt den ebenso zweifelhaften, wie auch oft verzweifelten Versuch, die Autarkie des Individuums, eine Identität seines Erkenntnisvermögens herzustellen, wo es diese im Unheil seiner Existenz zu verlieren droht. Die Seele treibt die Menschen um und kann Kräfte entfalten, denen sie nicht mehr standhalten können. Sie zwingt Menschen dazu, sich zu kasteien oder zu morden, sich unter der Gewalt des Bösen zu erleben oder in überglücklicher Seligkeit von hinnen zu schweben. Die Seele verleiht Flügel und Kerkermauern; oft beides in Folge. Zunächst ist Seele tatsächlich etwas Geistiges, zwar nicht wirklich, aber wesentlich dadurch, dass sie sich gläubig verhält. Sie ist daher auch der zu einem Einzelwesen geronnene, der privatisierte Geist, der empfindet, was ihm zukommt und fühlt, was ihn glauben lässt, was ihm also wahr gilt. Die Seele hat die Wahrheit nötig, die sie für sich hat; sie erarbeitet und verarbeitet diese. Ihr kommt aber nur zu, was sie auch wirklich hierin findet und empfindet. Sie wird also in der Empfindung tätig, treibt sie dahin und dorthin, wo sie ihre Wahrheit findet, um diese als Gefühl für sich, als ihr Selbstgefühl zu haben. Dieses ist der Augenblick, worin Empfindung im Gefühl verschwindet, sich im Menschen als eine Erkenntnis ereignet ohne ein wirkliches Ereignis zu erkennen. Dies verliert sich schnell, weil gefundene Wahrheit nicht ruht: Sie verliert sich, wo sie gefunden wurde. Es macht die Ruhelosigkeit der Seele aus, ihre Erkenntnisse nur in Augenblicken zu haben, den Springpunkt ihrer Gefühle unentwegt in der Empfindung suchen zu müssen und daher sich von einer Empfindung in die nächste zu stürzen, denn diese allein ist der Nährboden ihrer Selbstwahrnehmung. Und so findet sie Ruhe nur in der beständigen Anwesenheit von Empfindungen, die ihrer Wahrheit entsprechen. Dies macht den Grund ihrer Verhältnisse aus, die sie in der Anwesenheit von Menschen sucht und bestätigt findet. Es ist der reine Raum ihrer Beziehungen, ihr Lebensraum, in welchem sie gedeihen kann - gleich, ob ihre Erfahrungen darin gut oder schlecht sind. Schließlich ist sie so ja auch aufgewachsen (siehe Familie). Dieser Raum hat zwar keinen anderen Sinn als den, welchen Menschen durch sich und füreinander haben, als ihre Erkenntnis von einander, mit der sie ihre Beziehungen entwickeln und einander in ihrem körperlichen Sein bestätigen. Aber in der Seele erscheint dieser Sinn hiervon selbständig, als eine Identität, die nur für sich ist, wo andere Menschen sind. Der Sinn ist daher nicht bestimmt, sondern nur bestimmt in der Anwesenheit von Menschen, in der Form ihrer Körperlichkeit, in welcher sie ihre Erkenntnis voneinander haben und daher als Formbestimmung leben, die zugleich auch gegen sie gleichgültig ist. Es ist ein abstrakt menschlicher Sinn, in welchem die Menschen in solchen Räumen ihre konkreten Sinne finden und haben, weil sie überhaupt und allgemein geistige und sinnliche Wesen sind. Solche Identität ist wesentlich menschliche Individualität in der Form reiner Subjektivität der Persönlichkeit, die sich nur in der Abtrennung vom gesellschaftlichen Menschsein äußert, sich also in ihrer gesellschaftlichen Isolation menschlich nicht außer sich hat, nicht wirklich machen kann, weil sich ihr Mut nur in zwischenmenschlichen Beziehungen zeigt, sich aber nur in Selbstbezogenheit fortbestimmen kann und hierdurch zu einem Prinzip der Selbstverwirklichung wird, zu einem wirklichen Selbst. Die Seele lebt wie ein Geist und fühlt wie ein Sinn, aber beides nur wechselweise. Wo sie sich sinnlich begeistert, entgeistert sie auch ihre Sinne, nimmt sie in ihrer Selbstbezogenheit auf und bringt sie dort in Form. Für sich ist sie nur Tätigkeit des Erkennens, absichtloses Beziehen menschlichen Geistes zwischen Menschen. Wo sie auflebt, fällt sie zusammen, denn sie hat keinen anderen Grund als ihr Sein unter Menschen. Indem aber diese darin ihre Selbstwahrnehmung haben, wird Seele auch hierin vermittelt, teilt sich mit als Bestandteil ihrer selbst, als Beziehung auf sich selbst durch Beziehung auf andere. In dieser Selbstbezogenheit erst wird Seele wirklich, weil sie darin ausschließlich wirkliche Form hat, ihre Identität als Selbst findet. Was sie an Sinn findet, hat sie als Selbstbeziehung im Gedächtnis. In ihr wird Selbstgewinn durch andere zum Selbverlust in anderen, wird Liebe zum Schmerz, in dem sie sich bewahrt und doch verneint, ungewiss, aber vom Leben begeistert, entäußerter Geist in veräußertem Sinn. Als dieser kann ein Mensch sich selbst fühlen, sich für sich begeistern, sich durch sich selbst oder durch andere erregen und in den Regungen seines individuellen Daseins ein allgemeines menschliches Wesen wirksam haben, das seine Beziehung zu sich selbst bestimmt. Aber so allgemein ihre Bezogenheit ist, so isoliert ist ihre Tätigkeit. Sie zielt auf Verhältnisse ab, die sie nicht erkennen kann, weil sie schon alles kennt, was sie zwischen den Menschen allen gemein für sich hat, die Allgemeinheit ihrer Sinne in sich weiß, weil sie weiß, was sie birgt. Worauf sie abzielt, davon muss sie auch notwendig absehen. Ihre Tätigkeit ist ihre Absicht, mit der sie wahrmacht, was sie wahrhaben muss. Schließlich bildet sie ihren Sinn durch die Absicht, welche sie umsetzt und ihre einzige Wirklichkeit ist die Selbstverwirklichung, welche ihre Absichten vorantreiben, die Versinnlichung durch Sinnbildungen für sich. Sie findet sich in der Anwesenheit von Menschen ein, um sich in ihr zu gestalten, zu ereignen, zu arrangieren usw. Sie kommt auf sich zurück in dem, was sie an Menschen bewirkt, was sie ihrem Geist entnommen und ihrem Körper entlockt hat. Und sie bemerkt das, was sie hierzu vermerkt hat. Ihre Aufmerksamkeit ist bestimmt durch gegenwärtige und vergangene Anwesenheiten, Erlebnisse, in denen sie zu sich gekommen und außer sich geraten ist. Was die Seele wirklich tut und zulässt, das liegt konkret an ihrem Gedächtnis. Es ist ihr Stoff und ihr Mittel, auf sich zu kommen. Das Gedächtnis ist der organische Sinn ihrer Selbstbeziehung, die Basis ihrer Absichten und seelischen Wirklichkeiten. Darin schafft sie schließlich ihre Wirklichkeitsform, ihre Persönlichkeit, als ein Selbst, das sich durch sich selbst verwirklicht. Wiewohl durch die Gesamtheit zwischenmenschlicher Verhältnisse entstanden, steht die Selbstverwirklichung nun wirklich nur für sich. Hierin ist sie nun gänzlich sie selbst oder "Ich", das aber nichts anderes sein kann, als was es durch und mit anderen treibt, um sich zu bilden und zu erhalten. Der Tanz um dieses Selbst macht dann auch das wesentliche Lebensinteresse der Menschen in der bürgerlichen Kultur tragend. Es scheint auf der Ebene des theoretischen Bewusstseins in der bürgerlichen Wissenschaft keine Gewissheit zu geben, was Seele ist. Die Psychologie, die sie zu ihrem Gegenstand hat, erkennt sie jedenfalls noch nicht in einer anderen Wesenhaftigkeit als der ihrer naturhaften Erscheinung (z.B. als Trieb, Verhalten, Gefühl). Seele entwickelt sich in zwischenmenschlichen Verhältnissen, welche die Psychologie als gesellschaftliche Verhältnisse begriffen haben will. Damit entzieht sie sich die Grundlage für die wesentliche Voraussetzung, ihren Gegenstand zu begreifen: Seele ist selbst schon die vollendete Mythologie eines gesellschaftlichen Verhältnisses, worin sich Menschen nur noch unmittelbar in ihrem reinen Dasein als Mensch erscheinen. Aber sie ist zugleich ihr wirklicher Geist, den sie in ihren gesellschaftlichen Verhältnissen nicht erkennen können, dies umso mehr, wenn ihr stofflicher Reichtum keinen Sinn mehr für sie hat, ihr wirklich gesellschaftliches Leben und Tun sinnentleert ist, durch Kapitalverwertung zu Unsinn geworden ist (siehe Globalisierung). Sie entwickelt sich aus dem leibhaftigen Erkenntnisproblem das den Menschen damit gegeben ist: Sie erscheinen sich selbst als bloße Gegebenheit und als Mensch leben sie nur in der Trennung zwischen dem Wahrnehmen von einander und dem Wahrhaben durch einander. Sie besteht nur als ein abstrakter Zusammenhang konkret: als ein abstrakter Sinn, dem Menschen folgen, um sich als Menschen im kulturellen Lebensraum einer Gesellschaft wahrzuhaben, die für sie sonst keinen Sinn hat (siehe Raum), in der sie sich aber sinnlich wahrmachen. Sie besteht im einzelnen Menschen als seine Absicht, die nicht wahrnehmbar ist, aber dadurch wahrgehabt wird, dass sie den Sinn seiner zwischenmenschlichen Beziehung bildet und ausmacht. Seele kann als ein Sinn verstanden werden, wie er in Gefühlsverhältnissen notwendig ist und der als einzelne Absicht wirkt, die darin Identität, seelische Identität bildet, indem sie ihre Selbstbezogenheit wahrmacht. Von daher treibt sie zu ihrer Verwirklichung wie eine übernatürliche Natur (Trieb), die sich durchsetzen muss, um keinen Zweifel über sich zu erwecken. Die Seele stiftet zwar Zusammenhänge, kommt zugleich aber nur abstrakt auf die Beziehungen der Menschen in ihrer Selbstbezogenheit zurück, bildet, entwickelt und entfaltet einen Sinn, der nur abstrakt menschlich, abstrakt menschlicher Sinn ist (siehe Realabstraktion), sich dadurch formt, dass er für sich selbst etwas sein muss, was Seele als geistige Tätigkeit nicht sein kann, aber sein muss, um sich seelisch zu erhalten. Im Selbstgewinn und Selbstverlust treibt sie ihre Eskapaten, ihre kleine Fluchten und Verführungen, bis sie sich in die herrschenden Geistesformen verstrickt hat zum Kulturereignis, zur Ästhetik oder dem ästhetischen Willen einer Volksseele und eines Volkskörpers. In der Kritik hieran hat der Begriff einen emanzipatorischen Sinn, den ich derzeit entwickle und damit zu einer neuen Psychologie anregen will. Materiell wird hierdurch Psychologie zu einer Theorie abstrakter Sinnlichkeit, welche konkrete Welt verlangt und so ein Bewusstsein geistiger Emanzipation in sinnlicher Welt werden muss. Der Begriff der Seele als abstrakt menschlicher Sinn zeigt, wo, warum und wie Seele als ein Wesen entsteht, das sich hinter der Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung der Menschen durchsetzen kann und eine Welt der Selbstgefühle zur Voraussetzung und als ihr Produkt hat. Sie resultiert aus der Wahrnehmung, aus Gefühlen, die Selbstgefühle geworden waren und betreibt Gefühle, die eine eigene Wahrnehmungswelt erzeugen. Die Seele ist ein Wesen, das als ausschließliche Absicht die Identität der Gegenseitigkeit von Selbstgefühlen hat und diese in der Welt unendlich ausdehnen will. Dieser Wille ist ihr Trieb, der ganz im Gegensatz zu anderen Theorien weder naturhaft (z.B. als Sexualität), noch als Geist oder Typus (z.B. Archetypus), noch als innerpersönliches Wesen (z.B. ästhetisches Bedürfnis nach Lebensgestalt) existiert, sondern zwischenmenschliche Notwendigkeit ist, die zwischen Selbstentleibung und Selbstverwirklichung abgeht, in welcher die Menschen auch zwischenmenschlich in Erlebensklassen gespalten werden. Aus ihr ergibt sich die seelische Grundlage zur Entwicklung einer Volksseele, welche sich im Lebenszusammenhang seelischer Gemeinschaften entwickelt und zwangsläufig zu Rassismus wird und sich darin bestärkt. Dieser wird auch als Reaktion auf eine politökonomische Wirklichkeit, die für die Menschen bedrohlich ist, zu einer politischen Realität. Hierin wird die Seele als Wählermeinung und Geisteswelt zu einem politischen Monstrum, das für das Ganze der gesellschaftlichen Entwicklung eine sprichwörtlich ungeheuerliche Bedeutung bekommen kann, wenn die politische Realität (Staat und Wirtschaft) an ihrer Entwicklungsgrenze angelangt ist (Krise). Dann werden die seelischen Gegensätze zu einer Gesinnung, die sich im Zeitgeist und der darin gängigen Philospohie festhält. Diese entspricht meist den gesellschaftlichen Entwicklungen und ist besonders in Umbruchphasen auch parat, um geschichtlich wirksam zu werden - wie z.B. zur Zeit der Reichsgründung von Nietzsche - neuerdings wieder von Sloterdijk - gesellschaftliche Notwendigkeiten zum "Willen zur Macht" formuliert worden ist (als geschichtlich "heilsamer" Antagonismus von Herrenmenschen und Skalvenmenschen). Dies war zwar nicht der Grund des deutschen Faschismus, wohl aber sein Bewusstsein und sein Mittel, die Volksseele zu handhaben. Da die Seele aber zugleich die Form von menschlicher Erkenntnis als abstrakte Selbsterkenntnis ist, kann sie in ihrer Wahrnehmungswelt, ihrem Verhältnis von Empfindungen und Gefühlen, konkrete Positionen und Verarbeitungsweisen einnehmen, wenn sich die seelischen Verhältnisse in ihren konkreten Momenten festhalten lassen. So sind Menschen in der Lage, ihre Absichten zu erkennen und ihnen auch entgegenzutreten. Sie tragen ja ihre sinnliche Erfahrungswelt in sich und haben darin auch ihre Schranke und ihren Selbstzweifel. Eine Seele im Zweifel muss den Schmerz ihrer Absicht zur Erkenntnis bringen, um ihren Geist zu emanzipieren. Da Seele als Verhältnis zwischen Menschen zu denken ist, kann es nur ihr geistiges Verhältnis sein, in welchem sie sich befreien können, in welchem sie ihre Bezogenheit und Verstrickung begreifen, um aus dem Begriff ihrer "Seinsbesessenheit" zu entkommen und sich dem Begreifen ihrer Welt zuwenden zu können. | ![]() |