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Thesen zu diesem Text: "Auf dem Weg in eine andere Gesellschaft."

Wolfram Pfreundschuh (12.1.2007) 

Am Ende der bürgerlichen Gesellschaft:
Zwischen Feudalkapitalismus und internationalem Kommunalismus

Sechster Teil:

Grundlagen einer menschlichen Gesellschaft

Dass was faul ist an diesem Gesellschaftssystem, das merkt man inzwischen auf fast allen Ebenen desselben. Dass es aber den Lebensnerv der Menschen selbst betrifft, das ist nicht jedem gleich klar. Es erscheint ja nur als ein Problem mit der Existenz, als Geldnot, als Geldmangel. Aber hinter den Geldverhältnissen der kapitalistischen Gesellschaft verbirgt sich ein gesellschaftliches Unding, das nicht nur aus einem Mangel besteht sondern zugleich eine ungeheuerliche Wirkung hat. Klar: Nichts geht ohne Geld. Aber was noch schlimmer ist: ohne Geld gerät man selbst ins Jenseits der Gesellschaft. Geld ist nicht irgendein Gegenstand, ohne den man auch mal eine Weile auskommen kann, es ist das absolute Lebensmittel, ein Mittel, das nicht unmittelbar menschlich erzeugt, aber für die Menschen bestimmend ist wie eine Kraft, die alles beherrscht, nicht nur Mittel ist, sondern vor allem Zweck, denn nur durch Geldbesitz ist der Mensch das was er ist: Ein gesellschaftliches Wesen. Der Wirkungsprozess dieser fremden Kraft ist daher absurd und unmenschlich. Aber die Wirklichkeit des Geldbesitzes erscheint so trivial, dass viele Menschen daran keinen Anstoß nehmen. Sie kommt daher wie eine Begebenheit, die Ausgleich verschafft für Aufwände, die erledigt wurden. Aber Geld betreibt einen Ausgleich, der zugleich abhängig macht. Es ist nicht nur Zahlungsmittel sondern zugleich auch Betriebsanleitung: Lösungsmittel aller Not, Produktionsmittel aller Ideen, Allgemeingut und Glücksversprechen für jeden, der es hat. Es ist gleichgültig gegen jeden Sinn und zugleich mächtig über ihn. Geld erscheint durch die Macht, die es verkörpert, als das Einzige, was fehlt, wenn Krisen aufkommen. Nach ihm besteht vor allem deshalb ein großes Verlangen, weil es die Not, die es erzeugt, die Trennung der Menschen von ihrem Produkt, auch am ehesten zu lösen versteht. Aber gerade hierdurch ist es das Auflösungsmittel von jeder gesellschaftlichen Wirklichkeit, der Circulus vitiosus der kapitalistischen Gesellschaftsform, Zentralorgan ihrer Unmenschlichkeit.

Wie aber sollen Menschen eine Gesellschaft begründen können, die sie nur zu ihrem egoistischen Zweck nutzen, die im Untergang von Existenzen den Aufgang ihrer Gesellschaft sehen, im Wachstum des Mächtigen die Abschottung zum Ohnmächtigen? Es wäre eine Gesellschaft des Verschleißes, die Vernutzung zum Prinzip hat, um dem Wachstum der Stärke und Größe, um also einem abstrakten Wachstum zu fröhnen. Jede tierische Gesellschaft wäre humaner, weiß doch jedes Vieh, dass es nur im anderen sich als Gattungswesen wahr hat, dass es ohne die anderen Tiere verarmt.

Es ist absurd, eine Gesellschaft als Wettbewerb der Stärke zu verstehen. Aber genau diese Absurdität macht die kapitalistische Gesellschaft aus. Sie gründet auf dem Wertwachstum und dieses erzeugt einen Reichtum, der sich menschlich entleert, weil immer mehr Menschen hierbei ausfallen, immer mehr Schwache entstehen, weil ihre Kraft keinen Wert mehr hat, bzw. genutzt, aber schlecht bewertet wird. Die Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft selbst zeigen, wie unsinnig das ist. Das Auffälligste an diesem Widersinn ist, dass Geld, welches doch nur ein allgemeines Zahlungsmittel für die Menschen sein soll, Macht über sie gewinnt und die gesellschaftliche Ohnmacht des weitaus größten Teils der Menschheit besiegelt und ausnutzt und von daher Reiche immer reicher und Arme immer ärmer macht. Und die einzige Stärke, die sich auf diese Weise durchsetzt, ist das Schwächste und Dürftigste, was den Menschen zu eigen sein kann: der Geldbesitz. Jeder Idiot wird dadurch mächtig und wir müssen uns nicht wundern, wenn wir mit vielen mächtigen Idioten zu tun haben.

 

Woher kommt dies eigentlich. Wie ist der Irrsinn erklärlich, der immer wieder konstatiert worden ist - gerade wieder mal von Robin Wood in seinem letzten Magazin 4/2006. Dort heißt es: „Während weltweit jährlich Millionen Menschen an Hunger sterben, produzieren wir Lebensmittel, mit denen 12 Milliarden Menschen ernährt werden könnten. ... In Deutschland werden Jahr für Jahr ca. 20 Prozent der produzierten Lebensmittel vernichtet. Der Armutsbericht 2005 der Bundesregierung weist aus, dass mehr als elf Millionen BundesbürgerInnen in Armut leben.“

Die Fakten sind klar. Zugleich aber meint Robin Wood - wie viele andere eben auch -, es läge an der ungerechten Verteilung des Geldes auf der Welt. Das ist nicht ganz richtig, denn Geld wird nicht verteilt. Es wird verdient. Und dabei geht es nicht um ein bloßes Quantum von Zahlen, Münzen oder Scheinen, sondern um den Wert, der als Verdienst ausgemacht wird. Der Grund für die Verarmung liegt nicht in der Ungerechtigkeit der Verteiler, sondern in der Bewertung der Arbeit, welche Menschen leisten, um mit ihrem Verdienst zu leben. Letztlich geht es um die Bewertung des Lebens von denen, die arbeiten müssen, weil sie keine Besitzstände, vor allem keinen Geldbesitz aufweisen können. Der Kapitalismus ist also nicht nur eine Verteilungsform, eine bestimmte Art, wie sich Werte unter den Menschen verteilen, sondern vor allem eine politische Formation der Lebensnotwendigkeiten selbst, eine Lebensmacht, die über den Lebens- und Arbeitsverhältnissen steht, eine Macht, worin das Leben bestimmter Menschen, Macht und Ohnmacht von Menschen durch ihre Lebensbedingungen bestimmt wird. Sie erscheint damit natürlich, als die Macht der Voraussetzung, der Herkunft, der Vergangenheit, der man unterzogen ist und aus der man sich durch Arbeitsleistung befreit. Aber es ist die Macht des Besitzstandes, des Angeeigneten, das dem Leben entzogen ist, des Toten, das als politische Macht am Leben erhalten wird, des Geldes, das zu Kapital geworden ist. Das Tote beherrscht das Lebendige und zehrt es aus, um sich zu bestärken, um seine Macht zu vergrößern und alle Geschichte zu bestimmen.

Das ist doch eigentlich trivial und blöd. Aber wie kann es dennoch möglich sein, dass Geld zu einer den Menschen äußerlichen Macht und Gewalt werden kann. Wie also kann Geld zur mächtigen Allgemeinheit einer Gesellschaftsform werden, die das Leben der Menschen bestimmt und nur befördert, was dem Geld als Kapital dienlich ist? Und vor allem, Wie kann sich die so lange erhalten – und wodurch?

Gesellschaft als Lebensform 

Um dem genauer nachzugehen ist zunächst Gesellschaft selbst als Lebensform von Menschen zu begreifen. Gesellschaft gibt es nicht einfach, weil es Menschen gibt. Sie besteht auch nicht aus dem Erleben von vielen Menschen oder von Kultur, nicht aus einem Gemenge, nicht aus einer Menge von Menschen, aus ihrem bloßen Zusammenkommen, sondern aus ihrem Zusammenwirken, aus der Wirklichkeit ihrer Selbsterzeugung. Gesellschaft ist immer ein geschichtliches Gebilde menschlicher Wirklichkeit, das sich beständig erneuert und das Verhalten der Menschen wie auch die Verhältnisse ihrer Gegenstände umfasst. Das Allgemeine ihrer Verhältnisse ist deshalb nicht einfach die Summe vieler Lebensäußerungen, sondern das bestimmte Ineinandergreifen vieler Wirklichkeiten, Teilung und Zusammenbringen von Arbeit und Bedürfnissen zu einem Ganzen, worin sich die Vielfalt des Lebens als bestimmte Kultur zusammenfasst, als Resultat und Ursprung eines bestimmten menschlichen Lebens. Gesellschaft ist eine Allgemeinheit von Menschen, die diese durch ihr Zusammenwirken begründen und darin zugleich die Lebensvermittlung ihrer Natur, Gesellschaft als Form ihrer Naturmächtigkeit haben.

Sie sind überhaupt nur dadurch zu Menschen geworden, dass sie ihre Arbeit zu einer Naturmacht entwickelt haben, zu einem Zusammenwirken, durch welches die Elemente der Natur beherrscht wurden. Durch Erfindungsgeist, durch die Erzeugung von Werkzeugen, welche Arbeitsprozesse wirtschaftlich gemacht haben und durch das menschliche und maschinelle Zusammenführen von Kraft ist eine Lebenswelt entstanden, welche heute den Globus beherrscht. Es waren keine einzelnen Genies, die das bewirkt haben. Es war der Prozess der gesellschaftlichen Entfaltung selbst, die Geschichte der menschlichen Synergie, welche aus den einzelnen Errungenschaften im Zusammenwirken mit anderen dann als Erfindung hervorgebrochen ist. Ohne Rad keinen Wagen, ohne binäre Mathematik kein Computer. Alles hat seine Geschichte, eine bestimmte Abfolge von Entwicklungen, und eine bestimmte gesellschaftliche Kultur ist ihr Produkt.

Die menschliche Gesellschaft ist also keine Frage der Definition oder der Struktur des Menschlichen oder des optimierten Menschseins. Die Menschen selbst haben sie praktisch dadurch begründet, dass sie die Entwicklung ihrer Bedürfnisse, die menschliche Sinnbildung, als Entwicklung ihrer Arbeit gestaltet haben. Sie haben sie so differenziert, wie sie ihre Produkte differenzieren konnten, und so wurde die Arbeit zur Grundlage ihrer ganzen Menschheitsgeschichte, der Sinnbildung menschlichen Reichtums. Die Menschen haben soviel Sinn für sich, wie sie ihn gesellschaftlich bilden konnten, wie sie in ihren Lebsenszusammenhängen das eine zum anderen fanden, aus der Teilung der Arbeit und dem Zusammenwirken der Teile in einem gesellschaftlichen Ganzen. Diese Gesellschaft erneuert sich beständig aus dem, was in ihr geschichtlich entwickelt und was auch ihre bisherige Form war. Alleine schon ein Rückblick auf die letzten 100 Jahre der Menschheitsentwicklung zeigt einen immensen Schatz an Bildung von Reichtum, den man zuvor kaum erahnen konnte. Durch die gesellschaftlichen Bildungen der Menschen, welche immer Gebilde ihrer Arbeit und Kultur in einer bestimmten Zeit sind und welche die Inhalte ihrer Lebensbedürfnisse ausmachen, entwickeln sich die Mittel der Bedürfnisbefriedigung und der Arbeit, die Lebensmittel und die Produktionsmittel. Und dieser Reichtum bestimmt letztlich alles, was die Geschichte der menschlichen Gesellschaft ausmacht, ist das geschichtsübergreifende Moment menschlicher Lebensverhältnisse.

Reichtum und Armut als gesellschaftliches Produkt

"Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine "ungeheure Warensammlung", die einzelne Ware als seine Elementarform." (MEW 23, S. 49).

So leitet Marx sein wichtigstes Buch, das Kapital, ein. Damit ist gesagt, dass die Warenform der Produkte in der kapitalistischen Gesellschaft ein Quantum ausdrückt, das nicht unmittelbar menschlichen Reichtum darstellt. Die Waren sind zwar qualitativ wie quantitativ menschliche Produkte für menschliche Bedürfnisse, aber sie sind dem menschlichen Reichtum zugleich äußerlich, enthalten eine ihm fremde Bestimmung, die zwar Reichtum menschlich erscheinen lassen kann, aber in Wirklichkeit nur ein Quantum von Produkten ist, die sich auf dem Warenmarkt ansammeln. Die quantitative Bestimmung dieser Produkte entsteht nicht in der Arbeit und nicht durch den Konsum. Sie entsteht im Austausch der Produkte als ihre Wertgröße, als die im Tausch realisierte durchschnittliche menschliche Arbeitszeit, die aufgewendet werden muss, um auf dem Markt zu bestehen, also um zu Geld zu kommen und damit den Markt zu überstehen.

Die kapitalistische Produktionsform vermittelt nicht die Totalität menschlicher Lebensäußerungen, sondern ist in sich selbst ausschließlich durch den Wert und sein Wachstum bestimmt, durch die Verhältnisse auf den Kapital- und Warenmärkten. Diese haben mit den Bedürfnissen der Menschen nur soviel zu tun, wie diese Voraussetzung für jedes Marktgeschehen sind. Der Markt selbst aber sammelt vor allem auf, was hierbei zu gewinnen ist, die Asche der Verhältnisse: Geld. Dieses fungiert für die bedürftigen Menschen als Zahlungsmittel, für die Händler jedoch als ein Faustpfand ihrer Handelsmacht, die sie aus den Rückständen des Marktgeschehens gewinnen.

Im Warentausch bewegen sich die Gegensätze von menschlichen Lebensinhalten und gesellschaftlicher Form als gegensätzliche Pole des Austauschs, als Gebrauchswerte und Tauschwerte. Die Waren entsprechen diesem Widerspruch von privater und gesellschaftlicher Form indem sie als gesellschaftlich gegebene Gegenstände, als Wertdinge, den Bedürfnissen der einzelnen Menschen begegnen und ihnen die Arbeit abverlangen, welche dem Wert der Dinge gleichsetzt wird. Der Tausch selbst bestimmt ihren gesellschaftlich gültigen Wert, eben das Wertquantum, das sich hier realisiert als Quantum einer Beziehung von Sachen.

Es geht um Wert. Alles wird getan, damit die Produkte eine optimale Wertgröße erzielen. Menschen müssen hierfür weiterhin möglichst viel arbeiten, weil nur ihre Arbeit, ihre Abhängigkeit vom Kapital, wertbildend ist. Und sie sollen zugleich durchschnittlich möglichst einfache Lebensmittel für ihre Reproduktion bekommen, damit hierfür möglichst wenig Arbeit verausgabt wird, also möglichst wenig Arbeit auf die Menschen zurückgeführt wird. Das wesentliche Produkt des Kapitalismus sind nicht Produkte von und für Menschen. Es ist eine Wertgröße als politische Macht, welche sich aus dem Markt gewinnt und welche den Markt bestimmt und wofür alle Menschen verpflichtet sind, ihre Kraft aufzuwenden, um Geld zu erhalten, also um an der gesellschaftlichen Vermittlung der Lebensmittel teilzuhaben. Es ist die politische Macht, die der Wert der Produkte in der kapitalistischen Gesellschaft hat und welche das Kapital für sich behält und einnimmt. Damit lassen sich dann auch die Lebensverhältnisse der Menschen selbst bestimmen und im Sinne der Optimierung einer Wertverwertung entwickeln. Die Menschen erfahren das am Wert ihrer Löhne im Verhältnis zu den Lebenskosten, also durch das Geld, mit welchem sie Mieten, Energie, Verkehrskosten, Lebensmittel, Kleidung usw. begleichen müssen. Ihr Leben wird umso spärlicher und ärmer, je größer die Macht des Kapitals ist.

Die Macht des Geldes als Maß der Werte und Maßstab der Preise

Es ist also nicht das Geld als Zahlungsmittel, was ungerecht verteilt wäre (siehe Monetarismus), es ist die Geldmenge als Ausdruck einer Lebensmacht, welche das Leben der Menschen beherrscht, das ihre Arbeitszeit und ihre Armut bestimmt, ihre Ohnmacht verstärkt und ihren Lebensmut bedrängt.

Es geht um die strukturelle Macht des Geldes, das ihr Leben beherrscht, nicht das bloße Geldquantum, das hie und da mal mehr, aber meist immer nur den gleichen Wert oder auch weniger Wert für sie hat – je nachdem, was das Kapital zur Befriedung seiner Machtstruktur nötig hat, was es also als Spielraum zu den Lohnverhandlungen mitbringt. Die Frage, was die Macht des Kapitals so mächtig sein lässt, ist die eigentliche Frage nach der Überwindbarkeit des Kapitalismus. Nur über deren Beantwortung kommen wird dahin, zu wissen, was man gegen ihn machen kann, wie wir uns das ja letztens für heute vorgenommen haben.

Dies ist im Grunde - wie alles Komplexe, wenn es analysiert ist - sehr einfach. Zumindest in der Theorie. Das Kapital beherrscht die Arbeit. Es stellt die Abstraktion einer menschlichen Naturmacht dar, welche die gesellschaftliche Produktion von Waren bewirkt, die sich aber nicht in den Produkten selbst zu menschlicher Wirklichkeit bringt. Diese sind zwar menschliche bestimmt, existieren aber in der vollständigen Gleichgültigkeit gegen diese Bestimmtheit, allgemein gleich geltend: Als Geld. Die Keimform des Kapitals ist das Geld, wodurch sich alles gesellschaftlich aufeinander beziehen lässt, ohne dass es wirklich gesellschaftlich existiert. Die Waren werden auf dem Markt gesellschaftlich dargeboten und verschwinden von dort durch Geld, gegen das sie getauscht werden, in die Privatwelt des Konsumenten. Geld eröffnet alle gesellschaftlichen Beziehungen und schließt zugleich alle Produkte von sich aus, indem es einzigartig gesellschaftlich über alle Produkte hinweg verbleibt.

Es ist ihr ausschließliches Maß, der Maßstab ihrer Produktion. Als Wertquantum stellt es nicht den Reichtum dar, welchen die Arbeitsprodukte für die Menschen haben, sondern lediglich den Wert, den sie haben, soweit sie auf dem Markt zueinander in Beziehung stehen, soweit sie also den Menschen entzogen sind. Geld wird als Kapital festgehalten, um Werte aufeinander zu beziehen, die selbst nur Beziehungsmacht darstellen, die also nichts anderes darstellen, als die Abstraktion von ihrer Entstehung, nichts anderes als abstrakt menschliche Arbeit.

Der Kapitalismus war nicht durch Menschen entstanden, die auf die Idee kamen, Geld zu machen, sondern aus der geschichtlichen Notwendigkeit, die fortschreitende Technologie der Arbeit und der Arbeitsteilung durch Verhältnisse zusammenzuhalten, welche sich auf dem Markt ergaben, durch den Austausch ihrer Produkte. Diese waren hierdurch erstmals in eine allgemeine gesellschaftliche Beziehung gestellt. Und so konnte sich auch die Produktion auf eine breite Anwendung beziehen. Aus Leibeigenen wurden Arbeiter, aus Manufakturen wurden Industrieanlagen, aus Entgeld für produktive Arbeit wurde Arbeitslohn und aus Geld wurde Kapital.

Aber die Produktion geschah ohne ein bestimmtes Ziel und nur aus dem Grund, irgendwo und irgendwie Absatz für das Produkt zu finden und Geld dafür zu bekommen von Menschen, die es nötig hatten. Sie bestand aus der Ansammlung vieler Einzelprodukte, die auf dem Warenmarkt den Menschen zugeführt werden, deren Existenz hierdurch gewährt wurde. Was nötig ist, dem muss man sich fügen. Und so entscheidet der Geldwert der Produkte über alle Existenzen, ob es nun die Arbeitskräfte betrifft oder die Produkte selbst. Der Kapitalismus wurde zu einem Lebensverhältnis der Menschen, welches aus den einzelnen Existenznotwendigkeiten bestimmt ist. Die Menschen waren in Sachverhältnisse geraten, von denen sie abhängig waren und ihre Abhängigkeit wurde zugleich im Wert der Sachen gemessen, der Wert zum Maßstab ihres Lebens. Im Grunde rekrutiert sich der Kapitalismus aus einer Ökonomie des Mangels und der Armut, während er zugleich einen ungeheueren Reichtum an Werten schafft.

Der Kapitalismus, der die Arbeit der Menschen, die Produktion ihrer Bedürfnisse und derer Befriedigung voranbrachte, war zugleich ein menschlicher Rückschritt, eine gesellschaftliche Unvollkommenheit der bisherigen Produktionsform, weil sein Fortschritt sich nicht als gesellschaftliches Verhältnis zurückvermittelte , sondern nur als Geldbesitz. Er ist ein Verhältnis, welches den Menschen eine abstrakte Beziehung vermittelst ihrer Sachverhältnisse zumutet, die sie politisch zwingt, sich dem Sachzwang des Kapitals zu unterwerfen. Als Menschen sind sie enteignet, um durch Geldbesitz ihre Reproduktion sichern zu müssen. Was sie erzeugen, verschwindet im Wertmaß des Geldes. Und dieses erzeugt Macht und Ohnmacht im Kalkül der Preise und dem Besitz, der sie durchdrückt.

Das Wertwachstum und die Fixation der menschlichen Geschichte durch das Kapital

Kapital ist die Geldform menschlicher Produkte, welche ihren Warenkörper durch dessen Verschwinden vom Markt verlassen haben und als Wertform festgehalten sind, tote, weil vergangene Arbeit, die ohne Stoff und ohne Sinn als politische Macht des Geldbesitzers fortbesteht, als Formation abstrakt menschlicher Arbeit. Kapital ist gesellschaftlicher Lebensentzug, der in Geldform privatisiert und von daher die politische Macht des Privatbesitzes ist. Diese Macht war ursprünglich noch an das investierende Kapital gebunden, also an den Besitz von Produktionsmittel, deren Nutzung durch das Kapital bestimmt war und von daher auch als reale gesellschaftliche Macht über die Arbeit erfahren wurde. Viel bedeutsamer als dieses sorgenvolle Kapital, das sich ja auch noch irgendwie um die Produktion kümmern musste, ist allerdings das reine Finanzkapital, das Aktienkapital, das nur noch zur Erpressung der Menschen verwendet wird. Es wächst mit dem Druck auf sie, auf die Löhne, Arbeitszeiten und Arbeitsplätze und erzeugt in seiner Stringenz eine Masse an Geld und eine Massenarmut des Lebens. Das Kapital saugt alles auf, was Menschen und Natur stofflich zu bieten haben.

Die Neoliberalen sehen dies als ein Konzept für die Zukunft und preisen den sozialen Charakter ihrer Vorstellung, dass alle Menschen zugleich Aktionäre werden könnten, und sich von daher Verteilungsgerechtigkeit einstellen könnte. Es ist die Anpreisung einer Todesspirale in die unendliche Selbstausbeutung der menschlichen Natur – Selbstvernichtung schlechthin, indem jeder arbeitende Mensch seinen Lebensentzug zugleich als seinen Selbstgenuss erleben soll: seine Bedürfnisse müssen dem Absatz folgen und werden mit Reizen überzogen, die sie ihm entäußern. Seine Arbeitsstelle soll in der allgemeinen Gütlichkeit der Verwertung funktionieren und wird ihm gekündigt, wenn es hierzu nötig ist. Seine Lebensbedürfnisse werden auf das existenziell Nötige reduziert, damit wertmäßig das Meiste herausspringt. Seine Natur wird vernutzt und ausgelaugt, weil dies alles für seine Wertpapiere besser ist. Inzwischen besteht 98 % des Weltkapitals aus solchem Papier. Dessen weltmächtige Aggressivität ist gewaltig.

Die wesentliche Macht des Kapitals besteht auf dem Geldmarkt, wo alle Werte bestimmt werden, auch wenn es Gegenstände betrifft, die keine Arbeitsprodukte sind (z.B. Grund und Boden, Frequenzen, Lizenzen usw.). Das Kapital ist letztlich schlicht und einfach die Macht einer real wirksamen Abstraktion, politische Macht, die nur daraus besteht, dass die Menschen keine anderen Lebenszusammenhänge als über die Geldverhältnisse verwirklichen. Und dies lässt sich ändern.

Der Kapitalismus ist ein sehr doppelbödiger Machtapparat. Einerseits kommt er den Menschen sehr nahe, weil er Produkte schafft, die faszinieren, zum anderen aber betreibt er auch die fortschreitende Isolation der Bedürfnisse und der Arbeitsteile, um sie von dem einzig gültigen gesellschaftlichen Band, dem Geld, abhängig zu machen und abhängig zu halten. Er sprüht vor Erfindungen, welche den Arbeitsaufwand mindern und neue Bedürfnisse und Reize erzeugen, aber er schließt die Menschen vom Erfolg seiner Entwicklungen so weit aus, wie es ihm möglich ist, um Kapital zu schaffen. Das Ziel der kapitalistischen Produktion ist zum einen progressiv, weil sie die Entwicklung der Produktivkräfte vorantreibt. Für die Menschen aber ist das Kapital konservativ, weil es nicht der Entwicklung ihrer Bedürfnisse und der Minimierung ihrer Arbeitsaufwände dient, sondern lediglich der Produktion für den Warenmarkt, für die Marktentwicklung von Wertgrößen. Was die Menschen an technologischem Fortschritt gewinnen und was in ihnen angereizt, an neuen Bedürfnissen nach Erleben und Spaß geweckt wird, das verlieren sie an menschlicher Kultur, an menschlich begründetem Fortschritt und wirklichen Bedürfnissen, also Bedürfnissen, die aus dem menschlichen Leben selbst hervorgehen und darauf auch wieder zurückkommen.

Der Kapitalismus hat den Reichtum der Produktionsmittel vermehrt und die Abhängigkeit der Menschen vom Geld bestärkt. Was er an Vielfalt von Möglichkeiten entwickelt hat, hat er zugleich der Einfalt des Geldbesitzes unterworfen. Was er den Menschen an Individualität ermöglichte, das unterwarf er sogleich dem gesellschaftlichen Diktum des Wertes, der menschlichen Selbstentfremdung. Er ist Fortschritt und Rückschritt in einem, demnach nichts anderes als die Fixation der gesellschaftlichen Verwirklichung des Menschen an den Mangel des Wertverhältnisses. Diese Fixation besteht daraus, die Produktion und Konsumtion der Menschen nicht gesellschaftlich zu verwirklichen, sondern durch eine Abstraktion von den wirklichen Menschen zu vermitteln und damit nur ein abstraktes Menschsein zu vergesellschaften.

Die Abstraktion der Geschichte und die Geschichte einer Abstraktion

Wir sind damit unversehens in einer geschichtsphilosophischen Fragestellung gelandet, die schon Georg Wilhelm Friedrich Hegel thematisiert hatte: Wie verhält sich ein Mangel in einem Geschichtsprozess, worin sich nichts anderes durchsetzt als das Mangelhafte selbst, die Fixation des Unwirklichen? Schon Hegel hatte die bürgerliche Gesellschaft als eine unvollkommene Gesellschaft gesehen, allerdings unvollkommen in Hinsicht auf den Weltgeist bezogen. Dennoch hat die Hegelsche Logik Karl Marx zu jener wesentlichen Erkenntnis der Dialektik gebracht, dass die Nichtigsetzung einer Qualität ihre Quantität selbständig macht und deren Verselbständigung als Abstraktion fortbestimmt. Was nicht wirklich ist, wird damit unwirklich bestimmt, vollzieht eine Bestimmung, die für sich nichts ist, wohl aber Wirkung hat. Wesen und Erscheinung fallen auseinander. Die Substanz das Abstrakten, das Nichts, bringt sozusagen eine Wirklichkeit hervor, die in sich nur abstrakt, also nicht wirklich für die Menschen, die Abstraktion von ihnen ist. Das hatte Hegel nicht ausgeführt, weil ihm die spekulative Idee als Auflösung hiervon galt. Marx erkannte darin das Wertwachstum, das der bürgerlichen Gesellschaft zwingend inne ist als reale Negation der menschlichen Arbeit, als abstrakt menschliche Arbeit, die als Entfremdungsmacht gegen die Menschen sich entwickelt und bestärkt. Sie werden damit ihrer eigenen Arbeit unterworfen. So wurde ein ideeller Widerspruch als Notwendigkeit einer Realität erklärlich, die einem teuflischen Prinzip, dem Wertprinzip folgt, wie es von Goethes Mephisto schon im Faust formuliert worden war: „So ist denn alles was entsteht, nur wert, dass es zugrunde geht.“

 

Der Reichtum der Menschen erneuert sich nicht durch die Schaffung und Erweiterung von Besitzständen des Geldvermögens, sondern durch Produktion und Konsumtion menschlicher Produkte, die es den Vermögenden zugleich möglich macht, ihren Wert zu vermehren. Es ist alles da, was zum Lebenserhalt nötig ist. Aber dies ist nicht wirklich für die Menschen da, die ihr Leben auch erneuern und entwickeln, ihren Reichtum als sinnliche Wirklichkeit ihrer Gesellschaft erfahren wollen. Die Menschen werden auf das private Dasein ihres Vermögens verwiesen, damit sie der Privatheit der Vermögenden dienstbar sind.

Das Kapital ist die Allgemeinheit vielfacher Privatmächte, welche über der Gesellschaft stehen und diese beherrschen. Von daher ist es höchst überflüssig, denn nur was gesellschaftlich ist, kann wirklich allgemein sein. Das Kapital ist ein Widersinn in sich, ein politischer Wahnwitz, der Allgemeinheit zur Beförderung seiner Privatmächtigkeit ausnutzt. Was es dabei an Entwicklung bestimmt, dient der Ausbeutung, was es an Zusammenhängen stiftet, dient alleine der Geldvermehrung. Es beruht darauf, dass es keine gesellschaftliche Form der Produktion und der Aneignung des Produzierten gibt und daher seine Abstraktionen herrschen können. Aber ein Gemeinwesen, worin die Grundlagen der Reproduktion gesichert und Geld nicht festgehalten werden kann, würde es mit einem Schlag aufheben. Es kommt eigentlich nur darauf an, in den Beziehungen der Menschen dieses Gemeinwesen zu entdecken und wirklich hervorzubringen, menschliche Beziehungen gesellschaftlich durchsichtig und als Momente eines solchen Gemeinwesens begreifbar zu machen.

Die Überwindung des Wertverhältnisses

Wenn begriffen ist, dass der Wert als Formbestimmung einer Gesellschaft den Zusammenhang der Menschen fremd bestimmt und als politische Entfremdungsmacht fungiert, ist zugleich begriffen, dass eine Gesellschaft nur gegen diese Wertbestimmung menschlich werden kann, dass dies also die Aufhebung des Kapitals nötig macht. Da Kapital aber auch eine wirkliche gesellschaftliche Substanz hat, das gesellschaftliche Mehrprodukt, die Entwicklung der Produktions-. Verkehrs- und Kommunikationsmittel, gibt es diese Gesellschaft unterhalb der Oberfläche der Geldverhältnisse auch schon wirklich. Es ist lediglich die politische Macht des Kapitals, welche die Menschen beherrscht, die Macht der Abstraktion von dieser gesellschaftlichen Wirklichkeit. Es sind die konkreten Verhältnisse der Produktion und Konsumtion und die konkreten Geschichten der Menschen, die über die Abstraktion solcher politischen Macht hinausweisen, und die sie wirklich sein lassen und also auch menschliche Wirklichkeit bilden. Darum geht es – nicht um Geld und Kapital, sondern um die Geschichte, die sich gegen Geld und Kapital wendet. Ihr Sinn kann nur aus den Menschen selbst entstehen, aus ihrer unmittelbaren Kultur.

Eine Gesellschaft, in welcher solche Verhältnisse unbeschadet sich verwirklichen können, muss die politischen Formen der Ökonomie aufgeben. Politik muss selbst ökonomisch sein, muss dem Streben folgen, möglichst vielen Menschen mit möglichst geringem Aufwand eine optimale Entfaltung ihres Lebens zu gewähren, ihre Kultur zu verwirklichen. Dies kann sich nicht aus einer Gesellschaftsstruktur entwickeln, nicht aus einem Staat, sondern nur aus den Menschen selbst, die ihr Gemeinwesen subsidiar – also von unten nach oben – entwickeln und ein Gemeinwesen aus ihrer Wechselwirkung begründen und bestimmen. Die Kernzellen einer solchen Ökonomie sind im Kleinen die Gemeinden und Kommunen, im Großen die Regionen und Länder. Diese schließlich entwickeln die Verhältnisse unter sich und auf ihren Kontinenten am besten in einem internationalen Kommunalismus.

Stellen wir uns mal vor, was da alles sein bzw. Wirklichkeit werden müsste. Die wichtigsten Grundlagen hiervon sind selbst auch unmittelbar kulturell und ökonomisch, also unmittelbare Verwirklichung von einer Ökonomie menschlicher Kultur, die nicht mehr durch das Kapital ausgebeutet werden kann, weil Kapital darin keinen Sinn macht. Ich will deshalb einmal einfache Grundpositionen dieser Gesellschaft andeuten, die hier Punkt für Punkt benannte werden:

 

1. Gesellschaft

Jede menschliche Gesellschaft ist die geschichtlich gewordene Naturmacht der Menschen, welche durch ihren Lebenszusammenhang und der Reichhaltigkeit ihres Lebensausdrucks, ihrer Lebensverhältnisse, ihres Wissens, Vermögens und Geschicks, also durch ihre Kultur Bestand hat. Dies macht zugleich ihren Fortbestand in den Gegenständen des Lebens, dem Reichtum ihrer Gesellschaft aus. Im einzelnen ist sie ein umschriebender Kulturraum, worin der Stoffwechsel der Menschen mit ihrer Natur in einer bestimmten Art und Weise kultiviert ist. Der einzelne Mensch ist darin wesentlich identisch mit seiner Gesellschaft und nimmt Teil an der Erzeugung und am Genuss ihres Reichtums mit allen verfügbaren und geschichtlich erworbenen Mitteln.
Weder kann er ohne sie, noch sie ohne ihn gesellschaftlich sein. Armut ist daher unnatürlich, das Resultat eines gesellschaftlichen Auflösungsprozesses, worin Reichtum sich vereinseitigt und gesellschaftlich zurückgebildet hat. Reichtum kann daher nur wahr sein, wo es keine Armut gibt. In der Armut sind die Menschen ihrer Lebenszusammenhänge, ihrer Gesellschaftlichkeit beraubt, zu ohnmächtigen Wesen privatisiert worden.
Gesellschaft ist nie ohne Kultur, auch wenn Menschen aus verschiedensten Kulturen darin zusammenkommen. Kultur ist wesentlich durch ihre ökonomische Form gesellschaftlich wirklich, also mit allem, was die Lebenserzeugung in einem Lebensraum mit allen hierin geschichtlich entwickelten Mitteln ausmacht. Dies bestimmt die Reproduktion und das Mehrprodukt der Menschen innerhalb dieses Lebensraums. Kulturelle Existenz ist von daher ortsgebunden, auch wenn die einzelnen Menschen sie nach eigenem Entschluss jederzeit wechseln können. Eine Kultur besteht als örtliches Gemeinwesen und verallgemeinert sich in ihren überregionalen Zuordnungen (z.B. Regionen, Länder, Wirtschaftsgemeinschaften)

 

2. Kultur

Jede Kultur ist ein Lebensraum von Menschen in der Zeit, wo sie darin leben. Sie hat keine Nationalität und kann nicht besessen werden. Darin ist jeder Mensch Erbe der bisherigen Geschichte dieser Kultur, in welche er geboren wurde oder in die er eingewandert ist, sich als neues Leben darin eingefunden oder entschlossen hat und darin erzeugt oder aufgenommen wurde. Ihm stehen von Anbeginn seines Lebens oder mit seiner Einwanderung alle Mittel zu, die diese schon geschaffen hat und die sein Leben erhalten und seine kulturellen Fähigkeiten, seine Bildung und Ausbildung möglich machen. Er hat den Anspruch, von dieser Gesellschaft getragen zu werden, bis er diese selbst tragen und fortentwickeln kann, darin hilflos zu sein und alt zu werden, ohne hierdurch unterworfen oder entwürdigt zu werden.
Wer in dieser Kultur nicht wirklich lebt, kann dort auch kein Eigentum besitzen. Dies gilt auch für alle natürlichen Grundlagen dieser Kultur (wie z.B. Grund und Boden, Luft, Wasser, Bodenschätze usw.).
Wenn sich Menschen entschließen, ihre Kultur zu verlassen, so müssen die Kommunen sich über die Übernahme der individuell erworbenen Ansprüche einigen.

 

3. Bedürfnis und Arbeit

Menschliche Arbeit bestimmt sich nicht durch den Markt sondern durch Bedürfnisse, die sie befriedigt. Von daher ist sie selbst ein Moment menschlicher Bedürfnisse. Diese sind unmittelbar bestimmte Beziehungen auf bestimmte Gegenstände und begründen jedes kulturelle Verhältnis. Arbeit für sich genommen ist ein Aufwand, welcher durch Bedürfnisse begründet ist und ihnen daher auch angemessen sein muss. Arbeitsbeziehungen können demnach nur Verhältnisse des Willens sein, Gegenstände für diese Bedürfnisse herzustellen. Es sind also Vertragsverhältnisse, worin die Bedürfnisse, welche die Arbeit hervorrufen, als gemeinschaftliches Sollen aufeinander bezogen und im wirklichen Aufwand der Arbeit bemessen und befriedigt werden. Jeder Wille erlischt mit der Befriedigung des ihn begründenden Bedürfnisses. Dabei geht es immer zum einen um notwendige Arbeit, welche die Reproduktion des Lebensstandards ausmacht, und Arbeit, mit welcher neue Bedürfnisse entwickelt und befriedigt, also Mehrprodukte erzeugt werden, die erst später zum Lebensstandard werden.
 

Das Mehrprodukt kann nicht zur politischen Macht des Kapitals, werden, wenn es von denen kontrolliert wird, die es erzeugen. Die Erzeugung von Mehrprodukten, durch welche sich ein Gemeinwesen entwickeln kann, ist denjenigen freigestellt, die zu Aufwänden bereit sind, die über die durchschnittliche Reproduktionsarbeit hinausgehen. Sie werden also mit besonderen Anteilen aus dem Mehrprodukt entlohnt. Diese Anteile können auch eingesetzt werden, um sich aus der Existenzsicherungsarbeit frei zu stellen. Die Mehrproduktion wird aus der Bereitwilligkeit der Arbeitenden zur Mehrarbeit bestimmt.
Arbeit muss immer verbunden, also organisiert werden. Der kommunale Arbeitsverbund funktioniert wie die Alternative zu einer Aktiengesellschaft: Vermögen, das als Mehrprodukt gilt, wird im Gemeinwesen als dessen Vermögen verfügbar gemacht und zur Anwendung in neuen Projekten verfügbar gehalten. Dies verwaltet ein Gremium, das entweder kommunale Aufgaben darin materialisiert (z.B. Energiebeschaffung, Vorsorge, Wohnungsbau, Verkehrsmittel, Kommunikationsmittel usw.) oder es Initiativen überlässt, die ihre Projekte glaubhaft vortragen.

4. Kommunale Arbeit

In jeder Kultur ist der Kreislauf von Arbeit und Bedürfnisbefriedigung zum einen geschlossen, soweit es ihre Reproduktion betrifft, und zugleich offen, soweit es ihre Entwicklung verlangt. Die Grundversorgung ist der elementare Kreislauf der Kommunen. Allen Menschen einer Gesellschaft muss ihre Reproduktion auf der Ebene eines gesellschaftlich durchschnittlichen Lebensstandards garantiert werden die mit einem minimalen anteiligen Arbeitsaufwand abgegolten wird. Das verlangt eine kommunale Arbeitsteilung, welche die volle Reproduktion umfasst, teils durch Eigenarbeit, teils durch Vertragsarbeit und Austausch mit anderen Kommunen.
Die Arbeiten werden in der Zeit berechnet und nach Zeitaufwand berechnet und entlohnt. Die Ausbildung hierfür ist frei.
Arbeitsprojekte werden frei entwickelt und gesellschaftlich gestützt, was ihren sachlichen Aufwand ausmacht. Soweit es nur die Reproduktion von Menschen betrifft, sollten die Arbeitsmittel von der Kommune frei verfügbar gemacht oder auch kommunal organisiert sein. Weitergehende Unterstützung begutachtet und entscheidet ein spezielles wissenschaftliches und politische Gremium.
Eine solche gesellschaftliche Produktion verlangt, dass die hierzu nötigen Produktionsmittel für die Grundversorgung von den Kommunen oder von ihren politischen Repräsentanten bestimmt und verwaltet werden. Die Entstehung neuer Technik oder neuer Lebensmittel mag im Einzelnen entstehen, ihre Entwicklung ist ein kommunales Anliegen, das sich durch Einsatz von kommunalem Vermögen umsetzt und das Entwicklungsrisiko der Kommune überlässt. Das Resultat ist eine neue Entwicklungsstufe der Ökonomie dieser Kultur: bequemere Arbeit, sinnvollere Arbeitsteilung, bessere Produkte usw.
Das einzelne Engagement der Entwickler geht über die notwendige Arbeit hinaus und kann auch besonders prämiert werden.

Das erste ist, dass diese Gesellschaft die Existenz eines jeden Individuums freistellen muss und die Individuen einen ihnen möglichen und entsprechenden Anteil an dieser Existenzsicherung durch Arbeit oder Material oder Produkt zur Verfügung stellen. Die Gesellschaft überlässt den Einzelnen so weit ihre Reproduktion, wie diese dazu und durch die verfügbaren Geräte und Automaten in der Lage sind. Die Geräte zur Existzenzsicherung sind gesellschaftliches Eigentum und werden durch ein gesellschaftlich kontrolliertes und erwähltes Gremium so verteilt, wie es den Möglichkeiten der Individuen entspricht.

Die gesellschaftliche Reproduktion (z.B. Verkehrsmittel, Kommunikationsmittel, Industrie, Verwaltung, Gesundheitswesen, Wissenschaft usw.) wird anteilig von den Menschen getragen, wie es ihnen möglich und als ihre Möglichkeit auch festgestellt ist. Das ihnen Mögliche muss auch dem Anteil des gesellschaftlich notwendigen Arbeitsvermögens entsprechen (also, wie viele Alte, Kranke, Kinder usw. hierbei mitgetragen werden müssen).

Menschen geraten in eine Gesellschaft entweder durch Geburt oder durch Einwanderung. Wenn sie hilflos und gebrechlich sind, müssen andere für sie aufkommen, wie auch sie für andere aufkommen müssen, die hilflos und gebrechlich sind. Alles Aufkommen, welches über die einfache Reproduktion hinausgeht, besteht in der Beteiligung an einer Arbeit, wie sie von Gewohnheit her nötig oder gesellschaftlich festgestellt ist.

5. Kommunales Geld

Für alle Bewertungsverhältnisse und Wertbeziehungen kann Geld ein regional bewertetes Zahlungsmittel als ein verschwindendes Tauschmittel sein, welches die Zeitaufwände der geleisteten Arbeit darstellt. Es muss also - zumindest prinzipiell - mit den Produkten, die es tauscht, den Markt verlassen. Das wäre z.B. durch ein Computergeld oder Rechengeld möglich, das auf eine vollbrachte Arbeit datiert ist. Es wird mit seiner Laufzeit von Monat zu Monat immer weniger wert und lässt sich als monatlich gültiger Wertträger mit aktualisiertem Wert auf öffentlich zugänglichen Druckern drucken, die von einer kommunalen Datenbank gespeist werden. Das entspricht theoretisch einer gezielten Geldentwertung auf der Grundlage der Lebenszeit von Arbeitsprodukten und Menschen.

Geldbeziehungen nach außen, z.B. in der EU, sollten immer durch Naturalientausch oder den Tausch von eigenen Arbeitsprodukten gedeckt sein. Epresserische Bewertungen müssen durch internationale Gremien unmöglich gemacht werden. Auch wechselseitige Arbeitsbeziehungen, bei welche Produktionsmittel vorgestreckt werden, müssen von solchen Gremien kontrolliert werden.

6. Politik

Politik kann nicht einem „freien Gewissen“ der Politiker folgen, sondern ist gebunden an die Notwendigkeit der Ausgestaltung und Verwirklichung eines dezidierten Verlangens. Dafür taugt keine repräsentative Demokratie sondern nur eine parlamentarische Ökonomie, welche demokratische Entscheidungen trifft, in welchen alle Betroffenen und Fachkundigen sich möglichst im Verhältnis ihrer Beziehung zur Sache einig werden müssen. Stimmenmehrheit ist das letzte Mittel, eine Entscheidung zu erzwingen und kann nur nach einer öffentlich begründeten Entscheidungsnotwendigkeit erfolgen.
Politik muss den Bedürfnissen der Menschen folgen und kann daher keinen politischen Willen haben, der sich nicht aus diesen erklärt. Sie kann nichts Meinen, ohne zu wissen und kann daher auch keine Meinung repräsentieren, die hiergegen gleichgültig ist. Die Meinungs- und Willensbildung kann nur die Formulierung eines Verlangens sein, worin Menschen ihr Anliegen erkennen und begreifen. Das Resultat einer Entscheidung setzt dies um und ist von daher immer politisch, ökonomisch und kulturell zugleich. Es muss demzufolge zur Entschlussfindung immer ein wissenschaftlicher, ein politisch delegierter und ein kulturell anerkannter Rat daran beteiligt sein..
Politische Gliederungen sind ökonomische Gliederungen, in welchen die Beziehungen von Bedürfnissen und Arbeit gesellschaftlich ausgedrückt werden. Sie befördern die Ökonomie für die Menschen indem sie die optimale Nutzung von Kraft und Mittel für ihre Lebensverhältnisse im Maß ihrer Bedürfnisse erkunden. Politische Gliederungen sind Gruppierungen bestimmter Diskussionen hierüber, die zu entsprechenden Entscheidungen gelangen müssen. Sie setzen sich aus Menschen zusammen, die delegiert sind, diese Entscheidungen zu treffen. Das sind Räte, also Abordnungen aus praktisch betroffene Menschen, Wissenschaftlern und Politikern. Diese entscheinen in einem qualitativ bestimmten Verhältnis, wobei jedes der Gremienmitglieder zugleich seinem Kommunalbereich auch Rechenschaft für seine Position schuldig ist..

Politik kann nicht mehr auf einer repräsentativen, sondern muss auf einer direkten Demokratie beruhen. Die politische Auseinandersetzung in der Gesellschaft findet auf Foren statt, die thematisch gegliedert und subsidiar bestimmt sind. Sie sind aus Lebensbereichen her definiert und abgeordnet und auf dem Verallgemeinerungsgrad abstimmungsfähig, in welchem sie sich auf die Sache bezogen befinden. Im selben Verhältnis bestimmen sie die Gremien, die für den Ablauf und die einzelnen Entscheidungen (z.B. aus Praktikern, Wissenschaftern und Politikern) gebildet werden.

Die Gremien stellen die Executive im jeweiligen Verallgemeinerungsgrad ihrer Zuständigkeit dar. Sie werden in den Foren bestimmt und sind für ihre Tätigkeit dort Rechenschaft schuldig. Alle Gremienvertreter zusammen bilden ein Gesamtgremium, in welchen über Notwendigkeiten entschieden wird, die nicht subsiduar bewältigt werden können. Dieses entspricht der eigentlichen Regierung mit ihren Ministerien. Doch diese Ministerien bleiben von den entsprechenden Fachgremien unter subsidiarer Kontrolle.

 

7. Eigentum

Eigentum ist die gegenständliche Eigentümlichkeit der Menschen, die ihre Produkte für ihre Bedürfnisse erzeugen, im einzelnen wie auch allgemein. Alles Neue ist geworden in einem Ganzen, alles Einzelne zugleich auf die Allgemeinheit bezogen. Das Glück einer Erfindung befördert den Erfinder wie auch die Kultur, in welcher er lebt. In die Produktion geht die ganze bisherige Kultur der Menschen ein und drückt somit immer auch eine geschichtlich gewordene Verbindung von einzelner und allgemeiner Lebensäußerung aus. Auch alle natürlichen Lebensgrundlagen, die selbst nicht lebend sind, wie z.B. Land, Wasser, Luft, Raum, Rohstoffe, Elektromagnetische Frequenzen usw. sind Eigentum der Menschen, die diese mit Leben füllen. Sie sind allen lebenden Menschen innerhalb einer Gesellschaft zu gleichen Teilen anvertraut. Was die Menschen entnehmen, haben sie zu ersetzen, z.B. durch Erfindungen neuer Produkte oder durch Erschließung neuer Quellen.

Prinzipiell gehört jeder Naturstoff, jede Fläche und jeder Raum der Kommune. Und diese besteht aus den Menschen, die sie bewohnen, solange sie leben oder bis sie auswandern. Von daher ist solches Vermögen zwar das Vermögen der Bewohner und wird ihnen zugeordnet und von ihnen belebt – aber nur solange sie leben. Sie können es nicht besitzen und nicht vererben. Die Qualität der Räumlichkeiten wird gestaffelt und hieraus ein Durchschnittsmaß des Raumbedarfs als Grundlage festgelegt. Die Wohnräume werden nach diesem Maßstab pro Einwohner anteilig an der gesamten verfügbaren Wohnfläche berechnet, die Betriebsräume pro Arbeiter und Maschine. Wer mehr Raum oder besseren Raum beansprucht, muss hierfür auch mehr Arbeit pro Nutzungszeit aufwenden.

 

8. Recht und Unrecht

Die Rechtsprechung muss völlig unabhängig von der Politik sein, aber nicht frei von Auseinandersetzung. Recht ist kulturelle Selbstverständigung auf allgemeinster Ebene. Die Auseinandersetzung darüber entspricht einem ethischen Diskussionsprozess in einer bestimmten Kultur, der in kommunalen und überregionalen Einrichtungen geführt wird. Dies umfasst alles, was wahr und richtig, also Recht sein soll, praktisch auch Anhörungen, wissenschaftliche, politische und kulturelle Statements. Das Recht ist nicht subsidiar, sondern selbst nur allgemein. Aber die Ethikdiskussionen gestalten es und überprüfen seine Bewährung in der Allgemeinheit.
Bei einem Rechtsverstoß erhebt die Kommune Anklage. Verteidigung ist freigestellt, muss aber auf Antrag kommunal entlohnt werden. Die kommunalen, regionalen und landesweiten Gerichtshöfe stehen in der Auseinandersetzung mit den örtlichen Diskussionen, welche die Basis aller Rechtsprechung sind. Jeder Einspruch gegen einen Richterspruch muss dort auseinandergesetzt werden und kann demnach unter Umständen Recht und Ethik fortentwickeln. Die Entwicklung des Rechts ist also die öffentliche Entwicklung Ethikdiskussionen auf entsprechenden Foren und auf allen Ebenen der entsprechenden Verallgemeinerung und Allgemeinheit.