Zynismus als Weltanschauung betreibt eine ideologische Nichtung, eine Herabsetzung wirklicher Lebensprobleme unter die Ästhetik eines Selbstgefühls, das über die Welt sich erhaben sieht. Durch dieses schon aus ihr herausgesetzt bezieht sich Zynismus über seine Urteile gegen die Lebenswirklichkeit vor allem auf sich selbst im Selbstbewusstsein einer besonderen Empfindsamkeit und totalisiert von daher eine narzisstische Selbstbestärkung (siehe auch Selbstbehauptung) zu seinem Lebensprinzip. Die Ideologie des Zynismus gr�ndet auf einer Verachtung der Geborgenheit, welche die an sich selbst gewohnten und durch die Existenz in ihren Lebensburgen schon einverleibten, zwischenmenschlich sich bewohnenden Menschen, die klassischen B�rger der Mittelschicht im 19. und 20. Jahrhundert als Lebensideal hatten. Der hervorragende Vertreter de Zynismus ist Friedrich Nietzsche, der sich besonders dem Geb�lk des aufgekl�rten Verstandes und seiner Begrifflichkeit entgegensetzte und durch Verstellung dessen Wirkungsfeld bestreiten konnte. Die Wahrheit zu sich selbst, die radikale Selbsterkenntnis, gilt als wesentliches Ziel, gegen das alle Zusammenh�nge in der Welt nur als Figurationen des Selbstbetrugs behandelt werden. Der Zynismus ist zum einen Verzweiflung an der Macht der Dummheit, welche die Lebensverh�ltnisse der b�rgerlichen Gesellschaft, Besitz und Geld und Geldbesitz, ausmacht und stabilisiert, zum anderen will er eine �berm�chtige Selbstbehauptung des erkennenden und seiner selbst gewissen Individuums hiergegen setzen. Aus der Behauptung dieser Selbstgewissheit heraus verselbst�ndigt sich die Selbstbehauptung zu einem individualpolitischen Prinzip, das allgemein sein will, um Wirkung zu haben. Subjektiv ist Zynismus eine Aufforderung zur Selbsterkenntnis mit der impliziten Behauptung, dass das Problem der Welt sei, dass die Menschen sich selbst nicht kennen und dass von daher die L�ge in die Welt gekommen sei. Das ist in der Tat wirklich zynisch und m�ndet in eine ebensolche Formulierung: "Werde du selbst" (Nietzsche), die gleichbedeutend mit "Erkenne dich selbst und lebe danach" gemeint ist. Sie besagt im Wesentlichen, dass Erkenntnis nicht selbstverst�ndliches Bed�rfnis der Menschen, sondern eine Notwendigkeit absoluter Wahrheit sei, zu welcher es der angesprochene Mensch (nat�rlich) noch nicht gebracht habe. Das ist die absolute Selbst�berhebung eines Intellektuellen, der im Zynismus seine finale Identit�t hat, wenn er sich als letzte Wahrheit gegen eine Welt voller L�ge zu stellen versteht, die er durch nichts als nur durch sich zu �ndern vermeint. Aber es geht dabei um eine "Wahrheit", vor der sich Nietzsche selbst gef�rchtet hatte, wenn er es zugleich f�r weise h�lt, sie zu meiden: "Wer tief in die Welt gesehen hat, err�t wohl, welche Weisheit darin liegt, dass die Menschen oberfl�chlich sind. Es ist ihr erhaltener Instinkt, der sie lehrt, fl�chtig, leicht und falsch zu sein” (Nietzsche "Jenseits von Gut und B�se”, WW IV, S. 620). In dieser Widerspr�chlichkeit des Zynismus verbleibt als Aufl�sung eine Pers�nlichkeit, welche �bermenschliche Kapazit�t hat und trotz seiner tiefen Wesenskenntnis die Menschen zur Wahrheit zu f�hren versteht (siehe hierzu auch Hellinger). Das war auch der Grundtypus des F�hrers, wie ihn Nietzsche als Tr�ger einer neuen Herrenrasse begriffen hatte - wie eine erneuerte Ewigkeitsversion des Platonismus. Die gesellschaftlichen Folgen dieser Geisteshaltung hat der Nationalsozialismus in der Konstruktion des allgemeinen Individuums einer Volksseele au�erordentlich konsequent ausgef�hrt. Heute besteht Zynismus eher in seiner hedonistischen Auspr�gung, dem Kynismus, der im Wesentlichen von Peter Sloterdijk vertreten wird. | ![]() |