Wolfram Pfreundschuh (13.04.2012)

Diskussionen rund ums Geld

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Teil II: Das große Geld und die Gewalt seiner Fiktionen

"Geld regiert die Welt!" So heißt das Sprichwort. Und dieses ist die volle Wahrheit. Während sich die politischen Figuren auf den Bildschirmen noch als Akteure bedeutsamer Entscheidungen geben und fühlen, ist die Grundlage ihrer Beschlüsse längst vorgegeben vom Gedeih und Verderben der Finanzmärkte und inzwischen vor allem von den Machtverhältnissen großer Agenturen der Vermögensverwaltungen, Banken, Versicherungen, Pensionsfonds, Investmentfonds, Hedge.Fonds, Privat Equity und Staatsfonds, die ein Vielfaches der Staatshauskalte, alleine in Deutschland schon 5 Billionenen Euro an Geldvermögen versammeln und z.B. auch die Staatsanleihen emitieren und zeichnen. Ihre Teilhabe ist nicht mit Lobbyismus zu verwechseln. Sie ist ein entscheidendes Mitspracherecht der Finanzakteure bei der Finanz- und Haushaltspolitik, die ihren Einfluss zu einer Existenzbedingung der Politik entwickelt haben. Und diese steht seit Jahren vor unlösbar gewordenen Problemen. Es weiß niemand mehr so richtig, was politisch getan werden kann, um das System der Banken und Kreditanstalten zu retten, die auf der Jagd nach "frischem Geld" alle Bedenken verloren haben zu dem, was sie befördern und tun. Es bestimmen weitgehend nur noch Fachidioten, die Spezialisten der Agenturen, über die Gewichtungen der Geldkreisläufe, bei den Anlagen der Renten- und Pensionskassen, den Staatsfonds und Währungssicherheiten. Mancher als Regierungsbeschluss ausgegebene Text ist Wort für Wort von ihnen diktiert. Sie regeln den gesamten Geldumlauf, besonders, wenn er ins Stocken gerät oder seine Blasenbildungen platzen. Und weil das immer wieder geschieht, können sie die Notwendigkeit ihres Eingriffs als alternativlos ausgeben. Und solange die Geldwerte das einzige Entwicklungsziel der Politik bleiben, regeln diese Agenturen mehr oder weniger direkt auch das Verhältnis der Wochen- und Lebensarbeitszeit und den Anteil der Sozialabgaben und Steuern der arbeitenden Menschen.

Längst hat sich in der Regierungspolitik die Haltung durchgesetzt, dass man sich nur noch an den Renditen der Weltmärkten positionieren kann und sich an den Wertverhältnissen der Finanzmärkte ausrichten muss, dass die ganze Innenpolitik danach zu bestimmen ist und dass die Bürger dahin gebracht werden müssen, eine Marktposition zu finanzieren, die ihnen selbst nichts mehr bringt, sondern ganz umgekehrt ihnen eine Lebensleistung abverlangt, die weit über ihr Vermögen und das ihrer Nachkommen hinausgeht. Bildung muss sein, aber nur solche, die auf dem Markt belohnt wird: Technische Bildung, Marktgewandheit und Selbstdisziplin. Der Leistungsdruck wirkt schon im Vorschulalter und die Angst vor der Auslese ist eine wesentliche Grunderfahrung der Jugendlichen. Vielen steht die Aussonderung in ein Leben mit Billiglohn bevor. Gefördert werden diejenigen, die dem Wachstumsdruck dienlich sind, die kleine Gruppe der Spezialisten hochwirksamer Technologien oder Luxusartikel. Bedrängt werden die Menschen schon ganz allgemein durch einen immer brutaler werdenden Arbeitsmarkt, durch das System der Unterklassen zwischen Facharbeiter und Billiglöhner und der Scheinwelt der Aufstocker und Subunternehmer. Beherrscht wird damit das Verhältnis von Löhnen und Kosten, das Verhältnis von den Preisen der Arbeit und des Lebensunterhalts, weil ihre Ausgaben aus dem Preis der Lebensnotwendigkeiten wie Wohnen, Nahrung, Kommunikation, Energie und Familie bestimmt werden, ihre Einnahmen sich dagegen an die Billiglöhnen der Weltmärkte anpassen müssen. Gearbeitet wird nach Maßgabe des Weltmarktes, der von den Finanziers des großen Geldes bestimmt wird, von einem Geld, das nur einfach immer mehr werden soll und dessen Verwertung sich aus der Zukunft der Geldverwertung begründet (1). Die anwachsende Kluft zwischen Arm und Reich ist inzwischen Tagesgespräch. Hinzugekommen ist die unauflösbar gewordene Diskrepanz zwischen Wirtschaftsleistung und Staatsverschuldung. Die Zinsaufwendungen hierfür sind nur noch von den reichen Ländern aufzubringen. Aber selbst die reichen Industrienationen befinden sich perspektifisch längst schon in der Schuldenfalle. Sie haben das lediglich auf Generationen von Nachkommen zerstreut.

Quelle: ISW-Spezial Nr. 26 *)

Es handelt sich um eine katastrophale Absurdität. Weltweit hatte sich alleine schon in der Zeit von 1990 bis 2002 die Zahl der armen im Verhältnis zu den reichen Menschen verfünffacht. Gerne hätte man es als demografisches Problem erscheinen lassen, als Problem einer überbevölkerten Erde, - dass die Menschen immer ärmer werden, weil es nicht genug Nahrung für alle gebe, dass sie Kriege führen, weil ihre Ressourcen immer knapper würden und dass sie aufrüsten müssen, um überhaupt noch Zukunft zu haben. Doch der globale Kapitalismus kann seine Verrücktheit nicht mehr verbergen. Es ist längst bewiesen, dass die Erde auch noch 12 Milliarden Menschen erhähren könnte und dass es ein Überangebot an Lebensmittel gibt und alleine ihre Preise den Zugang verwehren. Während so argumentiert wird, bestand groteskerweise ein Absatzproblem auf den Weltmärkten, zuviele Waren, die nicht gekauft werden konnten, weil zu viele Menschen zu arm waren, sie zu bezahlen. Hungersnöte wurden erkennbar als Resultate einer Marktwirtschaft, die zuviel Geld zu verwerten hatte. Es gab immer mehr Geld und immer weniger Käufer, weil die, welche es besaßen, immer weniger damit anfangen konnten, und die, welche nichts hatten, immer weniger Arbeit fanden und also auch kein Geld für die nötigen Einkäufe verdienen konnten. Nur noch ca. 5% der umlaufenden Buchwerte waren noch real wirksam. Der Geldkreislauf kam ins Stocken. Und aufgestautes Geld macht auch dem Geld Schwierigkeiten, weil es seinen Wert verliert, sich inflationiert und die Wirtschaft durch Rezessionen bedroht. Die ganze Absurdität stellt sich am deutlichsten in ganz einfachen Fragen dar: Hätte man da nicht einfach mal die Schleusen öffnen, das Geld der Reichen den Armen geben können, dass die den Absatz auch besorgen können und weniger hungern müssen?

Im September 2000 wollten immerhin 189 Mitgliedstaaten der UNO-Generalversammlung gegen die Armut angehen und einigten sich auf acht Entwicklungsziele, die sowohl humanitär wie auch wirtschaftlich sinnvoll waren: Halbierung des Hungers, Senkung der Kindersterblichkeit, vollständige Grundschulbildung weltweit und anderes mehr. Für diese Milleniumsziele sollten bis zum Jahr 2015 jährlich 40-60 Milliarden US-Dolar beigebracht werden. Das sind weniger als fünf Prozent der jährlichen Militärausgaben von 1,4 Billinen Dollar. Auch in der Sprache der Wirtschaftsidiotie hätte man gesagt, das sich dies rentieren würde, wenn damit der Produktabsatz gestiegen und weitere billige Arbeitskräfte verfügbar geworden wären. Aber natürlich sagte das niemand so, denn es fehlte zugleich die Vorraussetzung, eine allseitig gleich entwickelte Industrie. Und die Probleme der Realwirtschaft wurden schnell immer dramischer: Sie spielte im Verhältnis zum Gesamtvermögen der Welt eine zunehmend schwächer Rolle und sehr viel Geld wanderete in die Finanzwelt der Spekulation ab. Das Finanzvermögen hatte sich vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2012 von 113 Billionen Dollar auf 231 Billionen Dollar mehr als verdoppelt (Quelle: Credit Suisse). Die Finanzwelt zog sich immer tiefer in ihr weltweites Spielcasino zurück, während den Menschen das Geld ausging. Die untere Hälfte der Weltbevölkerung besitzt immer noch weniger als ein Prozent des Weltvermögens. Die Milleniumsziele können als gescheitert gelten. Es blieb im Prinzip alles beim alten und wurde eher noch verschärft, denn gelindert.


Quelle: ISW-Spezial Nr. 26 *)

Dagegen haben sich die Verhältnisse auf den Finanzmärkten extrem verändert. Ihre Abschottung ist total. Längst sind die persönlich haftenden Aktiengesellschaften und Clans in den Hintergrund getreten. Einer zeitlich immer knapper werdenden Profitrealisierung entsprach es weitaus besser, über die Kapitalfonds der institutionellen Anleger Finanzkapital über die vielen konkurrierende Branchen und ihre Termingeschäfte zu streuen und die Gewinne aus Papiernoten, aus Wertpapieren zu verwerten, als unmittelbar in die Produktion zu investieren. Wo das Risiko der real wirtschaftenden Einzelkapitale überproportional gewachsen war und nur noch das kurzfristige Springen von Geldanlage zu Geldanlage Profit brachte, konnten professionelle Geldhändler den besseren Deal machen. Der Finanzmarkt gab sich nun selbst als Industrie. Diese Finanzindustrie hat inzwischen auch ihre eigenen Ratingagenturen stark gemacht und kann die Finanzmärkte entsprechend beeinflussen. Sie bewerten nicht nur Betriebsanlagen sondern auch ganze Nationen und entscheiden so über Gedeih und Verderben vieler Länder. Allein schon die 10 größten Institutionn der Geldverwalter verfügen über ein Kapital von 12,1 Billionen Euro und streuen ihre Macht über alle Märkte der Welt, die wesentlich fast nur noch als Geldhandelsplätze fungieren. Ihre Entscheidungen werden kaum noch auf Hauptversammlungen von Aktionären gefällt, die sowieso kaum noch Einfluss auf die großen Geldbewegungen haben, sondern per Videokonferenzen oder auf konspirativen Begegnungen - z.B. direkt in den Hinterzimmern von Staatsregierungen.

So wurden die für Deutschland alles entscheidenden Beschlüsse der Bankenrettungsaktionen in einer Nacht- und Nebelaktion im Bundeskanzerlamt direkt von Bundeskanzlerin Merkel mit Finanzminister Schäuble, zwei Privatbankern und zwei Staatsbankern beschlossen (vergleiche hierzu ISW-Spezial Nr. 26, S. 11) und wurden dann dem Bundestag als unabdingbare und alternativlose Handelsdirektive wie der Beschluss eines Notstandsgesetzes vorgelegt. Der in solchen Sachen erfahrene Bundespräsident Köhler, der noch an den politischen Staat glauben wollte, zog daraufhin seine persönlichen Konsequenzen und kündigte sein Amt. Christan Wulff schien der Kanzlerin diesbezüglich verlässlicher und wurde deshalb von ihr in "Amt und Würden" gepuscht, einer Würde, die damit eine neue Dimension bekam. Jedenfalls war für alle anderen nur noch Retten und Sparen angesagt (2). Deutschland hat sein Gesicht gezeigt. Europa droht darin zu versinken. Ein Movie zum 31. März 2012, dem "european day of action against capitalism" macht das sehr schön deutlich.

Occupy Germoney!

In den Gazetten der sogenannten Finanzindustrie wird bereits ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verwertungsprobleme in der Aufsummierung, wie sie sich ergeben hat, in absehbarer Zeit wahrscheinlich nicht mehr behoben werden können. Auf der Bühne des großen Geldes weiß man ja eigentlich längst, dass weder die zunächst beschlossenen 400 Milliarden eines sogenannten Rettungsschirms, und auch nicht die jetzt vorgesehenen 800 Milliarden Euro der Eurogruppe den Zerfall der Geldwerte auf Dauer aufhalten kann, weil keine Substanz mehr in hinreichendem Umfang da ist, aus der sich noch Geldwerte im nötigen Ausmaß auspressen lassen. Die Ausbeutung der Menschen steht an ihrer physikalischen Grenze und Kriege und die Preise der Ressourcen sind zu teuer geworden, um noch mehr Wert zu schöpfen, als das System noch Wert hat. Und so wird hie und da auch in den Gremien der Finanzwirtschaft, zum Beispiel auf dem letzten Gipfeltreffen in Davos, festgestellt, dass man durchaus darüber nachdenken müsse, ob eine Rettung der Finanzmärkte überhaupt noch möglich und sinnvoll ist. Klar ist immerhin, dass es mit den bisher angewandten Theorien nicht mehr gehen kann, dass man keine Märkte mehr mit Geld beschicken sollte, wenn sie nichts mehr hergeben, dass Länder und Kommunen auch für das Kapital wertlos werden, wenn sie ausbluten, wenn niemand mehr die Miete bezahlen kann, und nur noch Produkte aus Fernost auf dem Markt Abnehmer finden. Und man weiß oder ahnt im Grunde auch schon, dass die Eurokrise eine substanzielle Krise ist und wesentlich nicht durch politische Fehler entstanden ist, sondern dem amerikanischen und europäischen Kreditsystem entstammt (3).

Man weiß auch, dass die Probleme nicht geringer, sondern noch sehr viel massiver werden. Alleine die Folge der Billiglohnpolitik, der Kollaps des Rentensystem im Übergang zu Billigrente und Altersarmut, der auf die Ignoranz der Sozialpolitik und dem Misserfolg der Riesterrente zwangsläufig folgen wird, wird aus dem ganzen Sozialsystem eine soziale Katastrophe machen. Die Renten und Versicherungen, die das Kreditsystem untermauern sollten, werden zudem zu einem ökonomischen Fiasko führen, weil sie schon jetzt das Geld verbrauchen oder entwerten, das für sie einbezahlt wird. Weil sie als nur Wertpapiere der Staatsanleihe fungieren, zergeht auch ihr Wert mit dem Leitzinssatz einer aufkeimmenden Inflation. Und immer noch wird der Ausweg in einer Potenzierung der Schuldenwirtschaft gesucht. Alle Deutschen sollen für ihre Renten Aktien kaufen, die Volksaktie soll die Zukunft sichern. Aufgemerkt: Alle Deutschen, die in der übergroßen Mehrzahl sowieso nichts mehr übrig haben? Soll Deutschland wieder zu einer Volksgenossenschaft werden, aus der die Volksgenossen von minderem Wert dann einfach rausfallen müssen? Hallo! Habt ihr jetzt auch schon den Verstand verloren?

Auf der anderen Seite sehen auch die, welche jahrzehntelang in diesem System geschuftet haben, das ihnen unentwegt ein gutes Leben versprach und jedem die Chance auf Reichtum vor Augen stellte, dass dieses System der Marktwirtschaft zwangsläufig eine Wirtschaft der Reichen ist, die immer reicher werden, während sich gesellschaftliche Ödnis und Armut und Hunger auf der ganzen Welt ausbreitet. Ihre Arbeit erzeugt Reichtum nur für andere und lässt sie gerade immer nur das bleiben, was sie sind - wenn es gut geht, wenn sie ihren Arbeitsplatz nicht verlieren und die Reallöhne nicht unter das bisherig Niveau fallen. Doch das tun sie seit 1989 fast stetig. Das Kapital verlangt nach immer besserer Technologie, um günstig zu wirtschaften; und es ersetzt zugleich immer mehr menschliche Arbeit, deren Lohn seine Absätze finanzeren soll. Das kann auf Dauer nicht gehen - und wenn es geht, dann nur durch die Aufblähung von Wertreserven und ihrer regelmäßigen Zerstörung. Es ist ein Wahnsinn mit System. Und deshalb wandert alles Geld in ein Kreditsystem, das nach einiger Zeit auch immer verrückter wird, Spekulationsblasen entwickelt, die alles auffressen, was daraus entsteht, um die Krisen zu finanzieren, die das Kapital produziert (4). Der Kapitalismus hat nicht nur eine Krise: Er ist die Krise.

Das ist nun endlich auch ein Sl ogan der Occupy-Bewegung, die dabei ist, zu einer Bewegung gegen das Weltkapital zu werden, in der auch über dessen Grundzüge nachgedacht wird und Aktionen diskutiert werden, die nicht mehr nur Protest versammeln, sondern auch Widerstand entwickeln. Ziemlich schnell war so die Frage entstanden, was Widerstand gegen so ein abstraktes Finanzsystem überhaupt sein kann. Hat man es wirklich besetzt, nur weil man die Wallstreet besetzt hält? Reicht es, sich mit der Staatsgewalt zu konfrontieren und sich dem glatten Verlauf der Geschäfte, des Verkehrs und der Politik zu widersetzen? Auch wenn man diesen beträchtlich stören, die Augen auf sich lenken kann und erhebliche Reibereien in der Gedankenwelt verursacht, so weiß man doch, dass diese Bewegung nicht wirklich dort landen kann, wo sie stattfindet. Aber wo dann? Was macht die Krise aus und wohin kann sie sich entwickeln? Wenn nur 1% der Bevölkerung 49% des Vermögens besitzt, solte man es ihnen nicht einfach nehmen und neu verteilen? Könnte man das Geld nicht einfach besser und nach moralischen Gesichtspunkten verteilen, ja, könnte man nicht einfach den guten Menschen die Veranwortung dafür überlassen und schlechte davon weghalten? So will es die neuerliche Vorstellung von einer Gemeinwohlökonomie. Aber die ist mindestens so alt sind wie die SPD, gemeinhin Grundgedanke des Liberalismus. Der Rückfall in die romatischen Vorstellungen des 19 Jahrhunderts soll den Schrecken mildern, indem er das Geld begütigen, gutes Geld haben will. Vor allem soll dabei der große Glückverheißer, die Marktwirtschaft wieder hergestellt und gerettet werden. Immerhin ist sie es doch, die uns diese Welt des großen Konsums ermöglicht.

Der Glaube an das Geld hat inzwischen groteske Züge angenommen (5). Er zeigt sich immer mehr als Glaube an eine Gerechtigkeit durch Geld, an eine gerechte Geldverteilung. Es ist ja auch genug Geld im Umlauf, mehr als genug. Was liegt da näher, als mal "rüber zu machen", die Staatsschulden damit endlich bezahlen, mit dem Geld, das nur dadurch einen Wert hat, dass es als Buchgeld für Kredite firmiert? "Geld ist genug für alle da!" Ja das klingt gut und vor allem einfach. Doch um es erst Mal ganz platt zu sagen: Dieses Geld gibt es garnicht wirklich! Es ist so fiktiv wie das Kapital, das es gehortet hat (6). Geld kann nicht gerecht sein, weil es gesellschaftliche Macht darstellt und nur dem dient, der es vermehrt. Die Frage ist dringender gestellt, denn je, was kommen soll, wenn nichts mehr geht. Was überhaupt ist dieses Geld, dass es eine so fatale Wirklichkeit entfalten kann, in der es auf der einen Seite leeren Überfluss und auf der anderen blanke Not erzeugt?

Woher die vielen Schulden? Wohin das viele Geld?


Quelle: ISW *)

Die Schuldenbilanz des Staates auf der einen Seite und das Geldvermögen auf der anderen erscheint ja erstmal tatsächlich nur als Unvermögen, Geld in vernünftigen Umfang und Anteilen unter die Menschen zu bringen. Man kann es schon aus der Statistik lesen: Die Schuldenlast des Staates entspricht mehr oder weniger genau dem überschüssigen Geldvermögen seiner Bürger. Insgesamt wird doch dann genügend Wert produziert, dass sich alle davon mindestens gut und schadlos erhalten können. Die erste Frage, die man sich bei Lage der Dinge dann stellen muss ist, was mit dem vielen Geld geschieht, wenn es nicht als Zahlungsmittel verwendet wird, und woher die Schulden eigentlich kommen, die sich zugleich so unermesslich auftgetürmt haben. Warum können die Staaten, Länder und Kommunen nicht das Geld einziehen, das sie benötigen, um die Lebensbedingungen ihres Lebensraums zu sichern und für die Allgemeinheit günstig zu gestalten? Warum erzeugen sie einerseits Werte, die nicht ausreichen, um sich entsprechend zu reproduzieren, und die andererseits sich als Privatmacht des Geldes auftürmen, welches ihnen nur als Kredit, als Schuldverpflichtung zur Verfügung gestellt wird. Warum müssen sie sich überhaupt in stetig ansteigendem Ausmaß verschulden? Wie können auf der einen Seite die wichtigsten Sozialleistungen, welche die Zukunft der Bevölkerung verbessern würden und mehr Kinder, mehr Leben und mehr Akzeptanz erhielten, derart rigide beschnitten werden, während für die Großverdiener zugleich soviel Geld vorhanden ist, dass sie es während eines Lebens garnicht ausgeben können. Warum geben kritische Politiker und Politikerinnen so schnell klein bei, worum erreichen sie nichts und warum hören die Regierenden nur noch auf die Finanzmärkte und ihre Berater? Haben sie vergessen von wem und für was sie gewählt worden sind? Warum kann man diese Betrüger und Geier nicht einfach absetzen, abwählen oder verjagen? Warum ist die gesamte Politikerklasse, die doch selbst auch schlecht vor ihren Wählern dasteht, nicht in der Lage, die Machtkartelle des Geldes so zu besteuern, dass das viele Geld an die vielen Schwachstellen der Gesellschaft, den Kommunen und den Armen umverteilt werden kann, sodass dann doch auch der ganze Markt wieder besser funktionieren würde, die Löhne mehr Konsum finanzieren könnten und mehr Konsum die Produktivität antreiben würde? Da muss es doch mit dem Teufel zugehn, dass das immer wieder scheitert!

Und es geht auch mit dem Teufel zu. Er besteht aus einem schwarzen Loch im Zwischenraum aller Handelsabläufet (), zwischen allen Käufen und Verkäufen, worin das Zahlungsmittel Geld auf der einen Seite als Kaufmittel einen darin eingebrachten Wert veräußert, auf der anderen als Preis den Maßstab des Erwerbs bestimmt. Sollten Wert und Preis übereinstimmen, so müssten doch alle Waren nur zu den Preisen verkauft werden, wie sie für die Käufer auch Wert haben, wie sie also ihrem Arbeitsaufwand auch entsprechen. Doch ihre Arbeit erzeugt nicht nur den Wert ihrer Produkte, sondern auch einen Mehrwert, der ihre Mehrarbeit repräsentiert, die Arbeit, die sie de facto umsonst abliefern, unbezahlte Arbeit, deren Produktwert denen gehört, die den Geldvorschuß in den Produktionsprozess geleistet haben. Es ist der Profit aus der Anwendung von Geld, das nicht in das Leben der arbeitenden Menschen, und das sind die meisten, zurückkommt. Es fließt zu einem Teil in Investitionen und Unternehmerlohn, zum anderen in Finanzierungspolster, die künftige Verwertung ermöglichen und das Marktrisiko mindern sollen. Der Wert der Lohnarbeit enthält also zum einen die Kosten, welche die Reproduktion der Arbeitskraft benötigt, also der Wert dessen, was sie sich zum Leben einkaufen muss, zum anderen produziert sie in ihrer Anwendung auch den Wert eines Mehrprodukts, womit sich das Kapital in seiner Funktionalität reproduziert und vermehrt (). Wert und Preis der Arbeitskraft haben also eine Diskrepanz durch den Mehrwert, der zunächst in das Warenhandelskapital fließt und alles finanziert, was das Kapital für seine Fortexistenz und Entwickung benötigt. Wo er sich aber hierfür nicht realisieren lässt, weil die Nachfrage nach den Produkten nicht mit ihm entsprechend wachsen, der Gesamtlohn sie nicht finanzieren kann, wandert dieser Teil des Mehrwerts ab in den Finanzmarkt und geht auf Wartestellung für bessere Verwertungslagen.

Dieser Mehrwert, wie er sich auf dem Finanzmarkt rumtreibt, ist besonders deshalb verhängisvoll, weil er eine zweifache Verselbständigung darstellt: Als Wert stellt auch er vergangene Produktion, die darin veräußerte Lebenskraft, Material und Natur dar, die sich zwar noch auf dem Warenmarkt befindet, aber dort ihren Wert verloren hat (7), weil er sich als Preis der Waren nicht durchsetzen lässt, sei es wegen Überproduktion oder technologischer Verbesserung der Produktion oder durch Inflation des Geldes usw. (). Dieser Wert ist nun aber als reines Geld im Anlagevermögen und damit als reine politische Macht des Geldbesitzes weiterhin wirksam, denn er stellt ja entzogene Lebenszeit dar und muss seinen Wert als Geld zumindest bestätigen und auffrischen, um ihn weiterhin zu erhalten, um also auch die Geldwerte stabil zu halten. Er muss auf irgendeine Weise in die Produktion hinein wirken. Das tut er durch Kreditvergabe an die, welche ihre Arbeit zum Teil unbezahlt verrichten müssen. Dieses Kreditgeld ist nicht daran interessiert, dass die Waren zu ihrem Wert verkauft, sondern dass die Macht der Finanzmärkte gestärkt werden und der Kredit mit Zins pünktlich zurückgezahlt wird, und sei dafür auch noch weitere Mehrarbeit oder vermehrte Billigarbeit nötig.

Zum anderen besteht der Im Finanzkapital aufgehäufte Mehrwert als Macht über die Preise, welche die Waren haben müssen, um das Finanzkapital weiterhin mit Mehrwert zu versorgen, die Zinsen zu bezahlen und den permanent schwindenden Geldwert zu stabilisieren. Als Geldmacht auf dem Finanzmarkt spekuliert es daher auch auf Entzug von Geld aus den Warenmärkten der sogenannten Realökonomie, wo immer sie ihre Schwächen zeitigt und erledigt ihren Rest mit Gewinn, entzieht ihr die noch verblieben Werte zu seiner Bestärkung. Das spekulative Kapital ernährt sich dann vom Aas. Der Entzug hat folgen in allen Bereichen der Infrastrukturen, die von den Kommunen, Ländern und Nationalstaaten gehalten und erneuert werden müssen. Nicht nur die Arbeitskraft wird dadurch verbilligt, sondern ihr gesamtes Lebensumfeld. Was diese durch Verbilligung nicht mehr an Wertrealisieren kann, was also z.B. die Gemeindekassen nicht mehr finanzieren können, die Billiglöhner nicht kaufen und nicht in die Renten- und Sozialkassen einzahlen können, das geht der Allgemeinheit auch wirklich an Vermögen verloren und wird immer mehr durch Spekulation ersetzt und teilweise auch von den Privat-Equety-Firmen angeeignet. Während dem Gemeinbvermögen durch den Einfluss der Finanziers auf die Preise noch zusätzlichen Wert entzogen wird, muss sich die Allgemeinheit der davon abhängigen Menschen gegenüber den Kreditgebenrn weitergehend verschulden und neue Kredite aufnehmen, zum großen Teil auch, um die alten überhaupt bezahlen zu können. Der auf diese Weise isolierte Mehrwert treibt die Entwertung aller Lebenssubstanzen an. Es ist ein Teufelskreis im wahrsten Sinne des Wortes.

Das Siegel der Fiktionen ist der freie Fall der Geldverwertung

Es ist der Teufelskreis zwischen zwei verselbständigten Welten, von welchen die eine den Wert hat, den die andere darstellen soll, weil sie ihn für sich zugleich nicht halten, nicht realisieren kann. Es sind Welten, die sich aneinander festhalten, während beide in der Schwebe sind. Die Schuldtitel stellen nämlich eine Verdopplung ihrer Werte und ihrer Wertlosigkeit in einem dar, wie sie Marx schon im 3. Band des Kapitals weitgehend beschrieben hat:

„Die Eigentumstitel auf Gesellschaftsgeschäfte, Eisenbahnen, Bergwerke etc. sind … zwar … Titel auf wirkliches Kapital. Indes geben sie keine Verfügung über dies Kapital. Es kann nicht entzogen werden. Sie geben nur Rechtsansprüche auf einen Teil des von demselben zu erwerbenden Mehrwerts. Aber diese Titel werden ebenfalls papierne Duplikate des wirklichen Kapitals, wie wenn der Ladungsschein einen Wert erhielte neben der Ladung und gleichzeitig mit ihr. Sie werden zu nominellen Repräsentanten nicht existierender Kapitale. Denn das wirkliche Kapital existiert daneben und ändert durchaus nicht die Hand dadurch, daß diese Duplikate die Hände wechseln. Sie werden zu Formen des zinstragenden Kapitals, weil sie nicht nur gewisse Erträge sichern, sondern auch, weil durch Verkauf ihre Rückzahlung als Kapitalwerte erhalten werden kann. Soweit die Akkumulation dieser Papiere die Akkumulation von Eisenbahnen, Bergwerken, Dampfschiffen etc. ausdrückt, drückt sie Erweiterung des wirklichen Reproduktionsprozesses aus, ganz wie die Erweiterung einer Steuerliste z.B. auf Mobilareigentum die Expansion dieses Mobilars anzeigt. Aber als Duplikate, die selbst als Waren verhandelbar sind und daher selbst als Kapitalwerte zirkulieren, sind sie illusorisch, und ihr Wertbetrag kann fallen und steigen ganz unabhängig von der Wertbewegung des wirklichen Kapitals, auf das sie Titel sind“ (MEW 25, S. 494).

Es ist ein Seiltanz auf hohem Niveau, dem immer auch ein tiefer Fall droht. Der Ausgleich der Finanzmittel mit dem Schuldentitel kann nicht gelingen, denn der letztre ist ja nur der Spiegel des erstren und dieser setzt auf die Pflichten eines Spiegelbildes, eines Fantoms, das seinen Wert nur durch das Geld hat, das darin keine Gegenwart hat und auf Zukunft setzen muss. Der Staat fürchtet die Entwertungsspirale, die diese doppelte Luftnummer potenziell darstellt, wie die Pest. Wenn das Geld seinen Wert verliert, dann zerstört das auch ihn. Es geht dabei letztlich um seine Funktion überhaupt, um seine Rolle in dem ganzen Geld- und Kreditsystem. Das liegt nun an der Dimension des Loches, welches die Verselbständigung des Finanzkapitals in die realen Substanzen der Lebenskreisläufe reißt: Je mehr es kassiert, desto weniger Verwertungsanlage bleibt übrig. Das Finanzkapital wird umso fiktiver, je mächtiger es wird. Seine Fiktionen machen die Psychologie der Geldanlagen auf den Börsen aus und treiben immer mehr Substanzvernichtung in die Buchwerte, die realiter immer weniger aussagen. Man setzt auf Wertdifferenzen von Wertpapieren, die nichts anderes als Zukunftserwartungen darstellen. Und alles hängt daran, ist lediglich nur eine Wette um sehr viel Geld.

In dem Maß, wie der Staat nun darauf pochen würde, dass größere Geldmengen an ihn abfließen sollen, damit er die Infrastrukturen ausbessern kann, gefährdet er im Luftraum der Finanzmärkte tatsächlich die Geldwertstabilität. Relativ geringe Wertverschiebungen auf den Kreditmärkten können gigantische Abstürze der Kreditgeldwährungen bewirken. Wir haben das nun zur Genüge kennengelernt: Das Kartenhaus der Rückversicherungen von Krediten, die auf Sand gebaut sind, weil das Geld auf den Kreditmarkt gepuscht werden musste, bricht mit einem abgrundtiefen Wertverfall zusammen. Es muss schlagartig mit frischem Wert ersetzt werden. Und das hatte dann auch in Europa die Verwertungsgrenzen verschoben und die realen Machtverhältnisse zwischen den zentralen Wirtschaften der EU und ihren Rändern sichtbar gemacht. Was bislang nur spekulativ z.B. in Märkte wie Griechenland, Lettland usw. verlegt war, musste sich immer tiefer verschulden, weil ihre Wertsubstanzen, ihre Arbeitsprodukte, ihr Freizeitangebot, Tourismus usw. dem verschärften Wertmaß nicht mehr gewachsen waren. Sie waren mit Geld versorgt worden, weil sie billig waren, und sie verloren ihren Wert, weil sie nicht mehr billiger werden konnten. Und gerade weil ihnen der Wert entzogen wurde, ihre Leistungen, ihre Produkte und ihre Urlaubsindustrie verbilligt wurde, deshalb haben sie bei den europäischen Banken hohe Schulden und deshalb brauchen sie immer mehr Geld, um ihre Schulden zu bezahlen und deshalb machen die europäischen Banken auch die besten Gewinne, solange sie die abhängigen Länder mit ihrem fiktivem Kapital versorgen können, das zumindest ihre Gegenwart noch auszunutzen versteht.

Die Fatalität des fiktiven Kapitals ist seine Macht durch die Wucht der bloßen Wertzerstörung, die Macht der Nichtung, die von den Ratingagenturen nicht verursacht, wohl aber im Zweck der Spekulationsmaximierung beurteilt wird (7a). Die Politik hat mit Recht Angst vor dem Zusammenbruch des Systems, die Arbeitsleute müssen wirklich auch die Zerstörung ihrer Arbeitsplätze fürchten, wenn sie sich einem Billiglohn verweigern. Das große Geld scheint von den Realitäten in der arbeitenden Bevölkerung ziemlich unbeeindruckbar zu sein, wo sie nicht für die Exportmärkte taugt. In der Dienstleistungsgesellschaft Deutschland, die vor allem von diesen zehrt, muss an allen Ecken und Enden gespart werden, weil Dienstleistungen nur Kosten des konstanten Kapitals darstellen, die gleichermaßen gedrückt werden müssen, während die Produktivität wächst. Doch diese wächst vor allem außer Landes, wenn auch mit den Maschinen, die noch immer von hier exportiert werden. Noch boomt die Maschinen produzierende Industrie, während der Lebensstandard der meisten Menschen, der Familien und Alleinerziehenden, der Jugendlichen und Rentner sinkt. Es sind vor allem die Länder und Kommunen, in denen sich der Wertschwund immer sichtbarer darstellt und die den Ausverkauf ihrer Infrastrukturen befürchten müssen, wenn ihre Verschuldung noch weiter anwächst. Die Sozialsysteme sind dabei auszubluten, weil ihre Hauptschlagader, der Rentenmarkt, gerissen ist. Die parlamentarische Demokratie hat sich inzwischen auch längst als bloße Repräsentanz der Verwertungslogik gezeigt und muss sich zunehmend gegen die Bürgerschaft wenden, die sie eigentlich repräsentieren sollte. Was also bleibt zu tun? Was sind die richtigen Forderungen, was die richtigen Strategiern, die dem ganzen bößen Zauber ein Ende bereiten können?

Die Schlange ist der Wert. Doch das Kaninchen starrt nur auf die Preise.

Stetig steigen die Preise für den Lebensunterhalt und die Menschen starren voller Angst auf die neuesten Preisentwicklungen. Ins Auge stechen die Ungerechtigkeiten in der privaten Verfügung über die Geldmenge, auf der einen Seite der wenigen, die in ihrer Rolle bevorzugt sind, auf der anderen Seite der großen Menge der arbeitenden Menschen. Die Gewerkschaften kämpfen um einen "gerechten Lohn" und meinen damit die längst fällige Lohnanpassung auf die Verteuerung des Lebensstandards. Unter den gegenwärtigen Bedingungen können sie aber kaum mehr erhoffen, als eine Teilrückgabe von dem, was sie schon verloren haben (8). Aber was soll daran gerecht sein, wenn die arbeitenden Menschen immer nur fordern können, was sowieso nötig ist ()? Warum soll es nicht möglich sein, in einem hochindustrialisierten Land allen Menschen ihre Existenz zu sichern und ihre Arbeit so zu reduzieren, dass alle gleichermaßen darin ihre Grundsicherheit finden und sich nach ihren Möglichkeiten daran beteiligen können, also das auch bekommen, was eine menschliche Gesellschaft eigentlich ausmacht: Sicherheit des Einzelnen durch die Kraft des Gemeinwesens?

Geld kann nicht gerecht sein, weil sich in ihm nur die gesellschaftlichen Machtverhältnisse so darstellen, wie sie auch herrschen. Geld ist selbst das Unrecht, das es niemals wirklich auflösen kann, weil es immer die Menschen nach dem bewertet, was sie für den Markt sind. Solange Geld ihre Beziehungen auf dem Markt vermittelt, werden sie von seinem Wert beherrscht, der vor allem ihren Unwert veräußert. Und indem sie Wert durch ihre Arbeit erzeugen, erzeugen sie auch die Macht, durch die sie ihm unterworfen sind, verlieren sie an Wert und also an selbstbestimmter Lebenszeit. Der Wert wächst über ihr Leben hinaus und ihre Lebensarbeitszeit zerrinnt in einem Mehrprodukt, das für sie keinen Sinn macht, weil es vor allem das Wertwachstum befördert, in welchem sich die Lebenssubstanzen der Mehrarbeit verbrauchen. Sie müssen das Ungeheuer nähren, das ihnen ihren Verdienst wieder kassiert, sei es als Kosten für das, was sie zum Leben brauchen, zum Lebensunterhalt, für Miete, Energie oder Steuer, sei es als das, was sie dafür unbezahlt arbeiten müssen. Das preiswerte Geld gehört eben immer zunächst dem Monster des Geldes, dem Wertverhältnis von Arbeit und Kapital, das die Preise bestimmt und muss von den Menschen freigekauft werden, um Leben zu dürfen. Das sind sie ihm schuldig ohne je in ein wirkliches Schuldverhältnis eingetreten zu sein. Sie sind da hineingeboren und finanzieren immer einen Schuldanteil, weil Geld nur als Schuldverhältnis existiert, weil man damit den Anteil an einem gesellschaftlichen Machtquantum erwirbt, durch den man bekommt, was einem als Preis zugewiesen ist, was den Menschen zu diesem Preis geboten wird, der von dem bestimmt ist, der die Produkte besitzt. Den Preis ihrer Arbeitskraft jedoch können sie nicht wirklich bestimmen, weil sie dazu nicht frei sind, weil sie Geld haben müssen um leben zu können. So einfach ist das. Was soll da dann eine Verteilungsgerechtigkeit sein (9)?

Es geht doch eigentlich um das Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital überhaupt, um das Geldverhältnis schlechthin, das den Arbeitsleuten das Feilschen um den Lohn, um den Preis ihrer Arbeitskraft aufzwingt. Ihre Arbeit verbraucht ihre Lebenszeit und ihre Kraft wird nur zu dem Preis bezahlt, zu einem Geldbetrag beglichen, mit welchem sie ihre Kraft gerade mal regenerieren können. Doch sie schafft Wert, der zu einem Mehrwert anwächst und zugleich ihren Preis bestimmt. Was ist der Wert und was der Preis der Arbeit, wenn die Arbeitszeit zu einem Arbeitslohn bezahlt wird, der schon wesentlich kürzer abgegolten ist als ein Arbeitstag dauert. Was ist ein Arbeitstag hier noch wert? Um diesen muss es eigentlich gehen, denn alle Geldwerte richten sich nach ihm, nach dem Verhältnis seines bezahlten Anteils als Lohn zu dem unbezahlten Anteil als Mehrwert.

Solange die Gewerkschaften nur Geld fordern und die Arbeitsleute mal mehr und mal weniger von dem, kriegen, was den Vermögenden möglich ist, wird nur die Unendlichkeit einer unermesslichen Größe, der Macht des Wertquantums angeeigneter Mehrarbeit fortgetrieben. Es geht dabei immer um ein Hin und Her und immer steckt ein Kalkül der Ökonomen auf beiden Seiten dahinter, wieviel für den Konsum frei gelassen werden kann und wie billig die Arbeit sein muss, damit das Machtverhältnis von Lohnarbeit und Kapital am besten fortbestehen kann. Und genau da liegt das Problem. Klar soll man nehmen, wo hier zu wenig und dort zu viel da ist. Klar soll man auch entsprechende Forderungen stellen, wie sie in allen Auseinandersetzungen zwischen Kapital und Arbeit seit Jahrhunderten gestellt werden. Klar ist, was man soll und immer wieder machen muss, nur um bleiben zu dürfen, was man schon lange ist und immer noch sein muss: Bittsteller um Lohnprozente, der sich mal mehr und mal weniger intelligent mit seiner Forderung artikuliert, während die Geldentwertung sich schon wieder zurückholt, was gerade noch als anteiliger Geldzuwachs erschien. Die Preise von Lohn für den Selbsterhalt stehen immer in einem stetigen Verwertungsverhältnis, das alleine den Erhalt einer immer wertloser werdenden Arbeitskraft für eine kapitalnotwendige Anzahl von Arbeitskräften sichern muss. Der zweifelsohne notwendige Kampf um diesen Preis ist der Sisyphos einer unendlichen Geschichte, denn mit dem Erfolg im Kampf um Lohnerhöhung betritt man zugleich immer auch wieder die Wirklichkeit der "freien Marktwirtschaft", die ziemlich schnell ihre Kehrseite zeigt: Noch niemals haben Forderungen nach "gerechten Geldverteilungen" langfristigen Ausgleich geschaffen. Die Preiserhöhungen zum Lebensunterhalt und für Energiekosten und Miete usw. folgten umgehend. Lohnerhöhungen sind nötig, stellen aber keinen wesentlichen Fortschritt dar. Sie binden die Abhängigkeit zurück, die ihnen vorausgegangen war und drängen die Menschen vom Markt, die als Randgruppen oder Billiglöhner das ganze Wertverhältnis weiter nach unten treiben werden. Alle sind dem ausgeliefert und wer an den Schnüren der Verhältnisse hängt, sollte nicht behaupten, dass er sie durch heftigeres Zappeln überwindet. Emanzipation von der Bestimmungsmacht der Arbeitsmärkte, von der Fremdbestimmung der Arbeit ist das nicht. Der gewerkschaftliche Kampf um mehr Lohn muss über das bloße Lohnverhältnis hinauswachsen, muss zu einem politischen Kampf um eine menschliche Form der Selbsterhaltung werden, zunächst zum Kampf um kürzere Arbeitszeit und um Eigentum an den Mitteln ihrer Reproduktion, um die Möglichkeiten einer selbstbestimmten Subsistenz in den Kommunen jenseits der Finanzmärkte und ihrer Finanzpolitiker.

Den Gewerkschaften sollte es vorrangig um die Verkürzung der menschlichen Arbeitszeit gehen. Das ist der wirkliche Bezug auf den Wert und damit auf das Verwertungsverhältnis in einem hoch technisierten Kapitalismus. Kürzere Arbeitszeiten schaffen Platz für mehr Menschen und machen Zeit frei, nehmen Zeitdruck und fördern die Bedingungen, sich frei gegen die Systematisierung unbezahlter Arbeit zu verhalten, sich um die Möglichkeiten einer sinnvollen Arbeit zu kümmern. Und diese wird es letztlich nur geben, wenn die Arbeit zur Selbsterhaltung nicht mehr als Erpressungsmittel für eine Arbeit taugt, die fremden Reichtum als Macht gegen sich auftürmt. Eine gesellschaftlich bestimmte Selbstverwaltung der Arbeit beendet dies schlagartig und macht Finanzkapital auf der Stelle unwirksam. Daher ist letztlich die Entwicklung einer kommunalen Subsistenzindustrie als Möglichkeit für alle notwendig. Mit deren Betrieb wird die Grundsicherung der Menschen zu gleichem Anteil gewährt sein, so dass niemand mehr durch die Verwertungsrentabilität eines ihm fremden Systems bestimmt werden kann. Aller Fortschritt kommt von den Menschen und muss ausschließlich ihnen dienlich sein, ihre Kraft vermehren, ihre Arbeit reduzieren und ihren Reichtum schaffen und bewahren. In Kampf um eine andere Welt sollte es daher vor allem um die politisch befreite Vernetzung der Kommunalwirtschaften aller Länder, um eine internationale Kommunalwirtschaft gehen, die nur als wirtschaftliche Politik, als Demokratie der wirtschaftlichen Entwicklungen funktionieren kann.


*) ISW-spezial 26, März 2012, ISSN 1614-9270, www.isw-muenchen.de

(1) Aus ihren Kreisen hat sich auch schon mal ein Finanzbetrüger wie Peter Hartz öffentlich vorgewagt und selbst seine Kappung des Sozialstaats erläutert, die von der rot-grünen Regierung dann auch brav ausgeführt worden war.

(2) Das seltsame Problem in den reichen Ländern war, was man damit tun kann, wie es noch in einen Verwertungskreislauf eingebracht werden kann, wenn die Realwirtschaft schrumpft, Technologie eine große Masse menschlicher Arbeit ersetzt, Kriege keinen Erfolg mehr haben und die Ausbeutung der Armen an ihre physikalsiche Grenze gelangt ist. Banken und Agenturen suchten krampfhaft nach möglichen Investitionen und verschwendeten hemmungslos große Kredite auf Immobilienmärkten und in Infrastrukturen, nur um ihr Geld zu waschen, es also erneuert aus realökonomischen Verwertungen zurückzubekommen. Das misslang, - im Wesentlichen nicht durch bloßes Fehlverhalten, sondern weil immer größere Kreditierungsketten dabei mitverdienen wollten, vor allem die Kreditversicherer und Hedge-Fond-Verwalter und Währungsspekulanten. Die Unübersichtlichkeit der Kreditmasse wurden immer größer, bis die Blase in entsprechenden Kettenreaktionen zerplatze. Die Bankenrettung wurde in Europa zum Leitmotiv als sogenanntes Rettungsschild und zum unendlichen Prinzip einer unerfüllbaren Krisenbewältigung, die aber immerhin die deutsche Marktherrschaft bestärken konnte und zugleich die europäische Krise vertiefte. Die Banker des internationalen Währungsfonds und der Deutschen Bank wissen es schon: Entweder eine Hyperinflation oder lange anhaltende Inflationen werden die Folge sein

Das alles ist noch lange nicht ausgestanden und wird sich auch kaum ausstehen lasssen, weil sich in unausweichlicher Logik aus den Billigmärkten der Arbeit die kommenden Krisen der Versicherungs- und Pensionsfonds ergeben werden, aber längst bekannt gemacht worden sind: die Realität der Billigrenten durch Billiglöhne, die sich unmittelbar in den Sozial- und Altersversorgungen der Menschen auswirken werden. Noch hatten sich die Staaten durch gigantische Staatsverschuldungen mit der Verpfändung künftiger Steuereinnahmen auf viele Generationen hinaus scheinbar frei machen können. Doch auf die späteren Folgen muss man garnicht erst reflektieren. Schon die Geldwertstabilität wird für die gegenwärtigen Verwirtschaftung der letzten Substanzen nicht mehr lange hinreichen. Will man eine Hyperinflation noch umgehen, so müsste auf viele Jahre eine Inflation um die 5% jährlich in Kauf genommen werden. Das meint z.B. der Chefökonom der Deutschen Bank Thomas Mayer und auch der ehemalige Chef der IWF, Kenneth Rogoff (vergleiche hierzu ISW-Spezial Nr. 26, S. 22) Unter der fachkundigen Anleitung der Geldagenturen ist die Europapolitik in dieselbe Schuldenfalle getappt wie sie für jeden bereit steht, der den Zukunftsversprechungen der Anlageberater Glauben geschenkt hat. Schon jetzt haben die Zinsen für die Staatsschulden jährlich einen Betrag von über 65 Milliarden, und sie wachsen immer noch mit jedem Jahr stetig um mehrere Milliarden an, während die Neuverschuldungen noch nicht mal annähernd gestoppt sind. Das Märchen von einem reellen Rückgang der Staatsverschuldung ist nur noch über Inflation zu lösen, und die trifft dann alle und ganz besonders, die nicht viel haben und die bisher dafür gearbeitet haben, dass das ganze System sich entwickelt hat.

(3) Es ist nicht einfach die Krise der Finanzmärkte und auch nicht die Folge von Fehlern so, als ob die falschen Leute an der Macht wären. Die Ursachen liegen tiefer; es ist die Macht höchstselbst. Nichts ist so verkehrt wie die Dolchstoßlegende, eine gesunde Realwirtschaft sei der grenzenlosen Habgier einer Handvoll Banker und Spekulanten zum Opfer gefallen. Und nichts ist dümmer, als seine Zeit damit zu verbringen, sich an diese Banker zu wenden und Mäßigung zu verlangen. Auch wenn die immer besser dastehen und von Steuern gehalten werden, ist das Kreditsystem selbst schon eine Verrücktheit, weil es durch Geld etwas vermehren will, was ihm schon vorausgesetzt ist: Geld.ip.

(4) Die sehr bescheidenen Milleniumziele sind nicht nur unerreichbar, sondern kehren sich selbst in ihr Gegenteil. Die Klimaziele werden nicht erreicht, weil deren Rendite zu langfristig für die nötige Umlaufgeschwindigkeit der Kapitlverwertung ist. Die Zukunft der Kinder besteht vor allem aus Existenzangst, Verschuldung, totalisierter Konkurrenz und grenzenlosem Leistungsdruck. Und die Gewalt der Verhältnisse bricht immer mehr auch als Gewalt und Verrohung der sozialen und zwischenmenschlichen Beziehungen aus.

(5) Noch täuschen die deutschen Auftragbücher über die Entwicklungen der Geldwirtschaft hinweg. Für Deutschland sei die Krise überwunden. Doch Deutschland gibt es nicht mehr ohne Europa und dieses nicht ohne die USA und so weiter. Man sollte das inzwischen kapiert haben. Doch solange der Außenhandel boomt, weitet sich die Naivität der Glaubensgemeinde vom goldenen Kalb noch weiter aus. Wie wärs, wenn wir uns jetzt alle einfach mal besser mit den Möglichkeiten einer netteren Marktwirtschaft befassen, sie moralisch aufrüsten, das Geld besser sortieren, das gute ins Töpfech, das schlechte ins Kröpfchen? Aber hatten das nicht überhaupt schon immer die Politiker so gewollt? Wollte sie nicht schon seit 140 Jahren das Gute, wenn sie sich gestritten hatten über die Staatsmoral und den Sozialstaaat? Wollten sie mit dem Steuergeld, mit dem Geld des Staates nicht schon immer das Allgemeinwohl befördern, hatten sie sich nicht immer als Politik des Guten und Schönen gegeben? Hat das nicht immer zum Gegenteil geführt? Wenn das System schwach geworden ist, wird auch die Schwachheit zum System. Man will es einfach wieder stark haben, menschlich, nett, ausgewogen und mit allem vertraut. Nicht böse Spekulanten, nein! Gute Menschen braucht das Land: bessere Banken, menschlichere Politiker, mitfühlende Geldbesitzer und ein gerechtes Steuersystem, ein moralisch gutes Geld, das sich gleich und gerecht an alle verteilen lässt wie die Goldbärchen aus dem Automaten an der Ecke.

(6) Das waren doch eigentlich auch die Versprechen und Idealvorstellung der Marktwirtschaft - nicht erst seit Ludwig Ehrhard, sondern schon spätestens seit Adam Smith und seinen engeren Vorläufern, also seit dem 18. Jahrhundert. Die Entwicklung dieser Wirtschaftsform hat aber zwischen ihren Phasen der Prosperität und der Krise immer wieder genau das Gegenteil ergeben: Reichtum den Wenigen und Armut den Meisten. Während sich die Produktivität der Arbeit so ungemein entwickelt hat und den Menschen viel Arbeit erspart, werden sie immer ärmer, und die Masse ihrer Produkte immer größer, ohne dass sie viel davon haben, sondern im Gegenteil immer größere Schuldenlast zu tragen haben. Man kann es auf einen einzigen Punkt bringen: Wenn die menschliche Arbeit durch die technologische Entwicklung immer weniger wird und Arbeitslosigkeit und Überproduktionskrisen zur Folge hat, warum kann man dann nicht einfach alle Arbeitszeiten, die Tagesarbeitszeit, die Wochenarbeitszeit und die Lebensarbeitszeit so verkürzen, dass alle Menschen weniger arbeiten müssen und dennoch genung Zeit und Geld für den Konsum der Produkte haben?

(7) Was den Wert des Geldes betrifft, so ist da eben ein großes System am Wirken, das nichts mehr mit einem Ausgleich der Werte zu tun hat. Starrt man nur auf das Unrecht der Geldverhältisse zum Leben und der Arbeit der Menschen, verkennt man leicht, was richtig sein könnte, weil es nicht um die bloßen Geldverteilung, nicht einfach nur um Geldbesitz, sondern um ein gesellschaftliches Lebensverhältnis geht. Das Kaninchen wird gerade von der Schlange am ehesten gefressen, wenn es davon träumt, selbst eine solche werden zu können.

Das Vermögen der deutschen Geldbesitzer ist im Krisenjahr 2008 zwar um 110 Milliarden Euro zurückgegangen, aber es beträgt immer noch 4,49 Billionen Euro, von denen zwei Drittel das reichste Zehntel der Bevölkerung besitzt. Da liegt es ja schon nahe, höhere Abgaben zu fordern. Und das ist ja auch nicht falsch. Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 50 % (ab 90.000 Euro Jahreseinkommen) würde 10 Milliarden bringen. Die Körperschaftssteuer für Aktiengesellschaften auf dem Niveau des Jahres 2000 würde 18 Milliarden mehr Steuereinnahmen bringen. Eine höhere Erbschaftssteuer auf große Vermögen brächte 6 Milliarden (Alle Zahlen aus der ver.di-Publikation "Genug gespart! Öffentliche Leistungen stärken"). Ja schön, sind ja schon mal 10+18+6, also 34 Milliarden für die Staatskasse jährlich. Immerhin. Aber die muss den Banken im selben Zeitraum erstmal schon 65 Milliarden Euro Zinsen für die Staatsanleihen zahlen.

Geld als solches ist nichts und doch steht Geld für alles, was Wert hat, was als dieser erzeugt wurde, weil Geld Wert darstellt. Die Fähigkeit des Geldes, sich allseitig und allgemein und also immer wieder als Werträger darzustellen und als dieser auch benutzt zu werden, dient nicht nur zur Erfüllung gesellschaftlicher Notwendigkeiten einer Warengesellschaft, sondern zieht zugleich Geld an, weil es nicht nur Wert hat, sondern auch die Preise bestimmt. Wo viel Geld ist, ist die Bestimmungsmacht groß. Und nur weil Wert durch die Anwendung von Geld im Arbeitsprozess entsteht und zugleich Geld nur wert hat, weil es diesen gesellschaftlich vermittelt, ist das große Loch im gesellschaftlichen Lebenszusammenhang hinter dem ganzen Wertverhältnis nicht wahrnehmbar. Es dient dazu, alles aufzusaugen, was verwertbar ist, um einzunehmen, was es dem Geld erbringt. Und so erfüllt sich im Prinzip, was der Teufel in Goethes Faust ausgesprochen hat: "Es ist denn alles, was entsteht, nur wert, dass es zugrunde geht." Es ist eben in der Tat ein teuflisches Prinzip.

(7a) Das Kreditsystem ist zu einer sich selbst bestärkenden Fiktion geworden, zu einem fiktiven Kapital., das nach und nach immer sinnloser wird, weil es nirgendwo mehr landen, sich nicht mehr "erden" kann, immer weniger Substanz zur Verwertung von Arbeit und damit immer weniger "Frischgeld" findet. Die Naivität vieler Politiker ist geheuchelt. Es ist ganz einfach: Sie wissen wirklich nicht mehr weiter, und allein deshalb haben die politischen Denkgewohnheiten inzwischen absurde Züge angenommen. Zu lange hat man an das bloße Geld geglaubt, Die These vom Geld, das Geld produzieren könne, wenn man es nur auf den Markt wirft, weil es die Wirtschaft anheizen würde und Nachfrage erzeugen könne, diese naive Vorstellung aus dem 18. Jahrhundert, die Grenznutzentheorie, die das Kernstück des Neoliberalismus ist, hat sich ausgeträumt (siehe Teil 1). Ihre Richtigkeit wird heute von führenden Ökonomen endlich wieder in Frage gestellt und gilt auch bei vielen schon als "faktisch widerlegt".

(8) Geld ist eben kein Bergwerk, in dem man es schürfen und aufschatzen kann. Es ist ein Lebensverhältnis unterschiedlicher Besitztümer. Zur Währungsreform nach dem 2. Weltkrieg im Jahr 1948 bekam jeder deutsche Bürger nur 40 Deutsche Mark zum Start in die neue Währung. Alle hatten gleich viel in der Tasche. Schon bald aber waren wieder dieselben Menschen reicher als die anderen: Sie hatten eben ein anderes Vermögen: Beziehungen, Grundbesitz, Fabrikanlagen usw. Und die Seilschaften der Nazis feierten auf diese Weise wieder ihre etwas verwandelten Urständ.

(9) Die Verhältnisse sind in ihrer Verteilung so festgezurrt, dass sich die Argumente in einer schlechten Unendlichkeit bewegen. Heraus kommen immer nur Verluste, sobald die Weltmarktposition einbezogen wird. Und davon leben wir ja auch eigentlich, denn der Grundbedarf der durchschnittlichen deutschen Existenz wird zum weitaus größten Teil über den Welthandel besorgt und hängt von der Währungsstabilität des Euro ab. Und so bleiben lediglich die Appelle an die Moral, an eine moralisch bessere Geldverteilung, auf mehr Geld aus moralischen Gründen. Aber dies beansprucht eine Allgemeinheit an Verteilungsgerechtigkeit, die hierzulande letztlich peinlich ist, wenn man dabei mit reflektiert, auf wessen Kosten wir hier leben und was das Finanzkapital, das hier entsteht, an Hunger und Zerstörung z.B. in Afrika bewirkt, so dass dort die Lebensmittelpreise für einen Großteil der Bevölkerung oft unerschwinglich werden.