"Jene grossen Treibhäuser für starke, für die stärkste Art Mensch, die es bisher gegeben hat, die aristokratischen Gemeinwesen in der Art von Rom und Venedig verstanden Freiheit genau in dem Sinne, wie ich das Wort Freiheit verstehe: als etwas, das man hat und nicht hat, das man will, das man erobert." (Friedrich Nietzsche) "Der Mensch, der in der phantastischen Wirklichkeit des Himmels, wo er einen Übermenschen suchte, nur den Widerschein seiner selbst gefunden hat, wird nicht mehr geneigt sein, nur den Schein seiner selbst, nur den Unmenschen zu finden, wo er seine Wirklichkeit sucht und suchen muß." (MEW 1, S. 378f) Ein Übermensch ist ein übersinnliches Wesen, ein erdachter Mensch (siehe Gedankenabstraktion), durch den Menschen im Selbstverlust ihrer Wahrheit idealisierte Rückbindungen (re-ligio) zu sich finden, um ihrem Leben einen im Allgemeinen konkreten Sinn zu verleihen, den sie für sich in ihrer isolierten Einzelheit durch ihre Selbstgefühle verloren haben. Von daher ist der Übermensch die narzisstische Projektion einer verlorenen Identität, die sich in einer übernatürlichen Größe und Großartigkeit ausgleichen soll (siehe hierzu auch autoritärer Charakter). Mit dem Übermenschen wird vor allem eine kulturpolitische Ideologie begründet, die sich gegen die Bürger der Staatskultur eines Kulturstaats zu deren Disziplinierung wendet, indem sie diese durch die Verdopplung der poltischen Kultur zu einer übermenschlichen Nationalkultur (siehe Nationalismus) zu einem Untermenschen macht und daher der staatlichen Erziehung unbeschränkt aussetzt. Dem Begriff nach ist der Übermensch das persönliche Subjekt einer verewigten Geschichte, Geschichtsbildner der abstrakten Persönlichkeit eines Nationalstaats, der durch seine Vermittlungsmacht als wahrer Mensch, als menschliche Identität schlechthin geschichtlich verstanden wird und dem vereinzelten Leben Halt und Identität stiften soll. Dieses Subjekt soll kraft einer abstrakten Vorstellung (siehe auch Gedankenabstraktion) von einer voraussetzungslosen reinen Subjektivität (siehe hierzu auch Ästhetik) dem entsprechende Artigkeiten vorstellen und von da her einen Geschichtsbildner die Art einer abstrakten Persönlichkeit als Wesen des Menschseins darstellen. Sie soll durch ihre übersinnliche Vermittlungsmacht in einer durch ihre Krisen und Zerwürfnisse sichtbar gewordenen abstrakten Gesellschaft als wahrer Mensch, als menschliche Identität einer ästhetischen Wahrnehmung schlechthin, als ein geschichtlich personifiziertes, als ein persönliches Subjekt der Geschichte verstanden und begriffen werden (siehe hierzu auch Übersinnlichkeit). Der aus der Menschheit herausgesetzte und über sie hinweg bestimmte Mensch ist nur religiös zu begreifen, weil er keine sinnliche Gewissheit gewährt und sich nur zwischen Heil und Unheil darstellen lässt und durch die Abstraktionskraft eines reaktionären Geschichtsverständnisses als das Heilsversprechen einer Heilserwartung positioniert wird. In einer derart vorgestellten Scheinwelt ist Religion zu einem profanen Weltverständnis und das Alltägliche zum Dasein von Untermenschen herabgesetzt und muss mit ihrem Gottesglauben gegen den profanen Glauben an eine überweltlichen Kulturvorstellung eines Massemenschen konkurrieren (siehe hierzu auch Ästhetik). Das Maß dieser Konkurrenz ist die Größe einer Abstraktion von einem Gemenge von Empfindungen zur Gefühlsmasse von isolierten Existenzen in einem national bestmmmten Lebensraum (siehe auch Rassismus). Paradoxer Weise ist dieser Begriff aus einer Religionskritik entstanden. In der Philosophie wurde der über die Menschen hinausragende Mensch zuerst von Friedrich Nietzsche als Übermensch bezeichnet, der damit Gott ersetzt wissen wollte. Er sprach ihm die Fähigkeit zusprach, die Masse der Menschen anzuleiten und auf einen ihnen gerecht werdenden Weg zu führen, sie dahin zu erziehen (siehe auch Zucht). Übermensch ist also die Vorstellung von einen besonderen, über die Masse hinausragenden Menschen, der sich nicht in ihrer Gemeinschaft auflöst, sondern diese durch seine individuelle Radikalität befeuert und in sich vereint. Darin wird das Allgemeine durch das aus ihm herausgesetzte besondere Einzelwesen seiner Persönlichkeit zu sich ins Ungleiche versetzt und in seiner Bildung und Verwirklichung zum Mittel und Maß der Selbstverwirklichung der Einzelnen bestimmt und vorangetrieben. Es ist der Begriff für einen Avantgardismus durch Individuen, ein individualistischer Avantgardismus, in welchem sich das Individuum selbst allgemein macht. Besonders Friedrich Nietzsche hat dies zu einer Philosophie der Kulturelite ausgeführt, die durch den Nationalsozialismus zu einer Herrenmenschen-Ideologie entwickelt wurde. Der Übermensch soll Gott ersetzen (Nietzsche), seinen Tod ersetzen. Er ist also eine religiöse Vorstellung, eine Idee, wie der Mensch sein soll und wie er ideal wäre, was er konkret nicht ist - vor allem dort, wo der Mangel offensichtlich ist. Der Übermensch ist die Ideologie des Mangels, seine ideelle Überwundenheit. Es ist darin die Behauptung, dass es eine menschliche Subjektivität als eine menschliche Identität gebe, die nicht ist, aber sein soll oder muss. Die Ideologie vom Übermenschen als dies objektive Sollen setzt eine allgemeine, konkret menschlich unerfüllte Subjektivität voraus, die sich in der Notwendigkeit der subjektiven Philosophie umkehren soll, um sich diesen Übermenschen in einer Erlösungshoffnung als Heilserwartung vorzustellen. Hieraus ergibt sich zwangsläufig die Bestrebung nach der Verirtklichung dieses Heils, da sich der Übermensch nur als jenseitige Subjektivität vorstellen lässt, als Heiland, in welchem Geschichte Sinn bekommen soll, wenn sie sich verwirklichen könnte, einen Sinn, der allerdings in seiner Wirklichkeit nur übersinnlich bleiben, Sinn einer unwirklichen Wirklichkeit sein kann. Von Nietzsche wird der Übermensch als Prinzip der Geschichte verstanden, welche darin ihren Zweck hat, den Menschen fortwährend zu erneuern, indem sich Eliten bilden, welche die Zustände der Dekadenz überwinden, bis sie selbst dekadent werden. Zwangsläufig fokussiert sich eine solche Auffassung in einer reaktionären Kulturelite (siehe auch Elite) auf die Reinheit einer Tugend, die den Übermenschen erstrebt, wie er die Grundlagen einer "Herrenrasse" ausmacht, die historisch in der Bildung von Führernaturen oder Instanzen aufgeht, die wie ein "Großer Bruder" der Menschheit zu Gebote stehen (siehe auch Logik der Kultur). Nietsche zitiert aus "Und also sprach Zarathustra": "Seht, ich lehre euch den Übermenschen! Der Übermensch ist der Sinn der Erde. Euer Wille sage: der Übermensch sei der Sinn der Erde!"
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