Wolfram Pfreundschuh (14.10.2011)

Ergänzen statt Ausbeuten!
Auf dem Weg in eine internationale Kommunalwirtschaft

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Teil IV: Wirtschaft und Demokratie

Man muss sich das mal vorstellen, wie es in den Köpfen der politischen Klasse zugehen mag. Da stimmen die über ein "Rettungspaket" von einer Gesamtbürgschaft über 780 Milliarden Euro ab, das allein Deutschland über 211 Milliarden belastet, die zu einem großen Teil höchstwahrscheinlich auch fällig werden, und dennoch nicht hinreichen können, weil sie nicht annähernd die schon jetzt vorhandene Finanzwüste beleben könnten. Aber keine Angst, sagen sie. Man kenne die großen Hebel für große Taten. Geht es nach dem Willen der Haushaltsplqaner, dann sollen die jetzt velleicht auch mit Steuergeldern bewegt werden. Der Glaube an die großen und riskanten Finanzhebel, welcher die Hedgefonds begründet hatte, stellt sich nun auch im Bundestag vor, der nun auch auf das spekuliert müsste, was das Bankensystem über seine Grenzen hinausgetrieben hat und auch ihn zu Fall bringen kann: Das hochgepeitschte Geld, das vom Risiko seines Einsatzes befreit erscheint, weil sein Wertschöpfer von ihm abgeschottet und ihm zugleich verpflichtet ist. Geld, das letztlich nur die Steuerzahler aufbringen können und das ins Nichts verpufft, wenn die Wertschöpfung an ihre Grenzen geraten ist, soll die überschuldeten Staaten wieder auf das Gleis eines Verwertungsprozesses stellen, der es immer wieder auch zunichte macht, wenn ihm die Substanz seines Wertes abgeht oder nicht hinreicht: die menschliche Arbeit. Wie man das Problem mit den Staatsverschuldungen überhaupt noch lösen kann, das weiß im Grunde niemand mehr. Aber man kann nicht anders, solange man Geld durch Geld retten will. Und solange man daran glaubt, solange muss man eben auch dran glauben (1).

Es hat sich der Widerspruch des Geldes zu einem Geldproblem des Bankenwesens entwickelt. Den Banken geht ihr Geld kaputt und deshalb muss ihrem immer wieder schlecht werdenden Geld frisches Geld nachgeworfen werden, ganz einfach nur deshalb, weil sie ihren Geldüberschuss, ihre nicht mehr kreditfähige Wertmasse, ihr unbenötigtes Geld noch geldwertig erhalten müssen. Um ihre Finanzmacht zu sichern benötigen sie daher jetzt die Staatsmacht. Und weil auch der gestandene Bürger den Absturz des ganzen Wertverhältnisses fürchtet, das auch seine Grundlage ist, wird er von ihnen erpresst (2). Die Blasen des fiktiven Kapitals platzen immer schneller hintereinander und die Geldentwertung wird nur durch einen immer größeren Aufwand abgefangen, durch Steuern die zu erdrückenden Sparpaketen werden. Es ist der zirkulierende Schein eines Vermögens, das keinen Sinn mehr für die Menschen hat, weil es sich von ihnen nur noch entfernen kann, und das nun seinen Bürgen anruft, der es gegen seinen Wertverlust abschirmt und ihn damit zu einem letztlichen, zu einen ewigen Bürgen macht (3).

Man könnte meinen, das sei eine neue Entwicklung. Doch die Wertschöpfung hat sich nicht geändert. Sie resultiert nach wie vor auf einer Mehrarbeit, die nicht gesellschaftlich verwirtschaftet wird, sondern lediglich der Verfestigung der Geldwerte nutzt. Sie entspringt nach wie vor der Ausbeutung von Mensch und Natur und betreibt vorwiegend die Totalisierung der Geldverwertung. Und nach wie vor ist es die Staatsverschuldung, die ihre Krisen aufzulösen sucht. Sie belastet nicht nur die Gegenwart, sondern die Zukunft ganzer Generationen. Auch das ist schon lange so. Schon 1839 schrieb Karl Marx:

"Was die sog. Antizipation betrifft, z.B. bei Staatsschulden, so bemerkt Ravenstone bezüglich derselben mit Recht:

"Indem sie vorgeben, die Ausgaben der Gegenwart in die Zukunft zu verschieben; indem sie behaupten, daß man die Nachkommenschaft belasten kann, um die Bedürfnisse der heutigen Generation zu befriedigen, behaupten sie das Absurde, daß man konsumieren kann, was noch nicht besteht, daß man von Lebensmitteln leben kann, ehe deren Samen in die Erde gesät worden sind." (R[avenstone.] l.c.p. 8.) "Die ganze Weisheit unserer Staatsmänner läuft auf eine große Übertragung von Eigentum von einer Klasse von Personen auf eine andere hinaus, indem sie einen enormen Fonds zur Belohnung von Spekulationen und Unterschlagungen schaffen." (l.c.p. 9.)"
(Marx-Engels-Werke Bd.26.3, S. 303f)

Wohlgemerkt: Das war 1839 so beschrieben. Und das Lied ist immer noch dasselbe, wie es auch durch die Medien der Politik tönt, seit es sie gibt. Nur der Rhythmus hat sich geändert und die Politik hämmert sie immer heftiger durch: Wenn wir unsere Währung retten wollen, dann müssen wir dafür auch zahlen (4). Für das Zahlungsmittel soll bezahlt werden. Absurder geht's nicht.

Und es wird so lapidar vermittelt, wie die Politik nun eben geworden ist. Man kennt nichts anderes mehr. Geldprobleme seien nun mal nur durch Geld zu lösen. Wer Geld haben will, der muss es auch erst mal wieder erwerben, wenn es nicht mehr funktioniert. Das ist wie mit einem Spielzeug oder Arbeitsgerät - also wie eben sonst auch. Die Bürger werden zu Staatsgehilfen des Kapitals gedungen. Dessen Handeln gibt sich dann "im Namen des Volkes" unbescholten als allgemeine Notwendigkeit aus, denn es ist wie eine schlichte Selbstverständlichkeit, die von der Sache selbst schon aufgezwungen erscheint. Mit der Politik der Alternativlosigkeit geht das Geschäft der Banken locker über in eine Perversion des Staatsgeschäfts. Und das will immer noch gewählt werden. Wenns nicht anders geht, muss man halt auch mal das wollen, was man müssen soll. So ernst ist das ja nun auch nicht mit dem freien Willens des Wählers, den der Staat immer noch gerne als seine Grundlage behauptet, von dem er behauptet, dass dieser in einem freien Diskurs der Meinungen sich bilde und von da her als Volkesmeinung alias Volkeswille die Politik bestimmen könne. Das wird nun mal unter Demokratie verstanden. Auch wenn sie fast immer nur als Volksherrschaft des Kapitals vorkommt.

Die Volksherrschaft des Kapitals

Die Meinungen mögen so frei geäußert und gebildet sein, wie sie wollen. Doch jede Freiheit hat nun mal ihre Grundlagen im Notwendigen. Sie beruht auf dem Reichtum, den eine Gesellschaft für sich besitzt. Von daher ist auch die Form bestimmend, in der dieser Reichtum erzeugt und bewahrt wird. Hiervon abgehoben durch Meinen und Dafürhalten bewegt die Politik sich als reines Willensverhältnis immer nur zwischen den Welten. Mal bezieht sie sich auf die schier unendlich scheinende Freiheit, mal auf die blanke Notwendigkeit des Daseins. Zwischen den Welten ist Politik letztlich eine Glaubensfrage, die hie und da mit funktionalem Wissen aus den bürgerlichen Wissenschaften durchtränkt wird. Im Grunde werden vom Wähler nur Tendenzen entschieden, die einander ausschließen und daher zwischen Regierung und Opposition in den Parlamenten der repräsentativen Demokratie ihre Kür laufen. Auf den bloßen Fortschrittsglauben des Liberalismus reagiert der Faktenglaube des Konservatismus mit unabdingbarer Stringenz. Was der eine lässt, muss der andere tun, damit sich der politische Zweck eines ganzen wirtschaftlichen Verhältnisses der Warenproduktion allgemein erhalten kann. Geld ist eben das allgemeine Bindeglied der Politik, das Medium des allgemein Möglichen. Und deshalb muss man sich zu allererst um Geld kümmern und sich über die Vorstellungen des Möglichen auseinandersetzen. Demokratie ist eben doch mehr oder weniger eine Glaubenssache demm ein politisches Verhalten zu den Notwendigkeiten der Gegenwart. Und deshalb sind es auch nur Dafürhaltungen und Meinungen über die Möglichkeiten der Zukunft, durch welche die politischen Repräsentanten der Bürger gewählt werden. Wie sie dem Wähler erscheinen, wie seine momentane Verfassung ihnen entgegenkommt, so werden sie als Vertreter seiner Meinung erkoren, die dann durch sie zu einem politischen Willen von eigener Natur wird. Das eben meint ja auch Repräsentation im Unterschied zu einem imperativen Mandat, bei welchem die Politiker reine Dienstleister der Bevölkerung wären.

Für die Politik ist die Zukunft ja sowieso immer gegenwärtig - vor allem für die politische Klasse, für die Elite der Entscheidungsträger. Wie von selbst wird sie zur Zukunft dieser Klasse, in der man nach der Wahl ja auch unter sich ist. Da sind dann vor allem die politischen Parteien zur Kungelei in den Parlamenten angehalten. Und die fragen natürlich auch immer wieder mal nach, was das Kapital für seine Zukunft so nötig hat, denn das vor allem macht ja ihre Zukunft aus: Die Zukunft der Geldverwertung. Nicht nur in der Planwirtschaft gilt die zukünftige Entwicklung als Maß der gegenwärtigen Notwendigkeiten. In der sogenannten freien Marktwirtschaft ist der Vorschuss von Geld in Investitionen, die für zukünftige Entwicklungen gedacht sind, die absolute Notwendigkeit des Kapitals. Lediglich die Form der Planung unterscheidet zwischen der Wirtschaftsform, die dem sogenannten Realsozialismus zugerechnet wird und der anarchischen Form der Kapitalwirtschaft. Ist jene gesellschaftlich, so ist diese privat. Beiden gemein ist, dass Politik nur eine Eigenschaft der Kapitalwirtschaft ist, sei es in der Form einer Partei oder in der Form eines Bankenwesens. Solange Wirtschaft nicht als Eigenschaft der Politik selbst betrieben wird, wird dies auch so bleiben. Weder im Kapitalismus noch im bisherigen Sozialismus hat es je eine wirtschaftliche Politik gegeben, eine Gleichzeitigkeit von wirtschaftlich Notwendigem und politisch Gewollten. Ist hier der Entscheider über die wirtschaftliche Entwicklung das Kapital, das sich aus der politischen Form des Privateigentums begründet, war es dort eine politische Partei, die über das Gemeinwohl einer Wirtschaft verfügen wollte, das sie in einem Arbeiter- und Bauernstaat erfüllt sah. Die Trennung von Wirtschaft und Politik wird in beiden Fällen nur formal aufgehoben; für sich dominiert jeweils das darin angelegte Ziel, in welchem bestärkt wird, für was es taugen muss und also nur immer mächtiger und einseitiger werden kann. Wird das Gemeinwohl als Ziel einer politischen Haltung bestimmt, so entsteht der Absolutismus einer Gemeinschaftsmoral; wird das Privateigentum als Ziel der Wirtschaft bestimmt, so entsteht ein Absolutismus der Individualverfügung, also der Kapitalwirtschaft. Der Zweck der so gewählten Staatsgewalt wird immer das angesetzte Ziel bedienen müssen, solange das politische Gemeinwesen vom wirtschaftlichen getrennt ist, getrennt, und doch im Geld vereint.

Von daher wird auch jeder Wille bewusst oder unbewusst daran bemessen, was dieses Ziel ist. Im Kapitalismus entspricht eben dem Geldverhältnis die bloße Repräsentation dieses Willens. So abstrakt seine Beziehungen sind, so ungefähr bleibt auch die als politischer Wille repräsentierte Meinung. Obwohl es heißt, die Repräsentanten wären doch durch das sogenannte Volk gewählt, also bestimmt worden und deshalb würde von den Regierungen eben auch nur ausgeführt, wie sie eben gewählt wurden, so ist doch auch schon augenscheinlich klar, dass die Staatsgewalt sich nach dem richtet, was ihr ganz allgemein als notwendig erscheint, was also ihr Ziel ist, wie es dieses auch schon war, bevor die Bürger an die Urnen gingen. Der Staat hat sich eben um das Funktionieren der allgemeinen Notwendigkeiten zu kümmern und das ist an erster Stelle das Geldverhältnis, das zur Verwertung von Kapital nötig ist. Von daher repräsentiert der Staat immer vor allem die Notwendigkeiten der Geldbesitzer, von dem die arbeitenden Menschen abhängig sind, die auf Dauer nur ihre Arbeitskraft besitzen. Er war schon immer der Staat einer Klassengesellschaft, weil nur eine Klassengesellschaft ein gegen sie selbständiges Gemeinwesen nötig hat, welches deren Mängel zum Funktionieren des Ganzen immer wieder wenden muss, mal die Bschäftigung fördert, um weniger soziale Probleme zu haben, mal den Konsum, um Absatzschwierigkeiten auszugleich, immer aber vor allem das Geld, durch dessen Wert allein das Verhältnis aller geregelt und bemessen ist.

Und dieses letztre hat sich inzwischen zumindest hierzulande zu einer Staatsnotwendigkeit der Verschuldung und Verpflichtung seiner Bürger entwickelt, wie sie eigentlich niemand wollen kann. Das Kapital hat den Staat feudalisiert und von daher ist die Politik selbst zu einem Vollstrecker der Staatsverschuldung geworden, zu einem Geldeintreiber, der sich aus dem Zwang seiner Sache heraus gegen seine Bürger verhalten muss, die erwarten, dass ihr Beitrag an den Staat ihrem wirtschaftlichen Vorwärtskommen dient. Aber ihre Steuern zergehen vor allem in der Systemerhaltung einer Geldwirtschaft. Selbst in den USA gehen in den Schuldendienst schon 94,5 % des Staatshaushalts ein; in Griechenland sind es wenig mehr, nämlich 95 % (so Professor Wolfgang Gerke in Phoenix am 10.10.2011). Darin spiegelt sich das Verhältnis von Geldwirtschaft und Realwirtschaft, deren Warenwerte nur zu 5% die zirkulierenden Geldwerte darstellen kann. Geldwirtschaft hat ihre wesentliche Substanz, die menschliche Arbeit, längst verloren und greift nach allem, was ihr zwischen die Finger kommt, um damit ihre Löcher zu stopfen. Man kann gegen Hartz IV sein, gegen Krieg oder gegen Atomkraft oder gegen Genfood und vieles mehr; es ändert sich im kapitalistischen Wirtschaftssystem nur dann etwas, wenn es entweder wirtschaftlich gleichgültig ist oder wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse dahin entwickelt haben, dass eine Veränderung auch der Geldwirtschaft zum Nutzen gereicht.

Was hat die Kapitalwirtschaft und was die Verfassung des Staates inzwischen aus dem Leben der Menschen gemacht, wenn sie darin nur noch wie Figuren der Geldwirtschaft funktionieren können, wenn sie den Sinn ihrer Arbeit nicht mehr erkennen können, und wenn sie für ein Geld tagtäglich ihre Lebenszeit verausgaben, dessen größter Wertanteil immer wieder vor ihren Augen zerplatzt? Was meinen die Menschen wirklich, wenn sie zur Wahl gehen? Stellen sie damit wirklich ihren guten Willen dar, der die Welt verändern soll? Meinen sie, dass sie das Gute wählen, um aus dem herauszukommen, was ihnen als Schlechtes widerfährt (7)? Als politisch gemachter Wille ihrer Meinungen wurde das jeweils Meinige, der Privatbesitz, zur Quelle aller Politik, zu einem politischen Willen, der damit auch nur im allgemeinen Maß der Besitzenden gesellschaftlich werden kann. Und als dieses Maß entwickelt sich durch die Repräsentative Demokratie, die eine Volksherrschaft des Geldbesitzes ist, auch nur die politische Kultur des Geldes.

Die politische Kultur des Geldes

Ein Wille bestimmt sich immer zunächst mal aus den Bedürfnissen der Bevölkerung, die sie aus den Notwendigkeiten ihres lebens entwickeln. Es sind immer zunächst grundlegende Notwendigkeiten ihres Stoffwechsels, ihrer Lebensvermittlung und ihrer Kultur, den Nöten, die sie durch ihre Arbeit immer wieder wenden und zum Willen für den Aufwand und die Gestaltung der Arbeit entwickeln. Schon in dieser einfachen Beziehung zeigt sich, dass sich ihr Wille immer aus ihrem Verhältnis zur Arbeit und also immer gesellschaftlich entwickelt, wodurch die Menschen ihre Bedürfnisse verfeinern und ihre Arbeit durch ständige Fortentwicklung ihrer Produktionsmittel verbessern und erleichtern. Es ist doch vor allem ihre Wirtschaftsweise, in welcher sich ihr Wille erst bilden kann, der die Politik bestimmt, die Lebens- und Arbeitsweise der Menschen voranbringt. Das Selbstverständnis der westlichen Demokratie, die eine repräsentative ist und sich als Willensformation versteht, hat dies auf den Kopf gestellt. Da wird behauptet, dass die Politik selbst es sei, die sich aus einem unabhängigen Willen bilde und den gesellschaftlichen Fortschritt für die Menschen gestalte und sich in der Wirtschaft nur umsetze.

"In der Tat, man muss jeder historischen Kenntnis ermangeln, um nicht zu wissen, dass es die Regierungen sind, die zu allen Zeiten sich den wirtschaftlichen Verhältnissen fügen mussten, aber niemals die Regierungen es gewesen sind, welche den wirtschaftlichen Verhältnissen das Gesetz diktiert haben. Sowohl die politische wie die zivile Gesetzgebung proklamieren, protokollieren nur das Wollen der ökonomischen Verhältnisse." (K. Marx in "Elend der Philosophie", MEW 4, 109).

Politik kann nur ökonomisch sein, weil Ökonomie unmittelbar politisch ist. Der politische Zweck ist nichts anderes, als der ökonomische Zweck, der sich in der Geschichte der Gesellschaften herausgebildet hat. Und was bisher zwischen Politik und Wirtschaft getrennt und gegeneinander verselbständigt war, muss zu einer Einheit werden, um eine wirklich menschliche Gesellschaft befördern zu können. Das "Wollen der ökonomischen Verhältnisse" muss also selbst eine Eigenschaft der Politik sein, und diese müsste auch wirklich von den Menschen bestimmt sein, wenn sie die Menschen weiterbringen soll. Ihr Wille gründet auf den Bedürfnissen, für welche sie die Aufwendungen erbringen, welche die Arbeit zur Erzeugung ihrer Lebensmittel nötig hat und welche ihr Leben bereichert. Das macht ihre Kultur aus. Solange dies aber nicht in gesellschaftlicher Einigkeit gelingt, wird sich der sogenannte freie Wille nur als Wirtschaftsmacht des allgemein politischen Mediums gegen die Bedürfnisse der Menschen verhalten, die Bereicherung der politisch Mächtigen gegen das Leben der wirtschaftlich Tätigen betreiben. Wer Geld besitzt, der hat eben auch das gesellschaftiche Faustpfand über alle möglichen Produkte in der Tasche. Und solange er es festhalten kann, solange er es nicht für sein Leben ausgeben muss, bleibt er Geldbesitzer und wird mit der hierdurch erworbenen gesellschaftlichen Macht natürlich nur das tun, was für ihn genehm ist, was also sein Bedürfnis gegen die Bedürfnisse der Besitzlosen und also auch sein Machtbedürfnis befriedigt, das Bedürfnis, etwas für sich zu haben, um gesellschaftlich unbetroffen vom Bedürfnis der anderen über seine Sache walten zu können.

Durch das Anwachsen der Geldmengen wird das wirtschaftliche Wachstum, das die Entwicklungen der Gesellschaften schon immer ausgemacht hat, zu einem reinen Wertwachstum. Wirtschaftlich war die Verbesserung ihrer Arbeit und deren Effizienz, die Entwicklung ihrer Produktivkraft, schon immer die Grundlage aller menschlichen Geschichte (siehe historischer Materialismus) und also auch immer politisch und wurde daher in politischen Kämpfen ausgetragen, in Kämpfen zwischen den Klassen der Besitzenden und den Besitzlosen, den Menschen, die gesellschaftlichen Reichtum festhalten können und denen, die nur ihre Arbeitskraft besetzen, um sie ihren Lebenserhalt zu verkaufen.

Das wirtschaftliche Wachstum sollte eigentlich einhergehen mit den gesellschaftlichen Veränderungen in den Lebensverhältnissen der Menschen, war aber zugleich immer von ihrer politischen Form beherrscht, die sich in ihrer Verselbständigung über diesen igegen das wirtschaftliche Potenzial der Gesellschaft richtete. Durch die Veränderungen der Produktivkraft, also durch die wirtschaftlichen Umstände der Gesellschaft wurden die politisch herrschenden Klassen in Frage gestellt. Sie wurden dann auch politisch überwunden, wenn ihre Legitimation, ihre ideologische Selbstbestärkung, durch das Bewusstsein der Menschen, das Wissen der Menschen um ihr wirkliches Sein, verworfen worden war. Hatten sie ihr wirkliches Lebensverhältnis als ihre Kultur begriffen, die von einer überkommenen Macht beherrscht ist, so hatte dies auch die Veränderung ihrer Kultur durch ihren politischen Kampf zur Folge.

Unter der Bedingung des Geldverhältnisses kann Geld nur Kapital sein, weil es die gesellschaftliche Produktivkraft in die politische Macht des Geldes zum Zweck seiner Selbsterhaltung und Verwertung formatiert. Es die allgemeine Wirtschaftsmacht, welche alles Einzelne gesellschaftlich beherrscht, wiewohl es seine Macht nur aus den Einzelnen bezieht. Es besteht zum Nutzen der Agenturen die von der Zersplitterung der Gesellschaft zehren und es verabsolutiert die Macht der Grundbesitzer, die das Diktat für alle Preise inne haben, weil sie die wahren Monopolisten der Marktwirtschaft sind. An den Börsen des Aktienmarktes zegt sich, wie die Erwartungen der Geldbesitzer aussehen. Doch der Geldbesitz stellt sich dort auch selbst als ein allgemeines Fiasko heraus, wenn seine Fiktionen sich lediglich verwetten lassen und die wirklichen Lebensverhältnisse der Menschen aufs Spiel setzen. Die Geldverhältnisse haben ein Stadium erreicht, worin sie als Diktatur des Kapitals ganz augenscheinlich zu Tage treten und ihre politisch bemühten Selbstbestätigungen als reine Ideologie des Geldnutzens erkennbar sind. Die Finanzwirtschaft wird so unnütz, wie es Geld eigentlich auch schon für sich ist, wenn es die Preise bestimmt. Die Nützlichkeit des Geldes als Zahlungsmittel steht daher selbst in Frage, weil diese nur darauf beruht, dass die isolierten Einzelheiten noch keine menschliche Beziehung verwirklichen können, weil sie noch keine andere gesellschaftliche Form haben, so dass sie wie selbständige Teile fungieren, deren Ganzes eine schlichte Illusion ist.

Illusionen verschleiern die wirklichen Verhältnisse und überdecken sie durch den Widerschein des Glanzes ihrer Ideale, bereiten einen Himmel auf Erden, wo die Erde zur Hölle wird. Als Nebelwolken einer kultivierten Vorstellungswelt entsprechen sie durchaus den Verkehrungen, die ihre Wirklichkeit im Schein eines gesellschaftlichen Zusammenhangs widerspiegelt, gerade weil sie nur aus abstrakt vermittelten Teilen besteht, in denen das Ganze nur scheinhaft sein kann (8). In der Ideologie verhärten sich die Verhältnisse und verschaffen sich ihre geistige Fixation in den Köpfen der Menschen. Dort erscheinen sie subjektiv als Begründung eines politischen Willens, der selbst als Medium der Politik verwendbar ist, indem er dem isolierten Einzelnen eine allgemeine Idealität zuweist. Er lässt sich gerade darin durch seine Unscheinbarkeit leicht popularisieren, wenn er nicht sachlich aufgeklärt wird, wenn er nicht als Reaktion auf die Krise eines ganzen gesellschaftlichen Lebensverhältnisses erkannt wird (9).

Politik und Ideologie

Was die Bürger unter Demokratie verstehen wenn sie ihre Staatsvertretung wählen, was dereinst in der Aristokratie Griechenlands zur Grundlage der abendländischen Politik herausgebildet wurde, ist eine duch die Menschen selbst bestimmte Verfassung, die ihre Rechte, ihre Regierung und ihre Staatsgewalt umfasst. Es ist die Vorstellung, dass das Wort die Tat bestimmen würde, so wie es auch die Grundlagen des christlichen Selbstverständnisses sind, das auf die Ursprünglichkeit des Gesetzten verweist: "Geschrieben steht, im Anfang war das Wort" und das Wort war schon Gesetz. Die Sprache gilt damit selbst als das politische Medium, das Palaver in den Parlamenten als Ursprung aller Geschichte. Und der Wortlauf des Gesetzes, das hieraus gebildet wird, erscheint dann als bloße Willensäußerung, wie sie in der Vorstellung auch durchaus entsteht, wiewohl sie vor allem gesellschaftliche Notwendigkeiten formuliert. Darin selbst repäsentiert sich nur die Form, worin eine Gesellschaft ideell, also in der Vorstellung zusammengeführt wird, die also keinen realen Zusammenhang formulieren muss, weil dieser schon blindlings darin beinhaltet ist. Doch wer würde gerne schon die Raelität aussprechen, dass es lediglich Geld ist, das uns regiert?

Der Staat bezieht sich daher auch besser auf ein illusionäres gesellschaftlichen Ganzes. So wird Ideologie selbst zu einer ideellen Macht im Staat. Von daher entspricht sie auch unmittelbar und allgemein dem Geldverhältnis, durch welches die zerteilten Arbeitswelten abstrakt vermittelt sind. Als selbständige politische Institution bezieht der Staat daher aus ihr seine tragende politische Kraft, Die Ideologie wurde durch ihn zum Medium der Staatsgewalt. So war es von Friedrich Engels 1884 auch begriffen worden:

"Im Staate stellt sich uns die erste ideologische Macht über den Menschen dar. ... Der Staat aber, einmal eine selbständige Macht geworden gegenüber der Gesellschaft, erzeugt alsbald eine ... Ideologie. Bei den Politikern von Profession, bei den Theoretikern des Staatsrechts und den Juristen des Privatrechts nämlich geht der Zusammenhang mit den ökonomischen Tatsachen erst recht verloren. Weil in jedem einzelnen Falle die ökonomischen Tatsachen die Form juristischer Motive annehmen müssen, um in Gesetzesform sanktioniert zu werden, und weil dabei auch selbstverständlich Rücksicht zu nehmen ist auf das ganze schon geltende Rechtssystem, deswegen soll nun die juristische Form alles sein und der ökonomische Inhalt nichts. ... Noch höhere, d. h. noch mehr von der materiellen, ökonomischen Grundlage sich entfernende Ideologien nehmen die Form der Philosophie und der Religion an. Hier wird der Zusammenhang der Vorstellungen mit ihren materiellen Daseinsbedingungen immer verwickelter, immer mehr durch Zwischenglieder verdunkelt. Aber er existiert."
(Friedrich Engels in MEW 21, S. 302)

Solange Demokratie als politische Elementarform des Staats nur sprachlich existiert, nur Diskurs, also nur repräsentativ ist, erfährt sie ihre Kehrseite, sobald die Ökonomie ihre Kehrseite zeigt. Sie kann sich aus der Zukunft begründen, wenn die Ökonomie keine Zukunft mehr beweisen kann, und sie begründet sich aus der Vergangenheit, wenn die Ökonomie ohne Geschichte erscheint. Progressive oder konservative Politik sind die Formen, worin die Lage der Ökonomie sich spiegelt und politisches Handeln verlangt. Von daher stellt sich das allgemein Notwendige der Ökonomie in der repräsentativen Politik immer in einer Idealisierung dar, im Brennpunkt eines Ideals, das in Wirklichkeit gebrechlich, zugleich also die ideelle Negation einer gebrochenen Wirklichkeit ist: Ideologie. In der Vorstellung wird dadurch aufgelöst, was in Wirklichkeit nicht sein kann, weil in dieser nur sein kann, was nicht gewollt ist. Ideologie ist der idealisierte Wille einer Gesellschaft, die in ihrer Wirklichkeit nicht gesellschaftlich ist. Es sind Gedankenabstraktionen, in denen sich die konkreten Verhältnisse nur spiegeln, weil sie damit ihre Kehrseite abwenden können. Ihre Freiheit ist die Kehrseite der Abhängigkeit, von der sie zehren; ihre Gleichheit ist ist die Kehrseite der Klassengegensätze, auf denen sie beruhen und ihre Solidarität ist die Kehrseite der Ausbeutung, die sie betreiben.

Die Idealisierungen sind also selbst schon Ausdruck realer Verhältnisse und haben darin ihre Funktion im Zusammenhalt zerteilter Wirklichkeiten, der Trennungen, welche die Teilung von Produktion und Konsumtion, die Teilung der Arbeit mit sich bringt. Ideell wird zusammengeführt, was in Wirklichkeit getrennt ist. Und zugleich zeigen die unterschiedlichen Ideale, was sie verkehren sollen, woraus sie begründet sind, was sie aber in der Verkehrung, in der Negation ihrer Wirklichkeit nicht wirklich sein müssen. Kollektivismus beruht zum Beispiel auf stillschweigenden Individuen, die das Gemeinwesen durch ihre Arbeitsleistung am Leben halten, um darin für sich auszukommen, Individualismus beruht dagegen auf einem stillschweigenden Kollektiv, welches den allgemeinen Geldwert erzeugt, durch den sich isolierte Individuen auf ales mögliche frei beziehen können. Das Ganze besteht durch die Negativität der Beziehungen im Allgemeinen, weil es die Kluft zwischen allem auflöst, die Kluft zwischen den Individuen und der Gesellschaft, die sich in ihrem Gegensatz bestärkt und damit den Zusammenhang der Teile im Ganzen schwächt. In ihrer Beziehung sehen sie zugleich von einander ab und beziehen daher nur abstrakt aufeinander, was ihnen konkret nötig ist. Damit ist alles geteilt, was zusammengehört und alles verbunden, das von einander absieht, was zu einander gleichgültig ist. Es ist ein Widersinn: Die Teilung beherrscht das Ganze, wiewohl die Teile durch das Ganze nur bestehen können.

Es ist eine altbekannte Weisheit des politischer Diktats: Teile und herrsche! Füge zusammen, was du getrennt hast. Sorge dafür, dass auseinander gerät, was zusammen ist, dann kannst du alles beherrschen, was nicht für sich sein kann. Herrschaft beruht auf dem Bruch der vielfältigen Bezogenheit, denn nur hierdurch wird mächtig, was ohne Beziehung ist. In der Abstraktion erfüllt sich formell, wovon inhaltlich abgesehen wird, und teilt sich, was die substanzielle Beziehung ausmacht. Die Teilung besteht aus einer fortwährend sich erneuernden Abstraktion, die nicht nur ideellen Zusammenhalt stiftet, sondern auch reellen, sobald sie dessen Form bestimmt. Sie existiert in fortwährender Beziehung und Trennung zugleich, in einer getrennten Beziehung, die nicht konkret sein kann, weil sie selbst widersprüchlich ist. Von daher entspricht die Macht der Form der Ohnmacht der inhaltlichen Beziehung. Der Widerspruch von Form und Inhalt ist fundamental für das Wertverhältnis des Kapitalismus, das nichts anders als ein verselbständigtes, also absolut gewordenes Quantum von gesellschaftlichen Bezogenheiten jenseits der Menschen ist, ihre in ihrer Form verkehrten Gesellschaftlichkeit. Darin erscheinen die "unmittelbar gesellschaftliche Verhältnisse der Personen ... als sachliche Verhältnisse der Personen und gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen" (Marx-Engels-Werke Bd.23, S. 88) (10).

Geld und Ideologie haben in dieser Verkehrung dieselbe Wurzel. Geld ist nicht einfach ein Zahlungsmittel, sondern das abstrakte Quantum eines politischen Verhältnisses, des Verhältnisses von Privatarbeiten, also gesellschaftlich von einander getrennter Güterproduktionen, deren konkrete Qantitäten durch Geld gleichgültig geworden sind. Ideologie ist nicht einfach eine Idee davon, was die Menschen füreinander sein könnten, sondern eine wirtschaftlich begründete Sehnsucht, in welcher die wirtschaftliche Isolation der Menschen voneinander, ihre in gleichgültige Privatheiten zerfallene Gesellschaft alsHoffnung einer Verbindlichkeit gewendet ist, die einen ideellen Vertrag darstellt: Seit einig, solidarisch, so werdet ihr auch frei sein. In der Abstraktion dreht sich Politik und Wirtschaft im Kreis, indem sich darin im Jenseits der konkreten Verhältnisse ergänzt, was in Wirklichkeit nicht möglich ist. Wie ein objektives Sollen bestimmt sie die gesellschaftichen Zusammenhänge, während die Menschen ihren Willen als ihre Subjektivität hiergegen repräsentieren. Repräsentative Demokratie versammelt ihren Willen im Parlament (11). Aber in der bloßen Repräsentation können sie keine Subjekte ihrer Geschichte werden, weil sie ihren Willen darin lediglich idealisieren.

Repräsentative Politik ist die Macht des idealisierten Ganzen

Tatsächlich hat ein völlig unbestimmter und also ungebundener, ein unbezogener Wille ein hohes Maß an Freiheit. Doch wenn er sich von seinen Voraussetzungen, den Notwendigkeiten der ökonomischen Verhältnisse ablöst, wird er von ihnen auch früher oder später hinterrücks von ihnen erschlagen. Das bloße Dafürhalten setzt immer eine Gegebenheit voraus, und wenn sich darin eine Wille formulieren sollte, so doch nur ein sehr einseitiger, ein Wille, der auf einem Grat zwischen Freiheit und Notwendigkeit zu einer Seite neigt. Solche Gratwanderung ist sehr aufreibend und die demokratisch behauptete Repräsentation der Willensverhältnisse erweist auf Dauer immer wieder schnell, dass ihre Wahrheit in der Präsentation der ökonomischen Notwendigkeiten und Pflichten des Staates liegt. Die quantitativ vorherrschende Meinung des Dafürhaltens durch Ankreuzung einer politischen Person oder Partei bezieht sich immer auf das, wovon sich Repräsentation entfernt und eine eigen politische Klasse bildet. Sie ermittelt im Dafürhalten immer nur eine Seite, welche sie für ihre Geschichte gutheißen will. Dies beinhaltet zugleich auch eine Dagegenhaltung: Regierung und Opposition, die sich im parlamentarischen Palaver über ihre Entscheidungen streiten, ohne deren Notwendigkeit auseinandersetzen zu müssen. Sind sie erst einmal gewählt, so regelt sich das Verhalten der in der Wählermeinung gefundenen Mehrheiten durch das sogenannte Gewissen der Gewählten, der zur politischen Klasse Erwählten. Und kaum haben die begriffen, dass sie nun eine Klasse für sich bilden, passiert dann schon gleich so allerlei. Als Agenten des Staates tun sie vor allem, was dieser will, soweit sie es vertreten können, soweit sie also die Wählermeinung nicht fürchten müssen, weil sie diese noch beeinflussen können (12). Der Bruch zwischen Staatsideologie und Staatswirklichkeit wird nur sichtbar, wo das Auseinanderfallen des Meinen und Müssens spürbar wird, was dann eben den Untergang des freien Willens ausmacht.

Ein Wille steht an und für sich dafür, dass er im Vorhinein eines Ereignisses dessen Werden bestimmt und entscheidet. Doch der bürgerliche Wille kann erst im Nachhinein der politischen Ökonomie entstehen, weil diese immer erst nach der Produktion über das Nötige reflektieren kann, weil sich das Wohl oder Wehe der kapitalistischen Verhältnisse auch immer nur im Nachhinein ihrer Verwertung als Verwertungslage auf den Märkten darstellt. Ein solcher Wille ist Ausdruck ihrer anarchischen Politik, die sich an den Risiken der Marktwirtschaft festmacht und daher vor allem deren Resultate zu bewältigen hat. Das Willensverhältnis steht damit Kopf: gewollt wird, was dem objektiv Nötigen, dem Sollen der allgemeinen Verhältnisse entspricht. Der politische Wille des Staates und seiner Repräsentanten besteht daraus, die Mängel ihrer Wirtschaftsweise unentwegt zu beseitigen, um die Privatwelten für die Verwertung bereit und fitt zu halten. Es ist das allgemeine Prinzip der kapitalistischen Gesellschaft, dass gesellschaftlich verfügbar sein muss, was privaten Ertrag bringt. Die bürgerliche Demokratie ist daher schon in ihrem Ansatz die Volksherrschaft des Kapitals (siehe meinen Artikel vom April 2009). Diese Verkehrung der allgemeinen Notwendigkeit von Sachgewalten zu einer allgemeinen Willensformation des Kapitals ist nicht neu.

Die Menschen mussten schon immer - wie jedes Naturwesen auch – die Notwendigkeiten ihres Stoffwechsels bewältigen und konnten sich dennoch immer auch frei hierzu verhalten in der Art und Weise, wie sie das tun, um die Natur selbst zu ihrem Werkzeug und zu ihrer Kultur zu machen. Freiheit und Notwendigkeit sind die wesentlichen Momente der menschlichen Geschichte (siehe historischer Materialismus). Entscheidend in dieser Geschichte war die Entwicklung der Produktivität der Arbeit und die Verfügung über die Produktionsmittel. Und die Freiheit war bisher immer nur auf der Seite der Mächtigen, die Notwendigkeit auf der Seite der Ohnmächtigen. Was können die Repäsentanten dann eigentlich repräsentieren? Was können sie denn wirklich entscheiden, wenn die Notwendigkeiten des Handelns gegeben sind? Die Ideale sind davon abhängig, welche Auffassung zur Lösung anstehender Probleme nach ihrem Auftreten der Mehrheit der Wähler nötiger erscheint, ob eher das Geld zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität, oder eher der Zwang, die Verschärfung der Ausbeutung weiterführen soll und kann (13). In jedem Fall repräsentiert sich darin nur die Vergangenheit.

Aber die Freiheit gibt es schon im Vorhinein. Der Wille mag dort frei erscheinen, wo er von seinen Konsequenzen frei gestellt ist. Aber auch in der Trennung von seiner Wirklichkeit bleibt er doch die Freiheit des Handelns im Notwendigen. Die Trennung von Freiheit und Notwendigkeit macht seinen Glanz und für das praktische Leben der Menschen erscheint er in diesem auch absolut. Freiheit rufen sie, wenn sie unter ihrer Not leiden und sie wenden diese durch das Geld, das sie in ihrer Not erzeugen. Es macht sie umso abhängiger, je isolierter sie in ihrer Gesellschaft leben und die Isolation verstärkt den Schein, den das Geld als gesellschaftliches Mittel und Wahrzeichen hat. Die Macht des idealisierten Ganzen wendet sich gegen das praktische Leben der Menschen nicht durch ein Diktat, sondern durch ein Versprechen, mit dem sie sich in den Teufelskreis der Geldverwertung einlassen: Mit Geld lassen sich alle Probleme lösen. Es sei das Mittel aller Notwendigkeiten, die Notwendigkeit über all, wo es Not tut. Geld wird im Schein seiner Ungebundenheit zum Befreiungsmittel, das alles an sich bindet, was in Not ist. Und über die Not im Allgemeinen wird im Parlament von den Repräsentanten des "freien Willens" dann auch eifrig palavert, sodass sie auch prinzipiell auflösbar erscheint - wenigstens solange das Geld als Geld noch funktioniert.

Die Geldform der Wirtschaft und ihre politische Form als repräsentative Demokratie verhalten sich zueinander in einer negativen Ganzheit, die nur einen ideellen Zusammenhang hat und daher durch die Ideologisierungen des Bewusstseins zusammengehalten wird. Diese Form des wirtschaftlichen Produkts und diese Form der Demokratie entwickelte sich eben in ihrer Getrenntheit von ihrem Ursprung und so trennen sie sich daher auch von den praktischen Lebensinteressen der Menschen. Solche Demokratie ist aber nicht irgendein ideologischer Überbau, der pure Fantasie wäre; sie ist eine für die Verwertung von Geld notwendige politische Form, durch welche die Menschen darüber bestimmen können, welchen Mangel sie mit welcher Idee zu beheben trachten. Sie ist die Brücke scheinhafter Selbstbestimmung, welche das Wertwachstum als Gemeinwohl ausgibt, um seine Abstraktion zu bestärken. Die Vorstellung, dass es ein Wohl aller durch die ideelle Behebung der gesellschaftlichen Mangelerscheinungen gibt, macht die Vorstellung der sozialen Marktwirtschaft, die Vorstellung ihrer Wohlfahrt aus. In der zur Wohlfahrt Idealisierten Notwendigkeit bekommt das Geld dann doch seinen Glanz im Nachhinein, um als allgemeines Mittel für die Gestaltung der Zukunft Hoffnung zu machen. Der Kreis schließt sich dann und der Geldvorschuss gilt als endloses Mittel der Bereicherung aller, nur weil die Freiheit von aller Notwendigkeit in ihm kultiviert erscheint und schließlich auch zu ihrem Kult wird.

Die fundamentale Zerteilung der gesellschaftlichen Synergie

Not macht erfinderisch, Geld macht krank. Befreit von dem, was konkret Not tut, wird immer mehr Geld nötig, um die Probleme des Geldes zu lösen. Es ist nicht erst der Finanzmarkt, der dem Warenmarkt den Wert entzieht, nicht einfach nur die Gier der Banken und Kapitalisten und Geldanleger. Es steckt im Geld selbst, dass es immer wieder seinen Wert verliert, wenn seine Zirkulation ins Stocken kommt. Immer mehr Geld entzieht dem Leben immer mehr Substanz, weil es die Wirtschaft nur benutzt, um seine gesellschaftliche Macht zu verabsolutieren. Und es muss absolut sein, weil es permanent verwertet werden muss, wenn sein Wert erhalten bleiben soll. Es ist die Absurdität des Geldes selbst, wenn es festgehaöltem wird, wenn es aufgeschatzt wird und es muss aufgeschatzt werden, um die Vorschüsse zu leisten, die der Kapitalismus als orschuss in seine Produktion nötig hat. Das Wertwachstum treibt das Wirtschaftswachstum daher auch substanziell in den Wahnsinn. Der Zweck zerstört das Mittel, Was Fortschritt war, wird zur Bedrohung der Menschheit. Die Produktivität selbst wird reaktionär. Man könnte meinen, wir sind nun in einer schlechten Unendlichkeit angelangt. Doch diese kann in Wirklichkeit nicht von Dauer sein. Die Ausbeutung von Mensch und Natur hat ihre Grenze und die zeigt sich im Schwinden der Profitrate, die den Erfordernissen der Verwertung, also dem kapitalnotwendigen Verhältnis der Mehrwertrate nicht dauerhaft folgen kann (siehe tendenzieller Fall der Profitrate). Zuviel Kapital (siehe konstantes Kapital) wird anteilsmäßig von immer weniger Arbeit (siehe variables Kapital) bewegt.

Es handelt sich um einen Widerspruch in dem was der Trieb des Wertwachstums ist, der in Wirklichkeit sich nicht unendlich realisieren kann. Ein solcher Widerspruch lässt sich nur aufheben, wenn das Verwertungsprinzip selbst aufgehoben wird, wenn also das ganze Wertverhältnis des Kapitalismus überwunden wird. Aus diesem Widerspruch erschließt sich das ganze Verhältnis und also das, was wirklich nach Aufhebung drängt. Um auf den Kern des gesellschaftlichen Problems zu kommen, das die Ökonomie des Kapitalismus im praktischen Leben der Menschen substanziell aufwirft, muss der geschichtliche Kern seiner Dialektik begriffen sein, die ja im Grunde nur die Logik seines Widerspruchs beschreibt. Ihre Basis ist, dass alles in einem Zusammenhang steht, auch wenn es nur für sich steht und sich selbst widerspricht. Gleich, ob dieser Zusammenhang nun wirklich konkret da ist oder nur abstrakt; er macht etwas Ganzes aus, zu dem alles strebt und sich alles vereint, was seine Kraft und Energie aus dem Zusammenwirken mit anderem gewinnt. Es ist die Grundlage jeder Geschichte und der Gesellschaft, dass das Einzelne für sich nicht wirklich sein kann, dass es sich aus einer Synergie erneuert und begründet, aus der Kraft eines Ganzen, die größer ist, als die Summe der Teile, größer als die Summe der Einzelheiten, die sie in ihrer Allgemeinheit erbringen.

Synergie ist die Wirkung eines Ganzen, in welchem das ungebrochene Zusammenwirken der Teile sich wie ein Organismus verhält, eine Lebensform, die hohe Kraft und Eigenständigkeit aufweist und über die Borniertheiten isolierter Einzelheiten der toten Materie hinausgewachsen ist, sich differenziert und zu weiter entwickelten Lebensformen strebt. Von daher ist Synergie ein zugrunde legendes Streben der Natur, die Wirkung, die ein lebendes Subjekt hervorbringt, seine Intelligenz, durch die es sich bis hin zu einer menschlichen Gesellschaft entwickelt hat, durch die es schließlich selbst naturmächtig geworden ist. Es handelt sich hierbei nicht um eine bloße Form, sondern um eine substanzielle Wirkung des Lebens überhaupt, das schon in den einfachsten Zellen seine Entfaltung erstrebt und die in seinem Wachstum seine Geschichte ausmacht. Von daher ist Synergie auch als Entwicklung von lebender Materie begreifbar, die keinen Gott nötig hat, weil sie zur Natur intelligenter Lebewesen geworden ist. Synergie ist naturwüchsig und von daher organische Grundform des Wachstums überhaupt: Lebendiger Zusammenhang in der Wechselwirkung der Organe und Organismen. Dieser wirkt auch in den Formen des Lebens fort bis in das Gattungsleben der Menschen und die Form der menschlichen Arbeit hinein (14).

Die Notwendigkeiten des Auskommens der Menschen waren schon immer eine Klassenfrage und betraf vor allem die Abhängigen, die danach auch politisch danach behandelt wurden, was ihre Arbeit dem ganzen Kapitalverhältnis bringt. Die Freiheit der Verfügung hatten schon imer die, welche über die Mittel der Arbeit verfügten. Wenn man mal von ihrer politischen Macht absieht, so kann man sagen, dass das Mehrprodukt, welches die Arbeit schuf, lange Zeit als Investition in die Gesellschaft immer noch irgendeinen Sinn gehabt. hatte, wenn auch nicht unmittelbar für die arbeitenden Menschen, so doch für die Produktion selbst, z.B. als Minderung des produktiven Aufwands. Gesellschaft besteht und entwickelt sich aus dieser Mehrproduktion, auch wenn sie vor allem der politischen Herrschaft dient. Jeder Bauer weiß, dass sein Getreide oder sein Gemüse oder seine Milch oder sein Fleisch verdirbt, wenn es nicht in den Wirtschaftskreislauf eingeht, wenn sein Mehrprodukt nicht auf andere Mehrprodukte bezogen und vergesellschaftet wird. Er hat da keine Wahl und ist davon abhängig, wie diese Beziehung gelingt. Ebenso der Arbeiter auf der Baustelle und alle, die Arbeit leisten, einen Aufwand betreiben, damit ihnen die Produkte der Gesellschaft auch zur Verfügung stehen können. Alles geschieht in wechselseitiger Ergänzung für das Leben der Menschen - zum einen zu ihrer Reproduktion, zum anderen zu ihrer Entwicklung. Doch das Mehrprodukt der kapitalistischen Gesellschaft, das als Mehrwert fungiert, hat sie alle im Grunde arm gemacht, entweder zu Monokulturen vereinseitigt oder in eine Randgruppe verdrängt, die von der Geldwirtschaft beherrscht wird. Das hat nichts mehr mit Wirtschaft zu tun, die doch darauf beruht, höchste Effizienz in der Bildung des gesellschaftlichen Reichtums zu erzielen, die Aufwände der Arbeit zu mindern und deren Produkte an die Menschen zu ihrem Lebenserhalt und dem Fortschritt ihres Lebenstandards zu vermitteln.

Von daher hat sich die Geschichte der Menschheit auch nicht aus dem Tun und Lassen von einzelnen Menschen oder Gruppen ergeben, sondern aus ihrer Wirtschaft, durch welche ihre Synergie zu immer besseren Lebensformen gefunden hat. Indem die gesllschaftliche Synergie der Menschen ihre gesellschaftliche Kooperation voranbrachte, ihren Erfindungsreichtum in Werkzeuge wandelte und ihre Produktionsmittel wiederum zur Verbesserung ihrer Arbeitsweise nutze, die ihnen mehr Zeit für sich und die Muße einbrachte. Wirtschaft war schon immer das Haushalten der Kräfte zugunsten ihrer Effizienz, ihrer Wirkung und Wirklichkeit. Darin bestand auch schon immer eine konkrete Beziehung des Einzelnen zum Allgemeinen seiner Gesellschaft als ganzes Verhältnis, das allerdings noch nie ganz wirklich war. Das Individuum war schon immer in Gesellschaft, aber es war noch nie ein gesellschaftliches Individuum. Gesellschaft gab es überhaupt noch nicht wirklich, sondern immer nur im Widerstreit der Menschen, im Streit um die Verfügung ihrer Naturmächtigkeit, im Kampf um ihr Menschsein, um ihre gesellschaftliche Subjektivität. Es ist die Geschichte ihrer Naturmacht, ihrer Arbeit. Deren Synergie entspringt ihrer Bewirtschaftung.

Arbeit ist aber nur wirtschaftlich, wenn die Arbeitsmittel es sind. Mit der Geschichte ihrer Produktivkraft hatte die Geschichte der Arbeitsteilung begonnen. Und deshalb verkörperten die Arbeitsmittel immer die wirtschaftliche Produktivkraft der Gesellschaft. Mit ihr entstanden und vergingen deren Epochen, vom Stammeswesen bis zum globalisierten Kapitalismus, je nach der Form des Reichtums, den sie erzeugten. Er war immer das Produkt und der Stoff ihrer Entwicklung. Und sie waren nur so fortschrittlich, wie die Arbeitsmittel zu ihrer jeweiligen Form passten und wie die politischen Macht dem entsprach, mit der über sie verfügt wurde. Die politische Form und ihr ökonomischer Inhalt war in dieser Geschichte immer noch gegensätzlich bestimmt, getrennt nach Macht und Ohnmacht dieser Verfügung. "Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen" (MEW 4, S. 462). (15). Es war die Geschichte geteilter Welten der Arbeit, deren Synergie sich hinter formellen Gegensätzen dennoch immer durchsetzt, auch wenn sie geteilt und nur durch Abstraktionen vermitttelt sich vollzieht.

Eine Abstraktion ist zunächst ja nur eine Absehung von komplexen Zusammenhängen, ein Herausgreifen von Eigenschaften, über die man etwas abhandeln will. In der Wissenschaft ist dies eine allgegenwärtige gedankliche Praxis, über die nichts zu sagen wäre, wenn es Gedachtes, reine Vorstellung bliebe, wenn die Rückführung des Abstrakten auf seine Lebenswirklichkeit keine Folgen haben würde. Doch diese besteht eben in der Idealisierung, durch welche Abstraktionen sich totalisieren, als Welt für sich erscheinen und die Auftrennung ihrer Zusammenhänge zugleich bestätigen und bestärken, sich darin verselbständigen. Aber was hieraus entsteht ist nichts von dem, was Eigenschaft hat, was sich wirklich zu einer Beziehung eignet und sachlich konkret ist. Es ist etwas dem Fremdes, reine Form, worüber sich Eigenes in seiner isolierten Eigentümlichkeit und Natur nur für sich fremd auf anderes beziehen kann, also das Anderssein außer sich, sich entäußert erfährt.

"Die Teilung der Arbeit ist der nationalökonomische Ausdruck von der Gesellschaftlichkeit der Arbeit innerhalb der Entfremdung. Oder, da die Arbeit nur ein Ausdruck der menschlichen Tätigkeit innerhalb der Entäußerung, der Lebensäußerung als Lebensentäußerung ist, so ist auch die Teilung der Arbeit nichts andres, als das entfremdete, entäußerte Setzen der menschlichen Tätigkeit als einer realen Gattungstätigkeit oder als Tätigkeit des Menschen als Gattungswesen." (Marx-Engels-Werke Bd.40, S. 557)

Wenn eine Abstraktion Gegensätze überbrückt, die unbezogen erscheinen, so entsteht daraus aber auch etwas Neues, etwas, worin diese Gegensätze qualitativ aufgehoben erscheinen: Eine abstrakte Identität. Diese ist zunächst eine reine Quantität dessen, was sich darin eigenschaftslos vereint, abstrakte Substanz, die über jeden Inhalt hinweg verbleibt. Als Substanz einer Beziehungsform jedoch vereint sie Quantitäten, die aus ihrer Unwirklichkeit bestimmt sind, aus dem Unvermögen der Gegensätze, wirklich zu sein, aus ihrem Widerspruch. Vereinte Gegensätze, die nicht wirklich gegensätzlich sein können, werden so zu einer Größe, die ihren Mangel, ihr Unvermögen, selbst wirklich und wirksam zu sein, reflektiert. Das Unvermögen, das Nicht-sein-können, - also die bloße Negation – hat abstrakt und für sich genommen wiederum eine Wirkung, in der es als Abstraktion Substanz gewinnt, selbst etwas wird, das an und für sich nicht sein kann, eine Position im Unvermögen des Seins ist. Diese hat lediglich das Vermögen, durch ihr Nichtsein zu wirken. Abstraktion realisiert sich durch die Abwesenheit dessen, von was sie absieht und wird zu einer Absicht des Nichtseins.

Geld ist nicht nur ein gutes Beispiel hierfür, sondern auch die höchste Wirklichkeitsform hiervon. Es bestimmt formell alle Verhältnissen, in denen die Beziehungen der Menschen keinen wirklichen Zusammenhang haben. Es ist die Form, worin sie sein können, ohne wirklich sein zu müssen, ohne gewiss zu sein. Und damit wird das, was darin abstrakt bezogen wird, die Arbeit, zu einer Formbestimmung ihrer Gesellschaft, abstrakt menschliche Arbeit zu ihrer Begriffssubstanz. Diese Nichtseins. überbrückt nicht nur, sondern hebt zugleich in ihrer Wirklichkeit auf, was wirkungslos in abstrakter Beziehung ist. Es entsteht eine Kraft, in der sich diese Beziehungen ihrer Substanz entfremden, eine fremde Kraft, eine Form, welche über ihren Inhalt herrscht, welche ihn mit einem abstrakt eigenen Inhalt bestimmt, welche also Formbestimmung ist. Die Abstraktion wird zu einer Realität, zu einer Realabstraktion, die wie ein Trieb über das Leben bestimmt, die Totes vereint und Lebendes entleibt. Vom Leben bleibt das Ideal als Widerschein des entwirklichten Lebens und wird dadurch mächtig, dass es nicht lebendig ist und dies auch nicht wirklich sein kann.

Der Kapitalismus ist eine Gesellschaftsform, die ihrem Inhalt entfremdet ist, ihm dadurch fremd geworden ist, dass die Zusammenhänge der wirtschaftliche Entwicklung, der Fortschritt der Produktivkraft der Arbeit, durch deren politische Form zerteilt und gegeneinander isoliert worden ist. Wirtschaft und Politik stehen daher selbst in dieser Getrenntheit gegeneinander. Kapital ist vor allem eine politische Macht gegen das wirtschaftliche Wachstum, das Wachstum, was dem Wachsen der Gesellschaft und der Zahl ihrer Bevölkerung widerspricht, weil sie dieses als Mittel ihres Wertwachstums verbraucht. Kapitalistische Wirtschaft produziert einerseits eine geradezu wahnsinnige Menge an Produkten, nur um ihr Wertwachstum zu vollziehen, und scheitert zugleich an der Unmöglichkeit, die Unsinnigkeit ihres Antriebs im gesellschaftlichen Verhältnis der Menschen umzusetzen. Sie erzielt damit zwar aus einer zum großen Teil unsinnigen Menge von Arbeit zunächst immer wieder eine unsinnige Menge an Geld. Dieses zerstört aber auch immer wieder seinen Wert, den Zweck seiner Produktion, weil es sich vom Lebenszweck der Wirtschaft, dem Lebensverhältnis der Menschen entfernt. Die gesellschaftliche Abstraktion ihrer Beziehungen durch das Geld, das wesentlich nur Wertform ist, hat bisher auch nur eine abstrakte Gesellschaftlichkeit der Menschen geschaffen.

Im Kapitalismus hat sich selbst unter der Bestimmung des Wertwachstums eine hohe Wirtschaftlichkeit, eine hohe Produktivität ergeben, weil dessen Rationalität auch im Zweck der Ausbeutung diese wachsen lässt, weil sie nach immer besseren Produktionsmitteln verlangt, nach Technologie, die mit immer weniger menschlicher Arbeit immer größere Produktmengen erzeugt. Das jedoch macht Ausbeutung im Grunde zunehmend überflüssig. Denn während das einzelne Kapital sich nur durch Automation auf dem Markt erhalten und entwickeln kann, mindert es zugleich allgemein die Ausbeutungsrate, die Mehrwertrate. Maschinenarbeit produziert keinen Mehrwert; sie vermittelt lediglich den Wert der Technologie (siehe konstantes Kapital) an die Produkte und lässt ihn schwinden. Automation verkürzt den Arbeitsaufwand und vermehrt die Arbeitseffizienz. Durch den Wertüberschuss, den Mehrwert, den der Kapitalismus in seiner eigenen Logik produzieren muss, ist er zu einer höchst unwirtschaftlichen Gesellschaftsform geworden. Seine Form widerspricht seiner gesellschaftlichen Substanz und zersetzt den konkreten Lebenszusammenhang der Menschen und ihrer Natur, die letztlich auch die Basis seiner Existenz ist. Nimmt man ihm die Nebelschwärme seiner Abstraktionen, stellt man die Willensverhältnisse der Menschen auf den natürlichen Boden ihrer Gesellschaft, auf ihre wirtschaftliche Synergie, und stellt man die wirtschaftlichen Beziehungen in den Rahmen ihrer Aufwendungen für ihre Bedürfnisse, so bleibt übrig, dass die Emanzipation der Menschen über ihre Lebensverhältnisse nichts anderes sein kann als eine wirtschaftliche Politik.

Demokratie ist wirtschaftliche Politik

Die bürgerliche Gesellschaft hat die Wirtschaft der Menschen dahin entwickelt, dass mit einer immensen Produktivkraft, mit Arbeitsenergie durch Kraftmaschinen und Automation, mit intelligenten Algorithmen und Verstärkungen, die Erzeugung des gesellschaftlichen Reichtums an Güter, mit denen die Menschen ihre Bedürfnisse befriedigen und ihre Kultur entwickeln, mit immer geringerem Aufwand betrieben wird. Rein arbeitsökonomisch verstanden ist die aufzuwendende Arbeit, die notwendige Arbeit zur Erhaltung des Lebensstandards wie auch die Mehrarbeit für einen natürlichen Fortschritt der Menschheit, für ein natürliches Mehrproduktt, mit den heute verfügbaren Produktions-, Verkehrs- und Kommunikationsmittel sowohl nach Zeit, als auch nach menschlicher Kraft nur noch ein Bruchteil dessen, was sie noch vor 300 Jahren war. Das Wirtschaftswachstum hat es uns möglich gemacht, mit einem Zeitaufwand von vielleicht zwei bis drei Stunden am Tag uns am Leben zu halten. Mit der restlichen Zeit des Tages könnten wir uns mit anderem beschäftigen, zum Beispiel mit der Weiterentwicklung der Produktion, mit kulureller Betätigung oder Bildung oder Kinder oder Liebe oder auch einfach nur mit Müßiggang.

Doch mit dem Wertwachstum, welches aus unbezahlter Mehrarbeit durch die politischen Verhältnisse des Kapitalismus aus den Menschen ausgepresst wird, indem mit der Notwendigkeit ihrer Reproduktion ihnen auch diese Mehrarbeit aufgezwungen wird, wird eine menschliche Entwicklung dieser Gesellschaft nicht nur aufgehoben sondern zugleich zunichte gemacht. Die Tendenzen bewegen sich in steigendem Arbeitsdruck, sozialer Zerrüttung und steigender Ausbeutung von Mensch und Natur. Die für das Wertwachstum nötigen Aufwände und Stoffe werden nicht auf die Menschen und die Erneuerung der Natur zurückgeführt, sondern zur Verstärkung der Kapitalmacht und der Beherrschung ihres Risikos auf den Finanzmärkten verbraucht, sowohl als Stoff wie auch als Wert. Die Folgeschäden stehen uns vor Augen und die wachsende Verknappung der natürlichen Ressourcen erhöht zudem den Preisdruck auf die Produkte.

Die Reproduktion der Menschen war bisher zerteilt von den gesellschaftlichen Beziehungen der Arbeitsprodukte, die über den Warentausch auf den Märkten der Welt nach einem Geldwert bemessen werden, der sich aus ihrem abstrakten Wert ergibt, aus der Wertmasse eines Finanzmarktes, der mit Werten hantiert, die kein Mehrprodukt der Welt mehr darstellen kann. Der Verschuldungskapitalismus, der nichts anderes als ein Feudalkapitalismus geworden ist, zerteilt inzwischen alles, was organische Synergie für die weitere Geschichte der Menschen erbringen könnte und bedroht alles Lebendige, dass ihm unterworfen ist. Er muss aufgehoben werden, bevor er das Leben auf diesem Planeten aufgehoben wird. Und ihn aufzuheben wäre rein theoretisch ziemlich einfach, indem sein Geldwert aufgehoben wird.

Aufgehoben werden muss die Form der gesellschaftlichen Verhältnisse, die über ihre Inhalte bestimmt, weil sie nicht aus diesen gebildet ist, weil sie die Last einer Geschichte von Geldverhältnissen fortbestimmt, die längst überwindbar geworden ist. Es braucht hierfür weder eine Diktatur des Kapitals, noch eine Diktatur des Proletariats noch irgendeine Übergangsgesellschaft, für welche so zweifelhafte Konstruktionen wie ein Arbeiter- und Bauernstaat nötig wären. Es geht um eine Lebensform, in der sich die Lebensinhalte der Menschen, so wie sie sind und sich auch unter der Hand längst gesellschaftlich beziehen, endlich verwirklichen können. Der Anachronismus der Kapitalwirtschaft und ihrer politischen Form, der repräsentativen Demokratie, muss auf den substanziellen Entwicklungsstand der Menschheitsgeschichte überführt werden. Dies kann weder aus vereinzelten Bedürfnissen heraus geschehen, die sich in einem Netzwerk der Bedürftigkeiten zusammenfinden (siehe Commonismus), noch aus dem Kollektivismus, der sich zum Beispiel als eine Ökonomie des Gemeinwohls rein politisch verwirklichen wollte. Der ganze Lebenszusammenhang der Menschen ist mehr als die Summe von Individuen, die nur eine Potenzierung des Individualismus sein kann. Er selbst verfeinert die Bedürfnisse und erzeugt den Sinn der Arbeit, schafft den wirklichen Reichtum für ein menschliches Leben.

Es geht also "eigentich nur" darum, die konkreten Lebenszusammenhänge der Menschen, die auch schon hinter den Agenturen des Wertverhältnisses wirksam sind und von ihnen vernutzt werden, auch konkret weiter zu entwickeln und mit dieser Entwicklung ihre Verwertbarkeit für das Kapital zu hintergehen und sich seiner Gewalt zu widersetzen. Das ist ein alter Gedanke, der schon vielfältig umgesetzt wird. Doch er ist selbst noch relativ abstrakt geblieben, nur auf reine Strukturen und Lebensformen bezogen worden. Aber es geht darum, das vollständig zu verwirklichen, was der Möglichkeit nach schon im Ansatz besteht: Die Umkehrung von einer abstrakten Wertbeziehung, die zwangsläufig immer nur auf Ausbeutung hinauslaufen kann, zu einer konkreten Produktbeziehung gesellschaftlich zusammenwirkender Menschen. Die Zerteilung der wirtschaftlichen Beziehungen durch die Verhältnisse von isolierten Waren wäre konkret zu wenden in eine Ergänzungswirtschaft, durch welche die Menschen sich durch ihr gesellschaftliches Wechselwirken nach Maßgabe iher konkreten Aufwände bereichern könnten. Eine solche Wirtschaft wäre eine Vertragswirtschaft, die ich in der nächsten Sendung näher erläutern will. Es wäre dies nichts anderes als eine wirtschaftliche Politik, eine konkrete Demokratie. Diese allerdings kehrt alles um, was bisher die Ökonomie und Politik bestimmt hat.


(1) Es hat ja schon fast jeder Mensch begriffen, dass hier das gesellschaftliche Risiko der Kapitalverwertung sozialisiert, und der Gewinn daraus privatisiert wird. Der systemimmanente Widerspruch des Kapitalismus zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung stellt sich nun auch im Finanzwesen heraus und hat sich zum Gegensatz von Staatshaushalt und Steuerzahler, von Staat und Bürger gewandelt. In unseren Breitengraden, wo Kapitalismus fast nur noch als Dienstleistungsgesellschaft erfahren wird, betrifft er eben auch weniger die Produktion als die Geldzirkulation, die sich hiergegen fast vollständig verselbständigt hat. Geld verwertet sich hier zu einem großen Teil durch Fiktionen, die sich jenseits von produktiven Investitionen bewegen. Der Mehrwert verschwindet im Finanzmarkt und zehrt die Geldwerte der realen Wirtschaft auf. Je mehr Geld es dort gibt, desto wertloser wird es, wenn nicht ein Mehr an Werten produziert und konsumiert wird, wenn also der produktive Wert nicht wächst, weil die produzierten Güter nicht mit mehr Geld bezahlt werden.

Der einfachste ökonomische Verstand weiß zwar, dass nichts mehr kapitalisiert werden kann, wo nichts mehr zu holen ist. Aber der zählt nicht mehr, wenn sowohl die Währung der EU als auch die Regierungskoalition auf dem Spiel stehen. Und deshalb seien die Abgeordneten gezwungen, Steuergelder, die schon 2/3 des Bundeshaushalts ausmachen, aufs Spiel zu setzen, in ein Spiel zu bringen, das von weltweit agierenden Spielkasinos in Gang gehalten wird. Die Staaten sitzen jetzt mit am Tisch, aber nur auf der Verliererseite, auf der sie mit einem Supergewinn durch ihren letzten Einsatz hoffen, mit dem sie das bezahlen können, was sie an ihrem Haushaltsvermögen durch das Spiel der Börsen und Banken bereits verloren haben. Und deshalb mussten sie auch mit den elementarsten Grundlagen des EU-Vertrags brechen, dem Prinzip der Selbstverantwortlichkeit der Mitgliedsstaaten. Die Folgen werden nicht nur ökonomisch gravierend sein. Das Schuldverhältnis der Nationalstaaten wird internationalisiert und in der Funktion der Schuldeneintreiberei totalisiert. Das Feudalverhalten des Kapitalismus wird damit zu einer politischen Institution, die sich weiterhin EU nennt, das aber der Kontrolle durch die Bürger weit entrückt ist. Wer soll das auch noch vertehen können, dass der, welcher für Schulden bezahlen soll, die er selbst nicht verursacht hat, nicht mal die Einsicht in die Geschäfte bekommt, die das betrieben haben und betreiben? Es ist vollständig absurd. Aber es ist vor allem der Offenbarungseid jedweden politischen Verhaltens, das immer noch demokratisch sein soll, auch wenn die übergroße Mehrheit der Menschen es nicht mehr befürworten. Es ist eben wirklich nur noch eine Sache des Glaubens.

Hierfür blüht inzwischen die kindliche Vorstellung von einem Schutz und Schirm, einem Rettungsschirm, der zwar nicht mehr von der Mutter Gottes kommt, dafür aber von Vater Staat. Der steht mit dem Geld seiner Bürger bereit, um dafür zu bezahlen, wenn die Banken ihre Kredite nicht bedient bekommen, weil das Geld dort immer knapper wird, wo es verdient werden muss. Die Bürger sind eben die Bürgen, und die müssen dann sowieso zahlen, solange sie verbürgen sollen, dass Geld die Welt zusammenhält. Ihr frisches Geld soll für die Werterhaltung der Währung, also für das ganz große Geld, gerade stehen, das vor allem aus dem Versprechen besteht, dass Geld immer irgendwann wieder mehr Geld einbringt, weil mehr Geld den Wert des Geldes wieder wachsen lässt, immer wieder Mehrwert einbringt. Diese Behauptung ist inzwischen eine zur Ewigkeit erhöhten Hoffnung geworden und hat keine andere Logik mehr als die des Glaubens. Der aber ist äußerst resistent gegen Intelligenz, gegen ein Denken, das über das System des Glaubens hinausreicht. Und so wird dafür weiterhin mehr oder weniger munter eingezahlt. Immer weniger Gled bleibt für dern Erhalt der gesellschatlichen Lebensgrundlagen, der lebensnotwendigen Einrichtungen der Länder und Kommunen. Gerettet werden soll das Finanzsystem des Kapitalismus durch Totsparen der Infrastrukturen, die Auszehrung der existenznotwendigen Substanzen zur Totalisierung der Verwertung von Geldbesitz, der seinen Wert verliert, weil er immer irrealer wird, wenn die Mehrwertproduktion - die Ausbeutung von Mensch und Natur - nicht mehr so recht klappen will, wenn sich Wert nicht mehr als Mehrwert im nötigen Umfang realisieren lässt.

(2) Den Bürgerinnen und Bürgern wird vermittelt, dass dies alles nur geschehen müsse, damit der Euro als Zahlungsmittel für ihren täglichen Einkauf und für ihre Rente gerettet sei. Aber Geld funktioniert längst nur noch zu einem verschwindenden Teil als reales Zahlungsmittel. Es kreist vor allem als Zahlungsversprechen durch die Aktienmärkte und Bankkontoren.

(3) Gerettet werden soll eben hauptsächlich der Irrationalismus des Bankensystems, das immer wieder vor allem das Vermögen privatisiert, das ihm durch die Zahlungen der Bürger verbürgt wird und das die Geldbesitzer auch nur noch dazu verwenden, ihr überschüssiges Geld, ihr billiger werdendes Geld wieder aufzuwerten. Das Geld wird hierdurch immer mehr und seine Realistät immer geringer. Und die besteht als eine Realwirtschaft, die einen Mehrwert einbringen muss, obwohl ihre Produkte immer wertloser werden, weil immer weniger Menschen an ihrer Produktion beteiligt sind, Menschen, die zudem auch immer weniger das Geld haben, mehr als das Nötige zu kaufen. Was durch die systematische Entwertung der Produkte nicht mehr gelingen kann, soll daher ein nicht mehr hinterfragtes und absurd gewordenes Bankensystem garantieren, schlicht und einfach dadurch, dass die Bürgen hergenomen werden, immer mehr erarbeitetes Geld in die Versorgung der Währung und der sozialen Krisen einzubringen. Was soll da noch Währung sein, was soll sich darin noch bewähren?

(4) Dafür war zwar schon mit Arbeit bezahlt worden. Und jetzt geht es um die Rettung dessen, was nicht in die Welt der Arbeit zurückkommt, um Geld, das immer älter wird, je mehr es wird und sich als Rückstand abgestorbener Werte fiktionalisiert. Geld wird zu einer Glaubenssache und damit zu einer Macht der Gläubiger, die immer weniger mit dieser Welt zu tun haben. Es wird zum Zahlungsmittel der Zahlungsmittel für Fiktionen, zu einem Wert, der sich nurmehr zwischen Verwertungsangeboten und Verwertungsnachfragen erhalten kannn, Wetten auf Godot. Der Mehrwert selbst wird zum politischen Diktat, das als Staatensystem vom Willen der Geldbesitzer abhängt, die sich die Notwendigkeiten der Geldbesicherung von ihren Computern und Wissenschaftlern berechnen lassen, um ihren Eingriff in das Leben der Menschen, in ihre Arbeit und ihre Bedürfnisse und ihre Lebenszeit zu begründen.

Die Formation vergangener Arbeit beherrscht die lebendige, die Gegenwart der Produktionsverhältnisse. Und die lebendige Arbeit zergeht auf dem Kapitalmarkt in ihrer toten Form. Das Tote bestimmt das Leben zum Tod. Fiktives Kapital wird zum Vampir der Lebensverhältnisse, nur um sich und seine Fiktionen am Leben zu halten. Es saugt auf, was es an Leben für sich findet, denn dem Kapital fehlen vor allem die Käufer für die Produkte seiner unermesslichen Wertschöpfung; es fehlt den Menschen ganz einfach der Geldwert, den das Kapital aus ihrer unbezahlten Arbeit gezogen hatte, um über die Wirtschaft seine Macht zu erhalten und zu erweitern: Der Mehrwert.

Die Krise ist nur der Ausdruck eines sich selbst fortbestimmenden Widersinns. Sie ist zuerst eine Finanzkrise, das Problem, solches Geld im Wert zu erhalten. Das kann auf Dauer nicht gelingen, weil nicht nur Geld, sondern auch die Produkte an Wert verlieren, wenn sie nicht rechtzeitig verkauft werden, so zeitig, wie sich die Prodktion erneuern müsste, um neuen Wert schaffen zu können. Gelingt dies nicht, weil das Kapital immer mehr Wert produziert, als auf dem Märkten, dem Warenmarkt oder dem Kapitalmarkt umgesetzt werden kann, so wird das ganze Verhältnis absurd: Dann werden Kredite dafür vergeben, dass Geld in zweiter Instanz zum Einkauf zur Verfügung steht und eine erneute Produktion von Mehrwert ermöglicht, der immer weniger Wert realisieren kann, je größer die Verschuldung ist, die es betreibt. Die Mehrwertproduktion wird zu einer Negativverwertung, zu einer Produktion der Zukunft, welche die Schulden der Gegenwart zu meistern hätte, nur damit deren unterwertige Verhältnisse nicht offen zusammenbrechen.

Wir kennen das von den USA, die einige Billionen in die Kaufkrarft des Dollars geben mussten, nur um seine Bürger zahlungsfähig zu halten. Sie wurden zum Kauf durch Schulden animiert, nur damit ein irrsinniges Produktsverhältnis überhaupt funktionieren kann - eben bis es dann an seinem Kreditwesen scheitert, eben bis dann, wo die Kredite nicht mehr bedient werden können. Und wir kennen das inzwischen auch im reichen Exportland Deutschland. Wie war das doch noch mit der Autoindustrie 2008? Ja, da hatte es einmal geklappt. Zumindest für die Deutschen. Einmal geht das auch locker, sogar ein paar Male: Man bezahlt für den Einkauf, um nicht den Wertschwund des Geldes in der Krise bezahlen zu müssen. Und damit belebt man die Konjunktur, sofern sie noch leben kann, sofern eben noch Mehrwert aus der erneuerten Produktion heraus zu holen ist.

Inzwischen ist das alles zu einer Religion geworden, zum Glauben an die Fiktionen des Kapitals. Um die Kaufkraft der Währung zu "retten" rechnet man mit der Kaufkraft der Zukunft, mit dem Geld der nachfolgenden Generationen. Diese Täuschung über den Sinn und Zweck des Geldes, das als Kapital fungiert, hat man vervollkommnet und betreibt sie nun als einziges Prinzip, als einzige Handlungsdirektive, weil niemand mehr weiß, wie es anders gehen soll, wenn sich die Ausbeutung der Menschen, der Natur und der Lebensverhältnisse nicht mehr weiter verschärfen lässt. Dies war das probate Mittel, solange der Kapitalismus das Mehrprodukt nicht nur als monetären Mehrwert, sondern zum größeren Teil noch real produzierte und vermarktete. Doch die Realwirtschaft macht nur noch der kleinste Teil der Wertschöpfung aus. Der Finanzmarkt hat die Hebel der Verwertung auf der Ebene der Kapitalzirkulation verstetigt und totalisiert. Der technologische Fortschritt hat die Automation entwickelt und unter dem Kommando des Kapitals die menschliche Arbeit entwertet, die zusammen mit der Natur seine wahre Quelle gewesen war. Es müsste sich jetzt selbst aufgeben, gäbe es da nicht den Kapitalmarkt des Kreditwesens. Dieses funktioniert durch die Zirkulationszeit der Geldverwertung, gründet auf der Geschwindigkeit der Geldzirkulation, die nicht mehr durch die Produktion bestimmt ist, sondern sich sebst als Produkt darstellt. Das Kreditwesen ist inzwischen selbst Technologie, handelt fast vollautomatisch und hängt sogar schon davon ab, welcher Prozessor in den Computern der Broker am schnellsten rechnen kann.

(7) Marx und Engels:schrieben hierzu in der "Deutschen Idologie":

"Es ist die alte Illusion, dass es nur vom guten Willen der Leute abhängt, die bestehenden Verhältnisse zu ändern ... Die Veränderung des Bewusstseins, abgetrennt von den Verhältnissen, wie sie von den Philosophen als Beruf, d. h. als Geschäft, betrieben wird, ist selbst ein Produkt der bestehenden Verhältnisse und gehört mit zu ihnen. Diese ideelle Erhebung über die Welt ist der ideologische Ausdruck der Ohnmacht der Philosophen gegenüber der Welt." (Marx-Engels-Werke Bd.3, S. 363)

(8) In der "Deutschen Idologie" schrieben Marx und Engels:

"Auch die Nebelbildungen im Gehirn der Menschen sind notwendige Sublimate ihres materiellen, empirisch konstatierbaren und an materielle Voraussetzungen geknüpften Lebensprozesses. Die Moral, Religion, Metaphysik und sonstige Ideologie und die ihnen entsprechenden Bewußtseinsformen behalten hiermit nicht länger den Schein der Selbständigkeit. Sie haben keine Geschichte, sie haben keine Entwicklung, sondern die ihre materielle Produktion und ihren materiellen Verkehr entwickelnden Menschen ändern mit dieser ihrer Wirklichkeit auch ihr Denken und die Produkte ihres Denkens. Nicht das Bewußtsein bestimmt das Leben, sondern das Leben bestimmt das Bewußtsein. In der ersten Betrachtungsweise geht man von dem Bewußtsein als dem lebendigen Individuum aus. In der zweiten, dem wirklichen Leben entsprechenden, von den wirklichen lebendigen Individuen selbst und betrachtet das Bewußtsein nur als ihr Bewußtsein." (Marx-Engels-Werke Bd.3, S. 27)

(9) Alles Reaktionäre folgt der Subjektivierung des Notwendigen. "Was nötig ist, das fügt sich", sagt man dort. Und wer über das Nötige verfügen will, der muss sich als Subjekt der Fügung geben. Wir säßen alle in einem Boot. Wir hätten keine Alternative, sagen uns die Politiker. Wir müssten die Schulden tragen, die uns die Finanzmärkte mit ihren großen Hebeln eingebracht haben. Man müsse das durchhalten und immer wieder brav die Sparpakete bedienen, während die Infrastrukturen, die Grundlagen des politischen Gemeinwesens ruinös werden, weil sie für die vertanen Hebelwirkungen eines weltweiten Kreditfiaskos geradestehen müssen. Die Politik weiß nicht weiter, aber sie weiß wie sie ihre Probleme weitergeben kann. Und das ist die wirkliche Botschaft des politischen Willen der politischen Klasse, die nicht nur Meinungen und Vorstellungen, sondern auch und vor allem ökonomische Gewalten repräsentiert. Und dies wendet die Politik, die sich aus der Freiheit des Willens und Meinens begründen soll, unmittelbar in die Gewalt einer Notwendigkeit, deren Not aus dem Jenseits der Geldverwertung in die gesellschaftiche Wirklichkeit der Ökonomie hereingebrochen ist.

Man müsse da durch und alles tun, damit das System gerettet wird, ein System, das längst über seine Grenzen hinaus in Auflösung begriffen ist. "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg". Mit diesem Spruch aus der Nazizeit, soll in Zeiten der Auswegslosigkeit die Notwendigkeit eines gemeinen Willens verallgemeinert werden. Mit einem Willen, der etwas zu entscheiden hätte, hat das wenig zu tun. Wenn aber die politische Entwicklung nur noch den Zwängen der Sache folgen kann, so wird auch aus dem "freien Willen" eine Notwendigkeit, ein objektives Sollen für ein gutes Ziel, wodurch die Auflösung der Not in eine Zukunft versetzt wird, die in der Gegenwart nicht zu machen ist. Aus Politik wird der Wille zu einer Heilsnotwendigkeit. Auch diese lässt sich demokratisch beschließen, wenn viele Menschen daran glauben. Politik vermittelt sich dann als Erlösungsglaube, und wird dadurch zu einer vollständigen Verkehrung der politischen Vergegenwärtigung des "freien Willens", der die Zukunft einer gegenwärtigen Gesellschaft, den Zusammenhang ihrer Entwicklung nach dem Verständnis der repräsentativen Demokratie bestimmen soll. Sie stellt sich dann aber dar als platte Notwendigkeit einer Zukunft, die nicht aus der Gegenwart einer Gesellschaft entstehen kann, weil die darin nurmehr im Auseinanderfallen begriffen ist. Gesellschaft wird auf diese Weise als Gemeinschaft eines hierfür notwendigen Willens verstanden, als Wohlfahrt einer illusorischen Zukunft. Ihre wirtschaftliche Perversion wird zu einer politischen.

(10) In Gänze heißt das Zitat:

"Da die Produzenten erst in gesellschaftlichen Kontakt treten durch den Austausch ihrer Arbeitsprodukte, erscheinen auch die spezifisch gesellschaftlichen Charaktere ihrer Privatarbeiten erst innerhalb dieses Austausches. Oder die Privatarbeiten betätigen sich in der Tat erst als Glieder der gesellschaftlichen Gesamtarbeit durch die Beziehungen, worin der Austausch die Arbeitsprodukte und vermittelst derselben die Produzenten versetzt. Den letzteren erscheinen daher die gesellschaftlichen Beziehungen ihrer Privatarbeiten als das, was sie sind, d.h. nicht als unmittelbar gesellschaftliche Verhältnisse der Personen in ihren Arbeiten selbst, sondern vielmehr als sachliche Verhältnisse der Personen und gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen." (Marx-Engels-Werke Bd.23, S. 88)

(11) Repräsentative Demokratie will politisches Handeln aus der Souveränität eines Volkes begründen. In der Weimarer Reichsverfassung (1919), nach dem Ersten Weltkrieg und nach dem Sturz aller Monarchien in Deutschland geschaffen, heißt es in Artikel 1 dieser Verfassung: "Die Staatsgewalt geht vom Volk aus". Sowohl die Verfassungen der deutschen Länder nach 1945 als auch das Grundgesetz der Bundesrepublik (1949) und die (erste) Verfassung der DDR (1949) formulierten diesen Grundsatz an entscheidender Stelle: "Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus" (Art. 20, Abs. 2 GG, gleichlautend Art. 3, Abs. 1 DDR-Verf. 1949). Sieht man einmal vom Vatikanstaat und einigen monarchischen und autokratischen Regimes ab, so berufen sich heute eigentlich alle Staaten der Welt - zumindest verbal - zu ihrer Legitimation auf das Prinzip der Volkssouveränität.

(12) Aber der sogenanne Volkswille und seine Repräsentation in der Gewaltenteilung macht den Staat zu einem Verfassungsstaat, zum demokratischen Staat, also zu einem durch den sogenannten "Willen des Volkes" konstituierten Staat. Der Wille wird damit praktisch als Bestimend über diese Verhältnisse angesehen und dient gerade deshalb als Legitimation des Handelns der Staatsrepräsentanten. Man muss daher fragen, was diese Konstitution überhaupt ist, dieser politische Wille, der sich nicht als Willensverhältnis versammeln kann und sich nur durch Repräsentanten darstellen lässt? Was ist ein Volk, das dessen Verallgemeinerung subjektiviert, das also als Souverän der Politik wie ein einziges Subjekt als regierende Partei agiert, das schließlich alle betrifft - zumindest im Nachhinein der Entscheidungen betroffen macht?

Immanuel Kant (1724-1804) hatte - seinem kategorischen Imperativ folgend - in seiner "Rechtslehre" ("Metaphysik der Sitten", §46) den "allgemeinen vereinigten Volkswillen" zur Grundlage seiner Idee des Verfassungsstaates gemacht und festgestellt, dass "die gesetzgebende Gewalt nur dem vereinigten Willen des Volkes zukommen" könne. Aber kaum je konnte die Verfassungsgebung unmittelbar durch das versammelte Volk erfolgen, denn diese Grundlage ist in der Tat rein ideell, also eine Staatsideologie.

(13) Alles Reaktionäre folgt der Subjektivierung des Notwendigen. "Was nötig ist, das fügt sich", sagt man dort. Und wer über das Nötige verfügen will, der muss sich als Subjekt der Fügung geben. Wir säßen alle in einem Boot. Wir hätten keine Alternative, sagen uns die Politiker. Wir müssten die Schulden tragen, die uns die Finanzmärkte mit ihren großen Hebeln eingebracht haben. Man müsse das durchhalten und immer wieder brav die Sparpakete bedienen, während die Infrastrukturen, die Grundlagen des politischen Gemeinwesens ruinös werden, weil sie für die vertanen Hebelwirkungen eines weltweiten Kreditfiaskos geradestehen müssen. Die Politik weiß nicht weiter, aber sie weiß wie sie ihre Probleme weitergeben kann. Und das ist die wirkliche Botschaft des politischen Willen der politischen Klasse, die nicht nur Meinungen und Vorstellungen, sondern auch und vor allem ökonomische Gewalten repräsentiert. Und dies wendet die Politik, die sich aus der Freiheit des Willens und Meinens begründen soll, unmittelbar in die Gewalt einer Notwendigkeit, deren Not aus dem Jenseits der Geldverwertung in die gesellschaftiche Wirklichkeit der Ökonomie hereingebrochen ist.

Man müsse da durch und alles tun, damit das System gerettet wird, ein System, das längst über seine Grenzen hinaus in Auflösung begriffen ist. "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg". Mit diesem Spruch aus der Nazizeit, soll in Zeiten der Auswegslosigkeit die Notwendigkeit eines gemeinen Willens verallgemeinert werden. Mit einem Willen, der etwas zu entscheiden hätte, hat das wenig zu tun. Wenn aber die politische Entwicklung nur noch den Zwängen der Sache folgen kann, so wird auch aus dem "freien Willen" eine Notwendigkeit, ein objektives Sollen für ein gutes Ziel, wodurch die Auflösung der Not in eine Zukunft versetzt wird, die in der Gegenwart nicht zu machen ist. Aus Politik wird der Wille zu einer Heilsnotwendigkeit. Auch diese lässt sich demokratisch beschließen, wenn viele Menschen daran glauben. Politik vermittelt sich dann als Erlösungsglaube, und wird dadurch zu einer vollständigen Verkehrung der politischen Vergegenwärtigung des "freien Willens", der die Zukunft einer gegenwärtigen Gesellschaft, den Zusammenhang ihrer Entwicklung nach dem Verständnis der repräsentativen Demokratie bestimmen soll. Sie stellt sich dann aber dar als platte Notwendigkeit einer Zukunft, die nicht aus der Gegenwart einer Gesellschaft entstehen kann, weil die darin nurmehr im Auseinanderfallen begriffen ist. Gesellschaft wird auf diese Weise als Gemeinschaft eines hierfür notwendigen Willens verstanden, als Wohlfahrt einer illusorischen Zukunft. Ihre wirtschaftliche Perversion wird zu einer politischen.

(14) So auch im Arbeitsprozess:

"Die Wirkung der kombinierten Arbeit könnte ... von der vereinzelten gar nicht oder nur in viel längren Zeiträumen oder nur auf einem Zwergmaßstab hervorgebracht werden. Es handelt sich ... nicht nur um Erhöhung der individuellen Produktivkraft durch die Kooperation, sondern um die Schöpfung einer Produktivkraft, die an und für sich Massenkraft sein muß.
Abgesehn von der neuen Kraftpotenz, die aus der Verschmelzung vieler Kräfte in eine Gesamtkraft entspringt, erzeugt bei den meisten produktiven Arbeiten der bloße gesellschaftliche Kontakt einen Wetteifer und eine eigne Erregung der Lebensgeister (animal spirits), welche die individuelle Leistungsfähigkeit der einzelnen erhöhen, so daß ein Dutzend Personen zusammen in einem gleichzeitigen Arbeitstag von 144 Stunden ein viel größres Gesamtprodukt liefern als zwölf vereinzelte Arbeiter, von denen jeder 12 Stunden, oder als ein Arbeiter, der 12 Tage nacheinander arbeitet. Dies rührt daher, daß der Mensch von Natur, wenn nicht, wie Aristoteles meint, ein politisches, jedenfalls ein gesellschaftliches Tier ist." (Marx Kapital I, MEW 23, S. 345f)

(15) Aber erst mit der Industrialisierung der Arbeit wurde die Technologie zu einer eigenständigen Sphäre der Kapitalverwertung. Die Investition in deren Produktivkraft löste die persönlichen Abhängigkeiten des Feudalismus und frühen Merkantilismus ab und der Besitzer der Produktionsmitteln wurde zum Besitzer der gesellschaftlichen Synergie. Hiergegen vereinzelten die arbeitenden Menschen zu bloßen Anhängsel an den kapitalistischen Produktionsprozess und wurden als Arbeitskräfte zu Handlangern der Technologie verdingt.

Die gesellschaftliche Entwicklung war vom Besitz an den Produktionsmitteln bestimmt und die Menschen wurden zunehmend hiervon abgetrennt, zu einzelnen Privathaushalten isoliert, die immer weniger gesellschaftliche Beziehungen verwirklichen konnten. Als Privatwesen existierten sie abstrakt von ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang. Die Industrialisierung der Arbeit hatte mit dem Wachstum ihrer Produktivität aus der inneren Notwendigkeit der Produktverwertung, aus der toten Form der Arbeit, eine Abstraktion entwickelt, die sich als eigenständige Macht des Geldes, als Kapital, gegen die Lebenszusammenhänge der Menschen verhält und diese bestimmt. Die Arbeitsteilung hatte vor allem die Abstraktion der Arbeit zur bloßen Geldform fortgetrieben, und dies ist die Grundlage, welche aufgehoben werden muss, um den Kapitalismus aufzuheben und seine Synergie den Menschen endlich zuzuführen.