Abwesendes ist nicht gegenwärtig aber dennoch wesentlich, denn man würde seine Abwesenheit nicht bemerken, wenn es ohne Wesen wäre, wenn sein Dasein selbst schon zu bezweifeln bliebe. Wenn es in seinem Nichtsein keinen Mangel darstellt, ist sein Wesen unwesentlich und von da her dem Gedächtnis entgangen oder mystifiziert (siehe auch Gespenst). Vergegenwärtigung unterstellt also eine Not des Denkens, eine Notwendigkeit es gegenwärtig zu machen, weil es substanziell zwar da, aber nicht vorhanden, in etwas Anderem existent oder verselbständigt ist. Vergegenwärtigung ist im Grunde eine Erinnerung an eine Entwirklichung, die dem Mangel an seinem Wesen entspringt, und nach Wirklichkeit, nach einer Tat verlangt. Es ist schon mit der Wahrnehmung seiner Abwesenheit ein Schmerz wirksam, der es im Verlauf der Zeit wieder notwendig wahrnehmbar haben muss, solange die Verhältnisse sich in ihrem Wesen nicht geändert haben, dass es für die Wahrnehmung anwesend sein muss, dass es also durch irgendwelche Ereignisse entgegenwärtigt wurde, die durch Vergegenwärtigung aufgehoben werden müssen. Jeder Mensch hat seine Geschichte, die sich aus Vergangenheit (Erfahrung), Gegenwart (Erleben) und Zukunft (Glaube) entwickelt, soweit die Menschen in der Lage sind, sich in der Kraft ihrer Gegenwart geschichtlich zu erkennen, sich darin gesellschaftlich einzufinden, sich als einzelne Menschen in ihrer jeweiligen Gesellschaft zu vergegenwärtigen. Entscheidend ist hierzu, wie und wodurch sie ihre Wirklichkeit begreifen (siehe Begriff), sich aus ihren Widersprüchen zwischen Form und Inhalt zusammen zu finden, ihre Wirklichkeit zu empfinden und sich darin geschichtlich auch in ihrem widersprüchlichen Wesen zu verwirklichen, ihre Vergangenheit in und durch ihre Anwesenheit zu verfügen und aufzuheben. Vergegenwärtigung ist nötig, wo Erinnerung versagt, wo sie sich den Gründen ihrer Entstehung enthoben hat, wo ihr die eigene Geschichte fremd geworden ist. Es verbleiben aber immer Bilder, Geschichten oder Konsequenzen ihrer Ursachen und Wirkungen, aus denen sie durch die Logik ihrer Beziehungen vermittelt (siehe Psychologie) und wiederhergestellt werden kann - zwar nicht als wirklich Inneres, jedoch als Analog, als Thema, in dem deren Umstände erinnert werden. Daraus entsteht eine zwar nur theoretische Gegenwart, die ihre Gewissheit aus deren Zusammenhänge rekonstruiert, die aber immerhin einen gedanklichen Zugang zu ihrer Geschichte ermöglicht und auch ihre Verdrängung erkennen und beweisen kann, wo und wie wie sie außer sich geraten ist (siehe Entäußerung). Der Verlust einer sinnlichen Gewissheit (siehe auch Selbstverlust) ist allerdings nicht ersetzbar (siehe hierzu Phänomenologie), wohl aber deren Beziehungen, wie sie sich im Ganzen der Geschichte nachvollziehen lässt. Entgegenwärtigung entsteht aus der Entwirklichung eines Verhältnisses, das sich widerspricht. Sein Grund zeigt sich nicht, sondern setzt sich hinter dem Rücken der Beteiligten durch und verlangt nach einer Gegenwärtigkeit, die substanziell grundlos erscheint. Vergegenwärtigung soll das abwesend gemachte der Form nach herstellen, ist das zur Anwesenheit bringen eines abwesenden Sinns, der ideell in einem Verhältnis sich vermittelt und also auch im Gedächtnis sein muss, weil es die Form dieses Verhältnises als bestimmte Form wahrhat, als diese aber nicht erkennen kann. So wird eine objektive Formbestimmung dadurch zu einer subjektiven, dass sie in ihrer psychisch gewordenen Absicht nach Vergenwärtigung strebt. Was eine Seele zu ihrer Selbstvergegenwärtigung nötig hat, wird hierdurch zu einem psychischen Verhältnis, das sich ihr entfremdet. Durch den Drang nach deren Vergegenwärtigung, wenn er zum Trieb wird, wird das Gedächtnis zum Ort einer negativen Bestimmtheit der Wahrnehmung und vor allem der Empfindung. Die Psychologie spricht dann von Verdrängung. | ![]() |