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Rubrik Ökonomie: Der Sozialstaat, Hartz IV und der Staatsbankrott

von W. Pfreundschuh

Erschienen: 17.08.2004
Hartz IV ist ein Gesetz voller Lügen: Es entstünden neue 'Arbeitsplätze', es erbrächte soziale Gerechtigkeit zwischen Einzahlern und Empfängern, es sei Bestandteil einer überfälligen Sozialreform zum Ausgleich zwischen Jung und Alt, gesellschaftlicher Fortschritt für die Zukunft des Sozialstaats. In Wahrheit geht es alleine um den Druck auf wirkliche und potenzielle Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger und damit letztlich auf alle arbeitsfähigen Menschen in Deutschland, sich jedwedem Beschäftigungsangebot zu beugen. Die erworbenen Ansprüche auf ein Sozialgeld bei Arbeitslosigkeit, das den Einzahlungen zu entsprechen hätte, werden per Gesetz kassiert, die Zumutbarkeit von vermittelter Arbeit wird unbeschränkt, die Vorsorgegelder und eigener Zuerwerb werden bis zu einem kläglichen Restbetrag vom Staat angeeignet, die Zumutbarkeit der verbleibenden Wohnung und Ausstattung verschärft. Nach oft jahrzehntelangen Einzahlungen von hohen Lohnanteilen in die Sozialkassen für soziale Notlagen wird nun die Auszahlung im sozialen Notfall zu einem Teil verweigert und der verbleibende Lebensstandard der Einschätzung der Behörden überlassen.
Die staatlichen Initiativen, die mit Hartz IV umschrieben werden, weisen vor allem auf zweierlei hin: Der Staat hat kein Geld mehr, um den sozialen Problemen der Arbeitslosigkeit in Gegenwart und Zukunft adäquat zu begegnen und er steuert den Arbeitsmarkt selbst in die Konkurrenz mit der Armut, die aus ihm hervorgeht. Da weht ein neuer Wind, ein amerikanischer. So wie die USA ihre Sozial- und Gesundheitspolitik auf das Allernötigste beschränkt haben, so soll es hier werden und so wie dort verbreitert dies die Armut, die nicht mehr behoben wird und nicht mehr behoben werden soll: Auch wenn die Sozialhilfeempfänger erst mal scheinbar geringfügige Vorteile haben, so besorgt das Gesetz im Ganzen vor allem die Bedrängung des 'freien Lohnarbeiters' und Selbständigen durch die Bedrohung mit aufzwungener Billigarbeit von seiten der Behörden und dies schlagartig und unmittelbar nach Beendigung des Arbeitslosengeldes I. Das Gesetz dient dazu, Druck zu machen und Arbeitszwang zu naturalisieren. Der Staat legitimiert dies aus seiner 'Pflicht gegenüber den Einzahlern' - als ob dies die Betroffenen nicht gewesen wären. Nicht nur die Begründung ist zynisch: Das Gesetz selbst geht über alles hinweg, was die soziale Freiheit einer Wohlfahrtsgesellschaft ausmacht; es instrumentalisiert Sozialabgaben zur Sozialdisziplinierung.

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