Wolfram Pfreundschuh (08.06.2012)

Diskussionen rund ums Geld

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Teil IV: Wie bedingungslos kann ein Grundeinkommen sein?

Die Krise des Kapitalismus hat in ihrer Hochzeit immer denselben Kreislauf: Es gibt zu wenig Geld dort, wo es gebraucht wird und zuviel dort, wo man damit nichts anderes als Geld machen kann. Und dort tut man alles, was mit Geld zu machen ist, um den Leerlauf zu beherrschen, den eine übergroße Geldmasse mit sich bringt, wenn sie keine Anwendung findet. Weil Geld das Maß aller Dinge auf den Märkten der Welt ist, müssen deren Güter selbst zu Geld, verkauft oder eingespart werden. Damit wird die Krise nicht behoben, sondern zur Substanzkrise. Und das Problem wird dadurch substanziell und vernutzt alle noch verbliebenen Substanzen für die Fiktionen einer Geldverwertung, die sich vom Leben der Menschen weit entfernt hat. Aber gerade dieses ist das Objekt ihrer Begierde und ihre Abwärtsspirale wird daher immer gewalttätiger und greift immer tiefer in die existenziellen, kulturellen und sozialen Beziehungen der Menschen hinein.

Es ist absurd, ein System zu erhalten, das den Menschen nur Angst macht, um sie mit Billiglohn und Hartz IV abzuspeisen, in dem Arbeitslosigkeit ein Problem darstellt, während es gleichzeitig Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit und Zeitarbeit produziert und nicht mal in der Lage ist, seine Produkte auch wertgerecht abzusetzen. Und es ist absurd, wenn Länder in einen Währunspakt wie z.B. die EU integriert werden, die billig produzieren müssen, um die Produktionskosten allgemein niedrig zu halten und die dann in ihrer Produktivität nicht mithalten können, so dass dort wirtschaftliche und soziale Verelendung an der Tagesordnung sind, die vor allem die Finanzmärkte in ihrer Spekulation und Kreditwirtschaft bestärken. Alles dies sind Resultate einer Wirtschaft, die nicht mal ihrer eigenen Vernunft folgen kann, so effektiv wie möglich so viele und gute Resultate wie nötig zu erbringen.

Es fragen sich daher viele, warum sie damit leben sollen, dass sie nur noch eine Abwärtsspirale zu bedienen haben. Vor allem, wenn das bestehende System doch spürbar überholt ist? Weder das Finanzsystem noch die Arbeit entspricht dem, was heute angesagt ist. Existenzangst müsste doch eigentlich nicht sein, wo die Arbeit schon weitgehend automatisch verläuft und immer mehr durch Maschinen ersetzt wird. Man könnte doch mit sehr viel weniger Belastung sehr viel mehr erreichen, wenn diese Befreiung auch den Menschen zur Verbesserung ihres Lebensstandards überlassen wird. Viel sinnvoller als das Gerangel um die Beschränkung ihrer Existenz erscheint es doch, wenn man den Menschen erstmal Geld gibt, damit sie leben und einkaufen können und Arbeit hierfür wieder Sinn macht. Überproduktion und geplatzte Geldblasen auf dem Finanzmarkt könnten sich von selbst erledigen, wenn das Geld unter die Menschen kommt. Wer lebt, der arbeitet auch und wenn er arbeitet, dann wird schon was Sinnvolles entstehen; das liegt ja in der Natur der Sache. So ist eine inzwischen weit verbreitete Haltung zur bestehenden Krise des Kapitalismus.

Im Internet und auf diversen öffentlichen Foren sind darüber entsprechende Diskussionen entstanden. Wie das aussehen und finanziert werden könnte, wird zur Zeit auf vielen Foren und auf vielen Podien diskutiert. Die Fantasie von einer Gesellschaft ohne Arbeitszwang hat enormen Zulauf. Mit der Piratenpartei ist sie schon bis in den Bundestag vorgedrungen. Die Frage ist: Wie wäre es, wenn alles Lebensnotwendige ohne Notwendigkeit, einfach nur auf freiwilliger Basis "beigetragen" würde, so freiwillig wie Wikipedia, das doch für alle nützlich ist und weiterbringt, ohne etwas zu kosten und ohne für Beiträge entlohnt zu werden? Könnte nicht die ganze Welt so wie eine Community im Internet funktionieren, so, dass jeder nicht mehr des anderen Wolf sein muss, sondern des anderen Freund sein kann, dass jeder vom anderen profitiert, weil der auch von ihm profitieren will? Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wie anders würde die Welt aussehen, wenn die Menschen aus ihrer existenziellen Nische heraustreten und sich produktiv einbringen würden, sich in ihrer Arbeit auch für andere "verwirklichen" wollten, wenn man von der Industriearbeit absehen und sie durch Freiarbeit ersetzen könnte, eine Arbeit für den großen Pool einer Konsumfreiheit, wo jede und jeder nehmen kann, was er will, was er oder sie es dort finden kann oder einfach anschreiben, auf eine To-do-Liste setzen könnte, bis es dann irgendwer auch "beiträgt"? Oder wie wäre es, wenn der Staat einfach Geld als Grundeinkommen zur Existenzsicherung ausschütten würde, welches jeder dann in seinem Sinne so anwendet, dass er gut damit leben kann und genug Zeit hätte, auch anderen Menschen Gutes zu tun? Es wäre doch zweifellos für alle besser, wenn die vielen Leerläufe und Schuldverhältnisse des Kapitalismus und die ganze Bürokratie der Sozialsysteme überflüssig werden würden und die Menschen frei hiervon zusammenleben und füreinander da sein könnten. Wozu also der ganze Krempel über das Kapital und die Finanzmärkte, wenn man sich alles auch anders vorstellen kann? Doch wie steht es um diese Vorstellungen?

Die heile Welt des Grundeinkommens

Die Grunderfahrung ist: Existenznot bedroht die Lohnabhängigen und Arbeitslosen auf Schritt und Tritt. Das Modell eines bedingungslosen Grundeinkommens ist von daher erst mal eine Vorstellung, wie diese Not in einer Gesellschaft zu beheben wäre, die an und für sich sehr reich ist und objektiv nur darunter leidet, dass ihr zuviel reales Geld entzogen und auf Seiten der Finanzmärkte als ein Zuviel an Geld gehortet ist. Es ist doch so absurd wie augenfällig, dass auf der Seite den arbeitenden Menschen zuviel Existenzdruck gemacht wird, mit welchem sehr viel Arbeit erwirkt wird, die schlicht unsinnig ist und zugleich sehr viel Geld in absurden Aktivitäten, Wetten und Märkten verramscht wird. Und das gilt auch bezogen auf die Arbeit für eine Überproduktion, die den Menschen mehr schadet als nützt, wenn hierfür Natur verbraucht und verschmutzt wird und ein Großteil hiervon entweder als Wert oder als Produkt wieder vernichtet wird, nur damit sich die Produktpreise im Allgemeinen trotz Überfluss noch halten lassen, ihr Mehrwert nicht verloren geht. Ausgang der Überlegungen ist also die Feststellung, dass Kapitalismus ein verrückt gewordenes Gesellschaftssystem ist.

Für eine inzwischen ansehnliche Bürgerbewegung, die sich auch schon in den Parlamenten vergegenwärtigt, steht inzwischen auch fest, dass man dagegen etwas machen kann: Mit einem "Bedingungslosen Grundeinkomen" (BGE) für alle könnte Geld wieder viel sinnvoler eingesetzt werden, so ist ihr Glaube. Damit soll ein Weg gefunden werden, der einerseits die Produktionsverhältnisse und Märkte selbst nicht anrührt, dafür aber doch einen Ausgleich zwischen ärmeren und reicheren Menschen finden und augeglichene Verhältnisse schaffen will. Aber nicht das Zuviel des Geldes auf den Finanzmärkten, sondern das Geld der Besserverdienenden soll den weniger gut verdienenden zu einem bestimmten Anteil im Sinne einer Bürgersolidarität für ein gutes Leben aller Menschen überlassen werden. Das kann auf mehrfache Weise geschehen, entweder über die Mehrwertsteuer, mit welcher sich Mehrverbrauch auch als Abgabe von Steueranteilen an die Schwächeren weiterreichen ließe oder über eine Abgabe, die aus einem Anteil von überdurchschnittlich hohen Löhnen einbringen lässt und über eine Art Hochlohnsteuer weitergegeben werden könnte. Auch in der Ausführung dieses Einkommens könnte es mehrere Methoden geben. Es könnte wie schon die Sozialhilfe - allerdings ohne Bedingung mit Arbeitszwang - als Ausgleich für minderes Einkommen an den Bürger oder die Bürgerin bei Bedarf ausgezahlt werden. Es könnte aber auch als Mindestbetrag zum Leben grundsätzlich jedem Menschen bedingungslos monatlich ausbezahlt werden, der dann ganz unabhängig hiervon sich eine ihm genehme Arbeit suchen kann oder auch nicht.

Audio aus Phönix-Sendung

Welches der unterschiedlichen Verfahren man auch ins Auge fasst: In jedem Fall sollte jedem Bürger und jeder Bürgerin ein Grundeinkommen bedingungslos zur Verfügung gestellt werden, damit sie - wie es die Verfasser formulieren - ihr “Leben in Würde“ führen können und ihnen die “Erfolgsgeschichte des Kapitalismus“, nämlich die hochentwickelte Technologie der Arbeit auch dienlich gemacht wäre. In dieser Vorstellung wäre dann alles ausgeglichen und die Verhältnisse in voller Harmonie einer gerechten Güterverteilung. Unbezahlte Arbeit gäbe es dann nicht mehr, weder im Haushalt, der Kindererziehung oder in den Ehrenämtern der Bürgerarbeit. Auch der Grundlohn für die Arbeit in Betrieben oder Genossenschaften wäre auf diese Weise zu vermitteln und für ein eigenständiges Engagement und zum Aufbau eigener Betriebe wäre damit ein Grundstock gelegt. Und wer mehr Geld haben will, müsste dann in der noch verbliebenen Lohnarbeit oder in selbständiger Arbeit eben etwas mehr tun. Es wird dabei unterstellt, dass dies die meisten Menschen dann auch tun würden und auf diese Weise ein wie von selbst sich entwickelnder gesellschaftlicher Fortschritt und ein dem Bedarf entsprechendes Wachstum entstehen könnte.

Hören wir mal, wie die BefürworterInnen dieses Einkomens dies in 3sat dargestellt hatten:

Audio aus Schweizer Fernsehen

http://www.wirtschaftswurm.net/2010/bedingungsloses-grundeinkommen-das-ende-der-arbeit/

Man muss nur wollen, dann geht das schon!

Das bedingungslose Grundeinkommen soll mehrerlei bewirken: Es soll die Existenz eines jeden sichern und als individuelles Recht eines jeden Menschen, also als einklagbare Rechtsposition bestehen, der ohne Bedürftigkeitprüfung und ohne Zwang zur Arbeit einen Betrag ausbezahlt bekommen soll, mit dem eine Existenz auf einem durchschnittlich gegebenem kulturellen Niveau möglich ist. Wie auch immer das zu finanzieren sein mag; immerhin wird damit die Vorstellung von einem Leben ausgemalt, das eine gesellschaftliche Basis in einer Grundsicherheit des Einkommens hat und sich den unglücklichen Erfahrungen des gegenwärtige Arbeitsleben entgegenstellen kann. Mit den bestehenden Arbeitsverhältnissen kann sich überhaupt nur 12 % der Bevölkerung zufrieden geben; die meisten sehen es als etwas, womit man leider leben muss, um leben zu können, und sehr unzufrieden damit sind immerhin 34 %. So wurde das in einer Statistik der Befürworter des BGE ermittelt. Eine Studie des Linzer Ökonomen Friedrich Schneider zur Wirkung eines „bedingungslosen Grundeinkommens“ befand in dieser Vorstellung vorwiegend positive Perspektiven zur Behebung der gesellschaftlichen Krise, wie sie zur Zeit vorherrschend wahrgenommen wird. Die staatliche Zahlung brächte finanzielle Unabhängigkeit und Gerechtigkeit, - so lauten die Gründe für die Zustimmung, die Schneiders „Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung“ ermittelt hat. In Auftrag gegeben und finanziert wurde die Studie vom Drogeriemarkt-Gründer und Milliardär Götz Werner.

Der hat sich auch über die Finanzverhältnisse einer solchen Geldausgabe Gedanken gemacht. Das Bürgergeld beziehungsweise Bedingungslose Grundeinkommen könnte als Geldbetrag monatlich von Staat oder Kommune ausgezahlt und durch einen Konsum mit einer beträchtlich erhöhten Mehrwertsteuer finanziert werden. Dazu sei sie auf 50 bis 100% zu erhöhen. Es ließen sich aber auch andere Steuern ausmachen, die das Grundeinkommen aufbringen und rentabel machen könnten, z.B. ein massiver steuerfinanzierter Ausbau des Non-Profit Sektors, der das erspart, was er kostet. Aber noch ist der Weg der Finanzierung und der Umfang des Einkommens durchweg strittig. Die Vorschläge für ein BGE reichen von einem Satz etwas über der Sozialhilfe von 600 € plus Krankenversicherung beim ehemaligen thüringischen Ministerpräsidenten Althaus bis hin zu 1500 €, wie es immerhin schon 53.000 Bürger in einer Petition an den Bundestag gefordert hatten. Bereits im Oktober 2010 wurde diese im Bundestagspetitionsausschuss diskutiert. Die Petition fordert nicht nur 1.500 Euro staatliche Zahlung für jeden Erwachsenen, sondern auch 1.000 Euro für jedes Kind. Wenn dies der Staat vorzustrecken hätte, so müsste für den Bundeshaushalt, der zur Zeit einen Umfang von 306 Milliarden Euro aufweist, alleine hierfür etwa eine Billion Euro hinzugerechnet werden, also das Dreifache seines derzeitigen Umfangs hinzukommen. Dies würde nach Abzug der Sozialkosten (126,5 Milliarden Euro) also nahezu das Vierfache des Geldvolumens unterstellen, das durch die Hand des Staates ginge, so dass auch fast das Vierfache an Staatseinnahmen, eben die Steuern, erforderlich wären. Mit dem herkömmlichen Steuersystem wäre das nicht zu machen. Wenn das BGE daher umsatzfinanziert, also durch Mehrwertsteuer ausgeglichen werden müsste, so wäre beim derzeigen Warenumsatz (laut Götz Werner) deren Erhöhung auf etwa 100% erforderlich, der Endpreis der Waren also doppelt so hoch. Und den zahlen dann auch die, welche von der Mehrwertsteuer leben können sollen. Ihr Steuerbeitrag ist eine Nullnummer. Sie bezahlen also die Nettopreise der Waren letztlich durch die Mehrwertsteuer derer, die für große Einkäufe auch ausgestattet sind. Und gemessen am heutigen Einkommen dürften das dann wohl nicht allzu viele sein. Irgendwie grotesk. Zudem sollte dann die Einkommens- und Lohnsteuer, also die Steuer auf Gewinn und Lohn aufgehoben werden. So will es der Milliardär Götz Werner und so war es auch von einigen Nationalökonomen aus dem Kreis der Neoliberalen schon vor längerer Zeit erwogen worden. Der Verbraucher eben solle alles bezahlen. Und das wäre dann vor allem die volle Befreiung des Kapitals von den Steuern auf Gewerbe und Profit und von daher ein großer Gewinn für das Finanzkapital.

Alternativ hierzu lässt sich die Finanzierung des BGE aber auch modifiziert als Ausgleichssteuer zwischen Geringverdienern, Arbeitslosen und Gutverdienern vorstellen. Zum Beispiel ein Vorschlag aus den Reihen der Linken: Wer unter 1.500 Euro verdient, hat dann einen Anspruch auf Ausgleich durch die, welche darüber verdienen. Wo deren Lohn darüber ist, müsste beispielsweise von dem Mehr die Hälfe abgegeben werden. Das ergebe allerdings bei dem derzeitigen Durchschnittsnettolohn der Deutschen, der bei 1.540 Euro liegt (bei Wikipedia nur 1.503 Euro), einem durchschnittlichen Überhang von 40 Euro pro Kopf, eigentlich ein Witz. Bei 42 Millionen arbeitenden Bürgern käme da gerade mal 1,64 Milliarden als Betrag zum Lohnausgleich heraus, welche im Überhang die nicht Arbeitenden und Geringverdiener im Unterschied zur Bruttobesteuerung zu erwarten hätten. Dagegen erscheint die derzeit ausgezahlte Sozialhilfe von 21,7 Milliarden Euro im Jahr 2010 ("Die Welt online") geradezu gnädig. Aber auch weil dann noch zudem die Kapitalsteuer unbehelligt oder stark reduziert bliebe, würde das Grundeinkommen - auch wenn es der möglichen Finanzierung entsprechend reduziert würde - weit unter die Sozialhilfe bzw. Hartz IV fallen müssen. Dennoch: Die Piratenpartei, Teile der Linkspartei und einzelne Politiker der Grünen befürworten die Idee dieses Grundeinkommens, die Koalition sowie die SPD sind dagegen.

Trotz alledem: Richtig gut an der Idee des BGE ist die Bedingungslosigkeit selbst. Immerhin kann man sich hier endlich mal vorstellen, wie es ist, wenn Menschen ohne den Zwang zu einer ihnen fremden Arbeit leben könnten, wenn ihnen ihre Gesellschaft eine Existenzgarantie gibt, wenn also das, was Gesellschaft ausmacht, tatsächlich auch stattfände. Dann wäre Arbeit und Lebenserhalt eine selbstverständliche Einheit. Dann würden die Menschen arbeiten, um auch wirklich leben zu können und wären nicht als Schuldner in einer Gesellschaft geboren, für die sie arbeiten müssen, nur um leben zu dürfen. Die Möglichkeit der Nötigung zu einer Arbeit für eine chronische Überproduktion wäre mit dem BGE - wenn es denn funktionieren könnte - tatsächlich ausgeschaltet. Und das wäre doch sicher auch einen größeren Aufwand wert. "Man muss es nur wollen", hatte die einstige Vositzende der Pirarenpartei gemeint.

Aber ist das wirklich so? Was den Markt wirklich ausmacht, das bleibt doch vollkommen unberührt. Vorgestellt wird nicht Industrie und große Arbeitsprojekte, sondern so etwas wie eine Gesellschaft aus kleinbetrieblichen Genossenschaften und Ich-Ags, kleinbürgerliche Verhältnisse also. Alle andere Arbeit sei am Schwinden, sei durch Automaten ersetzt. Doch auch durch automatische Produktionsmittel ist längst nicht die ganze Arbeit erledigt. Sie ist lediglich intelligenter geworden, während das Kapital immer dümmer wird. Es beruhen aber unsere Lebensverhältnisse im Großen und Ganzen immer noch auf den Fortschritten, die der Kapitalismus mit sich gebracht hat: Die Arbeit in der Industrie und die Steuerung großer Produktionsanlagen durch arbeitende Menschen. Ohne diese wären wir ziemlich schnell zum Absturz ins Nirwana freigegeben, das wir im Fernsehen überall in Afrika oder Asien antreffen können, wo Menschen noch billiger arbeiten, als es Maschinen könnten, wo Menschen gegen Maschinen konkurrieren müssen und alleine ihr Hungerlohn das Verhältnis bestimmt, in dem sie gerade noch leben können oder auch nicht, ein Verhältnis auf Leben und Tod. Auch das ist industrielle Arbeit, aber vor allem Niedertracht und Zynismus gegenüber den Menschen, die sie verrichten müssen, um nicht zu verhungern.

Wo Dienstleistung als das Maß der Dinge erscheint

Von der industriellen Herstellung der Produkte, die wir zum Leben haben, merken wir wenig. Wir steigen morgens in die Hose, die wir im Lidl oder H&M oder sonstwo zum Schleuderpreis erstanden hatten, weil sie in Bangladesh oder Vietnam oder Kambodscha zu einem Hungerlohn gemacht wurde. Zum Frühstück benutzen wir den Toaster "Made in Taiwan", verzehren die Bioprodukte aus Rumänien oder Ungarn oder Litauen und der Computer aus China und der Fernseher oder das Handy aus Indien oder Korea, ist ein selbstverständliches Utensil zur Kommunikation und Unterhaltung, das hier einfach da ist wie vieles anderes auch. Über 70% unsrer Haushaltsgüter kommen aus fernen Ländern und Erdteilen. Nicht mal die Hälfte der Lebensmittel einschließlich der Bioprodukte ist aus dem Inland. Durch den Wertunterschied der menschlichen Arbeit von hier und dort wird hier ein Profit von mehreren hundert Prozent gemacht und zugleich der Wert unseres Geldes vermehrt, mit dem wir unsere Einkäufe bezahlen. Als einer der weltgrößten Exporteure verkaufen wir dafür teure Produkte einer Hochtechnologie und Automation in alle Welt: Maschinen, Waffen, Pharmaka, Verkehrsmittel und anderes mehr. Es ist unsere technische Hochentwicklung, die in ihrem Preis gegen die Menschen konkurriert, die nichts anderes haben als ihre Arbeitskraft. Leben die zudem in billigen Verhältnissen, so kann das für uns nur günstig sein, denn auch die billige Wohnung dort, die billige Nahrung und die durchschnittliche Armseligkeit sind unser Plus. Und weil wir das alles durch unsere Technologie-Exporte locker bezahlen können, weil die für uns reines Kapital sind, besteht hier ein immer kleiner werdender aber um so konzentrierterer Teil der Arbeit nur noch aus Maschinenproduktion und Zulieferung, der weitaus größte Teil allerding wird immer mehr zur Dienstleistung. In einer Dienstleistungsgesellschaft lebt man eben vorwiegend von Kapitalerträgen. Da kann es zeitweise so erscheinen, als ob hier alles ausgeglichen zugeht, als ob Geld ein Äquivalent wäre, wofür der eine dem anderen die Haare schneidet und dieser dafür einen Kranken pflegt oder die Fenster putzt. (1)

Das BGE ist vor allem dort eingängig, wo es die Entfaltungsmöglichkeiten der Individuen jenseits einer gesellschaftlichen Arbeitswelt vorstellt. Es zielt auf das Individuum, das neuen Sinn durch eine sozial verstandene Arbeit sucht, und da mag durchaus mehr Engagement durch einen geregelten Geldvorschuss entstehen. Aber es wird hierzu behauptet, dass sich das BGE auch in diesem individuellen Vorteil sogar zum Vorteil aller lohnen würde. In kleinbürgerlichen Verhältnissen kann man die etwas platte Behauptung zulassen, dass alle Menschen weiterhin gleich viel arbeiten würden und dass der Wegfall von Bürokratie eine große Ersparnis erbringen würde. Ist die Existenz gesichert, so entfällt natürlich auch der Grund für Existenzangst und jeder weiß, dass Arbeit auch Freude machen kann. Aber wäre durch das BGE im Allgemeinen außer einem besseren Selbstgefühl wirklich etwas anders, würde dann nicht mehr das Kapital und sein Verwertungstrieb die Lebensverhältnisse der Menschen bestimmen, wären ihre Aufwände und Bedürfnisse dann aufgewogen? In Wirklichkeit würde eine engagierte Freiwilligkeit, die als Selbstverwirklichung der Individuen erscheint, doch die Macht des Kapitals geradezu verstärken, seine Grenzen auflösen, die durch den Privatraum der Reproduktion der Menschen noch gesetzt sind. Das Kapital würde das Grundeinkommen, also der Lohn für den Reproduktionsbedarf der Menschen, über den Staat geregelt bekommen und könnte sich völlig abgelöst hiervon frei seiner Mehrproduktion widmen und seine Bedingungen stellen und ausweiten. Wann der Arbeitsprozess beginnt und wann er endet, wird nie willkürlich sein können, wo mehrere Menschen an einer Aufgabe arbeiten. Und die Arbeitszeit allein bestimmt das Maß der Ausnutzung und Ausbeutung der Arbeit. Und die bliebe unbenommen. Der Staat hätte für das Einkommen der Menschen zu sorgen und das Kapital würde sich dann direkt an den Produkten ihrer Arbeit bereichern können; die Reproduktion der Menschen wäre Staatsausgabe, die Einnahme aus den Produkten der Arbeit weiterhin die Privatsache des Kapitals. Das kanns ja nicht sein (2).

Dennoch hat die Diskussion um das BGE wichtige Fragen und Gedanken aufgetan, zumindest hat sie illustriert, um was es gehen könnte: Um die Aufhebung der Existenzangst, welche die subjektive wie objektive Bedingung des ganzen Kapitalverhältnisses ist. Es ist doch deutlich geworden, dass sie eigentlich nicht sein muss und dass das Zusammenleben der Menschen ohne sie wesentlich anders wäre. Im Kapitalismus hat sich die menschliche Intelligenz zu einer wirtschaftlichen Rationalität entwickelt, die menschliche Arbeit systematisch mindert und gerade deshalb das Kapital, das nur vorübergehend davon zehren kann, prinzipiell in Frage stellt, weil sein Maschinenbesitz sich eben nur solange lohnt, wie es dadurch Marktvorteile hat. Die vergehen allerdings schnell und die Maschinen und ihre Algorithmen bleiben, - ja mehr noch, sie vervielfältigen sich selbst um so schneller, wie die Intelligenz ihrer Herstellung sich ausweitet, immer geringerer Materialaufwand immer größer Potenzen erwirken kann. Daran wird sich das Verhältnis umkehren, worin das Kapital seine allgemeine Wirkmacht verliert und nur noch durch seine nackte Geldform auf den Finanzmärkten sich zu retten versucht. Es wird ihm nichts nützen, denn allgemein geht die Wirkmacht an die Menschen über, sobald sie sich in ihren gesellschaftlichen Lebensverhältnissen auch allgemein aufeinander beziehen werden.

Der menschliche Anteil an der Produktivität wird immer geringer und die Maschinen immer effektiver, so dass viele Kritiker des Kapitalismus längst von einem Schwinden der menschlichen Arbeit sprechen, durch welches immer größere gesellschaftliche Freiheiten errungen werden können, wenn die Menschen lernen, über ihre Arbeit und ihre Bedürfnisse auch menschlich zu verfügen, aus ihrer Arbeitslosigkeit ihren Lebenszusammenhang finden und aus ihrer gesellschaftlichen Abhängigkeit gesellschaftliche Subjektivität gewinnen. Hierfür kann es nicht um rein quantitative Entwicklungen und Erfordernisse gehen; es geht um die gesellschaftliche Qualität dessen, was es bisher nur in quantitativen Verhältnissen gegeben hat. Die Ungerechtigkeit in der Verteilung der Geldmengen kann nicht durch Umschichtungen dauerhaft gerecht werden, wenn sie nicht den qualitativen Kern der Zeit und der inzwischen vorhandenen Produktionsmittel an die Möglichkeiten des Fortschritts angleicht und auf ihre gesellschaftliche Grundform zurückkommt, auf ihre kommunale Wirtschaft, welche die Basis allen Wirtschaftens ist, wenn sie ein Netzwerk der Kommunen bilden kann.

Ein Buch des US-amerikanischen Soziologen und Ökonomen Jeremy Rifkin aus dem Jahr 1995 mit dem deutschen Titel (2005): "Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft: Neue Konzepte für das 21. Jahrhundert" (http://www.sein.de/gesellschaft/neue-wirtschaft/2009/das-ende-der-arbeit.html) war zu einem Bestseller geworden. Darin argumentiert Rifkin, dass sich die Arbeitslosigkeit der Welt infolge der Automatisierung und Ausbreitung der Informationstechnologie in der Arbeitswelt massiv erhöhen würde, während viele Millionen Arbeitsplätze in Herstellung, Einzelhandel, Landwirtschaft und Dienstleistungssektor durch die Digitale Revolution überflüssig werden. Er schreibt:

"Wir sind mitten in einer Umwälzung, die die industrielle Revolution noch übertrifft. Durch die ersten Mechanisierungsschübe verloren Millionen von Menschen ihre Jobs und wanderten vom Land in die Städte, um dort mit den Maschinen zusammen zu arbeiten. Aber die Computer und Informationstechnik von heute machen immer mehr Menschen ganz überflüssig. [...] Wir vollziehen gerade einen Wandel hin zu einem Markt, der zum allergrößten Teil ohne menschliche Arbeitskraft funktioniert. Bis 2010 werden nur noch zwölf Prozent der arbeitenden Bevölkerung in Fabriken gebraucht. Bis 2020 werden es weltweit nur noch zwei Prozent sein." (Rifkin)

Es wäre eine gute Lebensbedingung für die Menschen, mit weniger Arbeit in einem hohen Lebensstandard existieren zu können, wenn ihre Arbeit ohne den Verwertungszwang des Geldes vollbracht werden könnte. Sie müssten schon heute nach verschiedenen Berechnungen von Ökoniomen nur noch 2, 3 bis höchstens 6 Stunden täglich arbeiten, um das gleiche Wohlstands-Niveau zu halten, wie vor 10 Jahren - wenn es bei der Arbeit überhaupt darum ginge, die Sachen herzustellen, die alle Menschen brauchen, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen.

Unter den derzeitigen Bedingungen steht der Arbeitsplatz selbst für die ganze Existenz der Menschen. Es ist ein absoluter Gegensatz, ob man ihn hat oder nicht, die absolute Frage des Existierens, Sein oder Nichtsein. Und wer Arbeit hat, fürchtet deshalb die Arbeitslosigkeit wie die Pest, denn unter den Wertbedingungen der Marktwirtschaft bedeuetet sie nicht Minderung der Arbeit, sondern Ausgrenzung. Hier geht es um Geld und Preise, - und Arbeitslosigkeit und unterbezahlte Minimalbeschäftigung sind die Regularien der Produktionskosten des Kapitals und daher das Maß des Anteils der mehrwertbildenden Arbeit, dem unbezahlten Teil der Arbeit an der Gesamtarbeit. Das ist eigentlich kein Geheimnis. Man weiß es auch zu nutzen. Die Bundesagentur für Einkommen schrieb in ihrem Aufruf zum 1. Mai: Um "Vollbeschäftigung" herzustellen müsste man die Wirtschaft daran hindern, Löhne zu senken, Arbeitszeiten und Überstunden zu verlängern oder steuerfinanzierte "Arbeit" zu schaffen. Denn genau dies sind die Bedingungen der Mehrwertproduktion: Ausweitung der Lebensarbeitszeit der Menschen, Billiglohn und Aufstockung zum Existenzminimum bzw. zur Arbeitslosigkeit als Bedrohungspotenzial in den Auseinandersetzungen zwischen Lohnarbeit und Kapital. Man muss einfach damit aufhören, den Interessen des Kapitals soviel Lebenszeit zu opfern und damit beginnen, die Dinge des Lebens in die eigene Hand zu nehmen. Es gibt mehr als nur eine Alternative, auch eine Alternative zum Geld.

Grundbedingung einer menschlichen Gesellschaft ist der Selbsterhalt der Menschen

Die Diskussion um das BGE ist ins Stocken gekommen, weil sie sich noch ganz ausschließlich am Geld festgemacht hat und nicht beantworten kann, woher das Geld dann auch wirklich kommen soll, das für ein Grundeinkommen zur Verfügung gestellt und vorgestreckt werden müsste. Solange nur angenommen wird, dass es aus Steuern oder aus dem Verkauf von Waren, aus dem Warenumsatz oder der Warenzirkulation kommen würde oder gar nur aus der Druckmaschine, dann wird es nicht möglich sein, eine Grundlage hierfür zu finden. Geld drückt handfeste Verhältnisse aus, die nur durch eine handfeste Alternative zu diesem Geld weiterentwickelt werden können. Die Diskussion über das Grundeinkommen hat immerhin viele Gedanken auf diesem Weg eingebracht, die mit Geld nicht unbedingt beantwortet werden müssen. Es werden damit alternative Ökonomien verbunden, solidarische Ökonomie, Selbstverwirklichung, effektiveres Arbeiten, gesellschaftliche Verbundenheit der Menschen und anderes mehr. Doch gerade damit hat ein geldförmiges Einkommen unmittelbar nichts zu tun. Geld ist das Maß, das Medium und der Zweck einer Marktwirtschaft, die nicht das unbedingte Nonplusultra des Wirtschaftens und gesellschaftlichen Seins sein muss.

Solange die Menschen ihre Arbeit und ihre Bedürfnisse an einem Markt ausrichten, der ihre Beziehungen nicht in ihrem Sinn und Zweck verwirklicht, bemisst und quantifiziert, worin ihnen diese also entfremdet sind, da benötigen sie Geld als Maß ihrer Aufwendungen und Befriedigungen und als Substanz ihres Reichtums. Und solange sie Geld benötigen, wird Geld für ihre Lebenszusammenhänge auch bestimmend sein und ihre Verhältnisse nach seinem Maß und Ziel quantifizieren, nach der Verfügbarkeit der Geldmenge und also auch der Geldverwertung. Weil Geld nur Wert bemessen kann, wird es auch qualitativ nur Wert sein können und sich darin verselbständigen. Um für die Menschen wirkliches Maß zu sein, muss es auf der Qualität dessen gründen, was es bemisst. Die Grundverorgung selbst, den Selbsterhalt der Menschen und ihrer Gesellschaft und die Bildung von Reichtum als Lebensreichtum, als Vielfalt des Lebens, kann Geld nicht verwirklichen, nicht gewähren und nicht sichern, weil es für die Menschen nie sicher sein kann, weil es nicht die wirklichen gesellschaftlichen Grundlagen darstellen kann, sondern nur die aktuellen Wertbeziehungen auf den Märkten der Welt, die Relationen der Tauschwerte. Es erscheint hierfür als ein Mittel, das zwangsläufig gierig, süchtig macht, weil es die allgemeine Lösung und Auflösung aller Not verspricht, aber auch nur aus individueller Not heraus erworben wird. Es vermittelt Not, die es in Wahrheit garnicht auflöst, sondern nur austauscht. Der Reichtum des einen gründet daher immer auf der Armut des anderen, die Wertmasse des Reichtums immer auf massenhafter Verarmung der Menschen. Solange Geld nicht als reines Rechengeld einer Vertragswirtschaft funktioniert, solange es seinen Wert auf den Märkten jenseits ihrer gesellschaftlichen Notwendigkeiten quantifiziert und aufhäuft, wird es immer zu Kapital werden, das Macht über die Gesellschaft haben wird, weil es dazu frei ist, die Menschen mit ihren eigenen Lebensnotwendigkeiten in seine Bedingungen zu zwingen. Das Notwendige muss politisch auseinandergesetzt und bestimmt werden, damit die Menschen für ihr Leben frei sein können.

Eine Gesellschaft ist seit jeher das Lebensverhältnis von Menschen und der Produkte ihrer Arbeit und Mittel, mit denen sie ihren Erhalt und Reichtum erzeugen. Je mehr Menschen arbeiten, desto mehr erzeugen sie auch und verbessern und entwickeln ihre Produktionsmittel. Von daher ist es absurd, wenn eine Gesellschaft die Menschen nicht ernähren kann, die sie bilden. Grundbedingung einer menschlichen Gesellschaft ist der Selbsterhalt der Menschen. Damit sollte man keine Geschäfte machen und man sollte niemanden damit erpressen, dass er seine Gesellschaft nötig hat. Denn er oder sie ist unmittelbar gesellschaftlicher Mensch, begründet also auch selbst, was nötig ist.

Gerade weil eine Grundversorgung der Menschen die Voraussetzung dafür ist, dass Kapital sie nicht erpressen und zwingen kann, für leere quantitative Verwertungsbedrürfnisse zu arbeiten und zu leben, muss ihr Lebenszusammenhang von den Wertverhältnissen des Warentauschs und der Marktwirtschaft unabhängig werden. Und das setzt voraus, dass Geld als Regulativ der Verhältnisse zurückgedrängt und ihr organischer Zusammenhang, ihr wirklicher Lebenszusammenhang regional und international bestimmend wird. Das ist in den konkreten Verhältnissen in den Betrieben und Familien und Gemeinden auch längst schon so. Wo Notwendigkeiten die Menschen verbindet, wo gearbeitet wird, weil Lebensgrundlagen geschaffen und Vorsorge zu treffen ist, finden ihre Entscheidungen ihr Maß in den Verhältnissen selbst, die sie schaffen. Es ist lediglich noch keine allgemeine Verwirklichung dieser gesellschaftlichen Verbindlichkeit gefunden worden, eine konkrete Aufhebung der Getrenntheiten von Bedürfnis und Arbeit, eine Wirklichkeit, in welcher Industrie und Kommune, komplexe Produktion und einzelne Bedürftigkeit auch organisch, politisch, geistig und stofflich zusammenkommt.

Die Diskussionen um das BGE haben hierfür viele wichtige Aspekte zusammengetragen, verblieben aber auf dem Standpunkt, dass Geld das Maß aller Wirklichkeit und Verwirklichung ist. Aber Geld impliziert immer ein abstraktes Interesse an Nutzung und Nutzbarkeit, also Ausnutzung, letztlich Ausbeutung. Solange es die selbständige Form der gesellschaflichen Vermittlung und Geschichtsbildung ist, als die einzige Vernunft einer gesellschaftlichen Wirklichkeit gilt, wird es als allgemeines Maß, das zur ausschließlichen gesellschaftlichen Verfügung auch von einzelnen eingesetzt werden kann, immer Begehrlichkeiten wecken und entfalten, die den Sinn des gesellschaftlichen Zusammenwirkens untergraben.

Eine bedingungslose Grundsicherung muss möglich sein, aber sie verlangt eine unbedingte Beschlussfassung und Organisation des Notwendigen. Was nötig ist, fügt sich nicht von selbst. Darüber wird immer verfügt, weil es zwingend ist. Geld ist die schlechteste aller Verfügungen, denn es ist niemals wirklich das Mittel, das es zu sein scheint, sondern immer ein Zweck, ein gesellschaftliches Faustpfand, das an Macht gewinnt, wo es sich vermehren und die Menschen bestimmen kann.

Geld beinhaltet daher immer eine Verwertungsinteresse, weil es sich immer und zu jedem Belang vermitteln lässt und für alles gleich gilt, also auch gegen alles im Grunde gleichgültig ist. Das macht sein Wesen, seine Qualität und also seine Richtigkeit aus und von daher kann es kein gerechtes Geld für die Menschen geben, wie immer sie es für sich bestimmen mögen. Wer es hat, besitzt die Macht einer allgemeinen Gleichgültigkeit und wird sie als Geldbesitzer auch blindlings, also ohne ein hierfür notwendiges Bewusstsein ausüben. Nur wo sich Menschen über den Sinn ihrer Verhältnisse verständigen, kann solche Gleichgültigkeit aufgelöst werden. Eine regionale Wirtschaftsform ist hierzu in der Lage, weil die Grundlagen des Selbsterhalts, der allgemeinen Subsistenz in Zeit und Raum gegenwärtig sind. Sollen sich Mengen und Maße nicht aus abstrakten Werten heraus blindlings bestimmend machen, so müssen sie gesellschaftlich, also politisch bestimmt werden.

Regionale Subsistenzindustrie basiert auf der Synergie der regionalen Arbeits- und Lebenszusammenhänge. Sie stellt sich von daher wie von selbst gegen fremde Verwertungsbedürfnisse. Komunale Netzwerke der einzelnen Betriebe werden in einer Ergänzungswirtschaft zu einem System der Grundsicherung auswachsen, wovon das bedingungslose Grundeinkommen nur träumen kann. Wird die Marktwirtschaft in einer Versorgungswirtschaft aufgehoben, wird regionale Landwirschaft, eigene Industrie und eigene Energiewirtschaft zu einem kommunalwirtschaftlichen System, das von einer regionalen Selbstverwaltung kontrolliert wird, so wird es auch Mehrprodukte erzeugen können, die mit anderen Kommunen und auch international ausgetauscht werden könnne. Und es wird im Verhältnis der hierfür nötigen Aufwände auch das Maß für eine dem entsprechene Wirklichkeit der Güterbeziehung zu finden sein. Geld wäre nur noch ein Rechengeld, das politisch kontrolliert wird und durch Vertragsverhältnisse mit den eigenen und anderen Wirtschaftssubjekten unterlegt ist. Alle Entwicklung muss dann auf der Politik gründen, welche die Menschen einer Wirtschaftsregion beschließen, muss also wirtschaftliche Politik sein. Und darin werde auch die Betriebe, ob als Industrie, als Familienunternehmen, als Genossenschaft oder Einzelperson, sich einbinden lassen. Alle freie Entfaltung der wirtschaftlichen und politischen Potenzen, die Möglichkeit der weiteren Geschichte kann dann hierauf gründen, ohne einem äußerlichen Zwang des Notwendigen zu erliegen, weil es seine eigenen Notwendigkeit gefolgt.


(1) Aber obwohl wir zum großen Teil von Billigprodukten aus ärmeren Ländern leben, müssen auch hier sehr viele Menschen mit Billiglohn auskommen, weil auch hier Arbeitslosigkeit keine Freizeit, sondern eine grundlegende Existenzbedrohung ist. Die Ausbeutung der Arbeit, die Reduktion und die Besteuerung der Reallöhne, ist nach wie vor das einzig wirklich wirksame Mittel zur Krisenbewältigung des Kapitals, das zur Erhöhung der Mehrwertrate, zum Wertwachstum nötig ist, egal, ob es dabei um produktive, also wertbildende Arbeit oder um Dienstleistung geht. Und damit sind auch die Arbeitsverhältnisse ähnlich: Arbeitskräfte werden angezogen und abgestoßen, wie es zu ihrer Verwertung tauglich ist. In Europa sind schon wieder über 20% der Jugendlichen arbeitslos, in Spanien 50% und in Griechenland steht es um fast alle Menschen nicht bessser. Nur auf den Finanzmärkten, da wächst das international aus der Realökonomie abgezogene Geld, solange es noch seinen Wert halten kann, bis eben wieder eine Finanzblase platzt. Klar kann man da auf die Idee kommen, dass das doch nicht nötig sein muss, dass doch eigentlich dieses Geld dazu da sein müsse, zu den Menschen zurückzukommen, um sie alle zu ernähren, sie einfach arbeiten und leben zu lassen. Aber die Produkte, von denen wir leben, haben relativ wenig zu tun mit der Arbeit, die wir machen. Die meisten Arbeitsplätze gibt es hierzulande in der Werbung, in der Gastronomie, im Verkehrswesen, in Versicherungen und Banken. Und die größten Umsätze werden auch dort gemacht. Da erscheint die einzelne und vereinzelte Arbeit vor dem Computer, im Taxi, an der Theke oder am Schalter oft auch als die ausschließliche Arbeit, die es gibt, als Arbeit schlechthin.

(2) Warum dies allerdings auch von einigen Volkswirtschaftlern als Möglichkeit eines Marktverhaltens empfunden wird, liegt an der auch in dieser Theorielandschaft gängigen Vorstellung, dass Geld nur so etwas sei wie ein Zahlschein, der gedruckt und vorgeschoossen wird, damit die Menschen damit ihre Tauschverhältnisse regeln können. Dass dem Geld schon der Wert der Waren vorausgesetzt und als Bewertungsmaßstab ist und als Maß der Werte und Maßstab der Preise diese Verhältnisse schon bestimmt, bevor es auf dem Markt auftaucht, ist vielen noch verschlossen geblieben. Damit wird schlicht ignoriert, dass Geld immer schon einen gesellschaftlichen Reichtum darstellt, Form diesselben ist und zugleich auch Vorschuss sein muss für alles, was Wert bildet, vor allem auch für größere Projekte, die ohne Vorleistung nicht in Gang kommen können. Nur wer Geld hat, ist hier reich. Und deshalb muss Geld in seinem Wert auch stabil gehalten werden, damit es den darin aufgehäuften Wert, die vergangene Arbeit von Menschen auch dauerhaft darstellen kann. Hinzu kommt, dass dieser Reichtum und seine weitere Produktion auf einer technologischen Hochleistung beruht, die letztlich nur durch organisierte und weitgehend überindividuell funktionierenden Industrie beruht, die sich nur selten mit Selbstenfaltung und Selbstverwirklichung in Einklang bringen lässt. Sie aber ist die Grundlage aller Arbeitsminderung und muss als diese unterhalten und fortentwickelt werden. Was ihre Anwendung so verderblich gemacht hat, ist nicht die in ihr vereinigten gesellschaftlichen Arbeit, sondern deren Formbestimmung zur Verwertung von Geld. Und diese Bestimmung geht in alle Lebensbereiche weiter ein, ist das Maß aller Dinge: jede Form von Besitz, von Produktionsanlagen, Mietwohnungen, Wasser, Luft, Verkehrsmittel usw. wird nach diesem Wert bemessen und Angebot und Nachfrage ermitteln seine Größe. Haben die Menschen mehr Lohn, so steigen auch die Preise; wo was zu holen ist, da wird es auch genommen. Gerade durch ihre Individualität bleiben die Menschen sozial auf sich gestellt und müssen sich darum kümmern, was sie über ihren Grundbedarf hinaus abkriegen können und wie sie ihre Lebensplanung darauf einstellen, dass sie ihr individuelles Glück suchen und also auch möglichst viel Besitz hierzu bereitstellen können.