"Jede Selbstentfremdung des Menschen von sich und der Natur erscheint in dem Verhältnis, welches er sich und der Natur zu andern, von ihm unterschiednen Menschen gibt. ... In der praktischen wirklichen Welt kann die Selbstentfremdung nur durch das praktische, wirkliche Verhältnis zu andern Menschen erscheinen. Das Mittel, wodurch die Entfremdung vorgeht, ist selbst ein praktisches. Durch die entfremdete Arbeit erzeugt der Mensch also nicht nur sein Verhältnis zu dem Gegenstand und dem Akt der Produktion als fremden und ihm feindlichen Mächten; er erzeugt auch das Verhältnis, in welchem andre Menschen zu seiner Produktion und seinem Produkt stehn, und das Verhältnis, in welchem er zu diesen andern Menschen steht. Wie er seine eigne Produktion zu seiner Entwirklichung, zu seiner Strafe, wie er sein eignes Produkt zu dem Verlust, zu einem ihm nicht gehörigen Produkt, so erzeugt er die Herrschaft dessen, der nicht produziert, auf die Produktion und auf das Produkt. Wie er seine eigne Tätigkeit sich entfremdet, so eignet er dem Fremden die ihm nicht eigne Tätigkeit an." (MEW 40, S. 519) Selbstentfremdung ist der Zustand einer entgegenwärtigter Wahrnehmung, in dem die Selbstwahrnehmung wie eine fremde Kraft die Aufmerksamkeit eines Menschen beherrscht (z.B. als Angst, Depression, Sucht, Zwangshandlung, Unruhe, Gedankenflucht usw.), worin sich dieser durch seine Aufmerksamkeitsstörung in einen Wahrnehmungszustand getrieben fühlt, in dem ihm seine Empfindungen selbst fremd werden (siehe z.B. auch Phobie), er also seine Wahrnehmungsidentät entäußert, er sich darin selbst verloren hat (siehe Selbstverlust). Aber an und für sich kann ein Mensch sich nicht einfach fremd sein. Dies setzt voraus, dass seine Selbstwahrnehmung bestimmt ist, dass sie von fremden - also unerkannten Inhalten - bedrängt wird. Sofern also ein Mensch in der Form seiner Selbstwahrnehmung (siehe auch Psyche) deren fremden Inhalt nicht als eine darin wirkende Formbestimmung zu überwinden vermag, betreibt diese eine ihm fremde Kraft (siehe auch Abstraktionskraft), die seine Selbstwahrnehmung bestimmt (siehe auch Verdrängung). Von daher ist Selbstentfremdung die subjektive Form einer objektiven Entfremdung des Menschen im Dasein (siehe auch Dazwischensein) seines gesellschaftlichen Wesens, von seiner Arbeit und deren Vergegenständlichung. Sie beschreibt ein Verhältnis von Menschen zu sich selbst, das ihrer Selbstwahrnehmung fremd erscheint, das also eine ihnen fremde Wahrheit enthält, die sie wahrhaben, aber nicht wirklich wahrnehmen können. Weil sie aus ihnen selbst kommt und in ihnen wirksam ist, kann dies nur Empfindungen entstammen, die ihnen in einer narzisstischen Beziehung äußerlich geworden sind, die sie veräußert haben, um sich darin veräußerter Gefühle zu versichern, um in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen Sicherheit außer sich zu gewinnen, durch die sie sich selbst verlieren mussten (siehe Selbstverlust). Narzissten sind nicht in der Lage, Liebe für sich aufzubringen. Weil ihnen in den gesellschaftlichn Beziehungen der burgherrlichen Subjekte die Selbstachtung enteignet wird, haben sie sich der Selbstverwertung ihrer Liebe überantwortet und sie zum Maßstab eines allgemeinen Edelmuts gemacht. Sie müssen sich geliebt fühlen um sich durch ihre Selbstgefühle aus ihrer verlorenen Selbstverwirklichung herauszusetzen. Was ihnen als Bürger dieser Welt (siehe hierzu auch Kleinbürger) nicht gelingen kann, wird zum Inhalt ihrer Selbstwahrnehmung als Wesen einer Persönlichkeit, die sich gesellschaftlich aus dem Elend ihrer Isolation befreit fühlt, indem sie sich durch ihr wirtschaftliches Vermögen, durch ihren Geldbesitz selbst veredelt, um sich selbst etwas wert zu sein (siehe hierzu narzisstische Persönlichkeit, sich in ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen selbst zu empfinden, um eine besondere Wertschätzung durch die Aufmerksamkeit fremder Gefühle zu erlangen. Weil sie jenseits aller wirklichen Gefühle ihre Selbstveredelung zur Grundlage ihrer Selbstwahrnehmung nötig haben, stellen sie ihre Selbstwahrnehmung über die Wirklichkeiten ihrer Lebensverhältnisse und richten ihr Erkenntnisinteresse auf die Wirkungsmacht ihrer Selbstveräußerung (siehe hierzu auch Entäußerung). Ihr ästhetischer Wille muss über sie hinausgreifen, um sich durch die Wahrnehmung der anderen wahr zu haben und zu bestärken (siehe hierzu auch autoritärer Charakter), um außer sich für sich sein zu können. Weil Narzissmus einer entleerten Selbstwahrnehmung entsprungen ist, beruht er auf einem entäußerten Selbstgefühl, dessen Geltungsbedürfnis nach zwischenmenschlichen Beziehungen verlangt, die ihre Selbstentfremdung schon dadurch betreiben, dass sie ihr Leben durch den Antrieb (siehe Trieb) einer ihnen fremden Abstraktionskraft sich wechselseitig einverleiben. Das in einer narzisstischen Beziehung ausgeschlossene und ausschließlich gewordene Selbstgefühl hält trotz seiner Äußerlicheit die Empfindungen eines Menschen zusammen und bewahrt die Psyche vor ihrem Auseinanderfallen in ihren vielen auseinandertreibenden Gefühlen. Ein Selbstverlust ist der Verlust ihrer Selbstbezehung, der Verlust von Selbstwahrnehmung durch die Veräußerung und Unterwerfung seiner Selbst in einer symbiotischer Selbstbehauptung, die außer sich geraten ist und ihren Halt verloren hat. Darin wird das Vermögen der Selbsterkenntnis an den Anderen seiner selbst mit der Symbiose einer Selbstbehauptung abgetreten und die Selbstwahrnehmung in einer Selbstentfremdung verschlossen, in der sich die Selbstgefühle durch die ihnen fremd gebliebenen Empfindungen aufheben. Weil die Selbstwahrnehmung sich nicht mehr zwischen dem Verhältnis der Selbstgefühle verhalten kann, sondern sich vor allem durch die Absichten ihres ästhetischen Willens behaupten muss, verliert sie ihre sinnliche Gewissheit, die durch fremde Selbstwertgefühle ästhetisch bestimmt und in dieser Bestimmung untergegangen ist (siehe auch Minderwertigkeitsgefühl). Sie verliert sich in den allgemeinen Verhältnissen der Wahrnehmung durch die Entgegenwärtigung ihrer Selbstwahrnehmung und damit vor allem ihre Selbstachtung, also auch das Vermögen, sich selbst entsprechend zu äußern und auseinander zu setzen. Ihnen begegnet ihre eigene Äußerung, ihre Lebenstätigkeit als etwas fremdes, wie ein ganzes in sich geschlossenes Wesen, das für sie nicht wahr sein kann, weil seine Wahrheit in ihrem Leben ausgeschlossen, abwesend ist. Es ist das Resultat einer Äußerung ihrer Beziehungen, die ihnen im Allgemeinen durch deren Verhältnisse entzogen ist und durch eine bloße Abstraktion (siehe abstrakt Allgemeines) von ihrer bestimmten Beziehung dadurch Macht hat, dass sich Menschen durch ihre Lebensverhältnisse verlieren, sich darin vergessen müssen um an ihnen Teil zu haben. Selbstentfremdung ist zum einen ein Gefühl, sich selbst fremd geworden zu sein, die Empfindung eines Selbstverlustes, einer Entgegenwärtigung. Zugleich ist es auch ein objektiver Begriff für die Enfremdung des Menschen von seiner Natur, von seiner Tätigkeit und seiner Gesellschaft, seiner Gattung (Marx). Immer beschreibt Selbstentfremdung den Verlust eigener Wirklichkeit, die Empfindung einer fremden Macht, die an deren Stelle getreten ist. Doch wie kann das möglich sein, dass ein Mensch oder viele Menschen einer Gesellschaft sich überhaupt fremd werden können, so dass sie sich selbst durch äußere Mächte bestimmt fühlen, obwohl - oder auch weil - sie nur für sich sind, für sich arbeiten, wahrnehmen und wahr sind? Selbstentfremdung ist der subjektiv in der Kognition aufscheindende Zusstand einer objektiv notwendigen Selbsttäuschung, durch welche sich Form und Inhalt der Selbstwahrnehmung gegen die Wahrnehmung der Wirklichkeit vertauschen. Es ist die Vertauschung der Eindrücke, die auf die Wahrnehmung wirken, die Austauschung der Empfindungen mit den Gefühlen der kognitiven Sinne, die durch das Bild von Erinnerungen bestimmt werden, die durch Ereignisse einer entfremdeten Beziehungen bestimmt sind, worin das Fremde angeeignet worden war. Hierdurch wird der Wahrnehmung der Reiz eines Eindrucks nurmehr ästhetisch so vermittelt (siehe Ästhetik), wie sie diese in ihren Selbstgefühlen findet und empfindet. Der Grund dieser Vertauschung ist die Notwendigkeit einer Selbstveredelung, die aus den Absichten eines ästhetischen Willens ergeht, der ihre eigenen Bedürfnisse entstellt. "Wer in diesen Verhältnissen nicht verrückt wird, der ist nicht normal!" (Hildegard Knef) Die Verrückten werden von der Funktionalität des Systems ausgegrenzt, indem sie krank gelten und als psychisch Kranke gesellschtlich abgesondert und aussortiert werden. "Psychische Krankheit" personalisiert in dieser Beziehung einen Wahrnehmungszustand, an dem Menschen leiden, die in ihren Selbstwahrnehmungen isoliert und gegen ihre Selbstgewissheit auf sich verworfen wurden, etwas fühlen, was sie nicht wirklich empfinden können (siehe auch Unbewusstes). Es ist ein Zustand, der durch ein Gemenge von vielfältigen, oft auch sich selbst widersprechenden Wahrnehmungen und Eindrücken entsteht, die auf einen Menschen einwirken, der die Formationen seiner Verhältnisse nicht mehr erkennen und also auch nicht mehr leiden kann. Wo die Lebensformen die Inhalte seiner Wahrnehmung in geschlossenen und ausschließlichen Lebensverhältniissen die Selbstwahrnehmung beherrschen (siehe auch Familie), machen sie Angst (siehe Lebensangst). Auf diese wirken sie schon durch ihre Form inhaltlich und persönlich und können von daher in zwischenmenschlichen Verhältnissen in ausschließlichen symbiotischen Selbstbehauptungen die Wahrnehmung je nach der Formbestimmung der Ausschließlichkeit ihrer zwischenmenschliche Beziehung entfremden. Je nach dem, was darin subjektiv mächtig wird, können sie depressive, zwanghafte oder psychotische Wahrnehmungszustände auslösen, die keine gegenständlichen Ursachen mehr erkennen lassen. Wo Menschen in ihrer Selbstwahrnehmung schon unmittelbar sich fremd bestimmt, bezwungen von fremden Kräften fühlen (z.B. durch Angstzustände, Depressionen, Zwangsimpulse, Sucht usw.) erfahren sie eine ihnen entfremdete Selbstbeziehung, auf ihr Erkenntnisvermögen, ihre Wahrheitsfindung, durch die sie einen Selbstverlust erleiden, der nicht aus ihrem Verhalten in ihren unmittelbaren Lebensverhältnissen eklärlich ist. Dies scheint von einer Kraft getrieben, deren Ursache und Grund abwesend ist, die aber zugleich an den eigenen Kräften zehrt, die sich hierbei aufbrauchen. Jedenfalls steht das, was dies betreibt, nicht im Sinn des Menschen, der sie erleidet. Sie muss eine fremde Substanz, die Vermittlung eines fremden Wesens für ihre Wahrnehmung enthalten, eine fremde Wahrheit verkörpern, die einen Selbstverlust bewirkt. Von daher kann Selbstentfremdung nicht von selbst oder durch sich selbst oder einfach nur unbewusst - etwa durch einen Mangel an Wissen, der aufgeklärt werden sollte - entstanden sein. Sie unterstellt ein menschliches Verhältnis, worin Menschen sich selbst fremd geworden sind, weil ihr eigenes Wirken, ihr Tun und Lassen, ihre Liebe, ihre Tätigkeit und Arbeit ihnen fremd, als fremde Wirklichkeit begegnet, die ihrer Wahrnehmung entzogen ist. Von positivistischen Theorien wird daher zunehmend ein naturstofflicher Grund behauptet, den amn in den diversen Körperformen, der darin natürlich auch als Phänomen nachweisbar ist - etwa so, wie sich Ärger auch im Adrenalinspiegel wiederfinden lässt, auch wenn Adrenalin nicht Ärger verursacht hat, sondern seine Wirkung auf den Körper darstellt (siehe Leib-Seele-Problem). Aber dialektisches Begreifen kann den Grund einer Selbstentfremdung durchaus aus einer Verselbständigung der Selbstwahrnehmng in einer abwesenden Wirlkichkeit erkennen, wenn sie der Sinnbildung einer widersinnigen Wahrnehmung in zwischenmenschlichen Verhältnissen zu folgen versteht (siehe z.B. Double-Bind). Es ist ein Widerspruch der Lebensäußerung in ihren Beziehungen selbst, der Menschen sich selbst fremd werden kässt. Indem sie sich in dem, was sie äußern nicht außer sich als ihre Wahrheit bestätigt finden, erscheint das, was sie positiv stimmt, zugleich durch ein fremdes Vermögen bestimmt, als eine fremde Macht, als fremde Kraft, als Verselbständigung ihres Selbstverlustes, als Gefühl, fremdes zu empfinden, wo ihre Selbstgefühle ihnen entgangen, abwesend sind. Wo sie eigenes äußern geraten sie in ihrer Wahrnehmung außer sich, weil sie sich in den Beziehungen ihrer Wirklichkeit niicht finden können, sich ihre Gefühle gegen ihre Empfindungen richten (siehe hierzu auch Ästhetik), ihre Selbstgefühle bloße Ohnmacht vermittelnn. Sie haben ihre Eigenschaften einer Fremde übereignet, die als fremd einverleibte Selbstwahrnehmung, als Verlust ihrer Eigenheiten auf sie zurückkommt. Selbstentfremdung entsteht in widersinnigen Verhältnissen, worin die Menschen im Allgemeinen von sich absehen müssen (siehe abstrakt Allgemeines), um für sich "dabei" zu sein (siehe Anwesenheit). Und deshalb erscheinen sie sich selbst als andere, als sie sind. Es handelt sich also um Verhältnisse, worin sie ihre eigenen Lebensäußerungen nicht als ihr Eigenes wiederfinden oder empfinden (siehe auch Eigentum) können, weil und soweit sie sich in ihren Lebensäußerungen zugleich außer sich verneinen, sich selbst entäußern müssen. Das unterstellt eine Selbstbeziehung durch Fremdes, wodurch die Menschen für sich selbst anders werden, sich von sich selbst trennen, ihre Selbstachtung aufgeben, um sich in einem ihnen fremden Selbst, einem Selbstwert außer sich zu vergegenwärtigen (siehe auch Selbstbehauptung). Dies geschieht, wenn sie sich in diesem Verhältnis in einer Weise äußern, in der sie sich von sich selbst entäußern, sich also als Menschen äußern, die sie nicht sein können, weil sie in den Verhältnissen ihres Selbstwerts ihre Selbstachtung aufgehoben haben, nur um als das zu gelten, was was sie objektiv für die Gesellschaft sind, an den allgemeinen Verhältnissen ihrer Geltungsbedürfnisse teilhaben zu können, indem sie selbst als deren Objekt gelten "dürfen", sich ihren objektiven Beziehungen unterwerfen, in denen sie ihre Subjektivität aufheben müssen. Für diese verbleiben ihnen ihre zwischenmenschlichen Beziehungen. Aber auch zwischen den Menschen ist der Mensch außer sich, ungegenständlich. In zwischenmenschlichen Beziehungen beziehen sich daher Menschen auf sich so, wie sie sich "von außen" wahrnehmen, wie sie sich durch andere sehen, wie sie sich also in dem finden und empfinden, wodurch sie bestimmt sind. Ihre Empfindungen sind hier schon vor aller Erfahrung durch ihre Gefühle bestimmt, in denen sie sich durch andere wahrhaben und sich durch sie verinnerlichen, sich mit ihnen ihres Lebens erinnern. Hier herrscht ein umgekehrtes Verhältnis der Wahrnehmung, die zur bloßen Selbstwahrnehmung unter vielen Menschen ihnen fremd geworden ist. Ihre Selbstentfremdung entfaltet sich also in ihren Selbstgefühlen.< In jedem einzelnen Menschen entstehen Gefühle durch Empfindungen, durch die Erarbeitung und Aneignung der Gegenstände ihres Lebens, durch ihre Sinnbildung, durch die Entwicklung ihrer Fähigkeiten und Eigenschaften. In abstrakten Verhältnissen, in denen sich die Menschen nur in ihrer Lebensungewissheit wahrhaben können, ist dies umgekehrt. Ihre Selbstwahrnehmung ist durch die Verkehrung ihrer Wahrnehmung bestimmt, durch das eben, was sie unter Menschen von sich erleben und was in den Ereignissen dieses Lebens als zwischenmenschliches Leben wahrgemacht wird. Es ist daher keine Täuschung ihrer Wahrnehmung, sondern die Wahrnehmung in den zwischenmenschlichen Kulturen.< Was die Menschen hierdurch von ihrer sachlichen Wirklichkeit, von der Erzeugung ihrer Sache trennt, erscheint in ihrer Selbstwahrnehmung selbst als Widerspruch ihrer Gefühle zwischen ihrer Bestimmung durch die eigenen Empfindungen und der Wahrnehmung der Empfindungen ihrer Gefühlen. Ihre Wahrnehmung würde sich unmittelbar aufheben, entleeren, würde sie sich nicht als Bestrebung ihre Selbstgefühle wahrmachen, um sich in ihren Gefühlsbewegungen, in ihren "Emotionen" zu empfinden, sich in ihren Empfindungen zu finden und dadurch ihrer gesellschaftlichen Ödnis zu entgehen. Sie gewinnen ihren Selbstwert in ihrer Gemeinschaft und konkurrieren zugleich um ihre Selbstgefühle, die ihre verbliebene Form ihrer Selbstachtung in dieser Gesellschaft sind. Was ihr Leben an Wert in den wirtschaftlichen Verhältnissen verliert, muss es im Selbstwert ihrer Gefühle einholen. So verwirklicht sich ihre Zwischenmenschlichkeit in einer Parallelwelt erfühlter Selbstachtung, die zugleich die Missachtung der Menschen impliziert, die diesen Gefühlen nicht entsprechen. Was das Selbstgefühl durch die Einverleibung fremden Lebens gewinnt, muss es zugleich als Bedrohung seines zwischenmenschlichen Lebens empfinden. Im Zwischenmenschlichen verwirklichen die Menschen die Ungewissheit ihrer menschlichen Beziehungen in einem doppeltem Sinn. Sie gewinnen darin einerseits ihre Wahrheit, indem sie einander in ihrer Wahrnehmung nutzen, ihre Empfindung im anderen Menschen finden (emp-findung = zu Ende finden), sich durch andere Menschen finden und sich in dem erkennen, was sie mit der Wahrheit der anderen teilen, was sich ihnen miteilt, ohne wirklich als andere Wahrheit erkennbar zu sein. Worin sie sich aber achten, was ihre Selbstachtung ausmacht, das ist dann nur die Selbstwahrnehmung ihrer Gefühle, die sie wechselseitig durch einander haben, worin sie sich in dem finden, durch das sie für einander da sind. Das ist nicht einfach ein Verhältnis von Zwischenmenschen, sondern ihr wirklich zwischenmenschliches Verhältnis, ein sinnliches Sein durch andere in der Erfahrungswelt ihrer Selbstwahrnehmung, in ihrem Lebensraum, den Grenzen ihrer Kultur. Sie begründen sich darin sinnlich durch ihr wechselseitiges Dasein, durch ihr Sein für andere, durch ihre zwischenmenschlichen Empfindungen, in denen sie Achtung für sich erfahren. Diese Selbstwahrnehmung ist somit zur Substanz ihres zwischenmenschlichen Lebens geworden. Indem sie sich selbst durch andere so substantivieren, wie sie diese für sich erlebt haben, wie sie also durch sie gewesen sind, werden sie sich selbst wesensfremd, sind außer sich nur ohne sich und können für sich nur durch andere sein. Indem die Menschen in solchen Verhältnissen ihre Wahrnehmung selbst für sich nutzen, durch die Erlebenswelten ihrer Wahrnehmungen sich selbst nur wahrhaben und sich in diesem Sinn aufeinander beziehen, beziehen sie sich in einem zweifachen Inhalt ihrer Absichten, also zwiespätig für sich selbst, und müssen sich von daher auch doppelt wahrnehmen, können sich äußerlich nicht in der Form ihrer inneren Gründe erkennen sondern sehen sich selbst nur bewirkt, aus fremder Ursache bestimmt, weil und sofern sie sie dem Trieb ihrer Selbstverwertung folgen müssen, dem Antrieb ihrer Psyche zur Bildung von Selbstwert. Sie müssen sich in ihrem zwischenmenschlichen Verhältnis schon entzweit haben, um sich als anderen Menschen wahrnehmen zu können, müssen in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen sich anders wahrhaben, als sie sich wahrnehmen, sich als jemanden fühlen, den sie nicht empfinden können und sich als jemanden finden, den sie nicht wirklich fühlen können. Selbstentfremdung ist die sich selbst fremd gewordene Form einer Selbstentfaltung, zunächst als bloßes Entfremdungsgefühl (Depersonalisation), veräußerte Wahrnehmung eigener Empfindungen. Die Selbstwahrnehmung ist darin unmittelbar formalisiert, enthält Formbestimmung, welche die Wahrnehmung selbst mehr oder weniger vollständig negiert. Sie ist das Außersichsein der Selbsterkenntnis, das Verspüren ihrer Unwahrheit durch fremde Bestimmung als Macht gegen sich, als fremde Kraft. Selbstentfremdung ist eine mächtige Selbsttäuschung, die durch unerkannte Fremdbestimmung notwendig geworden ist und als solche empfunden wird, wenn sie die Selbstwahrnehmung und die Selbstachtung bedroht. Ihre Macht rührt aus einer Lebensnotwendigkeit, die sie nicht wirklich vollzieht, sondern in sich und gegen sich vollstreckt. In der seelischen Entwicklung entsteht sie als Lebensangst, in welcher die seelische Wahrnehmung die Entfremdung ihrer Erkenntnis als Identitätsangst verspürt. Diese hat Selbsterkenntnis nötig. Als Wahrnehmungszustand ist Selbstentfremdung eine Selbstaufhebung in den eigenen Gefühlen, die sich oft panikartig einstellt und als Angstzustand oder manchmal auch als "Borderline"-Syndrom diagnostiziert wird. Es ist das Resultat einer Selbstwahrnehmung in Beziehungen, worin die eigene Person zum Medium objektiver Gefühle in symbiotischen Verhältnissen geworden ist und diesen Selbstverlust als ausschließliches Gefühl der Selbstwahrnehmung leidet. Es können sich hierauf auch Aktionen gegen den eigenen Körper aufbauen (z.B. "Ritzen", um sich noch zu empfinden). Weitere Aktivitäten gegen Selbstentfremdung treten in sogenannten Perversionen auf. Subjektiv und allgemein gründet Selbstentfremdung auf einer Entzweiung der Erkenntnis. Geschichtlich ist sie der Lebensvollzug eines Selbstzweifels, der die Wahrheit seines Zweifels außer sich hat als einen Sinn, auf den sich seine Sinnlichkeit reduziert, auf einen abstrakten Sinn. Dieser vollzieht sich in der Formverwandlung des Leidens, das in seiner Formbestimmung keine Gewissheit für sich finden kann. Darin gerät die eigene Geschichte in die Ungewissheit eines Gedächtnisses, das nicht sein kann, weil es Gründe gibt, anders sein zu müssen. Der Mensch wird sich selbst fremd, wie dies der Möglichkeit nach auch die Menschheit werden kann, sowohl für sich als auch als Verhältnis, als Gattungs- und Begattungsverhalten (siehe auch Feminismus). In der Philosophie Hegels ist Selbstentfremdung die implizite Voraussetzung des Denkens, sowohl Unterworfenheit des Menschen unter Mächte, die ihn bedrängen, als auch als schöpferische Potenz der Befreiung (Emanzipation). Der Gedanke enthält die Möglichkeit fremder Bestimmung des Seins, und wendet sich hiergegen als Gedächtnis zur Bewahrheitung menschliche Weisheit, die sich hiergegen verhalten will, auch wenn sie ihr Leiden nicht zu begreifen vermag (siehe auch Begriff). Nach Marx kann dieses Verhalten allerdings nur praktisch sein und das umfasst Analyse und Begriff des Seins als Einheit von theoretischem und praktischem Bewusstsein. Nach Heidegger entspringt Selbstentfremdung nicht der mächtigen Bedrängung, sondern umgekehrt der Seinsvergessenheit des Menschen, also der Abkehr von seiner Existenz, selbstverschuldet. |
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