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Rubrik Politik: Wertediskussion: Patriotismus, Leitkultur & Leistungskult.

von W. Pfreundschuh

Erschienen: 27.2.2005
Die 'Diskussion' um Patriotismus, um Vaterlandsliebe will 'klare Ziele' setzen. Hieraus ergebe sich 'ein klarer Kurs', der ansonsten wohl nicht mehr zu vermerken ist. 'Schluss mit der Negativdebatte' forderten die RednerInnen des CDU-Parteitags, denn nur aus 'positiven Gefühlen' zum Land und durch Werte, die sie befördern, sei auch der Glaube an sich selbst und an 'die Zukunft' möglich. Wer keine Liebe zu sich selbst habe, habe sich aufgegeben, und dies sei das Grundübel in Deutschland. Wir seien imstande, unsere Herkunft aus dem christlichen Glauben, den bewährten Geist des Abendlandes, die Werte und die Autoritäten, die sie verkörpern, zu verleugnen. Und wenn wir dies nicht mehr achten könnten, dann würden wir auch nicht unsere Geschichte, uns selbst nicht achten. Das hieße vor allem, Leistung zu verkennen, Mut und Charakter zu verlieren, der Leistungskultur, die uns ausmacht, zu entfliehen. Nein, Deutschland müsse vorwärts schauen und 'wer dem nicht zustimmt, der ist im falschen Land' (Stoiber). Klare Worte, zweifellos: Wer Leistungskultur ablehnt, der soll das Land verlassen, - so wie man ja auch das Kino verlässt, wenn man den falschen Film sieht. Ein großer Teil der Deutschen ist somit zum Ausländer bestimmt, der nicht wissen kann, aus welchem Land er kommt.
Kulturelle Hoheitsansprüche sind die Basis für kulturelle Diskriminierung und hierin verschwinden alle ökonomische Relationen. ... Sowohl der wirtschaftliche Eigennutz wird dahinter versteckt, als auch die politische Macht gegen andersartige Kulturen und ihren Selbstverständlichkeiten, die man zumindest aus eben diesem Eigennutz heraus zu tolerieren hätte.
Es geht nicht um Kultur, es geht um Politik, wenn von Leitkultur und Vaterlandsliebe die Rede ist: Um das Scharfmachen der nationalistischen Zeitbombe, die mit politischer Macht 'aufräumen' will mit dem was unwertig für das vom Staat übernommene Kapitalinteresse ist, indem er darauf drängt, alle Ressourcen der Verwertbarkeit durch Drosselung des staatlichen Sozialvermögens auszuschöpfen und zu optimieren, indem diese nur noch als Kostenfaktor reflektiert werden. Hierbei geht es auch um eine Verschärfung des deutschen Gesetzeswerks (Grundgesetz, BGB) gegen Ausländer und Randständige. 'Gleiches Recht' wird kulturell unterschieden, die Teilnahme (z.B. Wahlbeteiligung) an den politischen Gremien und Institutionen auch. Kultur wird zum Diskriminationsmittel schlechthin. Das verschärft die deutsche Ethik vor allem auch gegen die Deutschen selbst. Das war wohl auch der staatspädagogische Kern von Hartz IV: Die staatliche Disziplinierung der Armut durch Verabsolutierung ihrer Existenzangst, um das Fortbestehen einer Kapitalentwicklung zu befördern, die nur noch immer mehr Armut und Krisen erzeugen kann. Die hierfür nötige Gewalt wird sich aus einem Nationalismus begründen, der heute bereits massenpsychologisch erst mal mit Patriotismus vorbereitet wird.

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