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Rubrik Philosophie: Rückblick auf Nietzsche (Teil I-III)

von Stefan Steinberg

Erschienen: 2002
Nietzsche ist der kritische Doppelboden, auf den man gerne zurückgreift, wenn es um Kulturkritik geht. Als Fürsprecher einer naturhaften Selbstbezogenheit bringt er bürgerliche Selbstwahrnehmung in ihrer gesellschaftslosen Wahrheit auf den finalen Punkt des radikalen Selbst im reinen (abstrakten) Willen. Indem er hierfür die Mächte der Gegenwart angreifen muss, macht er sich immer wieder interessant. Besonders für die Frankfurter Schule (namentlich Horkheimer) und die Pariser Kulturkritiker der 60ger/70ger Jahre (Foucault) war er für die Kritik verfestigter Wahrheitsbegriffe von Bedeutung. So wird allerdings auch die Kritik institutioneller und geistiger Macht, die Kritik der institutionellen Funktionalität, reduziert auf das konfrontative Idividualereignis von Macht und Ohnmacht, das sich in Moralismen entleert, welche die Kritik in eine Donquichotterie kritischer Bürger gegen den bürgerlichen Staat treibt.
Obwohl sich Nietzsche als ein ausdrücklicher Kritiker linker Denkpositionen und zutiefst kulturelitärer Dichter und Philosoph hervorgetan hat, ist er immer wieder für die subjektive Sinnhaftigkeit kulturkritischer Bewegungen von Bedeutung, weil sich sein Gegenwartszynismus hervorragend für die Absonderung des Individuums in die Unendlichkeit der besonderen Sensibilität eignet. Von dieser Seite ist er auch ein unendlich aktueller Vertreter des kritischen Bürgertums und seiner Dichter (z.B. Thomas Mann, Hermann Hesse), das sich in Krisenzeiten gerne auf seine Grundlagen in der Form der Negation und in einer heimlichen oder offenen Ursprungssehnsucht besinnt. Das naturhaft Schöne und die Überlebensgröße des Menschen in seiner Philosophie machen ihn für kulturreaktionäre Bewegungen nutzbar - auch wenn er diese zu Lebzeiten deutlich kritisiert hatte (vergl. z.B. seine Antisemitismus-Kritik). Eine Rückbesinnung auf Nietzsche ist daher auch angebracht, um seine modernen Protagonisten zu erläutern.
Der Text ist eine gute und kurze Aufbereitung von Nietzsches Werk und den Denkzusammenhängen, für die er immer wieder - wenn auch nicht immer vollständig in seinem Sinn - verwendet wird.

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