Wolfram Pfreundschuh (12.11.2010)

Kommunen aller Länder - verbündet euch!

Eine so breite und massive und ernstgemeinte Protestwelle wie in diesem Herbst 2010 gab es bisher noch nie im Deutschland der Nachkriegszeit. Die Schienenblockaden gegen den Castortransport nach Gorleben am Wochenende bewiesen immerhin eine Schranke für die Exekutivorgane, eine echte Kraftprobe des für sie Machbaren. Und sie waren zugleich auch nur ein Teil des politischen Unwillens der ganzen Bevölkerung. Gorleben ist überall. Das will was heißen! Es ist möglich, dass auch die derzeitige Regierung - wie dereinst 1979 Ministerpräsident Albrecht - erkennen müssen, dass eine Endlagerung und Wiederaufarbeitungsanlage in Gorleben politisch nicht durchsetzbar ist (1).

An vielen Stellen in Deutschland und auch anderswo rumort es heftig. Zu offensichtlich ist es geworden, dass die politisch Mächtigen keinem politischen Verstand, sondern dem Restaurations- und Entwicklungsbedarf einer kaputten Kapitalwirtschaft folgen. Und ganz so sorglos um ihre Wirkungsmacht sind die zuständigen Politikerinnen und Politiker nicht mehr. Die Ahnung eines politischen Flächenbrands keimt auf. Und zugleich wächst hinter ihrem Rücken die Notwendigkeit, Großprojekte des Kapitals auch gegen den Widerstand der Bevölkerung durchzusetzen. Aber immerhin wurde der Bau am Stuttgarter Bahnhof schon zum Teil unterbrochen, um eine Mediationsverhandlung durch Heiner Geißler zu ermöglichen, und es wurde vorletzte Woche auch die akute Schließung des Altonaer Museum zurückgenommen – zumindest vertagt, weil der Widerstand der Bevölkerung gewaltig war. Mit Protest und Aufruhr muss wohl langfristig gerechnet werden.

Ich sprach in Hamburg mit dem Pressesprecher der „Bürgerinitiave Altonaer Museum bleibt“, Aram Ockert, und fragte ihn, in welchem Zusammenhang er den Widerstand gegen die Entschließung des Hamburger Kultursenators Stuth sieht, das über 100 Jahre alte Traditionsmuseum abzureißen, um das Gelände für ein Immobilienprojekt einem Konzerns zu verkaufen:

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Es ist etwas prinzipiell Neues entstanden: Die Bürgerinitiativen haben zum großen Teil ihren konservativen Charakter verloren, wollen nicht nur bewahren, sondern auch wirklich über ihre Lebensgrundlagen bestimmen. Sie beziehen sich nicht mehr nur auf die Abwehr von behördlich angeordneten Vorhaben, die gegen ihre lokalen Interessen gehen, sondern sehen sich darin immer mehr als Objekt einer aus dem bürgerlichen Ruder gelaufenen politischen Realität. Das ganze Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zur herrschenden Politik bricht dabei durch: Das Misstrauen gegen sie, das Wissen um deren Ignoranz, um deren Abhängigkeit vom Bankensystem, dem weltweit agierenden Finanzkapital, für das alles herhalten muss, was politisch greifbar ist und das Wissen um dessen treibende Kraft und Macht. Es ist in der Wahrnehmung von Wirklichkeit etwas gebrochen. Es geht nicht nur um Besitzstände, sondern auch um künftige Generationen, die durch die Schuldenwirtschaft von heute schon bei ihrer Geburt enteignet und mit den strahlenden Resultaten der Atomwirtschaft zugemüllt werden.

Im Trallalla der Politik und der Medien soll das kaschiert werden. Die Politik habe Recht behalten, der Aufschwung sei da, die Krise vorbei, weil die Exporte der deutschen Industrie, des Flugzeugbaus, der Auto- und Rüstungsindustrie und der Maschinenbau gerade mal wieder boomen und die Neuverschuldung um einige Milliarden gemindert werden kann. Auch bei einer immer noch eklatanten akuten Staatsverschuldung von 84% des Bruttoinlandprodukts ist man inzwischen zuversichtlich, weil man es sein muss, weil der Glaube an das System zur Grundlage des kapitalistischen Finanzmarkts geworden ist. Real ist dort sowieso nichts mehr. „Der Countdown zur nächsten Krise läuft“ – so heißt der neue, sehr lesenswerte ISW-Report Nr. 82. Und dort wird das auch bewiesen.

Die Schuldenwirtschaft ist um keinen Deut weitergekommen, im Gegenteil. Die Neuverschuldungen der nächsten Jahre bleiben gewaltig und die Jahreszinsen hierfür sind schon jetzt auf 72 Milliarden Euro pro Jahr angewachsen und treiben die Zinsesverzinsungen parabelförmig in die Höhe. Zugleich droht weiterhin eine weltweite Inflation, die vor allem durch die Gelddruckerei der USA noch wahrscheinlicher wird. Während es der großen Industrie gerade besser gehen mag, kann sich der Mittelstand deshalb dennoch nicht wirklich fangen. Das lässt sich alleine schon in der Spar- und Steuerpolitik erkennen.

Das Kapital hat die innere Schranke seines Verwertungsstrebens längst erreicht und ist an seine absolute Grenze gestoßen, an die Verwertbarkeit seiner Ressourcen überhaupt. Die Infrastrukturen der Staaten und Länder und Kommunen und die Substanzen der Natur können nur noch verschlissen werden, soll ihre Verwertung die Schuldverhältnisse des internationalen Kapitals, die ihm nötige Geldproduktion noch bedienen. Geld wird erst gedruckt und zur Schuldentilgung ausgegeben und verbreitet somit zunächst seinen substanzlosen Segen. Es muss aber zugleich erst noch gemäß seiner Wertdarstellung durch eine zusätzlich nötige Arbeitsmenge im Nachhinein gedeckt werden. Der Druck bleibt. Aber aus der realen Wirtschaft, wofür der Kapitalvorschuss für Investition und Rohstoff und Infrastruktur wesentlich ist, ist diese Wertdeckung kaum noch möglich. Jetzt soll das verbliebene Gemeinvermögen, die noch ausnutzbaren öffentlichen Wertquellen und Menschen, für eine Zukunft eingesetzt werden, die nur noch durch eine dubiose Vermehrung der Wertmasse prospektiert ist. Doch selbst wenn man die ganze Welt aufbrauchen würde: Dieses System kann nicht mehr dauerhaft funktionieren (Der Finanzexperte Dirk Müller erklärte in einer Talkshow von M. Lanz dem Ex-Finanzminister Eichel die organische Beschränktheit des Zinssystems) (10). Der einstige wirtschaftliche Rückhalt der Geldpolitik, der Dollar, ist gestrandet. Die gewaltigen Schulden der USA von über 12 Billionen Dollar werden weiterhin zur Inflation treiben und die Handelspartner abschrecken. Die Ressourcen der Welt insgesamt reichen nicht mehr aus, um eine solche Wertmasse hervorzubringen, weil der Wert sich nur im Kauf der Produkte realisieren kann und weil die Löhne immer weniger hinreichen, dies zu finanzieren – vor allem, wenn sie dafür zunehmend nur Geld zur Verfügung haben, das erst noch in Wert gestellt werden muss.

Dass es so nicht weiterlaufen kann, weiß jeder, der sich mit Volkswirtschaft beschäftigt hat. Wenn die Wachstumsrate der Volkswirtschaft vom Zinssatz für Geldvermögen dauerhaft überschritten wird, kann reale Kapitalwirtschaft, die Bewirtschaftung des Warenkapitals sich nicht realisieren. An ihre Stelle tritt ein Schuldsystem in der Finanzwirtschaft, ein System das auf zukünftige Auspressungen spekuliert: Feudalkapitalismus. Da haben dann nur noch die Notenbanken das Sagen und nicht mehr die Politik. Die kann ihrem Druck nur folgen und den Kreislauf der Absatzkrisen mit Lohndumping und Armutsdrohung, sprich Hartz-IV, forttreiben (siehe hierzu „Wie und warum sich das globale Kapital zum Feudalkapitalismus entwickelt hat“). Und was daraufhin in den Kommunen erfolgt, haben inzwischen alle vor Augen (siehe hierzu „ Die Verödung der Städte und Gemeinden“). Es genügt ein Blick in die Zentren der Metropolen oder nach den USA oder in den SPIEGEL, wo dies gerade gut beschrieben wurde.

Die Krisenbewältigung ist die Krise der Bewältigung

Island war einst durch die Aufblähungen des Finanzkapitals ein superreiches Land gewesen, bis alles zusammenbrach. Jetzt ist das Land bankrott. Und die Isländer nehmen die Politik nicht mehr so ernst. In der Hauptstadt Reykjavik hatte sich zur Wahl des Stadtparlaments eine Punker-Gruppe als die „Beste Partei“  aufgestellt, um den repräsentativen Parlamentarismus zu verhöhnen. Die Politsatire sollte einfach nur Spaß machen. Die Leute aber machten mit. Sie hatten die Schnauze voll. Die „Beste Partei“ wurde gewählt und regiert nun die Stadt. Der frischgebackene Punk-Kulturdezernent fragte bei der Amtsübernahme seinen Vorgänger, wo denn das viele Geld geblieben sei, dass sie mal hatten. Der sagte: „Ins Nichts aufgelöst, in den Himmel verpufft. Es ist einfach entschwunden.“  „Was?“, fragte der Punker, „In den Himmel gefahren ohne Beerdigung?“

Ein Ende muss sein, wenn es einen Anfang geben soll. Die tatsächliche oder auch nur vorgetäuschte Ahnungslosigkeit der politischen Klasse ist grotesk. Sie wird aber schon durch das einfache Engagement für wirkliche kommunale Belange einfach weggefegt. Auch die Punker müssen die Menschen aus den bankrotten Institutionen entlassen, wie es auch andere Politiker hätten tun müssen. Aber sie machen alles offen und in ständiger Diskussion mit der Bevölkerung. Das einzige was sie bieten können, ist das Vertrauen in die eigene Kraft der Kommune und die Abwehr von großartigen Finanzkonzepten. Die Menschen, die alles verloren haben, können nur noch ihre Zukunft verlieren, wenn sie falsch handeln. Und es ist eben klar und vielen schon bewusst geworden, dass die nicht mehr aus Geldanlagen hervorzubringen ist, weil sie auch nie aus Geld entstanden war, sondern aus der Kraft, dem Einfallsreichtum und dem Arbeitsaufwand von lebenden Menschen. Und weil eben Geld nicht wirklich aus Geld entsteht, kann wirtschaftliches Handeln per Finanzwirtschaft nur noch unwirtschaftlich werden. Aus dem Spaß hat sich eine ernsthafte Arbeit an der Erneuerung des Lebenskerns der Stadt entwickelt. Bislang scheint es gut zu gehen. Jedenfalls erhalten die ehemaligen Punker immer noch über 75% Zustimmung aus der Bevölkerung. In einigen Kommunen in den USA gibt es vergleichbare Aktionen, z.B. in Detroit, wo in den Ruinen eines Automobilkonzerns ein blühendes Leben von Gartenbaubetrieben und Landwirtschaft entstanden war, der viele Menschen nun wieder zur Existenzgrundlage geworden ist.

Klar: Kann man alles nicht mit dem reichen Weltexporteur Deutschland vergleichen. Noch nicht. Aber in den USA hätte bislang auch niemand geglaubt, wie schnell ein wirtschaftlicher Niedergang vonstatten gehen kann, wenn die Trägersubstanz der kapitalistischen Gesellschaft, das Geld, nicht mehr funktioniert. Die Spaltung, die durch die Gesellschaft geht, ergibt sich dann unmittelbar aus einem Überlebenskampf, worin sich besonders die Kommunalwirtschaft zwischen Wachstum und Verelendung spaltet. Hier vollzieht sich der wirkliche Kern der kapitalistischen Krise: Hier steigen die Mieten, die Energiekosten, und hier wächst der soziale Niedergang, weil sie nicht mehr finanzierbar ist. Und hier wird auch sichtbar, was Feudalkapitalismus letztlich betreibt: die Zerstörung des menschlichen Gemeinwesens, des Sozialwesens Mensch überhaupt.

Was der Kapitalismus in die Welt gesetzt hatte, um durch die Ausbeutung der Arbeit Kapital zu gewinnen und einen sozialen Erhalt der Ausgebeuteten zu gewährleisten, das funktioniert nicht mehr, wenn Geld nicht mehr funktioniert, wenn der Geldwert seinen wirklichen Tauschwert verliert. Der kapitalistische Staat musste noch den gesellschaftlichen Organismus in Form halten, den das Kapital nötig hatte, musste Steuern erheben und Sozialleistungen und das Recht des Privatbesitztums sichern, um sich als wenigstens funktional zu beweisen. Doch dieser Organismus ist nun selbst zum Objekt der Ausbeutung geworden.

„Krieg den Palästen! Friede den Hütten!“

Das verändert den Charakter der Armut, die hieraus entsteht. Sie hat kein Gesicht, kein Gegenüber, keine Wirklichkeit. Sie besteht aus purer Angst, aus Lebensangst. Die Sorge um das eigene Leben und das der Generationen ist endlos geworden, weil die gesellschaftlichen Lebensgrundlagen sich auflösen. Der Druck auf Anpassung besteht nicht nur am Arbeitsplatz, sondern im ganzen Lebensverhältnis, besteht aus einer generellen Angst vor Ausgrenzung und Ächtung, Missachtung des Lebens selbst, der Natur und der Menschen im Allgemeinen. In den Kommunen tritt das zu Tage. Hier treiben die Konflikte um Wohnen und Integrität und soziale Sicherheit die Armut in den sozialen Abgrund und den Reichtum in die Kultur der Macht. Hier werden die Hütten der Armen abgerissen, um den Palästen des Finanzkapitals Platz zu verschaffen.

Nachdem der 20jährige Georg Büchner im Hessische Landboten im Juli 1834 in seiner Schrift „Krieg den Palästen! Friede den Hütten!“ der Landbevölkerung vor Augen geführte hatte, dass sie mit ihrer Steuerlast die überzogenen Aufwendungen des Hofes finanzierte, kam es zu Unruhen, weil erstmals durch die Verwendung von Statistiken die unsinnige Verwendung der Steuern für die überzogenen Aufwendungen des Hofs offenkundig gemacht wurden. So aber auch heute: Wer durch die Metropolen der Welt geht, findet überall den Prunk in den pompösen Erektionen der Wolkenkratzer des Finanzkapitals und im Kontrast hierzu die Gettos der Armen an den Rändern der Stadt.

Frappierend ist die weltweite Gleichschaltung dieses Verhältnisses. Es zeigt, dass die Kommunen nicht wirklich kommunal sind, dass der Reichtum und die Macht des Geldes international ist und sich lediglich die Hütten der Armengettos am Stadtrand national unterschieden, sowohl in Europa wie auch weltweit. International ist lediglich die Verwertung  der menschlichen Lebensgrundlagen, die eine ungeheuerliche Tendenz zur Totalisierung hat. Die Ausweitung der Kapitalinteressen und deren Verwirklichung in der Gentrifikation der Städte ist nur ein Ausdruck der kapitalistischen Endlosschleife, die ewige Selbstrettung des Kapitalismus aus den Krisen, die das Wertwachstum mit eherner Gleichförmigkeit immer wieder produziert. (2)

Viele Menschen haben begriffen, dass das kapitalistische System selbst der wesentliche Grund dieses desolaten Prozesses ist. Aber immer noch erscheint das zugleich vielen alternativlos, haben sie oft noch das Gewalt- und Spitzelsystem des sogenannten realen Sozialismus in den Knochen. Doch da fehlen vielleicht auch die Grundlagen, um das, was werden kann, überhaupt richtig zu beurteilen. Die Wirtschaftskrisen sind Verwertungskrisen. Und deshalb steht das ganze Wertsystem im Fokus einer notwendigen Gesellschaftsveränderung. Darum vor allem geht es: Wert ist eine Abstraktion mit realer Wirkung. Und wo diese herrscht, vernichtet sie, was zugleich durch sie entsteht. Dies scheint erst mal eine rein philosophische Betrachtung zu sein und wurde auch schon bestens von Hegel ausgeführt. Doch die hat auch schon Goethe seinem Faust mitgegeben. Und Karl Marx hat sie auf den Brennpunkt der Wirklichkeit gebracht.

„So ist denn alles was entsteht, wert dass es zugrunde geht“ (Mephisto)

Geld entsteht im Tauschverhältnis der Waren auf dem Markt, entsteht dort als Maß, worin die Arbeitsprodukte von Menschen auf menschliche Bedürfnisse bezogen werden. Es stellt menschlichen Reichtum aber nur als bloßes Wertquantum dar und damit in seiner einfältigsten Form. Geld als Maß der Werte resultiert nicht aus der Vielfalt menschlicher Produktivität, ist nicht als allgemeine Form der Arbeitsprodukte für sie da, nicht als das, was die Produkte von den Menschen waren, sondern besteht allgemein nur als ein aktuelles Preisverhältnis, worin sich das allgemeine Wertmaß der Produktion, die zur Produktion durschnittlich nötige Arbeitszeit, in einem bestimmten Warentausch ausdrückt und vermittelt, je nach dem, ob und wie oft es auf dem Markt abgesetzt werden kann. Zwischen dem Wert der Produkte und ihrem Preis auf dem Markt, durch den sie die Hand des Warenbesitzers wechseln, besteht ein Widerspruch, der sich zwischen Angebot und Nachfrage nur scheinbar auflöst. Als Maßstab der Preise bestimmt sich Geld aus der realisierbaren Wertmasse, also aus dem Verkauf der Produkte, durch das es sich gebildet hatte, als Maß der Werte aus ihrem Kauf, also aus dem, was sie an menschlichem Aufwand zu ihrer Erzeugung verkörpern. Solange sich Geld aus einem Warentausch ergibt, wird sich dieser Widerspruch von Geld als allgemeine Wertform und seinem Dasein als Maßstab des Verhältnisses der Preise nicht auflösen. Geld repräsentiert die unüberwundene Teilung von Kauf und Verkauf, die Trennung von Arbeit und Bedürfnissen, von Notwendigkeit und Freiheit, das große schwarze Loch der Abstraktion, wodurch jeder Einsatz zu einem Risiko wird, weil darin alles verschwinden kann, was zum Absatz auf dem Markt entstanden ist, wenn sein Wert nicht vom Wert des Geldes ausgeglichen wird. Dieser Wert entsteht, wo er auch zergeht. Es kann heute niemals gewiss sein, was morgen ist, welchen Wert die Dinge auf dem Markt realisieren können und wo sie wertlos werden, unverkaufbar bleiben oder nur unter ihrem Wert verkauft werden können, wie umgekehrt auch über diesem. Das Wertverhältnis hat die Kontrolle über die menschlichen Verhältnisse und ist zugleich so widersinnig, wie Sachen sind, wenn sie für die Menschen gemacht werden, aber nicht für sie da sein können, wenn die Sache der Menschen nicht als menschliche Sache, als wirklich gesellschaftliche Sache, sondern als Versachlichung der Menschen in der Form von Privatbesitz existiert.

Arbeit und Konsum beziehen sich aufeinander nicht durch die Menschen, sondern durch einen Widerspruch ihrer Verhältnisse auf dem Warenmarkt. Geld ist Ausdruck einer Verkehrung der menschlichen Lebensverhältnisse zu einer Gesellschaftsmacht der Lebensbedingungen, welche die Menschen dazu zwingt, nicht für ihre Bedürfnisse und Entwicklungen zu arbeiten, sondern für Geld, das sie je nach ihrem Vermögen entweder durch Arbeit zum Lebensunterhalt erwerben müssen, oder das sie besitzen und anlegen, um es durch die Arbeit anderer Menschen zu verwerten, indem sie also durch die Macht der Preisbildung, durch die Verfügung über deren Existenznot zu ihrem persönlichen Profit zu machen. Darin realisiert sich eine Mehrarbeit, welche die arbeitende Bevölkerung unbezahlt verrichten, bzw. ihre Arbeit insgesamt unterwertig preisgeben muss, weil sie der Existenzmacht des Geldes zu folgen hat. Dies macht das Klassenverhältnis aus, das vom Verhältnis des Geldes untrennbar ist, weil es aus ihm hervorgeht. Es macht die Reichen immer reicher, weil sie sich aus dem entwickeln, was sie durch solche Macht den Menschen an Leistungen für sich abringen können, was sie also der gesellschaftlichen Arbeit enteignen, privatisieren und in eigenen Geldbestände sichern. Für sie ist es der Ertrag ihres Risikos beim Einsatz von Geld, für die anderen ist es pure Not, die sie bewältigen müssen - und die wird umso größer, je isolierter und abhängiger sie von dieser Gesellschaftsmacht sind. (3)

Arbeit auf der einen Seite erzeugte den Mangel auf der anderen, weil die Produkte durch die Einfältigkeit ihres Wertseins dem Kapital zu einem Mehrwert verhelfen, durch den die Menschen letztlich immer wieder nur arm werden können, weil ihnen darin einen Teil ihrer Arbeitskraft und Natur entzogen ist, der auf der anderen Seite nur zur Potenzierung der Macht gegen sie verwendet wird. Im Gegensatz der Klassen werden die Besitzlosen in dem Maße ohnmächtiger, in welchem die Mächtigen reicher werden. Zur Aufhebung der Klassengesellschaft schien daher zunächst die einfache Umkehrung dieses Verhältnisses die wichtigste Option (4), die Umkehrung der Privatmacht der Aneigner, die Diktatur des Kapitals zur Diktatur der gesellschaftlichen Arbeit, zur Diktatur des Proletariats. Der bürgerliche Staat sollte durch proletarische Politik zum Übergangsmedium in einer sozialistischen Gesellschaft, zum Bildungsprozess klassenlosen Gesellschaft gewendet werden.(5)

Diktatur ist aber immer ein Begriff der Staatspolitik und verlangt also die Gewalt einer Staatsmaschinerie. Die Frage hierzu ergeht aus dem Widersinn, dass durch Gewalt immer nur der Gewalttätige bestärkt werden kann und dies aber auf das Proletariat bezogen doch zugleich seine Aufhebung bewirken sollte. Friedrich Engels hatte diesen Widersinn von der Funktionalität des sozialistischen Staates zur werdenden Gesellschaftsmacht des Kommunismus nur scheinbar aufgelöst, indem er die Bedürfnisse der Menschen durch ihre organische Stringenz als Subjekt der revolutionären Entwicklung begriff, das den Staat überflüssig machen würden (6), weil sie die Verhältnisse der Arbeit von selbst bestimmen würden. Wozu aber hierfür eine Staatsmaschine nötig sein sollte, die selbst nur politisches Subjekt sein kann, und wie ein Staat sich selbst durch solche Verhältnisse aufheben können soll, ließ er und auch Marx prinzipiell unbeantwortet (7). Marx hatte die gesellschaftliche Selbstbestimmung des Proletariats vor allem mit der Kernvorstellung der Pariser Kommune verbunden (8). Darin war der politische, der ökonomische und der kultivierte Mensch eine gesellschaftliche Einheit. Die seinerzeit gängige Formel von einer „Diktatur des Proletariats“ war für Marx lediglich philosophisch gemeint als die Selbstbestimmungsmacht der Produzenten, dem „Gesamtarbeiter“, als vollständiges gesellschaftliches Subjekt, welches die Gesellschaft erzeugt und also auch darin das vollständige Produkt auch vollständig als gesellschaftliches Eigentum politisch bestimmen können muss. Zu diesem gesellschaftlichen Subjekt gehören alle Menschen, wie sie jenseits des Kapitals, jenseits des Geldbesitzes sind, nicht nur solchen, die Industriearbeit verrichten oder Handwerk, sondern auch die in Kultur- und Lehrberufen, in der Kunst, in medizinischen oder Dienstleistungsberufen usw. – kurz: Alle, welche das wirtschaftliche, politische und kulturelle Gemeinwesen einer Gesellschaft erzeugen und bewerkstelligen, der wirklich gesellschaftlich wirkende Mensch.

Doch im Kapitalismus selbst ist nur der Lohnarbeiter produktiv, der Mehrwert schafft, nicht der dienstleistende oder arbeitende Mensch überhaupt. Und nur er gerät als erster in den Kreislauf der Verarmung. Von daher ist er jener, der „nichts zu verlieren hat, als seine Ketten“. Doch sein Aufstand und die Wendung seiner Verarmung in die Herrschaftsform einer Diktatur kann nichts anderes bewirken, als die Umkehrung von der Ausbeutung der Menschen durch Geldmacht zu ihrer Ausbeutung durch politische Gewalt einer proletarischen Ideologie. Das ist völlig undialektisch, weil sich hieraus niemals eine neue gesellschaftliche Qualität ergeben kann, weder durch eine „Übergangsgesellschaft“ noch als „konkrete Utopie“. Es ist also ein schlichter Widersinn, der den sogenannten Realsozialismus hervorgebracht hatte und für den Marxismus insgesamt fatale Folgen hatte. Er hat unmittelbar damit zu tun, dass in der linken Diskussion Gesellschaft immer nur wie eine Gemeinschaft der Arbeit begriffen wurde, als Gemeinwohl des Arbeiters überhaupt, ähnlich einem Vereinszweck, um dessen Erfüllung es ginge, um einem „Verein freier Menschen“, der durch die Arbeit selbst die Notwendigkeiten des Daseins, des Stoffwechsels mit der Natur und der Bedürfnisse überwinden können sollte, so, als ob dies das Entwicklungsziel aller gesellschaftlichen Bestrebungen sein könne, ein Telos, der Wirklichkeit selbst aufheben könne. Gerade hiergegen aber hatte sich Marx in seiner Kritik des Gothaer Programms, dem Gründungsprogramm der SPD, gewendet und als Quelle des gesellschaftlichen Reichtums auch Produktivität und Natur bestimmt, über welche die Menschen nicht einfach hinwegkommen können, weil es die historischen Bedingungen jeder Produktion sind. Für ihn konnte Kommunismus nur der Begriff einer wirklichen Bewegung sein, einem Sozialismus, der immer in einer Auseinandersetzung zwischen Freiheit und Notwendigkeit stattfindet. Die Menschen sind darin nicht reduziert auf ein Gesellschaftssubjekt der Arbeit. Sie verwirklichen ihre gesellschaftlichen Beziehungen, indem sie ihre Arbeit bewusst als ihr gesellschaftliches Verhältnis, also als ihre politische, kulturelle und wirtschaftliche Beziehung zu ihren Bedürfnissen vollziehen und den Widerspruch von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung aufheben, stattdessen ihr individuelles Wesen als gesellschaftliches Wesen produzieren, ihr individuelles Verhältnis als ihr gesellschaftliches Verhältnis verwirklichen und ihr gesellschaftliches Verhältnis als Verhalten ihrer Individualität erkennen.

Das Heil eines Gemeinwohls ist die Religion verselbständigter Politik

Die Raffinesse des Nationalsozialismus bestand darin, Kapitalismuskritik mit nationaler Wohltätigkeit, mit der Vorstellung eines allseits wirkenden Gemeinwohls des Staats zu vermengen. Hierdurch war es möglich, das Kapital durch nationalstaatliche Kulturmacht zu ersetzen und dennoch zu bewahren, indem es zur Kultur der Arbeit erhoben wurde, zur politischen Kultur einer Volksgenossenschaft.

Die Vorstellung von einem Gemeinwohl, in welchem sich Staat und Bürger vereinen und befrieden, ist so alt wie das Bürgertum selbst. Es ist ja auch das, was durch den Warentausch realisierbar erscheint, die Vorstellung einer Gerechtigkeit, die sich in einem Gemeinsinn jenseits der besonderen Lebensumstände begründet, also selbst das Recht eines allgemeinen Vergleichs ist. Das Gemeine, worin sich die Gleichheit und Freiheit der Menschen vereint, ist ja gerade die Abstraktion, in der sie voneinander Profitieren, wenn sie ihre Besitztümer tauschen. Aber eben nur, wenn sie welche haben. Die wirklichen Lebensbedingungen, die Bedingungen der Lebenserzeugung und Lebenserhaltung, waren dem vorausgesetzt, weil das Gemeine ja nicht zugleich das Besondere, weil es eben nur ein abstrakt Allgemeines sein kann. Die bürgerliche Solidarität besteht aus Gleichschaltung der herrschenden Vorstellungen über einen Gemeinsinn allgemein notwendiger menschlicher Existenz über die Individualität der Menschen hinweg, nicht aus wirklich gesellschaftlichem Verhalten der Individuen in Verhältnissen, die dem widersprechen, indem sie es zur allgemeinen Privatform ihrer Selbstbezogenheit zwingen.

So wird z.B. auch unter „Solidarischer Ökonomie“ oft auch mehr als nur eine Notwendigkeit im Widerstand gegen die herrschende Ökonomie verstanden - eben schon als Aufhebung dieser Ökonomie selbst (siehe herzu: „Wie solidarisch kann solidarische Ökonomie sein?“). Und neuerdings begeistert man sich bei Attac für ein Buch des österreichischen Attac-Begründers Christian Felbert mit dem Titel „Gemeinwohl-Ökonomie“, der von sich glaubt, etwas ganz Neues, „das Wirtschaftsmodell der Zukunft“ entdeckt zu haben. In seinem Buch geht es um die Vorstellung von einer Gesellschaft, die sich wie ein etwas größer geratenes zwischenmenschliches Verhältnis zwischen Geben und Nehmen ereignet, sich hieraus moralisch gegründet und sanktioniert und das wirtschaftlich durch ein Steuermodell zum Ausgleich von Eigennutz und Gemeinwohl ausgeregelt wird. Damit sollen ausbeuterische Interessen aus der Welt sein, weil hiernach Betriebe oder Personen durch die Verteilung von „Gemeinwohlpunkten“ für besondere Rücksichtigen auf das Gemeine gefördert bzw. finanziert werden. Ähnliche Vorstellungen von einer neuen Gesellschaft werden auch von anderen Richtungen in der Diskussion um „solidarische Ökonomie“ vorgebracht, wonach sich diese etwa wie eine Community im Internet betreiben ließe. Auch dieses Modell gibt es schon ausführlicher unter dem Begriff „Commonismus“, das von ehemaligen IT-Jobbern als eine neue Form des Kommunismus angepriesen wird. Hier soll eine sogenannte „Gemeingüterökonomie“  die Menschen beglücken, wie es angeblich bei Wikipedia geschehe, indem sie „freiwilligen Beiträge“ für das Gemeine hierzu einbringen. Wenn sie es nicht tun, müssen sie aber natürlich auch gefordert werden, denn sie nutzen ja sonst die anderen aus und wenn sie es falsch machen, muss man sie auch kontrollieren. Das ist heute die Vorstellung von einer Gesellschaft freier Menschen. Sie müssen ja nur zur Freiheit erzogen, also hierzu getrieben werden. Was soll daran neu sein?

Auch im Gründungsprogramm der CDU, im Ahlener Programm von 1947, wird das Gemeinwohl als höchstes Bedürfnis einer neuen Gesellschaft gefeiert, die über den Kapitalismus hinaus ist. Dort heißt es: „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. (...) Inhalt und Ziel (einer) sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert.“

Ein Gemeinwohl mag es in zweckhaft bestimmten Vereinigungen geben, nicht aber in einer menschlichen Gesellschaft. Gesellschaft ist das Lebensverhältnis von Menschen und ihr Leben verhält sich nur durch sie, ist immer ihr konkretes Zusammenwirken, ob nun im Wohlgefühl oder im Streit und Kampf. Die Errichtung eines Gemeinwohls zu einer Gesellschaft, also die Vorstellung von einer Wohlfühlgesellschaft, entspringt dem Glauben an eine allgemeine Güte des Menschseins, die durch eine gerechte Verteilung der Güter zu bekommen sei, gleich, wie die Menschen in diesem Verhältnis selbst bestimmt oder bestimmend sind, was und wie sie sich äußern und wie sie zu den Quellen ihres gesellschaftlichen Reichtums gestellt sind. Diese bestehen nicht aus netter Gestik oder wechselseitiger Beschenkung, sondern aus Produktivkraft, Arbeit und Natur.

Der Begriff eines Gemeinwohls unterstellt die Individuen dem Zweck einer Gesellschaft, der sich nicht wirklich in ihr und durch es verhält, also einen höheren Zweck, der außerhalb des wirklichen Verhältnisses der Menschen begründet ist. Darauf hatte schon dereinst Karl Marx hingewiesen, als er schrieb:

"Es ist vor allem zu vermeiden, die "Gesellschaft" wieder als Abstraktion dem Individuum gegenüber zu fixieren. Das Individuum ist das gesellschaftliche Wesen. Seine Lebensäußerung – erscheine sie auch nicht in der unmittelbaren Form einer gemeinschaftlichen, mit andern zugleich vollbrachten Lebensäußerung – ist daher eine Äußerung und Bestätigung des gesellschaftlichen Lebens. Das individuelle und das Gattungsleben des Menschen sind nicht verschieden, so sehr auch – und dies notwendig – die Daseinsweise des individuellen Lebens eine mehr besondre oder mehr allgemeine Weise des Gattungslebens ist, oder je mehr das Gattungsleben ein mehr besondres oder allgemeines individuelles Leben ist." (MEW  42. S. 538f)

In der Tat ist das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft das schwerste, was eine Gesellschaft auflösen muss, um sich überhaupt als menschliche Gesellschaft erweisen zu können. Und das geht nur, wenn beides auch wirklich identifizierbar ist, wenn beides eine Identität hat, in der sich alle Entwicklungen, und das heißt auch Auseinandersetzungen, bewegen können. Dies wiederum verlangt ein wirklich gegenständliches Verhältnis der gesellschaftlichen Individuen. Dies ist durch das Wesen der kapitalistischen Gesellschaft nicht möglich, weil diese durch Geld vermittelt ist, durch ein abstraktes Quantum, das sich in Wirklichkeit gegen die realen gesellschaftlichen Beziehungen als Privateigentum verselbständigt und dadurch mächtig wird, dass es die einzige allgemeine Form des gesellschaftlichen Reichtums ist.

Um diesen Widerspruch von Privatheit und Gesellschaftlichkeit des Reichtums zu überwinden, welcher in der Form der Ware sich verhält, muss also letztlich das Wertverhältnis, das seinen allgemeinen Ausdruck in der Geldform hat, aufgehoben werden. Da dies aber das sachliche Verhältnis der Menschen selbst betrifft, genügt es nicht, diese nur moralisch zu bewerten, etwa einfach als Gierköpfe auf der einen Seite und als Arbeiter der Gerechtigkeit auf der anderen. Es geht darum, die Warenbeziehungen selbst aufzulösen, ohne ihren gesellschaftlichen Sinn zu zerstören, ohne also eine Politik und damit eine politische Moral, einen politischen Willen gegen sie zu setzen. Sie müssen überführt werden in eine Form, worin sich der Gegensatz von Privatheit und Gesellschaftlichkeit aufhebt – einer Form, worin die Individuen unmittelbar auch gesellschaftlich auftreten, politisch, wirtschaftlich und kulturell in einer wirklichen Beziehung stehen. Und dies findet sich innerhalb des Kapitalismus heute nur noch in den Kommunen. Dort ist daher anzusetzen. (9)

Es lebe die internationale Kommunalwirtschaft!

Eine Kommune ist idealerweise die politische Form des Selbsterhalts und der Entwicklung eines Gemeinwesens, worin die Individuen sich über ihr Dasein und ihre Zukunft verständigen müssen, weil sie für sich nicht wirklich existieren können. Realerweise kann das eine Kommune aber nicht bewerkstelligen, weil sich darin die Menschen als Menschen dieser Welt zueinander verhalten, weil sie also in der Kommune alleine weder ihre ganze Natur noch ihre ganze Produktivität noch ihre ganze Produktion vorfinden und vollziehen können. Die Quellen des menschlichen Reichtums sind auf der ganzen Welt verteilt und müssen als solche auch in den Kommunen in ein praktisches Verhältnis wechselseitiger Ergänzung versetzt werden. Dieses muss daher letztlich international sein. Heute besteht dieses Verhältnis überwiegend aus Finanzkapital.

Aber in der Kommune ist die Notwendigkeit gesellschaftlichen Zusammenwirkens konkret und hier fällt Sein und Bewusstsein der Menschen, ihre Subjektivität wie Objektivität in eins. Hier stellt sich ihr Widerspruch und Mangel, die Not wie die Befriedigung des gesellschaftliche Menschseins in seiner unmittelbaren Wahrheit heraus. Und es zeigt sich daher auch hier das wirkliche Elend des Kapitalismus, die Brutalität des Finanzkapitals gegen Mensch und Natur, selbst dort, wo Reichtum herrscht. Denn hier ist sie als Absurdität des Geldes als Träger des Selbsterhalts und der Lebensproduktion der Menschen, der Wirtschaft, des Handels, der Steuern und der Sozialleistungen unmittelbar zu spüren.

Um das Finanzkapital wie das Kapital überhaupt zu überwinden, muss Geld auf das gebracht werden, wofür es gilt: Als Mittel des Ausgleichs in der Beziehung unterschiedlicher Aufwendungen und Materialien bei ihrem Austausch innerhalb einer bestimmten Gesellschaft oder auch zwischen den verschiedenen Entwicklungsformen unterschiedlicher Gesellschaften. Die Frage, die dabei zu beantworten ist, ist die Frage, wodurch die abstrakte Beziehung, die durch das Wertverhältnis gegeben ist, in eine konkrete Beziehung aufzuheben ist. Es ist also zu klären, wodurch dieser Austausch wirklich konkrete gesellschaftliche Gültigkeit bekommen kann, wie also Geld selbst darstellen kann, was in welchem Maß gesellschaftlich als Ausgleich unterschiedlicher Aufwendungen gelten kann. Es muss darstellen können, was in einem konkreten Verhältnis der in den Produkten herausgestellten Quellen des Reichtums in welchem Quantum gelten und in welcher Zeit Gültigkeit haben kann. Das Maß hierfür ergibt sich aus den wirklichen Substanzen der Reichtumsproduktion, aus Arbeitsaufwand, Produktionsmittel und Naturstoffen.

Es handelt sich dabei also um eine komplexe Beziehung, die nicht in einer einzigen Sache darstellbar ist. Es gehört dazu eine Beschreibung der Inhalte, die ins Verhältnis gesetzt werden, ein Vertrag, der diese Beziehung verträglich macht (siehe Vertragswirtschaft). Wo Geld wie Münzgeld zum Ausgleich im Hier und Jetzt dienen muss, kann es dann auch nur in der Befristung dieses Hier und Jetzt gelten, nicht als Bewahrung eines überhistorischen Werts – kann z.B. als Chipgeld verwendet werden, das zu einem bestimmten Datum bewertet ist und in einem bestimmten Zeitintervall sich entwertet. Ganz allgemein gesprochen muss diese Wirtschaftsform auf einem Vertragsverhältnis beruhen, das auch immer wieder neue Dispositionen der Bewertung möglich macht und sich nicht durch sich selbst vermehren kann.

Die Grundlagen hierfür bestehen in den aktuellen Aufwendungen zur Reproduktion und Produktion des Lebens, die Entwicklung von Natur und Mensch in einer historisch, kulturell und politisch definierten räumlichen, also geografischen Ausdehnung: Kommune, Region, Land, Kontinent. Der Wert der Arbeit ergibt sich im Maß des durchschnittlichen Lebensstandards, der gesellschaftlich beschlossen und gültig gemacht wird und worin auch anteilig die Produktionsmittel und Naturstoffe einbezogen sind. Er ist von daher durch die unterschiedliche Art der Aufwendung gewichtet in Arbeitsbeschwernis, menschlicher Arbeitszeit, Naturverbrauch und Abschreibung der Technologie im Maßstab angewandten und genutzten Herstellungsaufwands. Aufwand menschlicher Arbeit für die Reproduktion wird in solcher Gesellschaft nur noch ein Bruchteil des heutigen sein, weil weder Wertwachstum, noch Verschwendung noch Überproduktion wirtschaftspolitisch notwendig ist.

Alle Beziehungen der Menschen sind in diesem Aufwand vertraglich bestimmt, sowohl als Reproduktionsverträge wie als Produktionsverträge, wonach die Kommunen ihr gemeines Recht ableiten. Sie müssen grundsätzlich die Reproduktion der Menschen garantieren, weil dies die Grundlage einer menschlichen Gesellschaft ist, können aber zugleich umgekehrt ihre Arbeitskraft hierfür beanspruchen, sofern diese arbeitsfähig sind. In dem Maße, wie die Menschen schon individuell ihre eigene Arbeit entwickeln, mit der sie sich reproduzieren können, werden sie von der Arbeitsverpflichtung entlastet. Andererseits ist die Kommune die Stätte industrieller und landwirtschaftlicher Produktion mit entsprechendem gesellschaftlichen Vermögen, das auch für die Ergänzungswirtschaft mit anderen Kommunen hinreichen muss. Was die Mehrproduktion betrifft, also die Produktion zur Erweiterung des Lebensstandards, so muss diese den Bedürfnissen der Menschen freigestellt sein. Sie beruht darauf, dass diese bereit sind, über ihren Selbsterhalt hinaus zu arbeiten und dafür auch zunächst als Individuen an dieser Verbesserung des Lebensstandards beteiligt werden, bevor dieser allgemein wird und als gewöhnlicher Lebensstandard gilt. Die Produktionsmittel und Rohstoffe gelten hierbei unmittelbar als gesellschaftliches Eigentum, wie auch alles, was über das Leben der Individuen hinaus fortbesteht (z.B. Wohnraum, Erbe).

Die politische Beschlussfassung kann demzufolge nicht einfach nur repräsentativ sein, sondern hat zum einen die Notwendigkeiten aller Vertragesbeziehungen zur Grundlage, sowohl die der Individuen zum Gemeinwesen und die der Kommune zu anderen Kommunen, zum anderen die Freiheit, aus politischer Entscheidung heraus die gesellschaftliche Entwicklung zu bestimmen. Um dafür befähigt zu sein, hat sie die Form einer Beratung, worin aus den unterschiedlichen Lebenskreisen der Bevölkerung heraus beauftragte Menschen und Wissenschaftler als dienstleistende Räte fungieren, die ihr gegenüber unmittelbar auch rechenschaftspflichtig sind und hiernach auch rückbeordert werden können.

Die geografische Ausdehnung der Kommunen, Regionen und Länder ist das politische Maß des Naturbedarfs für den Reproduktions- und Produktionsprozess, der sich auf die Gesamtzahl der entsprechenden Bevölkerung - der eingeborenen wie der zugezogenen - verteilt. Hieraus ergibt sich der Grundwertanteil aller von der Gemeinde rein politisch verfügten Lebensbedingungen, der Wert des Bodens, der Wohnung und der Rohstoffe. Dieser Wert verrechnet sich pro Individuum auch mit der Dauer der Zeit seiner Beteiligung an der Kommune, so dass seine Ansprüche auch hiernach gewichtet sind und bei Umzug in andere Kommunen in die kommunalen Vertragsbeziehungen einbezogen werden muss.

Die Kommunen können sich nur in dem Umfang selbst bestimmen, wie sie auch wirklich unabhängig sind. Viele Entwicklungen gehen über ihre geografische Ausdehnung hinaus, besonders Großprojekte (z.B. Schiffsbau, Kommunikationsnetze) und Verkehrsmittel und -wege, aber meist auch schon Landwirtschaft, Jagd oder Fischfang. Und schon die unterschiedlichen Ressourcen (z.B. Gasvorkommen, Klima für bestimmte landwirtschaftliche Produkte usw.) verlangen einen regen Austausch der Kommunen- zunächst innerhalb der Regionen und Länder und dann auch weltweit. Von daher müssen sie auch für diese Beziehungen über Mittel verfügen, die zum Austausch geeignet sind. Im Unterschied zu den Finanzbeziehungen und dem Devisenmarkt, die lediglich ein Machtgefälle der Mittel potenzieren, wird die Vertragsbeziehung einer Kommmunalwirtschaft sich nach dem Verhältnis von Arbeitszeit, Naturstoff und Produktionsmittel richten. Damit bestärken sie sich wechselseitig und gleichen ihre Unterschiede in dem Maß aus, wie sie aufeinander eingehen. So wird z.B. bei einem Austausch, worin arbeitsintesinve Wirtschaft in ärmeren Ländern auf maschinenintensive in reichen bezogen wird, zugleich auch Ausgleich geschaffen, wenn die Arbeitszeit der ersteren die Zeiteffizienz der letzteren kompensiert. Die Teepflücker oder Baumwollernter in Indien z.B. können dabei durchaus den Wert hochentwickelter Technologie ausgleichen und sich diese selbst zulegen, ohne über den Devisenmarkt auszubluten. 5 Tage ihrer Arbeit könnte vielleicht locker hinreichen, um eine Erntemaschine zu erwerben, die in 2 Tagen herstellbar ist, wenn man 3 Tage als Ausgleich für die stofflichen Aufwände rechnet.

Durch Wirtschaftsverhältnisse auf der Basis natürlicher Beziehungen jenseits des Kapitals würde Arbeit sich nur noch an den Notwendigkeiten und Freiheiten der politischen und wirtschaftlichen Aufwände ausrichten und Arbeitslosigkeit einfach nur noch Freizeit für Muße und Gesellschaft sein - und dies im wachsenden Ausmaß und bei wirklich gesicherter Lebensgrundlage mit wachsender Produktivität und Naturersparnis. Auch die großen Herrschaftsmittel des Feudalkapitals, die Miete, die Kommunikationsinstrumente, die Unterhaltung oder die Energieversorgung, hätten ihre Gewalt über die Menschen verloren, weil die immer über das verfügen können, was ihrem Selbsterhalt zukommt oder woran sie zur Entwicklung und Bereicherung des Lebenstandards beteiligt sind.

Wie das konkret zu bewerkstelligen ist, darüber werden wir noch einiges auseinanderzusetzen und zu diskutieren haben. Aber eines ist schon jetzt eine grundlegende Feststellung: Eine internationale Kommunalwirtschaft könnte der Weg sein, wodurch die Beziehungen aller Menschen zur Bereicherung der ganzen Menschheit dient und Kriege unnötig werden, weil die Auseinandersetzungen und der Streit um die richtige Verträglichkeit durch Vertragsverhältnisse aufgehoben werden kann, Verhältnisse, die für alle Menschen Sinn haben und machen. Die Verbindung der Kommunen je nach ihren wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Interessen wird durch ihre innere Entwicklungskraft die Quelle eines menschlichen Fortschritts durch einen Reichtums sein, der allen so zukommt, wie er sich ergibt, ohne dass es hierfür moralischer, staatspolitischer oder wirtschaftsmächtiger Direktiven bedarf. Das verlangt allerdings, dass sich die Kommunen und die Menschen darin auch bewusst gegen Kapital und Gewalt verbünden und hiergegen Produktionsbeziehungen schaffen, die solche anachronistisch gewordenen Mächte unnötig und damit unwirksam werden lässt.

 

Genaueres siehe der Artikel: "Grundlagen einer Internationalen Kommunalwirtschaft" (Wolfram Pfreundschuh, 17.03.2015)

 


Fußnoten:

(1) Und der Widerstand wächst in vielen Bereichen. Und jeder verweist auf den anderen: Gorleben, Stuttgart, Duisburg, Berlin, Hamburg, Wuppertal und andere, alle sehen sich in einer ähnlichen Bedrohungslage und weisen auch darauf hin. Bürgerinitiativen gegen Stadtverödung und Behördenwillkür, Proteste der Bauern und der Bevölkerung gegen das wahnsinnige Endlagervorhaben Gorleben, Hausbesetzungen in Hamburg und Berlin, Baublockierung des Bahnhofumbaus in Stuttgart, Arbeitskämpfe und Dienstverweigerungen und Massendemonstrationen gegen die Aufrüstung und Kriegseinsätze der Bundeswehr und der NATO, selbst der Protest der Polizei gegen die Zumutungen der Politik beweisen, dass ein großer Teil der Bevölkerung genug hat von einem System des politischen Lobbyismus, der Bedrohung, Ausbeutung und Verschwendung, der Kriegstreiber und Ignoranten, der Finanzspekulanten. Viele Menschen glauben nicht mehr an deren Sprüche und zeigen deren Ahnungslosigkeit von den wirklichen Problemen der Gesellschaft auf. In der politischen Parallelgesellschaft bestimmt nur noch der Würgegriff einer Schuldenwirtschaft, welche die Fiktionen des Kapitals in ihrer Krise nach sich ziehen, die für die Menschen sinnlos gewordenen Entscheidungen.

(2) Was seine politische Form anbelangt, so dreht sich spätestens seit dem 20. Jahrhundert der Kapitalismus trotz oder gerade wegen gigantischer Entwicklungen der Technologie, der Produktionsmittel und ihrer Automation nur noch kreisförmig zwischen repräsentativer Demokratie, deren Verfall und dem Einsatz von Staatsgewalt zur Krisenbewältigung. Doch in dieser Kreisförmigkeit wird zugleich der menschliche Arbeitsaufwand pro Produktmenge immer geringer und die kapitalistische Verwertung der Arbeit immer krisenhafter. Die erste Weltwirtschaftskrise im 2. Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, aus der sich z.B. der deutsche Faschismus konstituierte, war der jetzigen Krise schon sehr ähnlich. Im ganzen Krisenzyklus des Kapitals selbst, auch wenn er nicht so eklatante Formen annimmt, findet  eine Ungeheuerlichkeit statt, die schon lange an den Lebenssubstanzen unseres Planeten zehrt: Es arbeiten die Menschen zu ihrem Lebenserhalt und eigentlich auch zur Fortentwicklung ihres Lebensstandards und produzieren mit moderner Technologie eine immer größere Warenmenge. Doch diese wird immer wieder zu einem großen Teil vernichtet, nur weil das Kapital sie nicht mehr absetzen kann, weil das Geld in den Taschen der Lohnarbeiter hierfür nicht ausreicht oder weil die Wertmaßstäbe der Umlaufzeiten die immer schnellere Einbringung neuer Produkte erfordern. Schon in der einfachen Lebensmittelproduktion wird mehr als die Hälfte der Produkte weggeworfen, nur weil sie zu billig werden müssten, wenn sie zu lange in den Regalen stehen. Alleine von den so entstehenden Abfällen könnten die Armen der Welt zweimal ernährt werden. Auf der anderen Seite entstehen in der Hand der Geldbesitzer ungeheure Geldmengen, die immer seltener in reale Investitionen auf die Produktion zurückkommen. Sie schweben als fiktives Kapital auf den Aktienmärkten und werden von Zockern und in Wetten zu unsinnigen Geldwerten hochgetrieben und ein Kreditsystem entfaltet, das nur noch zu einem sehr geringen Teil real geerdet ist. Das meiste Geld dient nur dazu, Geldmengen zum Machterhalt der Spekulation aufzutürmen, um den Geldwert so anzulegen, dass er den realen Geldverbrauch kontrolliert, dass er also die Wertverhältnisse der realen Ökonomie, die Effizienz ihrer Produktion bestimmt. Weil dies auf Dauer aber nicht möglich ist, weil Geld eben nur durch seine Herkunft aus der Realwirtschaft gedeckt ist, geht diese Kontrolle immer wieder ins Nichts und vernichtet, was geschaffen war, um Mehrwert zu bilden, aber als Mehrprodukt nicht für die Menschen existieren und verwendet werden kann. Es ist der systematische Widersinn des Kapitalismus, der von Marx und Engels schon 1848 im „Kommunistischen Manifest“ ausgeführt worden war:

„Die moderne bürgerliche Gesellschaft, die so gewaltige Produktions- und Verkehrsmittel hervorgezaubert hat, gleicht dem Hexenmeister, der die unterirdischen Gewalten nicht mehr zu beherrschen vermag, die er heraufbeschwor. ... Wodurch überwindet die Bourgeoisie die Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; anderseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung alter Märkte. Wodurch also? Dadurch, daß sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.“ (Quelle: Karl Marx/Friedrich Engels in MEW 4, S. 467f)

(3)"Die Bestimmung des sich nur zum Genuß preisgebenden, untätigen und verschwendenden Reichtums – worin der Genießende zwar einerseits sich als ein nur vergängliches, wesenlos sich austobendes Individuum betätigt, und ebenso die fremde Sklavenarbeit, den menschlichen Blutschweiß als die Beute seiner Begierde und darum den Menschen selbst, also auch sich selbst als ein aufgeopfertes, nichtiges Wesen weiß, wobei die Menschenverachtung als Übermut, als ein Wegwerfen dessen, was hundert menschliche Leben fristen kann, teils als die infame Illusion erscheint, daß seine zügellose Verschwendung und haltlose, improduktive Konsumtion die Arbeit und damit die Subsistenz des andren bedingt – der die Verwirklichung der menschlichen Wesenskräfte nur als Verwirklichung seines Unwesens, seiner Laune und willkürlich bizarren Einfälle weiß – dieser Reichtum, der aber andrerseits den Reichtum als ein bloßes Mittel und nur der Vernichtung wertes Ding weiß, der also zugleich sein Sklave und sein Herr, zugleich großmütig und niederträchtig, launenhaft, dünkelhaft, eingebildet, fein, gebildet, geistreich ist – dieser Reichtum hat noch nicht den Reichtum als eine gänzlich fremde Macht über sich selbst erfahren; er sieht in ihm vielmehr nur seine eigne Macht, und [nicht] der Reichtum, sondern der Genuß [ist ihm letzter] Endzweck. Dieser [...] und der glänzenden, durch den sinnlichen Schein geblendeten Illusion über das Wesen des Reichtums tritt der arbeitende, nüchterne, prosaische, ökonomischie über das Wesen des Reichtums aufgeklärte Industrielle gegenüber – und wie er seiner Genußsucht einen größeren Umkreis verschafft, ihm schöne Schmeicheleien in seinen Produktionen sagt – seine Produkte sind ebensoviel niedrige Komplimente an die Gelüste des Verschwenders –, so weiß er die jenem verschwindende Macht auf die einzig nützliche Weise sich selbst anzueignen. Wenn sonach der industrielle Reichtum zunächst als Resultat des verschwenderischen, phantastischen Reichtums erscheint – so verdrängt die Bewegung des erstern auch auf tätige Weise, durch ihm eigne Bewegung den letztern." (MEW EB I, S. 555)

(4) „ Da das Proletariat während der Periode des Kampfs zum Umsturz der alten Gesellschaft noch auf der Basis der alten Gesellschaft agiert und daher auch noch in politischen Formen sich bewegt, die ihr mehr oder minder angehören, hat es seine schließliche Konstitution noch nicht erreicht während dieser Kampfperiode und wendet Mittel zur Befreiung an, die nach der Befreiung wegfallen.“ Konspekt von Bakunins Buch "Staatlichkeit und Anarchie" (1874-1875) (Marx-Engels-Werke Bd.18, S. 636)

(5) „Dieser Sozialismus ist die Permanenzerklärung der Revolution, die Klassendiktatur des Proletariats als notwendiger Durchgangspunkt zur Abschaffung der Klassenunterschiede überhaupt, zur Abschaffung sämtlicher Produktionsverhältnisse, worauf sie beruhen, zur Abschaffung sämtlicher gesellschaftlicher Beziehungen, die diesen Produktionsverhältnissen entsprechen, zur Umwälzung sämtlicher Ideen, die aus diesen gesellschaftlichen Beziehungen hervorgehen.“ Karl Marx in Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848-1850 (Marx-Engels-Werke Bd.7, S. 89)

(6) „In jedem Kampf von Klasse gegen Klasse ist das unmittelbare Ziel, um das gekämpft wird, die politische Macht; die herrschende Klasse verteidigt ihre politische Vorherrschaft, das heißt ihre sichere Mehrheit in den gesetzgebenden Körperschaften; die untere Klasse kämpft zuerst um einen Anteil an dieser Macht, später um die ganze Macht, um in die Lage zu kommen, die bestehenden Gesetze entsprechend ihren eigenen Interessen und Bedürfnissen zu ändern.“ Friedrich Engels in Die Trade-Unions (1881) (Marx-Engels-Werke Bd.19, S. 258)

(7) „Welche Umwandlung wird das Staatswesen in einer kommunistischen Gesellschaft untergehn? In andern Worten, welche gesellschaftliche Funktionen bleiben dort übrig, die jetzigen Staatsfunktionen analog sind? Diese Frage ist nur wissenschaftlich zu beantworten, und man kommt dem Problem durch tausendfache Zusammensetzung des Worts Volk mit dem Wort Staat auch nicht um einen Flohsprung näher.

 Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts andres sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats.“ Karl Marx in Kritik des Gothaer Programms (1875) (Marx-Engels-Werke Bd.19, S. 28)

(8)„Gegenüber der immensen Fortentwicklung der großen Industrie seit 1848 und der sie begleitenden verbesserten und gewachsenen Organisation der Arbeiterklasse, gegenüber den praktischen Erfahrungen, zuerst der Februarrevolution und noch weit mehr der Pariser Kommune, wo das Proletariat zum ersten Mal zwei Monate lang die politische Gewalt innehatte, ist heute dies Programm stellenweise veraltet. Namentlich hat die Kommune den Beweis geliefert, dass die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und sie für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann. (Siehe Karl Marx, der Bürgerkrieg in Frankreich, London 1871), wo dies weiter entwickelt ist.“ Friedrich Engels in Vorrede zum Manifest der Kommunistischen Partei (1888) (Marx-Engels-Werke Bd.21, S. 358)

(9) "Die freie Entwicklung der Individualitäten, und daher nicht das Reduzieren der notwendigen Arbeitszeit, um Surplusarbeit zu setzen, sondern überhaupt die Reduktion der notwendigen Arbeit der Gesellschaft zu einem Minimum, der dann die künstlerische, wissenschaftliche etc. Ausbildung der Individuen durch die für sie alle freigewordne Zeit und geschaffnen Mitteln“. (MEW 42, S. 601)

(10) Video: Der Finanzexperte Dirk Müller erklärt Ex-Finanzminister Eichel die organische Beschränktheit des Zinssystems