Wolfram Pfreundschuh (08.03.2013)

Die neue Rechte kommt von links

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Teil I: Die Restauration der Marktwirtschaft

Was ihre Gesellschaft für die Menschen ist, spüren sie am deutlichsten, sobald sich diese in einem Auflösungsprozess befindet. Wenn den Menschen die Arbeit, die sie leisten, zum Leben nicht genug einbringt, wenn die Kultur, in der sie leben, als ihr Lebensverhältnis unsinnig wird, wenn die Menschen durch ihre eigenen Lebensverhältnisse nur noch überfordert sind und wenn die Ordnung, die sie herzustellen suchen, die gesellschaftlichen Verhältnisse sich ihnen entrücken, dann müssen sie sich fragen, was da schief geht: Liegt es an ihnen, an einem fehlerhaften Verhalten, oder ist am System der Verhältnisse selbst was faul, durch das alles, was sie darin verbessern, nicht das ändert, was daran falsch ist, sondern nur seinen Fehler, seinen grundliegenden Widerspruch totalisiert. Es ist nicht zu übersehen, dass die meisten Menschen auf dieser Welt an ihren Leistungsgrenzen stehen, dass Hunger und Elend immer noch zunehmen, obwohl das Milleniumversprechen sie davon befreien sollte, dass die produktive Arbeit immer billiger und primitiver wird, obwohl nur noch von Wohlstand und Wachstum die Rede ist, dass die Produktion tendenziell stagniert, obwohl der Konsum immer weiter aufgedreht ist, dass die Jugend insgesamt immer perspektivloser wird, obwohl für ihre Ausbildung und Bildung immer intensiver gesorgt und ein immer strengeres Regularium aufgestellt wird, dass immer weniger Kinder geboren werden, obwohl das Wohl des Kindes doch an höchster Stelle der Familienpolitik stehen soll und dass immer mehr Menschen durch körperliche und psychische Krankheit aus dem Arbeitsprozess herausfallen, obwohl sie sich ihm gänzlich unterworfen hatten. Es müsste heißen: Obwohl und weil.

Konsumwachstum sollte zum Krisenlöser werden, weil es dem Wertwachstum dienlich ist und die gesellschaftlichen Krisen der Kapitalverwertung aufhalten und verringern soll. Die unsäglich dürftige Theorie des Neoliberalismus, der auf einer entscheidenden Konferenz in San Franzisco 1997 von den Managern der Finanzmärkte ein sogenanntes "Tittytainment" zur Rettung des globalen Kapitalismus zugunsten der reichen Länder aufgestellt und den Polikern der Bündnisstaaten anempfohlen hatte, musste ebenso kläglich an der Wirklichkeit der Verwertungszwänge scheitern wie der Klima- und Umweltschutz. Die Natur konnte dem Fraß der Verwertbarkeit der Welt nicht folgen und steht jetzt selbst in einem Überlebenskampf. Weder können die Menschen all das Zeug schlucken, das ihnen die Industrie vorlegt, noch reichen die Bodenschätze und der natürliche Stoffwechsel aus, um die Verwertungszwänge ihrer Geldanlagen einzulösen und ihren gigantischen Abfall zu renaturieren. Je mehr Geld sie damit gewinnen wollen, desto wertloser wird es. Das ist schlicht und einfach der Kern der Weltenkrise. Die Produktion scheitert am Wert des Geldes, weil ihre Produktivität die menschliche Arbeit entwertet und die arbeitenden Menschen immer ärmer macht. Und der Konsum scheitert, obwohl die industriell produzierten Waren relativ zu den Lebenshaltungskosten immer billiger werden, weil sie immer weniger Wert enthalten, dafür aber als immer größere Produktmasse angeboten werden müssen. Die Finanzjongleure setzen fast nur noch auf den Besitz von Gütern, deren Herstellung im Arbeitsprozess gleichgültig ist, weil der Eigentumstitel, der Rechtstitel als solcher auf Immobilien und Ressourcen das wichtigste Pressmittel gegen die Menschen geworden ist. Der Wert ihrer Arbeitskraft wird immer weniger aus ihrer produktiven Tätigkeit gewonnen und immer intensiver aus ihrer Abhängigkeit von einem immer mächtigeren Eigentum an Rechtstitel aus ihrem Lohn gezogen.

Nach wie vor ist nur ihr Leben wertbildend, weil nur ihre Lebensnot Werte schafft, sie zu einer Arbeit zwingt, die immer weniger Wert für sie hat, weil sie immer mehr Wert für das Kapital erbringen muss, und einen Massenkonsum einfordert, der ihr Leben sinnentleert und ihre Lebensnot nur verschärft. Die Mehrwertbildung ist der wahre Motor der Kapitalverwertung. Nur durch die Beherrschung und Verwendung der Not der Menschen, durch Auspressung und Nichtung ihres Lebens, kann sich das Kapital noch in seinem Verwertungsprozess, in seinem Wertwachstum halten und regenerieren.

Die Realwirtschaft für die Lebenserhaltung der Menschen wird hierzulande vorwiegend durch Wertimporte finanziert und durch Technologieexport mehr als nur ausgeglichen. Das Dauerproblem stellt der Absatz der Waren dar, relative Überproduktion, die immer billigere Produkte auf den Markt bringt, weil durch moderne Technologie und Automation ihre Erzeugung immer weniger menschliche Arbeit, also immer weniger Wert pro Produkt einbringt. Aus der Produktion des Mehrprodukts verschwinden immer größere Wertmengen nur noch in fiktivem Kapital. Sein Mehrwert stellt sich also praktisch als immer wertloseres Geld dar, das immer mehr Gewalt über das Leben der Menschen bekommen muss. Um seinen Wert zu erhalten, muss es hierzulande vor allem aus Dienstleistungen noch mehr unbezahlte Arbeit erpressen und ihre blanke Lebensnot der Menschen verschärfen (1). Das Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital hat seine Mitte verloren, die Werthaltigkeit der Selbsterhaltung. Die Arbeitsleute geraten immer mehr in feudale Umstände, in denen ihre Arbeitskraft nicht mehr unbedingt zu ihrem Preis der Selbsterhaltung bezahlt werden muss, weil die Erhaltung ihres Lebens von ihrem Staat selbst verwaltet, gesichert und bestimmt wird, die Staatsgewalt also immer mächtiger und gezielter eingreifen muss. Als Vollstrecker des Feudalkapitals muss sie die Stabilität der Geldwerte auch ohne wirkliche Wertschöpfung aus der Produktion durchsetzen können, während das Warenhandelskapital den Computerhandel in Sekundenbruchteilen ausschöpft und über Future-Bonds die Preise bestimmt. Das Geldsystem ist in seiner Verflechtung total und politisch unerreichbar geworden.

Das bekommen inzwischen fast alle Menschen zu spüren, die nicht Geldbesitzer sind und das auch nicht werden können, weil ihre Not der Wertbildung immer totaler unterworden wird. Und das genau muss die Politik verbergen und zugleich betreiben. In Zeiten des Wahlkampfs wird um das geworben, wogegen in Zeiten der Regierungsmacht gehandelt werden muss. Fortschritte gibt es nur, wo Wertwachstum rausspringt, wo also Geld durch Verfügungsrechte Wert abschöpft und die Arbeitszwänge vertieft. Immer weniger Wert wird unmittelbar auf dem Warenmarkt veräußert, immer mehr dagegen mittelbar durch immaterielle Rückgaben aus den Arbeitslöhnen abgeschöpft, die durch Dienstleistungen erworben werden. Sie werden vor allem durch Gebühren, Mieten und Verwertungsrechte wieder eingeholt.

Politik befasst sich mit den Perspektiven eines gesellschaftlichen Handelns und sie hängt wesentlich davon ab, was man über die Krisen des Kapitalismus auch wirklich, also wirksam weiß, was man durch ihre Analyse herausgefunden hat und was hieraus zu einem Bewusstsein über gesellschaftlich notwendiges Tun und Lassen geworden ist. Bleiben die Menschen an ihre Not gebunden, so können sie diese immer nur wenden und anders gestalten, mal die eine Erleichterung erhaschen, mal die andere. Not macht nicht immer erfinderisch und wo sie zu groß wird, verfängt sie sich im Kreislauf der Notwendigkeiten und wird zum Hamsterrad einer Arbeit um jeden Preis und für jeden Preis (2).

Von daher ist es nicht nur eine Frage der Notwendigkeit, sondern auch der Freiheit, deren Beantwortung politisches Handeln bestimmt. Zwar kann kein Mensch sich seiner Not entziehen. Er wäre nicht frei für sich, wenn er das täte. Er kann nicht frei sein, ohne sich aus ihr zu befreien, ohne sie als Mensch aufzuheben, der daraus die Kraft seiner Veränderung und Entwicklung, also Kraft für seine Geschichte schöpft. Ohne diese, in der Permanenz seiner Notwendung, bleibt er ein Opfer seiner Not, die er als Macht seiner Ohnmacht immer sublimer gegen sich chronifiziert, seine Ohnmacht bis ins Unendliche vertieft. Das Glück, das er in Notgemeinschaften finden kann, weil sie seine persönliche Existenz erleichtern. wird zum Unglück einer vergemeinschaftetet Not, die objektiv immer größer wird, je mehr sie subjektiv untergeht, je mehr sie die Menschen als Subjekte ihrer Geschichte einvernahmt und ihr Subjektivität aufbraucht. Zwischen dem, was unter politisch rechts verstanden wird und dem, was mit politisch links gemeint ist, liegt die Auflösung der Frage, wieweit sich politisches Denken und Handeln nur als Reaktion auf eine Notlage begründet und bestärkt, und wieweit sie wirklichen Fortschritt in der Geschichte der Menschen durch ihre Emanzipation aus der Not, durch deren Aufhebung in menschlicher Subjektivität, also in einer Geschichte der Subjektbildung des Menschen sich einbegreift. Geschichte bildet sich in der Dialektik von Freiheit und Notwendigkeit. Und weil die Menschen nicht einfach nur individuell, sondern im Allgemienen Subjekt der Geschichte nur als gesellschaftliches Subjekt sein können, ist es wesentlich eine gesellschaftliche Frage, wie sie sich darin einig werden. Wieweit ihr Denken und Handeln reaktionär oder fortschrittlich ist, geht daher immer in der Beantwortung der Frage auf. was daran subjektiv ist, was also die Menschen als gesellschaftliche Wesen objektiv aus ihrer gegenwärtigen Not emanzipiert.

Wieweit Menschen als Subjekte einer Gesellschaft handeln, wieweit sie in der Lage sind, sich in dieser zu emanzipieren, das hängt davon ab, was sie mit ihr emanzipieren, also auch, was sie unter Gesellschaft verstehen, wie menschlich sie ihre Gesellschaft sehen und was an dieser unmenschlich ist. Es hängt davon ab, wie frei die Individuen darin ihr Leben gestalten können, wie sie darin ihre Not als gesellschaftliche Not begreifen können und wie deren Aufhebung nicht Verlust ihrer Subjektivität, sondern die Verwirklichung eines gesellschaftlichen Subjekts ist. Worin können sich Individuum und Gesellschaft einig sein sein? Was ist ihre Einheit, ihr identisches Bedürfnis und was bringt sowohl das Individuum als auch seine Gesellschaft wirklich weiter? Es ist also die Frage, worin die Individuen in ihren völlig unterschiedlichen Interessen zugleich wesentlich ununterschieden sind, worin sie sich nicht nur einigen können, weil sie es müssen, sondern weil sie es zugleich wollen, weil es ihr notwendiger Wille ist, der dem Sinn und Zweck ihrer Befreiung folgt (3).

Die Ohnmacht der Empörung und die Personifizierung des Kapitals

"Empört Euch!" hieß das Buch des unlängst verstorbenen Stephane Hessel, ein 94ger Jude, der in mehreren KZ's durchleben musste, was ein politisches System den Menschen antun kann. Es war die Aufforderung, das eigene Leben ernst zu nehmen, Aufruhr als Befreiung der Lebenskraft zu begreifen und die eigene Menschlichkeit der Entfremdungsmacht des Geldes entgegenzustellen. Das Buch wurde schlagartig zu einem Bestseller mit einer Auflage über vier Millionen. Über eine Million Portugiesen gingen auf die Straße und bald war es in den USA, in Frankreich und Deutschland in aller Munde. Eine Bewegung war entstanden, die Occupy-Bewegung, in der Menschen sich immerhin gegen die Leben verzehrende Maschinerie der Finanzmärkte aufstellten und deren Räderwerk zu blockieren versuchten. Inzwischen gibt es in allen größeren Städten und öfters auch in kleineren Kommunen Bürgerbewegungen, die ihrer Empörung über die Geldaristokratie Ausdruck verleihen. Sie machen dies in Demonstrationen und durch Blockaden, manchmal auch durch Besetzungen von Häusern und Betrieben. Mit großem Mut stellen sie sich den Besitzern, Handlangern und Marionetten der Kapitalverwertung entgegen, müssen aber immer wieder erkennen, dass diese Konfrontationen deren Macht nicht wirklich angreift. Sie zeigen Widerstand, aber sie können sich den Lebensbedingungen nicht wirklich widersetzen, die von dort bestimmt sind. Solange sie sich nur unmittelbar hiergegen verhalten, obsiegt letztlich die Herrschaft über ihre Not, das private Verfügungsrecht über die gesellschaftlichen Grundlagen ihres Lebens (4).

Gesellschaft ist politisch verstanden ein Verhältnis von Subjekten. Ihre Probleme sind also immer auch subjektive Probleme. Aber die Subjekte sind darin sehr verschieden - und wären sie gleichgeschaltet, so gäbe es weder eine gesellschaftliche Not noch Freiheit, sondern nur Gewalt gegen die Menschen, die Macht einer objektiven Subjektivität, die sich als allgemeine Notwendigkeit darstellt, als Endlösung durch einen Übermenschen, dem sich alles zu unterwerfen hat, was noch subjektiv ist. Die Not der Menschen kann nur aufgehoben werden, wo sie als wirkliche Not gewendet wird, nicht nur im Einzelnen, sondern vor allem wirklich allgemein, als Not einer Gesellschaft, die nicht wirklich gesellschaftlich ist. Auch - und gerade wenn es einzelnen Individuen noch nicht unbedingt schlecht gehen muss, wenn es ihnen noch ein bisschen besser geht als den anderen, die schon Not leiden, so müssen sie doch auch um ihren Bestand fürchten, weil sie in der Allgemeinheit des gesellschaftichen Problems ihre absolute Schranke erkennen müssen. Ihr gewohntes Leben ist in Gefahr, ihre Gewohnheiten stehen auf dem Spiel. Und ohne dieses Spiel mit der Gewöhnlichkeit stehen sie am Abgrund, weil ungewohnte Kräfte ihr Leben durcheinander bringen. Ohnmacht kennen sie vielleicht nicht, aber ihre Macht will nicht mehr so richtig funktionieren. Das ganze Verhältnis, worin die Bedürfnisse der Menschen mit ihrer Arbeit sich auf irgendeine Art und Weise identifizieren müssen, ist beschädigt, wenn ihr Sinn selbst zerstört wird.

Dass das Ganze auf dem Spiel steht spüren manche vielleicht nur im Geraune der politisch formulierten Notwendigkeit, den tausend Fragen nach einer Lösung, die sich bis zur Schwindsucht wiederholen. Hierzulande erfährt man immer weniger Konkretes und immer mehr darüber, wie sicher wir doch seien, wenn andere stürzen. Die Geldwertstabilisierung erscheint als ausschließliches politisches Ziel. Und darum kümmern sich die Bürger der Mittelschicht in diversen Gruppierungen von ganz links bis ganz rechts. In einer Dienstleistungsgesellschaft erscheint dies dann als das ausschließliche Problem, das Problem aller Probleme. Es ist unmittelbar schwer zu begreifen, warum das viele Geld keine Probleme lösen kann (5). "Es ist genug für alle da!", skandiert man bei Attac. Wie ist es auch möglich, dass es so viel Geld gibt und die Menschen davon so wenig haben?

Es ist eben einfach absurd, dass Menschen immer mehr und billiger arbeiten sollen, wo die Arbeit immer weniger und der Gewinn aus ihrer Nutzung immer größer wird (6). Während allgemein sehr viel Geld entsteht und bewegt wird, ist das Resultat für die einzelnen Individuen inzwischen fast stetig nur noch zunehmende Arbeit, Verteuerung der Lebenshaltung, und Arbeitslosigkeit, besonders in der Jugend, die ihre Gesellschaft als Desaster ihrer Zukunft erkennen müssen. Je mehr Menschen arbeiten können, je besser die Produktivität ist, desto weniger Arbeit müsste zur Befriedigung der Bedürfnisse aufgewendet werden. Aber unter kapitalistischen Bedingungen geschieht das Gegenteil. Die Konkurrenz der Kapitale und Arbeitsuchenden vollstrecken einen Verwertungsdruck, der selbst die Stabilität des Geldwerts bedroht, weil das hieraus gewonnene Geld als Finanzkapital immer fiktiver wird, Arbeitsstätten zerstört und Wohnungen für immer mehr Menschen unbezahlbar werden. Arbeitslosigkeit erscheint wie eine Überbevölkerung, Technologie als Feind der Menschheit, das Alter mit reichhaltiger Lebenserfahrung als Zeit der Armut (7).

Auf Dauer ist das Kapital als Ganzes nicht wirklich aufzuhalten, solange Geld die einzige wirtschaftliche Basis des Lebens ist und die Menschen in der Besorgnis um ihre Konkurrenzlage voneinander trennt und vereinzelt (8). Not ist Vereinzelung und Selbstaufgabe in die Herrschaft des Gemeinen. Sie ist überhaupt die Grundlage der Macht, wo sie als Ohnmacht verharrt. "Teile und herrsche" in noch immer das Prinzip der Herrschenden. Und das hat sich sachlich totalisiert. In den vereinzelten Existenzen herrscht die Totalität ihrer Verwertbarkeit für das Allgemeine. Man glaubt immer noch gerne an einen politischen Willen, der die Welt verändern soll; doch kaum hat man sich darin stark gemacht, so wird er von der Angst vor dem persönlichen wirtschaftlichen Abgrund erschlagen. Wo diese Not zum Lebenskern wird, funktionieren auch keine Regularien, Arbeitskämpfe und Gesetze mehr (9). Ungesetzliche Arbeitslöhne und Mietauflagen werden geschluckt, wenn es um die Existenz geht, wenn Betriebe abwandern und Arbeitsplätze verschwinden und die Kosten explodieren. Kommunale Ressourcen werden verkauft, wenn die Kasse leer ist und Lokalpolitiker werden entlassen, wenn ihre Politik nicht finanzierbar ist und zur Geldbeschaffung nicht taugt. Es ist absurd, aber die Konkurrenz der Existenzen setzt alles durch, was die Preise der Lebensverhältnisse hochtreibt und der Entwertung des Lebensstandards dienlich ist, wenn nicht über die Prerise der Lebensmittel, dann eben über die Preise der Nutzung von Eigentumstitel wie Miete und Leasing. Das Privateigentum wird immer mächtiger und würgt gesellschaftliches Leben ab. Und was in der Not der Vereinzelung befreiend wirkt, wird in der chronisch geordenen Ohnmacht der Menschen leicht zu einer subjektiven Größe, zur Größe eines Subjekts, das als Persönlichkeit kraft seiner Subjektivität ihre Notwendigkeiten besorgt, ihre Not wendet, dies zumindest verspricht: Die Erlöser, die Heilande, die Befreier.

Die Fehler der Linken sind die Trojaner der Rechten

Wird die Not von Menschen nicht als Notwendigkeit ihrer Befreiung, als Emanzipation begriffen, so wird sie zum Medium der Reaktion, die sich ihre Aufhebung in der Macht einer ungeheuerlichen Subjektivität vorstellt. Und die kommt nicht von ungefähr. Ist das Kapital als bloße Bosheit der Macht begriffen, als Monster der reinen Geldgier und Vorteilnahme, so ist ihr Objekt der brave Mensch, der es durch seine Ohnmacht mit seiner "ehrlichen Arbeit" ernähren muss. Ist Raffgier der politische Gegner, so ist Bescheidenheit die Gewohnheit des Opfers. Es soll durch bescheidene Verhältnisse auch beschieden werden. Nur die Gier soll bekämpft werden, das raffende Kapital, das den Menschen das Geld abknöpft, das sie verdienen. Es soll aus den Verhältnissen einer an sich ehrlichen Marktwirtschaft herausgenommen werden, die nun wie ein Wochenmarkt voller bunter und preiswerter Angebote als natürliches Verhältnis des Warentauschs vorgestellt wird, wenn nur dafür gesorgt ist, dass die Leute auch anständig bleiben und das Geld auch seinen Wert behält (10). In solchem Antikapitalismus, der auf die persönliche Macht des Kapitalisten bezogen ist, können sich Rechte wie Linke auch verstehen. Sie unterscheiden sich nur in der Wahrnehmung des politischen Gegners. Während die Rechte seine Macht als Kulturmacht der persönlichen Begierde auffasst, die den Verfall der Sitten bewirkt und das ganze Abendland zuschanden reitet, versteht die Linke sie als Willkür der Machthaber in den Personifizierungen des Kreditwesens, als Übervorteilung der Kapitalbesitzer durch die Banker, die mit der Vergabe eines Vorschusses wuchern, Zinsen verlangen und somit unredlich an den Bedürfnissen nach Geld profitieren. Geld erscheint hier wie ein Kuchen, der nur zu verteilen ist und dabei lediglich die Verteilungsgerechtkeit besorgt werden müsse.

Die Habgier soll gezügelt werden, denn der Neid auf diesen Geldreichtum ist allgewaltig. Aber das macht vergessen, um was es geht. Es bleibt nur noch der Vorwurf unredlicher Bereicherung, der nichts mit der Entstehung des Kuchens, mit den Notwendigkeiten seiner Produktion zu tun haben will. Und die Wirkung diese Vorwurfs zielt auf die Persönlichkeit des Konsumenten, auf ihre Ehrlichkeit, die Wahrheit ihres Anliegens. Versteht er sie als Kulturbürger, so zielt er auf Kulturalisierung der Verhältnisse, um in die Persönlichkeit der Menschen einzugreifen, um sie an die Kultur einer abstrakten Allgemeinheit, einer Staatskultur anzupassen; versteht er sie im Bedürfnis des "homo oekonomicus", so zielt er auf die Verfügungsmacht des Geldbesitzes und gerät in das Pathos einer Diktatur der Arbeit (siehe z.B. Diktatur des Proletariats). Die Mischung aus beidem ist höchst explosiv und hat schon einmal die völkische Einigkeit gegen das Kapital beschworen, dem ein großer Teil der Bürger und Arbeiter im Gleichschritt gefolgt sind. Sie waren sich dessen nicht bewusst, weil das Wissen über Popularisierung und Personifizierung nicht vermittelt wurde, weil der politische Gegner der ausschließliche Maßstab der eigenen Politik war und daher die Rechte so populär werden konnte, wie es zuvor die Linke war. Der Rechtsrutsch ist unausweichlich final, wenn sich die Linke nicht auf den Kern ihres Wissens und Bewusstseins besinnt und auch die Fehler behebt, die oft immer noch darin schlummern.

Natürlich tritt Kapital immer auch persönlich auf, wenn es seine Sache verhandelt. Doch so persönlich wie sich das alles verhält ist es in Wahrheit nur das Verhältnis einer Verkehrung von Person und Sache. Das einzelne Kapital folgt den Notwendigkeiten seiner Konkurrenz auf den Märkten ebenso, wie die einzelne Arbeitskraft der Konkurrenz auf den Arbeitsmärkten folgen muss. Und hinter den Preisverhandlungen, in denen sich das abspielt, steckt der Wert, den alles hierbei realisiert. Und der existiert zwar auch im Geldwert der Preise, aber er entsteht aus dem Lebensquantum, welche der wirkliche Arbeitsaufwand den Menschen abverlangt, ist dessen gesellschaftlich durchschnittlich erforderliche menschliche Arbeitszeit. Ihr Maß bestimmt alles, gleich ob es nötig oder unnötig, bezahlt oder unbezahlt ist. Und gleichgültig ist auch, ob es im Inland oder im Ausland produziert wurde. Es erscheint dann im Verhältnis der Währungen so verschieden, wie die Produktivität der Arbeit sich in der Arbeitszeit pro Produkt unterscheidet. Wert ist nur die Relation hiervon, entsteht überall, wo Waren getauscht werden. Er ist das verdurchschnittlichte Quantum aufgewendeter menschlicher Lebenszeit, wie sie sich auf dem Markt beim Verkauf der Produkte herausstellt. Damit stellt er ein organisches Machtverhältnis der Tauschenden dar, die sich in seinem Quantum einigen müssen. Und indem sie sich hierbei gleichstellen, veräußern sie die in ihren Gütern inkarnierte Lebenszeit und Produktivität, die sie gegen die Lebenszeit und Produktivität anders gestellter Menschen auswechseln (11). Der Preis der hierfür bezahlt wird, entspricht nicht ihren Lebensumständen, sondern allein dem Verhältnis der Not des einen zum Reichtum des anderen. Und der Reichtum wird in der Marktwirtschaft ausschließlich in einem Geldquantum bemessen und Geld hat nur soviel Wert, wie darin menschliche Lebenszeit veräußert ist, weil dies das bewertet, worin sich Käufer und Verkäufer letztlich einig werden müssen, egal welche Zahlen ihre Preisverhandlungen ergeben. Das Machtgefälle besteht durch die Produktivität der Arbeit. Geschwächt wird, wer seine Arbeit mit minderer Produktivität unter Wert verkaufen muss, gestärkt, wer überwertig verkaufen kann, weil er über die bessere Technologie verfügt, oder weil der eine nur seinen Leib, der andere seine Werkzeuge einsetzen kann.

Im Einzelnen schwindet der Geldwert im Grunde genommen schon nach dem Einkauf von Waren, wenn diese vom Markt verschwinden und ihr Wert im Verbrauch aufgezehrt wird. Er erhält sich nur durch den fortwährenden Eintausch, also durch die Produktion neuer Ware und Verbrauch bestehender Ware. Das war auch die Wahrnehmung von Silvio Gesell, der die Geldentwertung durch die Aufschatzung von Geldvermögen begriffen haben wollte. Geld würde dann rosten und damit nur noch gewuchert werden. Darunter verstand er die Übervorteilung des Verkäufers durch die Not des Einkäufers. Der Geldbesitzer sei als nachfragender Wirtschaftteilnehmer in einem systemischen Vorteil gegenüber dem Warenangebot, was dazu führen würde, dass Geld teurer verpreist und verzinst würde als es Wert habe, weil die Waren, die man damit erstehen kann, durch höheren Lageraufwand belastet seien und einen schwerfälligeren Umlauf hätten. Hielte man den einfachen Warenhandel in Fluss, würde man also Geld immer auch entwerten, nachdem es in einem bestimmten Umfang benutzt war, so bliebe der Warenhandel auch gerecht. Wer es in seiner Hand behielt, der müsse nach einer bestimmten Zeit einfach nur den Wertvorteil bezahlen, statt ihn durch Zins abzukassieren und damit den Verlust der anderen ausgleichen, also ein Extrageld für seinen Geldbesitz abgeben. Dann sei der Warentausch frei für jeden und das nannte er Freiwirtschaft, durch die jeder Mensch jenseits der Geldaufschatzung Zugang zu allen organischen Grundlagen der Warenproduktion und Konsumtion hätte (12). Niemand könne dann die Preise durch die Not der Käufer und den Übermut der Verkäufer hochtreiben, weil die Vorteile des Geldbesitzers zunichte wären.

Doch das verlangt, das für diesen Vorteil ein Maß gefunden werden muss, einen quasi natürlichen Mehrwert, den Gesell als „Urzins“ bezeichnete und aus irgeneiner Anmutung heraus schlicht mit 3–5 % einschätzte. Damit war aber war die Aufschatzung von Wert nicht abgeschafft, sondern lediglich durch eine Definition eines marktnotwendigen Mehrwerts fixiert und das tatsächliche Mehrprodukt ignoriert. Aber gerade diese ist nötig, um Gesellschaft zu entwickeln, um neue Projekte, wie sie hierfür nötig sind, anzugehen und Reichtum zu bilden. Geld sei eben nur eine Zahl, meint Gesell, die selbst keinen Wert darstelle und ihn erst im Warentausch erhielte. Staatsbanken würden es in die Hände der Menschen geben, die faktisch nur Tauschsubjekte seien, und es könnten somit auch die staatlich kontrollierten Banken jetzt beim Geldverleih einen Mehrwert aus dem Warentausch abkassieren, statt Zinsen aus dem produzierten Mehrwert zu beziehen. Damit steht das wirkliche Verhältnis Kopf. Vielleicht war dies aber die Erfindung einer "Demokratischen Bank", die allerdings eine staatliche Kontrolle des Geldumlaufs und damit der gesamten Warenproduktion impliziert. Davon ist auch heute immer noch die Rede, wenn nach einer gerechten Lösung der Geldwertstabilisierung gesucht wird.

Das Problem mit dem Geldwert wird damit aber vor allem einfach nur ignoriert, weil die Marktwirtschaft nur als Zirkulation von Werten aufgefasst wird, welche den Wert ihrer Produktion schlicht entkommen sind. Mehrwert wird durch ein Verwertungsdiktat, durch einen Urzins ersetzt. Es verlangt einen Staat, der die Verwertung diktiert, welche unmittelbar die Arbeit bestimmt, die hierfür nötig ist, und somit auch den Umfang der Produktion zu bestimmen hat, nach der sich dann die Bedürfnisse der Menschen zu richten haben. Die Vermittlung von Bedürfnis und Arbeit wird durch Staatsdirigismus bestimmt und der Staat unbenommener Machthaber des ganzen Wertverhältnisses. Was daraus werden muss, Kennern wir nun schon zur Genüge.

Die Zirkulation der Waren und die Entwertung des Geldes.

Noch heute werden fast allen kursierenden sozialistischen Aufklärungsversuche zur Finanzwirtschaft die Theorie unterschoben, dass es die Habgier der Reichen und ihre Aneignungstricks seien, welche die kapitalistische Krisen und die Plünderung von Mensch und Natur begründen würde. Doch gerade weil dies dem Augenschein so gut entspricht, sollte eine Theorie dahintersteigen und das Wesen dieser Erscheinung nicht auf den Märkten der Welt suchen, sondern im Lebensverhältnis der Menschen selbst, welches durch die Märkte, also von der Marktwirtschaft überhaupt beherrscht werden, weil die Menschen ihr Leben nicht gesellschaftlich wirklich aufeinander beziehen können, solange sie ihre gesellschaftliche Beziehung nur durch Geld verwirklichen können, sich Geld erdienen müssen, um überhaupt leben zu können.

Aber die Ökonomen diskutieren am liebsten nur Ökonomie, also die Lehre vom wirtschaftlichen Arbeiten, ohne zu bemerken, dass der Kapitalismus ein höchst unwirtschaftliches Lebensverhältnis ist, weil er einen Mehrwert erzeugt, der dieses Leben nicht bewirtschaftet, sondern entzieht. Im Internet, wo sie ihre jeweiligen Verbesserungsvorschläge für eine gute Marktwirtschaft anpreisen, sind sie auf allen Kanälen zu sehen und zu hören. Sie berichten über den Betrug der kapitalistischen Marktwirtschaft, die sie auftrennen in die gute für das gemeine Volk und das böse der Habgier der Kapitalisten und Banker. Geld ist natürlich das Gute, das lediglich durch die Willkür des Kapitals abgezogen wird. Es ist nicht sein eigener Widerspruch zwischen seinen Funktionen als Maß der Werte und Maßstab der Preise, der es gesellschaftlich mächtig macht, sondern die Macht der Geldbesitzer alleine lässt sie immer reicher werden, weil sie haben, was anderen fehlt. Nicht die mit dem Geld gegebene Aufspaltung von Wert und Preis erzwingt den Gegensatz vom Wert der Arbeitskraft und ihrem Lohn, nicht die Aneignung des Mehrwerts aus unbezahlter Arbeit macht die Grundlage der Kapitalbildung. Es ist ganz einfach: Den Unterschied gibt es garnicht. Alles bleibt letztlich nur persönliche Gier. Das ist alles. Wozu dann die ganze Theorie? Es ist muss sich wohl um die Gier der Aufklärer handeln.

Diese Bemühungen reichen zurück bis ins 18. Jahrhundert. Ihre ursprüngliche Form hatte die Theorie eines gewissen Pierre Joseph Proudhon, die den Zins selbst als Wucher der Besitzer, als Willkür ihres Eigentums kritisierte. Weil sie die gesamte Produktion durch ihr Profitstreben in die eigene Tasche bestimmen würden und dies auch könnten, wäre ihre Geldgier die treibende Kraft der Misere des Kapitalismus. Und da Proudhon die Quelle der Ausbeutung dort sehen wollte, wo sie sich realisiert, nämlich in der Zirkulationssphäre der Waren und Leistungen, hielt er den Kapitalzins, für den eigentlichen Grund, für die eigentliche Form der Ausbeutung. Um sein Reformprogramm als sozialistische Programm zu verwirklichen, verfiel Proudhon auf die Idee, allen Arbeitern zinslosen Kredit für den Erwerb eigener Produktionsmittel zu verschaffen, was sie allerdings letztlich zur Selbstausbeutung treibt, solange die Marktwirtschaft ihr Geld vermittelt (13).

In diesem Unverstand ist die Theorie von Proudhon entstanden, die sich darauf reduziert, dass Kapital kein systematisches Verhältnis der Wertbildung in der Marktwirtschaft sei, sondern abgetrennt von dieser einer wirtschaftlich unabhängigen, einer willkürlichen Aneignungsmacht entspringen würde. Sie hat seit über 200 Jahren schwerwiegende Folgen in der sozialistischen Diskussion gehabt bis hin zur Entwicklung des Nationalsozialismus aus der Deutschen Arbeiterpartei. Es war schließlich die Grundlage der Theorie von Gesell, worin das schaffende Kapital auf ehrlicher Arbeit beruht, und raffendes Kapital im Geldhandel und der Kreditwirtschaft entstehen würde. Es wurde zur Grundlage des deutschen Antisemitismus, der kulturelle Vorurteile gegen Juden aufgriff und den "ehrlichen Staat" in der Konsequenz als Austreibung der Juden bis hin zu ihrer Vernichtung getrieben hat (14).

Mit den Fehlern der parlamentarischen Linken transportieren sich schon früh die Positionen der Rechten, die sich einfach auf die Position der ehrlichen Arbeit stellen mussten, um das ganze Rechtssystem auf ein Staatsystem der gerechten Arbeit umzustellen. Es ist nicht zufällig, dass der 1. Mai, der Kampftag der Arbeiterklasse, von den Faschisten eingerichtet wurde, dass die Wanderbewegung der Naturfreunde in den Dienst einer Bereinigungskultur gestellt werden konnte und dass die Wohnungsbaugenossenschaften und die Freiwirtschaft von Silvio Gesell in die Fänge des faschistischen Staats gerieten. Viele Arbeitsleute wurden auf seine Seite der Faschisten gezogen. Es sollte ihnen so erscheinen, dass die arbeitenden Menschen ihre Unterwerfung als Freiheit organisieren könnten, um dann als Volksgenossen für das arbeiten zu dürfen, was sie zum Leben haben müssen. Auch der Arbeiter- und Bauernstaat zählte darauf und konnte einen Staatskapitalismus beordern, der sich sozialistisch nur deshalb nennen konnte, weil er die Arbeiterinnen und Arbeiter als Helden der Arbeit zu feiern verstand. Hier wurde unbezahlte Arbeit zu einer Selbstverständlichkeit, weil sie vom Staat genau wie von einem Gesamtkapitalisten organisiert, betrieben und beigebracht wurde. Man sprach es sogar offen aus und berief sich dabei auf Karl Marx: Es ginge darum, das Wertgesetz ehrlich einzulösen wie ein Gesetz, das der Staat zu garantieren und der Staatsbürger es zu befolgen habe. Aus seiner Kritik der politischen Ökonomie, aus der Kritik dieses Wertgesetzes wurde ein totalitäres Gesetz gegen alle Kritik, eine Diktatur der herrschenden Partei, die keine Partei neben sich brauchen konnte, weil sie als politisches Ganzes auftreten musste, um ihre Gesetze umzusetzen.

Die "wahre Natur" einer heilen Welt

In einer Wirtschaftskrise sind nicht nur die wirtschaftlichen Verhältnisse instabil, sondern auch die sozialen. Wenn das Leben zu teuer wird, dann stehen oft auch die zwischenmenschlichen und kulturellen Beziehungen in Frage. Viele fallen aus ihrer bisher erreichten Existenz heraus und werden ausgeschlossen, weil sie nicht mehr mithalten, nicht mehr konkurrieren können. Überarbeitung und Arbeitslosigkeit, Sorge und Illussionen, Armut und Neid treiben die Verhältnisse auf die Bruchstellen ihres Lebens zu, die Unheil bedeuten (15). Vor allem die darin aufgehenden Ungewissheiten trennen die Menschen in ihren gewohnten Verbindungen voneinander, spalten ihre Perspektiven und Möglichkeiten ab und treiben sie in ihrer Vereinzelung zum Bruch mit ihrer Gemeinschaft oder Partnerschaft. Wie sie ihr Leben und die Verhältnisse in denen sie leben begreifen, davon hängt es ab, wie sie ihre Probleme einschätzen und damit umgehen.

Vom Standpunkt einer heilen Welt, wie sie gewohnt war, wird das soziale Verhältnis der Krise als Kulturverfall wahrgenommen und die Vereinzelung wird nicht als Produkt, sondern als Motor der Geschichte unterstellt, als Trieb eines Individualismus, der die Gemeinschaft zersetzen würde. Was bislang toleriert wurde, wird zum Gegner, weil jedes Individuum das andere zumindest potenziell gefährdet, ihm sein Geld, seinen Arbeitsplatz oder seinen Partner nimmt oder nehmen könnte oder schon genommen hat. In der Konkurrenz hatte man ihn noch verstanden, weil er das Gleiche tat wie jeder andere. Jetzt wo die Verhältnisse ausschließlich sind und sich wirklich ausschließen, wird er fremd und unheimlich, unheimlich fremd. Die bürgerlichen Identitäten zerbröckeln und in ihrer Angst entstehen Muster, die Verbindung suchen, Klischees und Metaphern, Religionen und Runen, Rituale und Liturgien, die nur noch ausdrücken, was fehlt, die es aber natürlich nicht wirklich ersetzen können. Der Traum von einer menschlichen Identität, in der alles einig sein sollte, überwältigt die Selbstgefühle.

Doch es fehlt zur Selbstbehauptung dieser Selbstbeziehung, zur Selbstveredelung die Macht und Größe, die Möglichkeit, ein größerer Mensch zu sein. Der Übermensch wird in der Gemeinschaft von Menschen durch die Anwesenheit einer Menge Menschen gleicher Gesinnung geschafen, die zur Masse, zu einer Menschenmasse werden soll. Hier findet sie sich wieder ein, die Alternative der Transzendenz, die Bewegungskraft der Masse, die nur auf das Geheimnis ihres anderen Seins, auf ihr Anderssein verwiesen werden muss, um ihre besondere Sensibilität zu vergemeinschaften. Und schon erheben sich die Gefühle in die Wunderwelt einer innigen Verbundenheit ohne Bindung, einer Kraft ohne Wirklichkeit und einen Sinn ohne Verstand. Alles versteht sich wie von selbst, wenn das Gefühl sein Herz aufgegeben hat. Der gemeine Verstand ist dann eben auch gemeinverständlich. Das Pathos hierfür hat allerdings auch den Kult einer eigenartigen Wesenhaftigkeit, ein eigenes Allgemeinwesen nötig.

Es handelt sich hier in der Tat um einen Mythos, um eine Esoterik die das "eigentliche Leben" als Geheimwissenschaft predigt um das gemeine Leben zu überwältigen, die menschliche Identität verspricht, um ihr identitäres Denken in die Masse, zumindest in ihre Erbauungsgefühle zu treiben, die jeden Bürger zu einem großen Menschen krönt, um ihn an ihr Himmelreich zu binden. In der Unerreichbarkeit solcher Identität braucht man tatsächlich eine große Zugehörigkeit, einen Lebensraum, in dem das Fremde ausgemacht und das Eigentliche zu eigen werden kann. Der "gesunde Geist" findet hierin seinen Raum und damit seinen Körper. Das Reinheitsprinzip verbindet das Wahre, Schöne und Gute, und das Brauchtum wird zur Religion einer gesunden Kultur des Heilsprinzips. Vor 90 Jahren war es die Jugend- und Wanderbewegung, heute sind es die Geistesblitze in einem "Alpenparlament" oder die Prediger einer neuen Bewegung, die sich "Gold-Rot-Schwarz" nennt, und damit den deutschen Nationalismus auf den Punkt bringt: Man lebt eben nicht einfach nur auf dem Boden von Geld, sondern schaut in den güldenen Himmel der Heilserwartung. Der Himmel, das ist pures Gold, wenn das Blut pulsiert und der Boden so farblos ist wie Geld. So soll ja auch die deutsche Farbe in ihrer ursprünglichen Gestalt gewesen sein. Man muss es sich vor Augen halten wie ein Mantra und spürt auch schon, wie sich alles darin vermittelt. Auf jeden Fall Ursprünglichkeit.

Was sich da alles vermengt, was diese Menschen hier alles an Unbehagen zusammengeglaubt haben aus den diversen grünen und alternativen und Bürgerbewegungen, wird als Wunschzettel im Treu und Glauben auf eine große Lösung zusammengezurrt. Es ist nichts anderes als die Batelei an einem Übermenschen, der "in uns allen" stecken und der die Gemeinschaft einer großen Verheißung installieren soll, die Grundstruktur einer esoterischen Endlösung, die zugleich als politisches Ziel umzusetzen sei.

Es lohnt, sich mal anzuhören, was sich da in Alsfeld bei der Zusammenkunft von etwa 400 Anhänger von "Gold-Rot-Schwarz" am 9. 11. 2012 alles an Facetten einer Linksrechtsdrehung zusammengebraut hat. Und es ist geschickt gemacht: Begonnen wird mit Meditation, worin die einzelnen Teilnehmer in die Regung der Gemeinschaft eingeführt werden, indem sie über ihre Körperwahrnehmung dahin gelangen. Und dann kommen die Inhalte, die vergemeinschaftet werden sollen, natürlich von allem etwas und durch jeden etwas, das als Aufgebot der Vereinigung vorgeführt wird. Es soll aber für die Zukunft nicht einfach nur eine Vorführung bleiben. Es soll die Vorstellung zur Tat bewegen.

Audio "Gold-Rot-Schwarz"

Ja die "Kraft der Liebe" kann sehr total sein, solange sie die Menschen als glückstrebende Einzelwesen erfüllt. Im Allgemeinen bleibt hiervon allerdings das All jenseits ihrer Wirklichkeit, der Kosmos der Gefühle und Wünsche, die darin zu einer Naturgewalt werden sollen. Das kosmische Ganze muss nur in jedem Indiviuum aufgespürt, als Personifikation einer wesentlichen Allgemeinheit im Jenseits des Bewustseins, in der "Dynamik des Unbewussten" (C.G.Jung) als Archetypus im einzelnen Menschen entdeckt werden, um ihn gegen seine Unterwerfung und Ausbeutung in seinem wirklichen Leben blind zu machen, weil darin dann alles nur noch persönlich, zur absoluten Personifikation der Lebensverhältnisse wird. Esoterik funktioniert nur in ihrer Ausschließlichkeit und grenzt aus, was sich ihrer allgewaltigen Einfühlung, ihrem Tiefengefühl ins Ganze, im Einzelnen nicht beugt. Sie betreibt die Unterwerfung des Verstandes unter eine allgemeine Verständigkeit und war darin schon immer das Mittel der Kulturmacht des herrschenden Systems, der Staatsgewalt einer Heilskultur, die als Kultur des Heils notwendig totalitär ist. Sie festigt ihre Macht mit der Größe einer allgewaltigen Wahrnehmung, die dann auch ästhetisch werden kann. Leni Riefenstahl hat schon gezeigt, was dies für Führer, Volk und Vaterland dann bedeutet.

Aber es gibt auch andere unmittelbar politisch argumentierende Gruppen, die sich ebenso vom linken Rand an den rechten bewegt haben. Über100 sollen es inzwischen sein. Auf dem Blog der "Political Incorrectness" trifft sich hiervon vieles, was rechts ist: z.B. die Parteien "Pro Deutschland" und "Die Freiheit", die "identitäre Bewegung", die Euro-Gegner der "Zone-D" (http://www.zone-d.de/groups/profile/84/eurogegnerde), die christliche Mitte ("Für ein Deutschland nach Gottes Geboten"), die den Koran verbieten will (http://christliche-mitte.de), die "Deutsche Konservative Partei" (derweil in 8 Bundesländern) mit Thilo Sarrazin, Eva Hermann und Kirsten Heisig (siehe http://deutschekonservative.de), die mit den ehemals eher linken "Grauen Panthern" und einer so genannten "Allianz der Mitte" in einer gemeinsamen Bundesmitgliederversammlung am 02.03.2012 in Berlin fusionierte, um zusammen zur Europawahl 2014 anzutreten. Da wird noch einiges sich entwickeln, das sehr schlagartig in der politischen Szene auftreten wird.

Die schon gut verpuppten Faschisten stecken hinter einer sogeannten "identitären Bewegung", die sich in einigen europäischen Ländern bereits ausbreitet. Auch ihre Herkunft weist ursprünglich linkes Gedankengut auf. Darüber mehr im zweiten Teil dieser Diskussion unter dem Thema: "Die Emanzipation des "wahren Lebens" gegen das Falsche".

 

(1) Die Chancen der Geldanlagen wachsen stetig nur mit der Chancenlosigkeit der Arbeistkräfte. Die Entwicklung der Produktivkraft, der Technologie der Produktion, macht sie immer billiger, wenn die Arbeitszeiten gleichbleibend. Müssten immer weniger Menschen arbeiten, so wären ihre Löhne relativ zu hoch für die Kosten der Produktion. Der Kapitalismus steckt in seiner eigenen Falle: Erhält die Lohnarbeit zu wenig Einkomen, so können sich die Geldwerte nicht verwirklichen, weil zu wenig eingekauft und zuviel produziert wird. Es muss aber immer mehr produziert werden, weil die Wirtschaftlichkeit der Arbeit wächst, weil die Produktivität der Arbeit zunimmt, weil das Wachstum der Produktivkraft, die Technologie und die Automation immer weniger menschliche Arbeit, also immer weniger Wert auf die Produkte überträgt. Je raffinierter die Produktion wird, desto ärmer werden die Menschen, die sie in Gang halten müssen und desto tiefer sind die Abgründe der Risiken auf den Märkten. Das Wertwachstum gerät zum Wirtschaftswachstum in einen immer größeren Gegensatz und beschneidet sich selbst in dem Maß, wie die Produktion immer wertloser wird und die Geldwerte abstürzen lassen, wo und wenn der Konsum ausfällt, weil die Löhne immer geringer und die Gebühren für Miete und Steuer immer größer werden. Und vollständig geht die bürgerliche Gesellschaft kaputt, wenn nichts mehr so richtig gekauft werden kann, weil das Geld selbst nichts mehr wert ist, weil das Kaufmittel als Zahlungsmittel versagt, Geld seinen Wert nicht mehr bewahren kann und deshalb auch die Produktion stockt. Und die ist doch der eigentliche Motor des ganzen Verhältnisses. Entstehen keine Waren, die zumindest den Abkauf der Waren aus dem Markt ersetzen, so wird das Geld tendenziell wertlos, kehrt sich seine Verwertung um und wird als ökonomische Krise zu einer gesamtgesellschaftlichen Last.

Man kann das an den entsprechenden Indizes der Börsen und Banken ablesen. Eine Rezession erkennt man daran, dass kein Wertwachstum mehr stattfindet und eine Stagflation daran, dass eine Negativverwertung eingetreten ist: Kreditzinsen liegen dann unterhalb der Geldentwertung. Wer Schulden aufnimmt gewinnt an Wert und wer investiert, spart Geld. Im Nachhinein allerdings muss dieser dann aber wieder als Mehrwert entstehen können. Es boomt der Einkauf von Eigentumstitel, mit denen Geld zu machen ist, auch wenn die Produktion erlahmt. Immobilien, Ressourcen und Lizenzen werden zum Renner, solange die Hoffnung besteht, dass die Nutzungspreise noch bezahlt werden können. Wenn nicht, dann wird das Kapital praktisch feudalisiert. Wir befinden uns inzwischen in einer weltweit sich infizierenden Stagflation und der Feudalkapitalismus wird zu einem allgemeinen Phänomen der Regression des Staatswesens. Die Nationalstaaten haben ihr Standbein, ihre Wirtschaft auf den Weltmärkten verloren und müssen ihre Bürger als Bürgen ihrer Schulden hernehmen, weil die Steuern nicht mehr hinreichen. Und das geht nur mit Gewalt gegen ihre Interessen, gegen sie, die sowieso schon für alles aufkommen müssen, was das Kapital aufgebraucht und zerstört hat.

In dieser Zwickmüle wird der Steuerzahler zum Knecht des ganzen Unsinns und seine Steuern zu einem immer grlößere Anteil zur Rettung des Geldsystems hergenommen, also zur Rettung der Banken und deer Staatskasse, deren Verschuldung zu groß geworden ist, weil sie die Geldentwertung decken müssen.

(2) Der Verschuldungskapitalismus, der auf einer negativen Verwertungsbilanz, auf einer Negativverwertung beruht, erweist sich inzwischen auch augenfällig als Feudalstruktur der Staatswesen, die sich durch Gewalt gegen ihre Bürger zu erhalten suchen, durch Gesetzgebung und Exekutivgewalt, welche die Kapitalisierung der Infrastrukturen und Rentensysteme vorantreibt und sich auf Dauer nicht mehr repräsentativ zu den Bürgerinnen und Bürgern verhalten kann. Längst sind die sinnfälligen Ungerechtigkeiten des Kapitalismus, die sozialen wie ökonomischen Verteilungsungerechtigkeiten zum Selbsterhalt der Menschen, wie auch der Untergang von Sozialstaat und repräsentativer Demokratie zum Gegenstand allgemeiner Empörung geworden. Und längst kann auch jedem klar sein, dass innerhalb des bestehenden Systems Politik nur auf die Verschärfung der Konkurrenz zielt, und de facto nur die Ausnutzung der Lohnabhängigen durch Prekarisierung der Löhne und Mietverhältnisse steigern kann. Die Menschen werden bis an ihre Belastungsgrenzen und oft auch darüber hinaus getrieben, nur um in einer Gesellschaft existieren können, für die sie nichts mehr gelten, weil hierin Geld alles ist. Es ist schlicht und einfach eine verkehrte Gesellschaft

(3) Das dem entsprechende politische Verhalten versteht man landläufig unter Demokratie. Doch diese richtet sich bisher nur nach dem Dafürhalten von Meinungen und Vorstellungen, die je nach Angebot einer politischen Partei Vorrang oder Ablehnung auf den Stimmzetteln bekommt und Regierung und Opposition bestimmt, je nach dem, was gefällt oder missfällt. Die bürgerliche Demokratie ist eine Gefälligkeitspolitik, die nicht die wirkliche Erzeugung des gesellschaftlichen Lebens, die Produktion des gesellschaftlichen Reichtums, sondern völlig getrennt hiervon nur ihre Resultate betrifft, je nach dem, wie dieser Reichtum auf den Märkten aufgetischt und verteilt wird. Was auf den Warenmärkten zirkuliert bestimmt den Lebensstandard der Menschen in dem Maß, wieviel Geld sie hierfür ausgeben können. Von daher bezieht sich die repräsentative Demokratie auch nur auf den Geldbesitz, also darauf, wie man sich daran und an seinem Erwerb beteiligen kann. Wer Geld nur soweit zur Verfügung hat, dass er es für sein unmittelbares Leben ausgeben muss, hat an dieser Meinungsherrschaft wenig Gewicht. Es geht alles um das, was sich aus Geld machen lässt, wenn man es hat. Wer es nötig hat, nur um seine Not damit zu beherrschen, werden seine Bedürfnisse kaum hinreichend repräsentiert finden. Eine solche Demokratie verkehrt jede Willensbildung letztlich im Wettbewerb um die Gunst der Wählerinnen und Wähler für ein politischen Subjekt, das als Staat, als Regierungsform der bürgerlichen Gesellschaft nicht den Lebensverhältnissen der Menschen entsprechen muss, sondern der Gefälligkeit ihres Maßstabs, also der Geldverwertung dient.

Das entspricht allerding tatsächlich auch ganz den marktwirtschaftlichen Verhältnissen, die der Staat dann - zumindest soweit hierfür politische Eingriffe möglich oder nötig sind - zu ihrem höchsten politischen Ziel einer stabilen Geldverwertung hinführt und manipuliert und stabilisiert. Logisch, dass sich diese Politik gegen alle ökonomischen Krisen verhalten muss, allerdings mit dem Haken, dass sie diese nur ganz tangential beeinflussen kann und immer populistischer werden muss, je wesentlicher die werden, je unaufhaltsamer die Geldwerte abstürzen.

Und dies lässt sich nicht begrifflich auflösen, etwa durch eine allgemeine Determinante, eine Fundamentalontologie, die erklärt, was der Mensch sei und alles Handeln aus dem Begriff einer menschlichen Identität abzuleiten wäre. Die Beantwortung dieser Frage selbst macht Geschichte aus. Sie löst sich in der Auseinandersetzung darüber, welchen Sinn und Zweck Menschen verwirklichen wollen, worin sich ihre wirklichen Bedürfnisse auch einigen können, nicht als Wünsche und Sehnsucht verschlossen bleiben, sondern sich als Emanzipation aus einer verkehrten Welt in eine Welt der Menschen entwickeln lässt. Es kann dies keine Vorstellung sein und kein klar definiertes Ziel, wohl aber ein Weg, der nicht ohne Ziel ist. Als geschichtlich gestellte Frage wendet sie sich an die Notwendigkeit der gegenwärtigen Wirklichkeit.

(4) Die Empörung über jedes Unrecht ist verständlich und kann immer Anlass sein, ein Verhältnis zu begreifen, in welchem es entsteht. Verbleibt sie allerding auf der Empore einer gehobenen Wahnehmung, auf der bloßen Selbstwahrnehmung sich autonom scheinender Subjekte, die für alles frei sind und vermeinen, durch ihre Dafürhaltung die Welt verändern zu können, dann gerät sie zur Selbsttäuschung. Durch bloßes Beharren auf rein politische Forderungen und Plakate, die auf gerecht verteiltes Geld insistieren, wird ja behauptet, dass Geld gerecht verteilt sein könne und diese Wirtschaftsform irgendwie doch zum Guten zu wenden wäre. Doch Geld kann nicht gerecht sein, weil es ein Machtverhältnis entgegengesetzter Existenzen darstellt. Erscheint die Geldverteilung durch den Einspruch empörter Menschen als das gute Recht des Bürgers ausgerichtet und wiederherstellbar, so sind die Eigentumstitel von ihrer Fremdbestimmung freigesprochen. Solche Empörung arbeitet sich ab in einem Anpassungsprinzip, das vor allem die Kritik kassiert, die das ganze Geldsystem infrage stellen könnte. Dagegen fühlt sich der gute Bürger darin zugleich als Mensch und Subjekt seiner Vorstellungswelt bestätigt und fühlt sich als der Garant eines wahren Bürgertums bestärkt, das mit der Ausgrenzung der Gier, der persönlich wirkenden Eigenschaften der Aufschatzung, mit der Aussonderung der schlechten Charaktere, sich zu verteidigen hätte. Und weil er sich hierin schon als wahrer Bürger dieser Welt vorkommt, versteht er sich als ein Subjekt, das alles durch sein selbstbewusstes Eingreifen wieder heil werden lässt, alles wieder gut wird, was zerstört ist, weil das, was das Ganze, das Heil seiner Welt gestört hat, ausgeschaltet werden kann, wenn sich dem viele Bürger einfach nur anschließen. Der Protest gegen die Ungerechtigkeiten der Geldverteilung wird dann auch leicht zum Subjekt einer Masse popularisiert, die sich mit den Interessen des Staats vermengt, die Repräsentanz der Bürgerrechte totalisiert und im guten Glauben an sie die Verwertung menschlicher Arbeit ins Jenseits befördert, unkenntlich macht.

(5) Alle Verhältnisse der Marktwirtschaft sind Verhältnisse des Geldes, das sich immer wieder entwertet, wenn Waren verkauft werden und ihr Wert im Verkauf und Aufbrauch verschwindet. Wenn keine neuen produziert werden, wenn Menschen nicht mehr zu ihrer Erzeugung arbeiten dürfen oder können, stockt nicht nur der Kreislauf des Geldes, sondern der ganze Produktionsprozess. Und dies ist die Falle des Geldverhältnisses: Geld muss erfolgreich für den Geldbesitzer sein, muss ihm Gewinn einbringen, um sein Geld zu erhalten. Geldbesitz ist eben ein Risiko, dem man nur begegnen kann wenn man Geld in die Warenproduktion einsetzen kann, - einerseits um es überhaupt in Wert zu halten, und andererseits, um das Marktrisiko gegen die Konkurrenten abzuschwächen, durch den Einsatz von Geld mehr Geld entstehen zu lassen, eben durch Schaffung eines Mehrprodukts, das entweder auf dem Markt verkauft werden kann oder sein Wert durch den Einkauf von Titel auf Zahlungsverbindlichkeiten einsetzt. Das sind z.B. Kredite, oder Eigentum jenseits der Warenform, also Land, Grund, Boden, Immobilien, Ressource usw.

Weil sie unter Konkurrenzdruck stehen, hat man es sich schon fast angewöhnt, die Krisen der Markt- und Kapiatlwirtschaft in Kauf zu nehmen, denn immerhin ging es doch immer auch den anderen noch schlechter. Zumindest hier in Deutschland geht es doch noch relativ gut. Noch relatuv, ja, ebe weil es den anderen relativ schlecht geht. Die Geschichte der bürgerlichen Gesellschaften gründet nun mal auf der Marktwirtschaft, auf der Konkurrenz der Waren auf den Märkten, wo der Erfolg im Kaufen und Verkaufen Fortschritt oder Niedergang mit sich bringt, mal dem einen und dann auch mal dem anderen. So fassen das ja auch die Volkswirtschafter. Doch offensichlich sind es immer die gleichen, denen es damit auf der einen Seite immer schlechter und auf der anderen Seite immer besser ergeht, eben die unterschiedlichen Klassen, in welche die Menschen nach Geldbesitz und Besitzlosigkeit aufgeteilt sind. Man spricht dann von der "Schere zwischen Arm und Reich". Reicher werden immer nur die Geldbesitzer und ärmer nur die Besitzlosen, weil die einen das Verwertungsmittel besitzen, die anderen sich hierfür verdingen, ihr Leben entwerten müssen. Es ist die Kluft zwischen Wert und Unwert des Geldes, der Gegensatz von denen die Wert aneignen und denen die dazu gezwungen sind, ihn zu produzieren, indem sie sich hierfür verausgaben müssen und um so heftiger herangezogen werden, wie das Geld wertloser zu werden droht. Die Konkurrenz hat also in den verschiedenen Klassen eben auch verschiedene Gewalt. Geht es in der einen um die Konkurrenz der optimalen Geldanlage, so geht es in der anderen um den Kampf um den Arbeitsplatz. Am Ende steht alles unter dem absoluten Zwang des Finanzkapitals, das nur noch als Eigentumstitel überhaupt wie ein absoluter Diktator des Geldwerts herrscht, weil es über die Zahlungsverpflichtungen der gesamten Menschheit im Welthandel der Kreditierung verfügt, der Staaten, der Mieter und Pächter und Leasingnehmer usw.

(6) Das war schon immer so in Zeiten technologischer Erneuerungen, der sogenannten industriellen Revolutionen, die vor allem einen Fortschritt der Produktivkraft entwickelten und demzufolge zum Wertwachstum beitrugen und Krisen auflösten. Die erste solche Reveolution war die Anwendung der Dampfmaschine in den Manufakturen, welche die moderne Industrie aufbauten. Während der Wert der Arbeitskräfte sank und Löhne schwanden, entwickelte das Geld seine allgemeine Macht auf den Waren- und Geldmärkten, Das gesellschafliche Faustpfand für den Fortschritt war zugleich ein Mittel zum Preisdiktat gegen die Lohnarbeit, durch die viele Arbeitsleute aus der Erwerbsarbeit geworfen wurden. Die Weberaufstände läuteten eine neue Epoche ein, in der sich die Verelendung von Menschen als gesellschaftlihe Barbarei des Fortschritts einer Maschinenherschaft interpretiert wurde. Maschinenstürmer traten als Revolutionäre auf.

Mit der Fortbildung der Industrie entwickelte sich ein Staatswesen, das Ausfälle, die letztlich zum Schaden des Gemeinwohls führten, auszugleichen suchte und einen neuartigen Forschritt entstehen ließ, den Staat der res publica, der allen Menschen Existenz sichern sollte, und die Reste der Feudalherrschaft sozialisierte. Der Erhalt der Arbeitskaft, besonders ihre Armut, wurde als preisbestimmendes Moment der Arbeitlöhne erkannt. Der Staat bildete sich als Instrument des Gesamtkapitals aus, indem er die aus der Produktion gewordfenen Arbeitsleute zur Preisbildungder Arbeit erhielt und damit die Mehrwertrate stabilisierte und sogar vergrößerte. Der Staat entmachtete die Feudalherscher, die Fürsten und Könige und Kaiser zu Repräsentanten einer Kultur, die ein Allgemeinwohl als Höhepunkte ihrer Gesellschaft vorstellen sollte und jedem als Ansporn und zur Verehrung der gesellschaftlichen Hoheit diente, auch wenn diese nichts mit seiner Lebenswirklichkeit zu tun hatte. Doch auch dies wurde zu teuer. Wesentlich günstiger war die direkte Unterstützung der Randständigen und Elendigen. Mit der Sozialgesetzgebung von Bismark und gleichzeitigem Verbot der Sozialisten war der bürgerliche Staat perfekt. Er besorgte zugleich auch die Abdankung der Herrscher und die taktische Ausschaltung royaler Kulturmacht, des Kaisers und des Königs von Bayern zum Beispiel.

Die zweite industrielle Revolution beruhte auf einem Problem mit der Verwertung des Mehrprodukts, das nur Wert realisiert, wenn es auch verkauft wird, wenn es also in einer sogeannten Realökonomie auch verbraucht wird und untergeht und Bedarf für neue Arbeit schafft. Henry Ford machte einen sinnigen Spruch daraus: "Autos kaufen keine Autos". Und er meinte damit, dass die Autoproduktion nur Sinn macht, wenn die Produkte auch verkauft werden und es nicht hinreicht, eine hochmoderne Fließbandanlage in Gang zu halten und Produkte auszustoßen. Ein Warenmarkt, auf dem möglichste viele Menschen in der Lage sind, einzukaufen, ist ebenso wichtig für das Kapital wie eine Produktion, die möglichst viele Produkte möglichst billig entstehen lassen kann. Die Vermittlung von Produktion und Konsumtion wurde zum wesentlichen Anliegen des Fordismus, wie er z.B. von Mainard Keynes theoretisch ausgeführt wurde. Aber auch hier zeigte sich, dass der Mehrwert, also die überschüssige unbezahlte Arbeit, im Kapitalismus nie vollständig realisiert wird, weil er sich in den Preisbildungen der Durchschnittsprofitrate nicht vollständig ausgleichen kann und daher der Fall der Profitrate immer der Tribut an die Fortschritte der Technologie ist. Immerhin brachte dies eine Hochphase der bürgerlichen Kultur mit sich und erfüllte zeitweilig durchaus einige ihrer Lebensträume, bis sie in der Rezession der späten 20ger Jahre in der Dämmerung von Verlustangst und Ursprungssehnsucht verkamen.

Die dritte industrielle Revolution war mit der letzten Jahrhundertwende im Crash des "New Deal" vollendet, Hier zeigte sich das Finanzkapital als geschichtsbildene Macht einer Epoche der Globalisierung, in welcher der unrealisierten Mehrwert, das nur fiktiv fortbestehende Kapital, als seine Geschäftsgrundlage über die ganze Welt verteilt wurde und an ihrem einen Ende Hunger und Elend vermehrte und am anderen Ende noch Inverstitionen in ungeheuerlichem Ausmaß zustande brachte. Und dies ist nun beendet und in Banken-, Staats und Immobilienkrisen aufgegangen.

Die Produktivität der Technologie ist der Pferdefuß des Kapitalismus und dieser eine darin immer absurder werdende Gesellschaftsform. War die erste Phase der technologischen Umstürze noch ganz von ihrem unmittelbaren Verhältnis zur wertbildenden menschlichen Arbeit bestimmt, so in der zweiten Phase vom den Warenmärkten, die an die Produktivität synchronisiert werden sollten. Das musste an den Notwendigkeiten des Wertwachstums scheitern, die das Wirtschaftswachstum nie einlösen können, weil es aus den Widersprüchen der Interessen der Einzelkapitale gegen das allgemeine Verwertungsinteresse des Gesamtpaitals sich in ihrer Konkurrenz auf den Warenmärkten zerreiben müssen. Und diese Konkurrenz sollte das globalisierte Kapital überwinden, indem es die Konkurrenz der Märkte als Ertrag der Finanzmärkte aufsammelte, fiktives Kapital einsetzte und es verwettete, um aus ihrer Substanz selbst noch seinen Geldwert zumindest zu verwegen und möglichst auch noch durch geschicktes Kalkül noch zu vermehren. Doch auch die Hochzeit von Fiktion und Wirklichkeit hat ein desaströses Finale gefunden, das sich nun als eine Stagflation entwickelt, die das Kapital über seine Regenerationsfähigkeit hinaus verschuldet und die Nationalstaaten feudalisiert. Die schwindenden Geldwerte wurden zunehmend durch Staatsverschuldung kompensiert und der bürgerliche Staat zum Machtfaktor des Kapitals als nachholender Verwertungsagent durch Steuer und Sparhaushalte, welche die Sozialausgaben reduzieren, und durch Verkauf von Staatseigentum und Bürgerrechte an das Privatkapital, welche das Recht auf Vorsorge, Wohnraum, Mobilität und Arbeit nun bis ins letzte Quentchen privat verwertet, anstatt es gesellschaftlich abzusichern.

(7) Das Fatale einer Geschichte ist, wenn sie endlos und in ihrer Endlosigkeit systematisch wird, sich selbst beendet, indem sie sich beständig wiederholt, einem Widerspruch folgt, den sie nicht auflöst und daher seine Gegensätze nur verschärfen kann. Hegel nannte das eine schlechte Unendlichkeit. Solange die Verselbständigungen der Ökonomie, ihr Sachzwang nicht von der Sache her begriffen ist und sachlich sich aufheben lässt und Politik sich stattdessen als politischer Wille zur Beherrschung der Sache ausgibt, wird sie von ihren eigenen Bestrebungen erschlagen. Sie kann ja nur den Verkehrungen der Verhältnisse Folge leisten und sobald sie ihren politischen Willen unter Beweis stellen muss, kann sie auch nur ihre politische Verkehrtheit verwirklichen. Das aber müssen die Repräsentanten, die Persönlichkeiten der Politik verschleiern und sie scheitern, sobald die Sache unabweisbar, die Aufhebung der wirtschaftlichen Widersprüche unabdingbar wird. Dass diese Aufhebung nicht einfach ist, zeigt sich immer wieder. Aufhebung meint ja nicht Zerstörung, sondern Aufbewahren und Fortführung in einem, Umkehrung des Verkehrten in eine Form, die ihrem Inhalt auch entspricht, in der gesellschaftlicher Reichtum nicht in der Einfalt des Geldes erscheint, sondern wirkliche Vielfalt menschlicher Lebensäußerung, Bereicherung durch Produkte ist, die Sinn für die Menschen, also menschlichen Sinn haben, weil sie wirklich von und für Menschen sind. Davon sind wir weit entfernt. Eigentlich ist klar, dass es bei einem Aufstand gegen solche Verhältnisse im Wesentlichen nicht um Geld gehen kann, sondern um das Leben, das derzeit durch Geld nur zu haben ist, um die wirklichen Lebensmittel, die im Geld auf eine bloße Form reduziert werden (siehe Formbestimmung), weil sie nur für den Markt, für den Warentausch auf den Warenmärkten und für die Spekulation auf den Finanzmärkten erzeugt werden.

(8) Niemand konnte bisher in den Parlamenten die Notwendigkeiten des gesellschaftlichen Lebens gegen die Notwendigkeiten der Geldbeschaffung und Gelderzeugung durchsetzen. Immer war dies die Schranke der Auseinandersetzungen. Das Geld ist eben die Basis aller Marktwirtschaft und so wird politisch alles getan, um seine Entwertung aufzuhalten. Und dies verlangt eben nur nach einem: Verbesserung der Bedingungen für die Geldverwertung, Stabilisierung der Banken und Staatshaushalte und Investitionen in das Produktivvermögen des Kapitals. Solange die Marktwirtschaft herrscht, kann dies auch nicht anders sein, auch wenn mit der Geldrettung alles andere den Bach runter geht. Das hat die Geschichte der Protestparteien auch schon deutlich gemacht, die Geschichte der Grünen oder der Piratenpartei zum Beispiel. Ihr moralischer Impetus, der den politischen Willen trägt, will einen Schuldigen treffen, ihn per Beschluss oder Regulierung begrenzen. Und er scheitert an der Absurdität parlamentarischer Grenzziehungen. Sobald sie das Werwachstum behindern fallen sie aus, weil andernorts die Probleme nur noch größer werden. Die Notwendigkeit einer Wirtschaft, die ihr gesellschaftliches Faustpfand in Geld hat und es nicht aufgeben kann, muss den Geldwert um alles in der Welt halten und damit dem Wertwachstum gehorchen, weil die ganze Gesellschaft disfunktional wird, Betriebe und Arbeitsplätze der Konkurrenz nicht mehr standhalten können und die Sozialpolik nicht mehr finanzierbar ist, an leeren Kassen scheitert. Es sind eben die systemischen Krisen des Geldes, die letztlich alles entscheiden, solange Geld das einzige wirklich gesellschaftliche Mittel ist und daher auch die einzige gesellschafliche Vermittlung darstellt.

Die Empörung über die Ungerechtigkeiten der Geldverteilung hat viel Protest erwirkt. Sie hat den unmittelbaren Gegner, den Geldbesitzer und Kreditverwalter ins Visier genommen, ihm manchmal auch seine Willkür genommen, ihn an seine Grenzen verwiesen und Wuchereien und Gaunereien offenkundig gemacht. Teilweise sind die Proteste auch bis ins Parlament gelangt, haben zumindest Fragen aufgeworfen und aufgezeigt, dass das System nicht so rund läuft, wie es die repräsentative Politik wahrnimmt. Die lautstärkste Partei des Neoliberalismus, die FDP, musste sich bescheiden, neue Impulse, wie z.B. die Piraten, traten hinzu. Doch der Protest bleibt auf dieser Ebene rein moralisch und dient letztlich eher der Stabilisierung der Popularität der Repräsentation, als dass sich dadurch etwas wirklich ändert. Kaum gerät er in die Parlamente, so muss repräsentative Politik die Frage verfolgen: Welches Handeln löst die Probleme im Ganzen? Woher soll das Geld kommen, das nötig ist? Was ist hier möglich, was nicht? Alles wird zum Prinzip der Möglichkeit in den Gegebenheiten der Haushalte.

Aber das Möglichkeitsprinzip ist eben gerade das Prinzip der Geldverwertung, der sogenannten Geldschöpfung, dem wichtigsten Anliegen des Staates, der die nationale Zentrale der Geldverhältnisse ist. Sie beruht auf Vorschüssen, die auf einen möglichst hohen Profit spekulieren, durch den die Geldwerte einerseits gesichert, andererseit auch im Wertwachstum begriffen bleiben. Wieviel Geld kann verdient werden, ohne dass seine Verwertung unmöglich wird, und wieviel muss verdient werden, damit der Warenabsatz nicht unmöglich wird? Dazwischen bewegt sich mögliches Handeln, das sich an den konkurrierenten Interessen orientiert, die immerhin die Grundlage der Wählermeinung ausmachen. Und hier schließt sich der Kreis von Wirtschaft und Politik. Hier also herrscht politische Ökonomie in ihrem vollen Umfang.

(9) Je weniger das Geld wert, je größer die Verschuldung ist, je tiefer die Krise in das gesellschaftliche Leben greift, desto nötiger wird ein Wertwachstum, das in diesen Verhältnissen nur noch durch die Verwertung der gesellschaftlichen Ressourcen, durch Grundbesitz, Rohstoffquellen, Steuern und Gebühren möglich ist. Der Widerspruch ist auch politisch erkennbar geworden. Auf dem Markt der Wählermeinungen werden die Enttäuschten und Empörten umworben mit einem politischen Willen, der sich offen gegen die Unmoral der Verhältnisse aufstellt, um sich als ihre Auflösung zu präsentieren, der aber immer letztlich auf Wertwachstum spekulieren muss und dieses nur durch die Popularität einer Persönlichkeit umsetzen kann, durch einen starken Mann odeer eine starke Frau, die den objektiven Widerspruch zu subjektivieren versteht. Popularisierung funktioniert durch Personifizierung eines Verhältnisses, in denen die handelnden Personen in Wahrheit keine Macht haben, aber mächtig und lautstark auftreten, um genau das nicht zu zeigen. Die Wählermeinung wird zum politischen Fetisch, durch den Subjektivität vorgegeben ist, um Verhältnisse durchzusetzen, die objektiv gegen die Menschen gerichtet sind. So verneigt sich der umworbene Wähler auch mal gerne vor Persönlichkeiten, die den Schein des politisch Machbaren zu perfektionieren verspricht. Und diese betreiben dann immer offener das Geschäft mit der Not der Menschen, indem sie sich als Subjekt ihrer Beherrschung ausgeben oder vertraulich werden, weil es halt "dumm gelaufen" ist.

Die Marktwirtschaft beruht auf der Trennung von Bedürfnis und Arbeit und damit auf Geld, das alleine die Vermittlung zwischen Angebot und Nachfrage herstellt und ihren Wert bemisst. Unter den Bedingungen der Geldverwertung werden die Gegensätze von Bedürfnis und Arbeit total, als Widerspruch nicht mehr erkennbar, weil sie . Mit der Totalisierung der Krise, der Probleme mit dem Geldwert, totalisiert sich vor allem der Gegensatz der politischen Positionen und hebt sich ab in einen Willen, an den man nur noch glauben kann, weil er sich in dieser Welt nicht mehr umsetzt und ihre Repräsentanten immer fragwürdiger, deren Positionen als Betrug am Wähler erscheinen lässt. Von seinen Repräsentanten verlassen, wird für den Bürger der wahre Gegner zum Monster der Geschichte eines bösen Übermenschen, das seinen bislang wohlgehüteten Lebensraum bedroht, seinen Ursprung, seine Heimat, sein Glück. Er wird nur noch dem Glauben schenken, der diesen Gegner auch nomminiert, der die Selbstgerechtigkeit als Glaube an das Gute noch zu repräsentieren versteht und möglichst kräftig auf den Putz haut, gleich, was daraus dann wird. Ohne Putz verschwindet ja zumindest auch die Camouflage und es erscheinen die Verhältnisse etwas verständlicher, wenn auch meist sehr martialisch.

(10) In der Warenzirkulation der Marktwirtschaft erscheint jeder Preis als Wert, weil er eben Wert in seinem Tauschwert darstellt. Er ist aber nicht Wert. Im Tauschwert, im Preis der Waren erscheint zwar ihr Wert, aber die Preisbildung selbst bezieht sich nur auf die Verwertbarkeit von Arbeitsprodukten, nicht auf ihre Produktion. Sie ist von dieser völlig abgetrennt (siehe Arbeitsteilung). Hier entsteht der Wert der Ware durch die Verausgabung menschlicher Arbeitskraft. Ihre Verwertbarkeit aber erweist sich erst auf dem Markt. In der Ware ist beides vereint. Wer ihren Wert und Preis nicht unterscheidet, unterscheidet auch nicht Mehrprodukt und Mehrwert, nicht Mehrwert und Profit und auch nicht Wirtschaftswachstum und Wertwachstum, also vor allem nicht die innere Notwendigkeit des Wachstums der Mehrwertrate, durch welche der Fall der Profitrate zwangsläufig ist.

Die Geldentwertung erfolgt aus dem Dilemma der Durchschnittsprofitrate, weil darin der Wertanteil der Arbeit am einzelnen Produkt sinkt mit der wachsender Produktivität des Kapitals. Dass das Kapital hierdurch fiktiv wird und in den Finanzmarkt abwandern muss, bleibt ihm unverständlich und das Finanzhandelskapital, das eine zwangsläufige Fortentwicklung des Warenhandelskapitals ist, wird ihm nur noch aus der Habgier der Kapitaleigner erklärlich.

Karl Marx hierzu:

"Die Wechsel in der zur Produktion der Waren erheischten Arbeitszeit und daher in ihrem Wert, erscheinen jetzt mit Bezug auf den Kostpreis und daher auch den Produktionspreis als verschiedne Verteilung desselben Arbeitslohns über mehr oder weniger Waren, je nachdem in derselben Arbeitszeit für denselben Arbeitslohn mehr oder weniger Waren produziert werden. Was der Kapitalist und daher auch der politische Ökonom sieht, ist, daß der Teil der bezahlten Arbeit, der auf die Ware per Stück fällt, sich mit der Produktivität der Arbeit ändert und damit auch der Wert jedes einzelnen Stücks; er sieht nicht, daß dies ebenfalls der Fall ist mit der in jedem Stück enthaltnen unbezahlten Arbeit, um so weniger, da der Durchschnittsprofit in der Tat durch die in seiner Sphäre absorbierte unbezahlte Arbeit nur zufällig bestimmt ist. Nur in solch vergröberter und begriffsloser Form scheint jetzt noch die Tatsache durch, daß der Wert der Waren durch die in ihnen enthaltne Arbeit bestimmt ist." (Marx-Engels-Werke Bd.25, S. 181)

(11) Das Kapital eignet sich einen Teil der Lebensarbeitszeit der Menschen als Geld an, das es zum Teil zur Investition, also zu seiner Reproduktion und Entwicklung verwendet, zum Teil für die Rohstoffe und als Lohn für Eigenaufwand und Dienstleistungen und zum Teil zur Risikoabsicherung durch Spekulation auf den Finanzmärkten ausgibt. Die Arbeitskraft erwirbt ihren Lebensunterhalt aus dem Wert der Arbeit, die hierfür nötig ist und der ihren Lohn ausmacht. Sie hat Geld zu Händen nur, um es gleich wieder auszugeben. Zugleich schafft sie durch ihre Anwendbarkeit für eine Produktion, die mehr produziert, als sie konsumiert, einen Mehrwert, welcher die Macht gegen sie vergrößert, weil er ihr in fremder Hand entzogen bleibt und das Kapital in seiner Produktivität vermehrt und schließlich auf den Finanzmärkten als reine politische Macht durch Eigentumstitel diese vermehrt.

Bei alledem muss jeder das für sich einnehmen, was ihn erhält, also reproduziert und was er wiederum auch hierfür ausgibt, mal mehr mal weniger, aber im Durchschnitt doch nur dies und einen mehr oder geringeren Anteil an dem, was seinen Lebensstandard verbessert, was ihn also am Wirtschaftswachstum teilnehmen lässt. Entscheidend sind nicht die Geldmengen, sondern die Besitzverhältnisse. Wer Arbeitskraft für sich einkaufen kann, bestärkt seinen Besitz und mindert sein Marktrisiko. Aber er muss immer über mehr Geld verfügen, als die Arbeit kostet, um das zu bleiben, was er ist: Geldbesitzer. Und dieser lebt davon, dass es Nicht-Besitzer von Geld gibt, die ihm Mehrwert verschaffen.

(12) Eine befreite Wirtschaft, eine Freiwirtschaft, beruht demnach darauf, dass sie als eine frei fließende Marktwirtschaft ohne Schatz und Grund funktioniere, also ohne die Aufschatzung von Geld bzw. ohne Eigentum an Boden oder Handelsrechten. Aber es ist dieses Eigentum als solches nicht abgeschafft, nicht als Privatform eines dem gesellschaftlichen Leben entfremdeten Eigentums begriffen, sondern soll lediglich durch die Gemeinde beschränkt werden, die darin einen allgemeinen Grundbesitz zur Sicherheit des Geldwerts beansprucht, durch die alle Geldverhältnisse geregelt werden. Soziale Gerechtigkeit würde durch die Überführung des Bodens in ein Gemeinschaftseigentum mit zugleich privater Nutzung gegen die Entrichtung von Nutzungsabgaben an die Gemeinschaft erreicht und könne durch den politisch bestimmten Preis dieser Nutzung als „Freiland“ gelten. So werde der Boden Grundlage einer neuen sozialen Gerechtigkeit, wie sie schon im 18. Jahrhundert von den Physiokraten eingefordert worden war. Dies wurde auch tatsächlich als Grundlage einer Rentenmark verwirklicht, die kein gesetzliches Zahlungsmittel war, sondern eine Inhaberschuldverschreibung der Rentenbank. zur Behebung der Hyperinflation im Jahre 1923. Es war die Grundlage einer Wertbeziehung auf der Basis einer nationalen Lebensraumbestimmung, durch die Nationalismus ökonomisch fundiert ist. Sie wurde die ökonomische Sicherheit der später entwickelten Reichsmark, die zur Bewirtschaftung des Nationalsozialismus bis zu seinem Ende diente.

Solche Grundlage hatte auch das "Freiland" nach Gesell, aber ideologisiert als ein Gemeingut, auf welchem mit „Freigeld“, also mit hart gerechnetem Arbeitsgeld die soziale Anteilnahme gesichert wäre. Durch dessen Umlaufsicherung, also durch Negativzins für die Geldbesitzer, wäre dieses zugleich in seiner Umlaufgeschwindigkeit verstärkt und könnte zu einer kontinuierlichen Arbeitspflicht antreiben. Nicht eine Revolution der Eigentumsverhältnisse, sondern allein eine Bodenreform und Geldreform seien für eine gerechte Gesellschaft erforderlich. Und die Arbeit der Individuen wäre der Maßstab des Erfolgs, der Gewinn an Gemeinschaftsvermögen. Es war im Grunde die Theorie von einer Volksgenossenschaft. Arbeit mache frei, ist die logische Ideologie hierzu.

(13) Es bleibt dasselbe, solange überhaupt Geld die Produkte auf die Bedürfnisse der Menschen bezieht. Diese Beziehung erscheint gerecht, weil jeder sich darin immerhin reproduzieren kann; sie scheint frei, weil jeder nur durch die Freiheit des anderen seine Waren auf den Märkten beziehen kann; und sie erscheint solidarisch, weil jeder sich im Geldbesitz mit anderen in dessen Wert verbunden sieht, auch wenn er um die Preise seiner Angebote konkurriert. Es waren die Ideen der bürgerlichen Revolution, welche die Feudalgesellschaft durch die marktwirtschaftliche Gesellschaft ablösten, als noch nicht sich ihre Verhältnisse in ihr Gegenteil verkehrt hatten. Marx schreibt hierzu:

»Es ergibt sich daher der Irrtum jener Sozialisten, namentlich der französischen, die den Sozialismus als Realisation der von der französischen Revolution nicht entdeckten, sondern historisch in Umlauf geworfnen bürgerlichen Ideen nachweisen wollen, und sich mit der Demonstration abmühen, daß der Tauschwert ursprünglich (in der Zeit) oder seinem Begriff nach (in seiner adäquaten Form) ein System der Freiheit und Gleichheit aller, aber verfälscht worden sei durch Geld, Kapital etc. … Das Tauschwertsystem und mehr das Geldsystem sind in der Tat das System der Freiheit und Gleichheit. Die Widersprüche aber, die bei tieferer Entwicklung erscheinen, sind immanente Widersprüche, Verwicklungen dieses Eigentums, Freiheit und Gleichheit selbst; die gelegentlich in ihr Gegenteil umschlagen. Es ist ein ebenso frommer wie alberner Wunsch, daß z. B. der Tauschwert aus der Form von Ware und Geld sich nicht zu der Form des Kapitals oder die Tauschwert produzierende Arbeit sich nicht zur Lohnarbeit fortentwickeln soll.« (Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, MEW 42, Berlin 1953, S. 916.)

(14) Das war dem produzierenden Kapital natürlich recht, denn es war von der Ausbeutung der Arbeit freigesprochen. Das ganze Zinssystem, das auf dem Wertwachstum des Geldes, also der Aneignung unbezahlter Arbeit gründet, wurde damit zum Ungeheuer persönlicher Begierde, zum Monster des kreditgebenden Kapitals, denn es sollte als Betrug am guten Geld erscheinen. Im reinen Verhältnis zum Geld, also in dem von seiner Herkunft in der Produktion gereinigten Verhältnis, erscheint das Wertwachstum dann eben auch nur als Betrug durch Profit und Zins, einer Geldmasse, die den Bürgern vorenthalten worden sei. Dass gerade sie von dieser Masse leben, erscheint hiergegen absurd. Nicht den produktiv arbeitende Menschen wird ein Wertanteil ihrer Arbeit entzogen, für die sie nicht bezahlt werden. Es geht um das Unrecht am Eigentum dere Bürger, an ihrem Geldbesitz. Es ist nur noch ein Verteilungsproblem, denn Geld wäre genug für alle da. Es geht also nicht mehr um die Macht der Geldbesitzer über die Produktion, sondern um eine Verteilungsungerechtigkeit, um die Ungerechtigkeit der Geldverteilung auf der Ebene des reinen Warentauschs, ganz gleich welchen Wert das Geld transportiert, welches Leben darin aufgesaugt wird und welche Macht es bestärkt.

(15) Ganz gleich, ob links oder rechts: Die Politik auf dieser Basis wird absolut persönlich, zu einem persönlichen Subjekt, das die Macht bekommen soll, mit dem ganzen Unheil endlich aufzuräumen. In der Krise steht der Erfolg der bürgerlichen Repräsentanz, die Rettung des repräsentativen Parlaments ja so und so an und das Heil des Ganzen wird zum Maß der Meinungsbildung und damit der repräsentativen Politik. So kann diese dann auch übergehen in eine Politik der Staatsgewalt, die sich ganz legitim gegen die Bevölkerung richtet, die endlich die ersehnte Regulation durch den Staat einrichtet und ihr politisches Handeln im Sinne eines völkischen Interesses zu legitimieren versteht. Sie wird sich ihre Knebel und ihre Ruten ganz im sogenannten "öffentlichen Interesse" zulegen. Kein Quentchen Unrecht wird sich ihr nachweisen lassen, weil sie anständig und ordentlich ist und ganz kultiviert auftritt und dem gewöhnlichen Alltag wieder kulturellen Anreiz verleiht. Sie verschafft dem Bildungsbürgertum wieder Auftrieb und träumt von einer Ökonomie des Gemeinwohls, welche die Marktwirtschaft zu dem veredeln soll, was sie schon immer war. Es ist furchtbar banal, weil es nicht mehr durchschaubar ist. Das Böse tritt nicht auf als Barbar. Ganz im Gegenteil. Es ist der Spießer, die Banalität des Bösen, wie Hannah Ahrendt das nannte, das Prinzip der Einfalt, in der die vielfältigsten Widersprüche geborgen werden und in der Vorstellung auch geborgen erscheinen können, wenn sie nur unter den Deckel der Staatsgewalt gebracht werden.